W229 2296164-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch die ORSINI UND ROSENBERG STRIESSNIG Rechtsanwälte OG, Annagasse 8, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom 11.06.2024, VSNR: XXXX , betreffend Feststellung der Pflichtversicherung von 01.06.2021 bis 31.08.2021, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid der Sozialversicherung der Selbständigen (im Folgenden: SVS) vom 11.06.2024, wurde gemäß § 410 ASVG iVm § 194 GSVG antragsgemäß festgestellt, dass der Beschwerdeführer vom 01.06.2021 bis 31.08.2021 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG sowie der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG unterliege.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwar den Nichtbetrieb seiner gewerblichen Tätigkeit von 01.06.2021 bis 31.08.2021 bekannt gegeben habe, in diesem Zeitraum jedoch Einkünfte und Ausgaben ersichtlich seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer bei einer aufgegebenen Tätigkeit etwa Waren einkaufen hätte müssen und weshalb es zu einem erhöhten Telefonaufwand gekommen sei. Es sei von einer weitergehenden Ausübung des Betriebs auszugehen, womit die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Pflichtversicherung nicht vorliegen würden.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, in welcher er zusammengefasst ausführte, dass er im fraglichen Zeitraum keine betriebliche Tätigkeit ausgeübt und auch ein förmliches Ruhen seiner Gewerbeberechtigung bestanden habe. Zwar seien dem Beschwerdeführer Gelder zugeflossen, dabei sei jedoch ausschlaggebend, wann die Leistungen erbracht worden seien und seien diese allesamt vor dem 01.06.2021 erbracht worden. Die Ausgaben seien buchhalterische Positionen in Minimalhöhe.
3. Die Beschwerde wurde gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, wo sie am 23.07.2024 einlangte.
4. Am 21.11.224 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters sowie eines Vertreters der belangten Behörde durch.
5. Mit Schriftsatz vom 22.11.2024 legte der Beschwerdeführer einen Beleg über den Handelswarenerlös von Juli 2021 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer verfügt seit dem 23.04.1987 über die Gewerbeberechtigung Handelsgewerbe und betreibt einen Antiquitätenhandel. Er unterlag in der Vergangenheit aufgrund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach dem GSVG.
Aufgrund eines Unfalls im Jahr 2019 und den resultierenden körperlichen Einschränkungen kann der Beschwerdeführer seine Tätigkeit nicht mehr wie zuvor ausüben und entschloss sich deshalb dazu, für seinen Betrieb einen Nachfolger zu suchen. Deshalb meldete er das Ruhen seines Gewerbes für den Zeitraum von 01.06.2021 bis 31.08.2021.
Der Beschwerdeführer hatte in der verfahrensgegenständlichen Zeit laut der von ihm verfassten Erfolgsrechnung unter anderem folgende Einnahmen und Ausgaben: Juni 2021 Juli 2021 August 2021
Handelswarenerlöse € 7.500,00 € 3.060,00 € 0,00
Handelswareneinkauf € 59,50 € 215,00 € 0,00
Werkzeug- und Kleinmaterialverbrauch € 0,00 € 0,00 € 80,78
Abschreibungen geringw. Wirtschaftsgüter € 0,00 € 170,98 € 0,00
Postporto € 3,15 € 5,05 € 0,00
Telefonaufwand € 43,70 € 59,02 € 43,70
Büromaterial € 0,00 € 7,74 € 0,00.
Die Erlöse aus Juni 2021 und Juli 2021 erzielte der Beschwerdeführer durch den Verkauf von Möbelstücken über das Auktionshaus XXXX , mit welchem er kooperierte um den Verkauf seiner Waren anzukurbeln. Dazu wurden die Waren dem Auktionshaus im Jänner 2021 übergeben. Der Handelswareneinkauf im Juni 2021 und Juli 2021 beinhaltete ua Lampen.
Während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums trat nach außen nicht in Erscheinung, dass der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum keine Geschäfte abschließen würde, insbesondere war dieser telefonisch auch für Kunden erreichbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsakts und des vorliegenden Gerichtsaktes. Dass der Beschwerdeführer bislang der GSVG-Pflichtversicherung unterlag und für den Zeitraum von Juni bis August 2021 den Nichtbetrieb seiner Tätigkeit meldete, ist unstrittig.
