JudikaturBVwG

W207 2293110-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
10. Dezember 2024

Spruch

W207 2293110-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Boris KNIRSCH, Mag. Michael BRAUN, Mag. Christian FELLNER, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 22.04.2024, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses, beschlossen:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 41 Abs. 3 BBG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 04.01.2024 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) unter Vorlage diverser medizinischer Unterlagen einen mit 23.12.2023 datierten Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

In der Folge holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 16.03.2024 - dieses auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung am 11.03.2024 - ein. Dieses medizinische Sachverständigengutachten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H.

Mit Bescheid vom 22.04.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 04.01.2024 ab, weil er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Anwaltsschriftsatz vom 31.05.2024 fristgerecht Beschwerde. Dieser Beschwerde legte er ein Konvolut an weiteren – im bisherigen Verfahren nicht vorgelegten - medizinischen Unterlagen bei.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 05.06.2024 zur Entscheidung vor.

Mit – im Wege der den Beschwerdeführer vertretenden Rechtsanwaltskanzlei ergangener - Ladung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.10.2024, zugestellt im elektronischen Rechtsverkehr am 11.10.2024, wurde der Beschwerdeführer – insbesondere auch in Ansehung der von ihm der Beschwerde beigelegten neuen medizinischen Unterlagen - im nunmehrigen Beschwerdeverfahren aufgefordert, sich am 28.11.2024 um 09:00 Uhr unter näher genannter Adresse zu einer ärztlichen Untersuchung durch eine näher genannte Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie einzufinden. In dieser Ladung wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass eine Terminverhinderung unverzüglich und jedenfalls vor dem jeweiligen Untersuchungstermin dem Bundesverwaltungsgericht telefonisch zu melden und das Vorliegen eines triftigen Grundes vom Beschwerdeführer spätestens binnen sieben Tagen nach dem versäumten Untersuchungstermin einlangend beim Bundesverwaltungsgericht schriftlich zu belegen ist. Weiters wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Beschwerdeverfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt wird, wenn er ohne fristgerecht nachgewiesenen triftigen Grund, dessen Vorliegen zu belegen sei, der Aufforderung zum Erscheinen zur zumutbaren ärztlichen Untersuchungen nicht nachkommen sollte.

Am 28.11.2024 erschien der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht zur vorgesehenen ärztlichen Untersuchung.

Weder langte vor diesem Termin eine Bekanntgabe des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein, dass der Beschwerdeführer (begründet) nicht zur ärztlichen Untersuchung kommen könne, noch erfolgte ein Ersuchen um Verschiebung des für den 28.11.2024 angesetzten ärztlichen Untersuchungstermins durch den Beschwerdeführer selbst oder seine bevollmächtigten Rechtsvertretung, noch wurde nach diesem Termin das Vorliegen eines triftigen Grundes für das Fernbleiben von der ärztlichen Untersuchung behauptet und schriftlich belegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Schreiben vom 11.10.2024, dem Beschwerdeführer im Wege der ihn vertretenden Rechtsanwaltskanzlei im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt am selben Tag, erfolgte durch das Bundesverwaltungsgericht eine förmliche Ladung des Beschwerdeführers zu einer ärztlichen Untersuchung für den 28.11.2024. In dieser Ladung wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass eine Terminverhinderung unverzüglich und jedenfalls vor dem jeweiligen Untersuchungstermin dem Bundesverwaltungsgericht telefonisch zu melden und das Vorliegen eines triftigen Grundes vom Beschwerdeführer spätestens binnen sieben Tagen nach dem versäumten Untersuchungstermin einlangend beim Bundesverwaltungsgericht schriftlich zu belegen ist. Diese Ladung des Beschwerdeführers erfolgte nachweislich unter ausdrücklichem Hinweis auf die Rechtsfolge der Einstellung des Beschwerdeverfahrens nach § 41 Abs. 3 BBG, wenn der Beschwerdeführer ohne fristgerecht nachgewiesenen triftigen Grund der Aufforderung zum Erscheinen zur zumutbaren ärztlichen Untersuchungen nicht nachkommen sollte.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer dem ärztlichen Untersuchungstermin am 28.11.2024 unentschuldigt ferngeblieben ist.

