Spruch
L512 2287225-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Marlene JUNGWIRT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos (Palästinensische Autonomiegebiete – Gaza), vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird stattgegeben und XXXX wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz iVm Art. 12 Abs. 1 lit. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein staatenloser Palästinenser und Angehöriger der sunnitischen Religionsgemeinschaft, stellte am 03.10.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 04.10.2022 zusammengefasst zu seinen Ausreisegründen vor, dass er seine Heimat wegen der ständigen Kriege und Übergriffe der Israelis auf Gaza verlassen habe. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben [Aktenseite (AS 8)].
Vor einem Organwalter der belangten Behörde brachte der BF am 04.10.2023 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass es in Gaza keine Stabilität geben würde. Es herrsche immer Krieg. Man habe immer Angst. Er suche ein sicheres Land, in dem er und seine Familie in Sicherheit leben könne (AS 95 ff).
2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer in den Anwendungsbereich des Art 1 Abschnitt D GFK bzw. Art. 12 Abs. 1 lit. a Satz 1 der Status-RL falle. Es sei jedoch nicht festzustellen, dass dieser Schutz „aus irgendeinem Grund nicht oder nicht länger gewährt wird", was wiederum zur Folge hätte, dass ihm „ipso facto" der Flüchtlingsstatus nicht zukomme.
Eine Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat sei aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage jedoch nicht zumutbar und sei dem BF daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zu gewähren.
3. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom XXXX , Zl. XXXX , wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde erhoben (AS 235 ff).
4. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung an und übermittelte dem BF aktuelle Länderinformationen zu seinem Heimatland.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen hatte der BF die Möglichkeit zu seinem Fluchtvorbringen Stellung zu nehmen.
5. Mit Verständigung vom 16.12.2024 wurde dem BF die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur UNRWA Registrierung des BF sowie Feststellungen zur aktuellen Lage im Gazastreifen übermittelt.
6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführer
Die Identität des BF steht fest. Der BF ist staatenloser Palästinenser aus dem Gazastraifen, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitischer Moslem. Er ist der Ortschaft XXXX transkribiert, geboren, auch dort aufgewachsen und wohnhaft gewesen.
Der BF besuchte die Schule, maturierte im Jahr XXXX und studierte vier Jahre lang XXXX . Danach handelte der BF mit XXXX .
Er wohnte in seinem Heimatland zusammen mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn und seiner Mutter im Eigentumshaus der Familie.
Im Jahr XXXX heiratete der BF und entstammt dieser Ehe ein Sohn.
Im XXXX hat der BF den Gazastreifen legal in Richtung XXXX und anschließend in die Türkei verlassen und gelangte über XXXX nach Österreich, wo er illegal einreiste und am 03.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seither ist der BF durchgehend in Österreich aufhältig.
Im Gazastreifen leben nach wie vor die Mutter, die Ehefrau, der gemeinsame Sohn, fünf Schwestern sowie zwei Brüder.
Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF ist arbeitsfähig.
Der BF ist als Flüchtlinge bei der UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (kurz UNRWA) registriert. Der BF hat vor XXXX Leistungen von UNRWA erhalten.
Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
II.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Heimatland werden folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage
Die Palästinensischen Gebiete bestehen aus dem Westjordanland, dem Gaza-Streifen und Ost-Jerusalem (AA 3.2.2022a). Palästina hat den Status eines Völkerrechtssubjekts, wird aber von Österreich nicht als Staat im Sinne des Völkerrechts anerkannt (BMEIA 18.5.2022). 138 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) stimmten am 29.11.2012 für eine Aufwertung desvölkerrechtlichen Status der Palästinenser zu einem „Beobachterstaat“. Konkret bedeutet der Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedstaat, den etwa auch der Vatikan innehat, mehr Mitspracherechte bei den Vereinten Nationen. Künftig können die Palästinenser im Sicherheitsrat und in der Generalversammlung – sofern sie betroffen sind – an Diskussionen teilnehmen und Resolutionen einbringen. Ein weiterer wichtiger Zugewinn ist der Zugang zu Unterorganisationen der UN wie dem Internationalen Strafgerichtshof. Dadurch hätten die Palästinenser das Recht, etwaige Militäroperationen der Israelis in den Palästinensergebieten oder die Siedlungspolitik der israelischen Regierung vor Gericht zu bringen (BPB 30.11.2012). Im Dezember 2014 stimmte das europäische Parlament mit einer überwältigenden Mehrheit (498 Stimmen dafür, 88 dagegen) für die „Quasi“-Anerkennung Palästinas als Staat. Dieses Votum ist rechtlich nicht bindend, aber stellt ein Signal an die internationale Gemeinschaft dar. Schweden ist einen Schritt weiter gegangen und hat Palästina offiziell als Staat anerkannt (BBC 17.12.2014).
Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO – Palestinian Liberation Organisation) wurde 1964 gegründet, 1974 als einzig legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes von der UNO anerkannt und erhielt den Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen (VP o.D.; vgl. Britannica o.D.). 1993 kam es zum Oslo-Abkommen zwischen Israel und der PLO (BPB 17.7.2011). Im Jahr 1993 folgte die Anerkennung der PLO als einzige Vertreterin der Palästinenser durch Israel (Haaretz 9.9.1993). Die PLO ist die Dachorganisation für die verschiedenen palästinensischen Parteien und Bewegungen, darunter die Fatah, die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), die Arabische Befreiungsfront, die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas (DFLP), die Palästinensische Befreiungsfront (PLF) und die Palästinensische Volkspartei (PPP). Hamas und Islamischer Jihad sind nicht in der PLO vertreten (VP o.D.; vgl. SZ 12.1.2018).
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA – Palestinian Authority) wurde 1994 nach Abschluss der Osloer Verträge zwischen Israel und der PLO gegründet. Am 13.4.2019 wurde die neue PA unter Premierminister Mohammad Shtayyeh vereidigt. Grundpfeiler des politischen Systems sind der Präsident, die Regierung unter Vorsitz eines Premierministers sowie das Parlament, der sogenannte Legislativrat (Palestinian National Council – PLC) mit 132 Sitzen. Das Wahlrecht sieht Verhältniswahl (Landesebene) und Direktwahl (Bezirksebene) vor. Letzte Wahlen in der Westbank und Gaza fanden im Januar 2006 statt; die vierjährige Legislaturperiode ist seit 2010 abgelaufen. Der Legislativrat tagt seit der Machtübernahme der Hamas in Gaza im Juni 2007 nicht mehr. Am 22.12.2018 hat Präsident Abbas den PLC für aufgelöst erklärt (AA 3.2.2022b; vgl. FH 28.2.2022). Parlamentswahlen hätten in den folgenden sechs Monaten stattfinden sollen, was nicht passierte. Die Hamas lehnte die Entscheidung über die Auflösung des PLC ab. Im Januar 2021 kündigte Abbas nicht nur an, dass im Juli Präsidentschaftswahlen stattfinden würden, sondern rief auch PLC-Wahlen für Mai aus. Allerdings sagte er beide Wahlen im April ab, und es wurde kein neuer Termin festgelegt (FH 28.2.2022). Der Präsident der Palästinensischen Behörde wird vom Volk direkt gewählt. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im Januar 2005 statt. Die Amtszeit von Präsident Abbas ist formal seit 2009 abgelaufen (AA 3.2.2022b; vgl. FH 28.2.2022). Präsident Abbas ist auch Vorsitzender der PLO und Generalkommandant der Fatah-Bewegung (USDOS 12.4.2022). Der Premierminister ist laut Verfassung gegenüber dem Präsidenten und dem Legislativrat für sein Handeln und das Handeln des Kabinetts verantwortlich (GIZ 11.2020a).