Die Erfolgsrechnung des Antiquitätenhandels des Beschwerdeführers für das Jahr 2021 liegt im Akt ein. Ebenso legte der Beschwerdeführer Unterlagen vor, aus denen sich die Übergabe mehrerer Möbelstücke an das Auktionshaus XXXX im Jänner 2021 sowie die Überweisung von (Teil-)erlösen im Juni 2021 (€ 7.500,00) und Juli 2021 (€ 3.060,00) ergeben.
In der mündlichen Verhandlung schildert der Beschwerdeführer die Umstände, die zur Bekanntgabe des Nichtbetriebs seiner Tätigkeit geführt haben, nachvollziehbar (vgl. Verhandlungsschrift S. 3. f.). Aus seinen Ausführungen ergibt sich auch, dass er nur über ein Telefon verfügt und dieses deshalb auch in der verfahrensgegenständlichen Zeit verwendet hat. Diesen Angaben sowie der bereits erwähnten Erfolgsrechnung ist zu entnehmen, dass der monatliche Telefonaufwand über das Jahr 2021 ähnlich hoch und somit in den Monaten Juni 2021 bis August 2021 im Wesentlichen nicht niedriger gewesen ist als in den übrigen Monaten. Dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit ua. Lampen eingekauft hat, gibt er in der mündlichen Verhandlung an. Nach den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung kann insgesamt nicht davon ausgegangen werden, dass er allfällige (telefonische) Kundenanfragen abgelehnt hätte. Insbesondere hat der rechtsvertretene Beschwerdeführer nicht vorgebracht, dass er das vorgebrachte Ruhen seiner Tätigkeit nach außen – etwa über seine Homepage – kommuniziert zu hat; vielmehr hat der Beschwerdeführer – wie bereits erwähnt – nur über ein Telefon verfügt, weshalb Anrufe von Kunden in dieser Zeit weiterhin möglich waren. Schließlich ist festzuhalten, dass aufgrund seines Vorbringens davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit nicht mehr ausüben und daher verkaufen hat wollen, dennoch hat er die festgestellten Ausgaben selbst als Ausgaben seines Betriebs geltend gemacht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 194 Z 5 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung des GSVG die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Die im ASVG vorgesehene Möglichkeit der Antragstellung auf Entscheidung durch einen Senat kommt daher im Bereich des GSVG nicht zum Tragen. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterinnenzuständigkeit vor.
3.2. Die gegenständlich zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1. die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft; […]
§ 4. (1) Von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sind ausgenommen:
1. Personen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens; die Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung oder Pensionsversicherung wirkt auch in die vor der Anzeige liegende Zeit des Ruhens, längstens jedoch bis zu 18 Monaten vor der Anzeige, zurück, wenn der Versicherte in dieser Zeit keine Leistungen aus dem jeweiligen Zweig der Pflichtversicherung in Anspruch genommen hat; […].“
3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3.1. Nach § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG sind Personen von der Pflichtversicherung ausgenommen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. der Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der PV begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben. Die Ausnahme richtet sich nach der Dauer des Ruhens. Da die GewO 1994 keine Betriebspflicht kennt, muss der Gewerbetreibende sein Gewerbe nicht zwingend ausüben, sondern kann sich für die Nichtausübung entscheiden (in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh, SVS-ON § 4 GSVG Rz 4 (Stand 1.1.2024, rdb.at)).
Gemäß der Rechtsprechung des VwGH setzt der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht nur die Anzeige des Ruhens, sondern auch das tatsächliche Ruhen des Betriebes im jeweiligen Zeitraum voraus. Ruhen versteht der VwGH als ein längeres Nichtausüben einer bestehenden Gewerbeberechtigung. Das Weiterbetreiben der gewerblichen Tätigkeit trotz Ruhendmeldung führt dazu, dass der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht erfüllt und der Selbständige nicht von der Pflichtversicherung ausgenommen ist. Gemäß dem VwGH ist beim Ruhen an den Betriebsbegriff im Sinne einkommensteuerrechtlicher Regelungen anzuknüpfen. (vgl. in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh, SVS-ON § 4 GSVG Rz 8 (Stand 1.1.2024, rdb.at)). Hier Rsp statt Kommentar zitieren.
