JudikaturBVwG

W176 2294569-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2025

Spruch

W176 2294569-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Mag. Maximilian DONNER-REICHSTÄDTER LL.M., LL.M. (SCU), gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 12.03.2024, Zl. 100 Jv 113/24 k, betreffend Zeugengebühren zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In der vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien zur Zl. XXXX geführten Rechtssache begehrte XXXX als Klägerin von der nunmehrigen Beschwerdeführerin (BF) – von welcher XXXX , der Vater der Klägerin, ein Geschäftsführer ist – als Beklagten die Zahlung von Zinsen aus einem Darlehen. Am 25.01.2024 fand in dieser Rechtssache von 8.20 bis 10 Uhr eine Verhandlung statt, in welcher neben der Klägerin, deren Vater und einer Zeugin XXXX (im Folgenden: Z) ebenfalls als Zeuge einvernommen wurde.

Bei seiner Einvernahme wurde Z zunächst von der verfahrensführenden Richterin zu seinen Wahrnehmungen zu dem zwischen den Parteien bestehenden Darlehen und dessen Verzinsung befragt, wobei er auf ein Telefonat zwischen der Klägerin und deren Vater Bezug nahm, das er mit angehört habe und in dem es um das Darlehen gegangen sei. Nach einer Frage des Klagsvertreters stellte der Beklagtenvertreter Z die Frage, ob die Klägerin vor dem genannten Telefonat gewusst habe, dass das Darlehen 2033 rückzahlbar sei, was Z bejahte. Sodann machte Z EUR 120,-- Fahrkosten als Zeugengebühren geltend, woraufhin sich der Beklagtenvertreter gegen den Zuspruch von Zeugengebühren aussprach, und zwar auch deswegen, da Z keinerlei relevante Aussagen zum Verfahren habe machen können. In der Folge teilte die verfahrensführende Richterin mit, dass Z seine Kosten nachzuweisen habe und diese dann „durch die Kanzlei“ bescheidmäßig bestimmt würden.

2. Am gleichen Tag bestätigte die verfahrensführende Richterin, dass die Anwesenheit des Zeugen Z bei der betreffenden Tagsatzung in der Zeit von 8.20 bis 9.50 notwendig gewesen sei.

3. Mit Urteil vom 21.02.2024, Zl. XXXX , gab das Bezirksgericht für Handelssachen Wien der Klage zum Teil statt. In der Begründung wurde festgehalten, dass Beweis u.a. durch die Vernehmung von Z erhoben worden sei. Feststellungen wurden ebenso wenig auf die Aussage von Z gestützt wie auf jene der anderen Zeugin.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien (im Folgenden: belangte Behörde) wurden die Gebühren des Zeugen Z für seine Teilnahme an der Verhandlung am 25.01.2024 mit EUR 444,14, bestehend aus EUR 121,60 an Reisekosten („Bahnticket Passau/Wien retour“), EUR 194,75 an Aufenthaltskosten („Übernachtung“) sowie EUR 127,80 an Entschädigung für Zeitversäumnis („9 x 14,20“) bestimmt, wobei begründend Folgendes ausgeführt wurde:

Z sei zur Verhandlung aus Deutschland geladen worden und habe die angeführten Gebühren geltend gemacht. Gemäß den §§ 6 bis 9 GebAG seien Z, der Fahrkarten vorgelegt habe, die Reisekosten mit einem Massenverkehrsmittel zu ersetzen gewesen. Für die notwendige Nächtigung sei der geltend gemachte Betrag, für den eine Hotelrechnung vorgelegt worden sei, gemäß §§ 15 f. GebAG zu ersetzen. Schließlich sei Z, der als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH als selbständig anzusehen sei, gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG die Pauschalentschädigung von EUR 14,20 für neun Stunden zuzusprechen.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde, wobei sie im Wesentlichen Folgendes vorgebrachte:

Wie sich aus dem Protokoll der Verhandlung vom 25.01.2024 ergebe, sei Z zu dieser Verhandlung nicht geladen worden, sondern von der Klägerin, deren Lebensgefährte er sei, stellig gemacht worden. Auch zeige das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 21.02.2024, dessen Feststellungen sich in keinem Wort auf die Aussage von Z stützten, dass dieser keine sachdienlichen Angaben zum Sachverhalt machen habe können; seine Vernehmung sei zur Aufklärung der Sache somit nicht erforderlich gewesen. Daher stehe Z gemäß § 4 Abs. 1 GebAG nur der Anspruch zu, der ihm bei Vernehmung durch ein Rechtshilfegericht zustünde. Folgerichtig stünden Z die ihm mit dem angefochtenen Bescheid zugesprochenen Zeugengebühren nicht zu und es werde beantragt, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass Z keine Zeugengebühren zugesprochen werden.

6. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne zum Beschwerdevorbringen Stellung zu nehmen.

7.1. Mit Schreiben vom 16.09.2024 teilte das Bundesverwaltungsgericht dem Z, der Klägerin des gerichtlichen Grundverfahrens sowie dem Revisor beim Oberlandesgericht Wien gemäß § 10 VwGVG die Beschwerde mit und gab zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme.

7.2. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte das Bundesverwaltungsgericht die belangte Behörde auf, zum Beschwerdevorbringen Stellung zu nehmen.

8.1. Mit Schriftsatz vom 01.10.2024 führte die belangte Behörde aus, dass die verfahrensführende Richterin am 25.01.2024 bestätigt habe, dass die Anwesenheit des Z in der Verhandlung notwendig gewesen sei; darin sei die Bestätigung beeinhaltet, dass die unmittelbare Vernehmung des Z iSd § 4 Abs. 1 GebAG notwendig war.