Nach dem Erdrutschsieg der Hamas [Anm.: bei den Wahlen im Jahr 2006] begannen die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern von Hamas und Fatah, in deren Verlauf Hunderte von Menschen ums Leben kamen. Ihren Höhepunkt fanden sie im Juni 2007 im Gazastreifen als die Hamas mit Gewalt die Kontrolle über alle Sicherheitseinrichtungen und Regierungsgebäude der PA übernahm (GIZ 11.2020a). Zahlreiche Mitglieder und Anhänger der Fatah von Palästinenserpräsident Abbas flohen aus Gaza (Spiegel Online 13.6.2007; FAZ 3.8.2008). Von diesem Zeitpunkt an war Palästina zweigeteilt, in einen von der Hamas kontrollierten Gazastreifen und ein von der Fatah kontrolliertes Westjordanland. In beiden Gebieten wurden Aktivisten der jeweils anderen Seite inhaftiert und misshandelt, deren Einrichtungen geschlossen, ihre Medien verboten und ihre Demonstrationen aufgelöst (GIZ 11.2020a). In den letzten Jahren sind mehrere Versöhnungsversuche zwischen Fatah und Hamas gescheitert (CGRS 6.3.2020).
Die ständige Verschiebung der Wahlen im Gaza-Streifen verhindert jede Möglichkeit für eine Änderung des politischen Status quo. Die Umsetzung des Versöhnungsabkommens von 2017, das schließlich zu Wahlen geführt hätte, scheiterte zum Teil an der Frage der Kontrolle über die innere Sicherheit des Gazastreifens, weil die Hamas ihren unabhängigen bewaffneten Flügel und eine dominante Sicherheitsposition im Territorium behalten wollte (FH 3.3.2021; vgl. CGRS 6.3.2020). Die regional geförderten Gespräche zur Überbrückung der Kluft zwischen Hamas und Fatah scheiterten zuletzt, nachdem die Palästinensische Autonomiebehörde im April 2021 angekündigt hatte, dass die für Mai geplanten palästinensischen Parlamentswahlen und die für Juli geplanten Präsidentschaftswahlen auf unbestimmte Zeit verschoben würden (FH 28.2.2022). Entscheidungen über die Durchführung von Wahlen sind stark politisiert. Die Hamas weigerte sich, an den Kommunalwahlen der PA 2017 teilzunehmen, die aufgrund von Streitigkeiten zwischen Hamas und Fatah über die Kandidatenlisten vom Vorjahr verschoben worden waren. Im Dezember2021 wurden im Westjordanland erneut Kommunalwahlen abgehalten, eine zweite Runde ist für Anfang 2022 angesetzt. Die Hamas lehnte jedoch die Durchführung der Wahlen im Gazastreifen ab. Die Fähigkeit palästinensischer Regierungsvertreter, im Gazastreifen Politik zu machen und umzusetzen, ist durch israelische und ägyptische Grenzkontrollen, israelische Militäraktionen und die anhaltende Spaltung mit der PA im Westjordanland stark eingeschränkt (FH 28.2.2022).
Seit dem Bruch zwischen der Hamas und der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas regiert die Hamas allein im Gazastreifen und wird höchstens von noch radikaleren Kräften herausgefordert (DS 17.5.2018; vgl. USDOS 11.3.2020). Obwohl die Gesetze der PA in Gaza formal gültig sind (USDOS 11.3.2020; vgl. EU 30.3.2022), gelten die von der PA im Westjordanland seit 2007 erlassenen Gesetze de facto nicht mehr für die Bürger des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens, und die in Gaza erlassenen Gesetze gelten nicht im Westjordanland (ICHR 4.2022).
Kleinere Parteien – darunter [Anm.: die beiden Terrorgruppen] Islamischer Jihad und die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) sowie die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) und eine von Präsident Abbas nicht unterstützte Fraktion der Fatah – werden in unterschiedlichem Maße von der Hamas toleriert. Einige dieser Gruppen verfügen über eigene Medien und veranstalten Kundgebungen und Versammlungen. Diejenigen, die mit Präsident Abbas und seinen Unterstützern in der Fatah verbunden sind, sind jedoch der Verfolgung ausgesetzt (FH 28.2.2022).