Was das Ruhen eines Betriebes iSd § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG betrifft, so ist an den Betriebsbegriff iS einkommensteuerrechtlicher Regelungen anzuknüpfen. Als Betrieb ist die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel zu einer organisatorischen Einheit zu verstehen. Der Betrieb wird mit der Herstellung der entsprechenden Strukturen begründet und besteht beim Versicherten so lange, bis die wesentlichen Grundlagen dieser Struktur entweder entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden oder diese Strukturen zerschlagen werden. Das bloße zeitweise Nichttätigsein, eine Betriebsunterbrechung, ja sogar die Stilllegung eines Betriebes ist noch keine Beendigung, wenn noch weitere betriebliche Tätigkeiten beabsichtigt werden bzw. die betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter weder in das Privatvermögen übernommen noch veräußert worden sind (VwGH 24.11.2010, 2010/08/0145 mwN.).
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Nach der gesetzlichen Definition kommt es dabei darauf an, dass die Aufwendungen und Ausgaben durch die konkrete Einkunftsquelle veranlasst werden. Sie müssen überdies in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Die Geltendmachung von Betriebsausgaben – wie etwa in einer Einkommensteuererklärung – indiziert eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, somit eine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben in Abgrenzung zur privaten Tätigkeit einer Person (vgl. VwGH 17.12.2015, 2013/08/0165 mwN.)
3.3.2. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Ausgaben seien insgesamt auf sehr niedrigem Niveau gewesen, so ist dem grundsätzlich beizupflichten und ist dies wohl auch damit erklärbar, dass der Beschwerdeführer den Geschäftsbetrieb nicht mehr im selben Ausmaß ausführen konnte wie früher. Die vorliegenden Umstände sprechen jedoch insgesamt dafür, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wenn auch nur in einem geringen Ausmaß so doch weiterhin ausgeübt hat. Gerade der Umstand, dass der Beschwerdeführer telefonisch erreichbar war, spricht nicht dafür, dass er seine Tätigkeit nicht ausgeübt hat, mag er auch aufgrund der generellen wirtschaftlichen Lage seines Geschäfts nicht viele Anrufe erhalten haben. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer, wenn auch in geringem Umfang, weiterhin Waren (z.B.: Lampen) eingekauft hat, spricht nicht für ein tatsächliches Nichtausüben seines Gewerbebetriebes in der Zeit von 01.06.2021 und 31.08.2021. Schließlich machte der Beschwerdeführer mit der Erfolgsrechnung für das Jahr 2021 Einnahmen und Ausgaben seines Betriebs geltend, darunter der Einkauf von Handelswaren sowie Werkzeug- und Kleinmaterialverbrauch. Diese Ausgaben stehen jedenfalls im Zusammenhang mit dem Betrieb und wären bei einem tatsächlichen Ruhen nicht angefallen. Ebenso hätte der Beschwerdeführer den Telefonaufwand nicht als Betriebsaufwand geltend gemacht, hätte er das Telefon im fraglichen Zeitraum lediglich privat genutzt. Die angefallenen Betriebsausgaben setzen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine betriebliche Tätigkeit auch im Juni 2021 bis August 2021 voraus (vgl. dazu erneut VwGH 17.12.2015, 2013/08/0165). Wenngleich der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Ruhen des Gewerbebetriebes angezeigt hat, so ist sowohl aus der Erfolgsrechnung für das Jahr 2021 sowie seinen diesbezüglich erklärenden Schilderungen in der mündlichen Verhandlung letztlich ersichtlich, dass er – wenn auch nur in geringem Ausmaß – so doch gewisse betriebliche Tätigkeiten nach wie vor fortgeführt hat.
Insgesamt ist daher im gegenständlichen Fall nicht anzunehmen, dass von 01.06.2021 bis 31.08.2021 tatsächlich ein Nichtausüben der Gewerbeberechtigung iSe Ruhen des Betriebes vorgelegen ist. Die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG liegen somit nicht vor.
Der Beschwerdeführer unterliegt daher auch im gegenständlichen Zeitraum der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG sowie der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die unter Pkt. 3.3. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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