Festgestellt wird in diesem Zusammenhang, dass vor diesem Termin keine Bekanntgabe des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, dass der Beschwerdeführer (begründet) nicht zur ärztlichen Untersuchung kommen könne, dass auch kein Ersuchen des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers um Verschiebung des für den 28.11.2024 angesetzten ärztlichen Untersuchungstermins erfolgte und dass auch nach diesem Termin das Vorliegen eines triftigen Grundes für das Fernbleiben von der ärztlichen Untersuchung durch den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers weder behauptet noch schriftlich belegt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt. Die beigezogene Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie gab mit E-Mail vom 28.11.2024 bekannt, dass der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht zur vorgesehenen Untersuchung am 28.11.2024 erschienen sei. Eine sachgerechte Entschuldigung des Beschwerdeführers bzw. die Benennung und der Beleg eines triftigen Grundes für das Nichterscheinen zur ärztlichen Untersuchung langte nicht beim Bundesverwaltungsgericht ein und ist nicht aktenkundig.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 41. ...

(3) Das Verfahren ist einzustellen, wenn ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht entspricht, eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung verweigert oder wenn er sich weigert, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen."

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

..."

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

..."

Festzuhalten ist zunächst, dass die Ladung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.10.2024 zur ärztlichen Untersuchung am 28.11.2024 der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers am 11.10.2024 rechtswirksam zugestellt wurde. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer wurde in dieser Ladung auf die Folgen eines unentschuldigten Nichterscheinens zum ärztlichen Untersuchungstermin am 28.11.2024 ausdrücklich hingewiesen.

Der Beschwerdeführer kam – wie oben dargelegt - der Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Erscheinen zur ärztlichen Untersuchungen am 28.11.2024 unentschuldigt nicht nach und verabsäumte es, das Vorliegen eines triftigen Grundes zu behaupten und zu belegen. Es sind im Verfahren auch keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass dem Beschwerdeführer eine ärztliche Untersuchung unzumutbar wäre; auch der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer selbst erstattete kein diesbezügliches Vorbringen.

Die Vorladung zu einer ärztlichen Untersuchung durch eine medizinische Sachverständige erfolgte zum Zwecke der Sachverhaltsermittlung bzw. zur Beurteilung des Beschwerdevorbringens. Die Sachverhaltsermittlung - wobei auch zu berücksichtigen ist, dass es sich beim gegenständlichen Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses um ein antragsbedürftiges Verfahren nach den BBG handelt, das auf Antrag des Beschwerdeführers eingeleitet wurde und ausschließlich auf seinen Antrag betrieben wird - erfolgt nicht nur amtswegig im Wege des Gerichtes unter Mitwirkung von Sachverständigen, sondern ist auch einer Partei die Pflicht zur Mitwirkung auferlegt. Es darf vorausgesetzt werden, dass die im Rahmen der zur Aufklärung eines Sachverhalts zur Mitwirkung verpflichtete Partei nicht nur unverzüglich bekanntgibt, wenn der Fall eintritt, dass die Partei am Erscheinen zum vorgeschriebenen Termin verhindert ist, sondern dass die Partei das Vorliegen eines triftigen Grundes auch entsprechend zu belegen hat, weil das Vorliegen eines triftigen Grundes vom Bundesverwaltungsgericht überprüfbar sein muss.

Da der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer unentschuldigt und ohne Beleg eines triftigen Grundes der schriftlichen Aufforderung vom 11.10.2024 zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung am 28.11.2024 keine Folge leistete, war spruchgemäß zu entscheiden und das Verfahren entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 3 BBG einzustellen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, weil die Akten erkennen lassen, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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