Zivilgesellschaftliche Organisationen in Gaza geben an, dass die Hamas und andere islamistische Gruppen keinen öffentlichen Dissens, keine Opposition, keinen bürgerlichen Aktivismus oder die Förderung von Werten, die der politischen und religiösen Ideologie der Hamas widersprechen, tolerieren (USDOS 12.4.2022).
Am 6. Mai 2017 wurde Ismail Haniyye zum neuen Vorsitzenden des Politbüros der Hamas gewählt. Er löste damit Khaled Mashaal ab, der das Amt seit 1996 innehatte (GIZ 11.2020a). Im August 2021 wurde Haniyye durch eine Wahl innerhalb der Hamas-Führung in dieser Funktion für weitere vier Jahre bestätigt, ebenso wie Yahya (al-)Sinwar als Vorsitzender der Hamas in Gaza und damit als de facto-Regierungschef des Gebiets im März 2021 bestätigt wurde (FH 28.2.2022).
2005 zog Israel sein Militär und die nach 1967 angesiedelten Israelis aus dem Gazastreifen ab, behielt jedoch die Kontrolle über Außengrenzen und Luftraum unilateral bei: Daraus resultiert der Rechtsstreit, ob der Gazastreifen noch besetzt ist oder nicht (DS 17.5.2018). Israel hat weiterhin die Kontrolle über Wasser, Elektrizität, Infrastruktur, Grenzübergänge, medizinische Behandlung, Exporte/Importe und viele andere Bereiche des täglichen Lebens. Die Palästinenser haben keine Souveränität über ihre Ressourcen (MEE 13.10.2019). Die Blockade des Gazastreifens seit 2007 durch Israel, die durch die ägyptischen Beschränkungen an der Grenze zum Gazastreifen noch verschärft wird, schränkt den Zugang der rund zwei Millionen dort lebenden Palästinenser zu Bildung, wirtschaftlichen Möglichkeiten, medizinischer Versorgung, sauberem Wasser und Elektrizität ein. Achtzig Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen sind von humanitärer Hilfe abhängig (HRW 13.1.2022; vgl. BBC 1.7.2021). Die Bevölkerung in Gaza beläuft sich auf rund 2,1 Millionen, von denen etwa 1,4 Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge sind (UNRWA o.D.).
Die EU, Israel und die USA stufen die Hamas als Terrororganisation ein (BBC 1.7.2021, EU 4.2.2022, USDOS 16.12.2021).
Quellen:
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- AA - Auswärtiges Amt (3.2.2022b): Palästinensische Gebiete: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebietenode/ politisches-portrait/204438, Zugriff 19.5.2022
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- BBC – BBC British Broadcasting Corporation News (17.12.2014): MEPs back Palestinian statehood bid, https://www.bbc.com/news/blogs-eu-30516523, Zugriff 19.5.2022
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- UNRWA - United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (o.D.): Where We Work – Gaza Strip, https://www.unrwa.org/where-we-work/gaza-strip, Zugriff 19.5.2022USDOS – United States Department of State (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: West Bank and Gaza, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-on-human-rights-practices/israel-westbank- and-gaza/west-bank-and-gaza/, Zugriff 19.5.2022
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Sicherheitslage
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Zivilbevölkerung des Gazastreifens bereits seit Oktober 2023 von den Aktionen der kriegführenden Parteien sehr hart getroffen wurde und dies in vielerlei Hinsicht auch noch sehr lange tun wird. Obwohl sowohl das Gewicht der militärischen Operation als auch die Zahl der kampfbedingten Gewaltvorfälle – einschließlich der Zahl der unmittelbar kampfbezogenen zivilen Opfer und Verletzten – im Winter 2024 im Vergleich zum Herbst 2023 tendenziell leicht zurückgegangen sind, werden die Intensität und Zahl der Todesfälle im Vergleich zu anderen anhaltenden Konflikten wie Syrien, Sudan, Ukraine und Jemen nach wie vor als hoch eingestuft. Darüber hinaussteigt das Risiko derzeit deutlich an, da mehr Opfer durch konfliktbedingte Hungersnot, einschließlich verschiedener Krankheiten, gefordert werden.