8.2. Stellungnahmen anderer Verfahrensparteien langten beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der rechtlichen Beurteilung wird zum einen der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.

1.2. Darüber hinaus wird festgestellt:

1.2.1. Z wurde zur Verhandlung am 25.01.2024 nicht vom Gericht geladen, sondern von der Klägerin des Verfahrens stellig gemacht.

1.2.2. Ein formeller Beschluss, wonach die die Anwesenheit von Z in der Verhandlung notwendig war, wurde vom Gericht des Grundverfahrens nicht getroffen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu Punkt 1.1. ergeben sich aus der Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsunterlagen.

2.2.1. Die zu Punkt 1.2.1. getroffene Feststellung stützt sich auf das in Hinblick auf das vorgelegte Protokoll der Verhandlung am 25.01.2024 (vgl. S 11) zutreffende Vorbringen der BF.

2.2.2. Die Feststellung zu Punkt 1.2.2. stützt sich darauf, dass das betreffende Aktenstück nicht die Form eines Beschlusses aufweist und es keine Hinweise gibt, dass es den Parteien des Grundverfahrens zugestellt wurde. Überdies legt die Aussage der verfahrensführenden Richterin, wonach Z seine Kosten nachzuweisen habe und diese dann „durch die Kanzlei“ bescheidmäßig bestimmt würden, für das Verständnis, dass sie durch Unterfertigen des Aktenstücks (wie es für vom Gericht geladene Zeugen zutrifft) den entsprechenden Zeitraum der erforderlichen Anwesenheit festhalten wollte, nicht aber in für die Verfahrensparteien bekämpfbarer und die Justizverwaltung bindenden Weise die Notwendigkeit der Anwesenheit von Z mit Blick auf § 4 Abs. 1 GebAG beurteilen wollte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.1.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.4. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.1.5. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnisverbunden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden. Ebenso steht dem Zeugen nach Z 2 leg.cit. eine Entschädigung für Zeitversäumnis zu, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

Gemäß § 4 Abs. 1 GebAG steht der Anspruch auf die Gebühr dem Zeugen zu, der auf Grund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist, aber auch dem Zeugen zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der auf Grund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist; er hat jedoch im ersten Fall, wenn er sonst im Weg der Rechtshilfe hätte vernommen werden können, nur den Anspruch, der ihm bei einer Vernehmung vor dem Rechtshilfegericht zustände, sofern seine unmittelbare Vernehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforderlich gewesen ist; andernfalls hat das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, die Notwendigkeit der unmittelbaren Vernehmung zu bestätigen.

Die Bestätigung, dass die unmittelbare Vernehmung des Zeugen, der es zum Rechtshilfegericht näher gehabt hätte als zum erkennenden Gericht, ist – wie die Bestätigung, dass der Zeuge einer Begleitperson bedurfte – ein Akt der Rechtsprechung, der in Form eines Beschlusses zu setzen ist und in Zivilverfahren jedenfalls von den Verfahrensparteien mit Rekurs bekämpft werden kann. An eine rechtskräftige Entscheidung ist das mit der Zeugengebührenbestimmung betraute Justizverwaltungsorgan gebunden (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG, 4. Auflage [2018), § 4 GebAG Anm 1, § 2 GebAG E 12 uHa VwGH 09.02.1990, 89/17/0220, § 20 GebAG Anm 4f).

3.2.2. Strittig ist im gegenständlichen Verfahren (lediglich) die Frage, ob anzunehmen ist, dass die unmittelbare Vernehmung von Z zur Aufklärung der Sache erforderlich gewesen ist. Die BF verneint dies im Wesentlichen unter Hinweis darauf, dass sich das Gericht in seiner Entscheidung nicht auf die Aussagen des Z stützt. Die belangte Behörde verweist demgegenüber auf den Umstand, dass die verfahrensführende Richterin die Notwendigkeit der Anwesenheit von Z in der Verhandlung schriftlich bestätigt hat.

Letzterem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein Beschluss des Gerichts des Grundverfahrens, in dem in für die Justizverwaltung bindender Weise über die Notwendigkeit der Anwesenheit von Z in der Verhandlung abgesprochen wird, nach den oben getroffenen Feststellungen nicht vorliegt.

Diesfalls ist – wie sich aus dem zuvor zitierten, den der gegenständlichen Fragestellung gleichenden Fall der Bestätigung, dass der Zeuge einer Begleitperson bedurfte, betreffenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 09.02.1990, 89/17/0220, ergibt – die Frage frei von einer solchen Bindung zu beantworten, d.h. es ist autonom zu beurteilen, ob die Anwesenheit des nicht vom Gericht geladenen, aber einvernommenen Zeugen in der Verhandlung erforderlich war.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts kann entgegen der Ansicht des BF nicht gesagt werden, dass die Anwesenheit von Z, der nicht nur von der verfahrensführenden Richterin und dem Klagsvertreter, sondern auch vom Beklagtenvertreter befragt wurde, iSv § 4 Abs. 1 GebAG zur Aufklärung der Sache nicht erforderlich war, zumal seinen Angaben keineswegs entnommen werden kann, dass er auf die ihm gestellten Fragen keine Antworten mit Informationsgehalt geben konnte. Dem Umstand, dass das Gericht in der Folge seine Feststellungen nicht auf Aussagen des Z stützte, kommt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts kein besonderes Gewicht zu, zumal das Gericht auch auf die Aussagen der zweiten Zeugin keine Feststellungen stützte.

3.2.3. Die Beschwerde war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

3.2.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da im vorliegenden Fall die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art, 47 GRC nicht ersichtlich ist.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der unter Punkt 3.2. dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, an welcher es somit auch nicht fehlt; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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