Darüber hinaus werden in Zukunft weitere – potenziell sehr umfangreiche – israelische Militäroperationen sowohl im Norden des Gazastreifens als auch im Süden stattfinden. Da die Interessen der kriegführenden Parteien sehr weit voneinander entfernt bleiben, besteht auch die Gefahr, dass ein möglicher Waffenstillstand, wenn er erfolgreich ist, zu nichts führt, was wiederum zu einer dauerhafteren Ruhe in Gaza oder Israel führen könnte.
Quelle: Migrationsverket – Schwedische Einwanderungsbehörde (20. März 2024): Landinformation; Turkiet Politisk utveckling, fri-och rättigheter samt situationen för särskilda grupper
Das Hamas-geführte Gesundheitsministerium gab am 18.07.24 an, dass seit Kriegsbeginn mehr als 38.848 palästinensische Personen im Gazastreifen getötet und 89.459 weitere verwundet worden seien. Das Ministerium unterscheidet offiziell nicht zwischen Kombattanten und Zivilpersonen. Nach Angaben des israelischen Militärs vom 19.07.24 wurden seit Beginn der Bodenoffensive insgesamt 326 Militärangehörige getötet und 2.134 weitere verwundet. Noch immer sollen etwa 120 Geiseln von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden. Die Kampfhandlungen im Gazastreifen dauern weiterhin an. Die medizinischen Kapazitäten im Gazastreifen sind weiterhin eingeschränkt. Angaben der UN zufolge sollen nur etwa 1.500 Krankenhausbetten zur Verfügung stehen. Vor Beginn des Krieges sollen es 3.500 Betten gewesen sein. Weiterhin herrscht ein Mangel an medizinischer Ausstattung, der u.a. zu einer weiteren Zunahme und Verbreitung von Infektionskrankheiten führt. Die WHO berichtete zuletzt, dass Polioviren in Khan Younis und Deir al-Balah in sechs Umweltproben nachgewiesen werden konnten. Der herrschende Wassermangel, die Überfüllung der Vertriebenenlager sowie die katastrophalen Hygienebedingungen und herrschende Mangelernährung verschlechtern die Situation zusätzlich. Im Verlauf des Krieges waren insgesamt acht Krankenhäuser im Fokus israelischer Militäroperationen und Besatzung ausgesetzt, da solche Einrichtungen durch die Hamas genutzt wurden. UN-Angaben zufolge sind derzeit 23 der insgesamt 36 Krankenhäuser überhaupt nicht, die verbleibenden 13 nur teilweise funktionsfähig. Fünf von insgesamt neun Feldkrankenhäusern können derzeit arbeiten und mehr als 60 % der primären Gesundheitseinrichtungen des Gazastreifens sind geschlossen. Darüber hinaus sollen seit Beginn des Krieges mehr als 500 medizinische Fachkräfte durch die anhaltenden Kampfhandlungen getötet worden sein. Zwischen dem 01.07. und 15.07.24 sollen nach UN-Angaben insgesamt 1.288 LKW-Ladungen an Hilfslieferungen in den Gazastreifen gebracht und weiterverteilt worden sein. Mit 86 LKW am Tag stellt dies einen höheren Durchschnittswert dar, als noch im Juni mit LKW. Allerdings ist er niedriger als im Mai 2024, als ca. 94 LKW täglich Hilfsgüter in den Gazastreifen transportierten. Der durch die USA gebaute schwimmende Hafen vor der Küste des Gazastreifens soll nach zahlreichen Wetter- und Sicherheitsproblemen abgebaut werden. Stattdessen sollen in Zukunft Hilfslieferungen über den israelischen Hafen in Ashdod eingefahren werden. HRW veröffentlichte am 17.07.24 einen Bericht, welcher zu dem Schluss kommt, dass die von der Hamas angeführten bewaffneten Gruppierungen am 07.10.23 „zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der Zivilbevölkerung begangen“. Demnach sei es Ziel des Angriffs gewesen, Zivilpersonen zu töten und Geiseln zu nehmen. Die Organisation rief zur sofortigen Freilassung aller Geiseln auf.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes Gruppe 62 – Informationszentrum Asyl und Migration 22. Juli 2024
Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums vom 03.12.24 zufolge wurden seit Kriegsbeginn am 07.10.23 insgesamt 44.502 palästinensische Personen im Gazastreifen getötet und 105.454 weitere verwundet. Das Ministerium unterscheidet offiziell nicht zwischen Kombattanten und Zivilpersonen. Nach Angaben des israelischen Militärs vom 03.12.24 wurden seit Beginn der Bodenoffensiven insgesamt 380 israelische Militärangehörige getötet und 2.463 weitere verwundet. Der Krieg dauert weiterhin an. Es kommt täglich zu Luftschlägen und Kampfhandlungen.
Am 06.12.24 veröffentlichte die Hamas eine Videobotschaft der Geisel Matan Zangauker, die ihn lebend zeigt. Im Rahmen neuer Dynamiken für einen Geiseldeal wurde am 07.12.24 bekannt, dass die Hamas andere palästinensische bewaffnete Gruppen in Gaza auffordere, von ihnen festgehaltene Geiseln an sie zu melden.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes Gruppe 62 – Informationszentrum Asyl und Migration 09. Dezember 2024
2. Beweiswürdigung:
2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
2.2. Die Feststellungen hinsichtlich der Staatenlosigkeit, der Identität des BF sowie hinsichtlich seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und der Aufenthaltsdauer ergeben sich aus dem vorgelegten Identitätsdokument (palästinensischer Reisepass, Ordnungzahl (OZ) 13), aus Anfragen aus dem zentralen Melderegister, dem Fremdeninformationssystem, den Asylantragsunterlagen sowie den damit übereinstimmenden Angaben des BF.
Die Feststellungen zur Religions-, Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen des BF in seinem Heimatland gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren.
Die Schulausbildung und Berufstätigkeit in Gaza beruhen auf den dahingehend konstanten Angaben des BF.
Dass der BF bei der UNRWA in Gaza registriert ist und er die Unterstützung der UNRWA erhalten und in Anspruch genommen hat, ergibt sich aus der vorgelegten UNRWA-Registrierungsbestätigung, einer Anfragebeantwortung bei UNRWA (OZ 22.), den dahingehen konstanten Ausführungen des BF und den herangezogenen Länderinformationsquellen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF, konkret, dass der BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leidet, ergibt sich aus den Angaben des BF, zuletzt vor dem erkennenden Gericht (VS 4). Der BF brachte vor, dass es ihn gut gehe. Er nehme keine Medikamente. Für eine gewisse Zeit habe er Medikamente gegen eine Nervenentzündung am Bein genommen. Diese habe er aber schon abgesetzt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass er im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat seinen Unterhalt durch berufliche Tätigkeiten, wenn auch anfänglich durch Gelegenheitsjobs, bestreiten könnte.
Die Aufenthaltsdauer des BF, die legale Ausreise aus Gaza und die Weiterreise sowie die Asylantragstellung in Österreich sind dem zentralen Melderegister, dem Fremdeninformationssystem, dem Betreuungsinformationssystem sowie den damit übereinstimmenden Angaben des BF zu entnehmen.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF in Österreich geht aus dem Strafregister hervor.
2.3. Die Feststellungen zur aktuellen Lage in Gaza, basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Die Länderfeststellungen beinhalten eine Vielzahl unbedenklicher, seriöser und aktueller Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Die in das Verfahren integrierten Länderinformationen wurden schließlich von der Staatendokumentation des BFA zusammengestellt, deren Qualität ob der gesetzlichen Verpflichtung zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der gesammelten Tatsachen nach objektiven Kriterien (vgl. § 5 Abs. 2 BFA-G) nicht in Zweifel gezogen wird.
Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat können zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben, sind jedoch als so umfassend zu qualifizieren, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann.
Aus den zugrunde gelegten Länderfeststellungen gehen für Personen, die im Gazastreifen leben, seit den Ereignissen, die sich dort seit dem 07.10.2023 zugetragen haben, äußerst schwierige Lebensumstände hervor. Seit 7. Oktober 2023 erbringt UNRWA im Gazastreifen nur noch die notwendigsten humanitären Hilfen, gemäß ihrem Mandat und für alle Einwohner. Die meisten Dienstleistungen, die ins UNRWA Mandat in Gaza gefallen sind, werden aktuell nicht mehr erbracht. Ein Großteil der UNRWA-Gebäude, Gesundheitszentren, Schulen und Kliniken werden entweder als Notunterkünfte genutzt oder sind durch die Luftangriffe beschädigt. Es liegt ein humanitärer Ausnahmezustand vor, der durch Mangel an Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Gesundheitsdiensten, Arzneimitteln sowie mit Problemen der Wasser- und der Stromversorgung, mit der Zerstörung von Gebäuden und Infrastruktur, Arbeitslosigkeit einhergeht. Die Sicherheitslage gestaltet sich als äußerst volatil.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.
Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 2 AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, solange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der GFK genießt. Gemäß Abs. 2 kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden, wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt. § 8 gilt.
Nach Art. 1 Abschnitt D GFK findet die GFK keine Anwendung auf Personen die zurzeit den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge genießen. Ist dieser Schutz oder diese Unterstützung aus irgendeinem Grunde weggefallen, ohne dass das Schicksal dieser Person endgültig gemäß den hierauf bezüglichen Entschließungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen geregelt worden ist, so fallen diese Personen ipso facto unter die Bestimmungen dieses Abkommens.
Nach Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Status-RL) ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Artikel 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, genießt er ipso facto den Schutz dieser Richtlinie.
Ein Zwang, das Einsatzgebiet von UNRWA zu verlassen, und somit ein Wegfall des Schutzes von UNRWA, hängt nicht vom Vorliegen individueller Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A GFK ab, sondern ist vielmehr auch gegeben, wenn sich die betroffene Person in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es UNRWA unmöglich ist, ihr in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der ihm übertragenen Aufgabe im Einklang stehen (vgl. EuGH 19.12.2012, Rs. El Kott, C-364/11, Rn. 63, 65).
Der BF ist ein staatenloser Palästinenser und stammt aus dem israelischen Autonomiegebiet des sogenannten Gaza-Streifens (kurz: Gaza). Der BF ist als palästinensischer Flüchtling bei der UNRWA registriert. Der BF fällt daher in den Anwendungsbereich des Art. 1 Abschnitt D. der GFK bzw. Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL.
Personen, die im Gazastreifen leben, sind laut Länderinformationen seit den Ereignissen, die sich dort seit dem 07.10.2023 zugetragen haben, mit äußerst schwierigen Umständen hinsichtlich des Grades der Sicherheitslage und den Lebensbedingungen konfrontiert.
Seit 7. Oktober 2023 erbringt UNRWA im Gazastreifen nur noch die notwendigsten humanitären Hilfen, gemäß ihrem Mandat und für alle Einwohner. Die meisten Dienstleistungen, die ins UNRWA Mandat in Gaza gefallen sind, werden aktuell nicht mehr erbracht. Ein Großteil der UNRWA-Gebäude, Gesundheitszentren, Schulen und Kliniken werden entweder als Notunterkünfte genutzt oder sind durch die Luftangriffe beschädigt. Es liegt ein humanitärer Ausnahmezustand vor, der durch Mangel an Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Gesundheitsdiensten, Arzneimitteln sowie mit Problemen der Wasser- und der Stromversorgung, mit der Zerstörung von Gebäuden und Infrastruktur, Arbeitslosigkeit einhergeht.
Da der Beistand von UNRWA aufgrund der aktuellen Situation nicht gewährleistet ist, genießt der BF „ipso Facto“ den Schutz der Statusrichtlinie.
Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Ipso facto-Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgeht.