JudikaturBVwG

L516 2300680-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
06. Dezember 2024

Spruch

L516 2300680-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Vorsitzenden und die fachkundige Laienrichterin Dr.in Silvia WEIGL und den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Österreich, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Regionale Geschäftsstelle Traun, vom 04.09.2024, ABB-Nr: 4463054, betreffend Nichtzulassung des XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 12a iVm § 13 AuslBG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer XXXX , geb. XXXX , (in der Folge: Beschwerdeführer) beantragte für den – derzeit in Ägypten aufhältigen – ägyptischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX (in der Folge: Arbeitnehmer), am 19.07.2024 bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot–Karte“ gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) für die berufliche Tätigkeit als Materialverwalter im Unternehmen des Beschwerdeführers. Der Antrag wurde in der Folge gemäß § 20d AuslBG an das Arbeitsmarktservice (AMS) übermittelt.

Das AMS wies diesen Antrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 04.09.2024 nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Anhörung des Regionalbeirates vom gemäß „§ 12b Z 1“ AuslBG ab. Das AMS begründete dies zusammengefasst damit, dass dem Arbeitnehmer nur 50 von 55 erforderlichen Punkten angerechnet werden können, konkret für das Kriterium „Qualifikation“ 30 Punkte, für das Kriterium „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ 20 Punkte, für das Kriterium „Sprachkenntnisse“ 0 Punkte, für das Kriterium „Englischkenntnisse“ 0 Punkte und für das Kriterium „Alter“ 0 Punkte.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

1. Sachverhalt

1.1 Zur beantragten beruflichen Tätigkeit

Für den Arbeitnehmer wurde die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot–Karte“ gem § 41 Abs 2 Z 1 NAG (Fachkraft im Mangelberuf) beantragt

- für die berufliche Tätigkeit als Materialverwalter im Unternehmen des Beschwerdeführers,

- bei einer beabsichtigten unbefristeten Dauer im Ausmaß von 40 Wochenstunden pro Monat

und

- einer Entlohnung (ohne Zulage) brutto in Höhe von 2.225,10 Euro.

1.2 Zur Ausbildung

Der Arbeitnehmer ist Staatsangehöriger Ägyptens und hat in Ägypten im Jahr 1984 eine dreijährige technische Fachschule in der Fachrichtung Spedition und Lagerlogistik erfolgreich abgeschlossen.

1.3 Zu einer Berufserfahrung

Der Arbeitnehmer war vom 01.05.2000 bis 31.12.2023 in Ägypten bei einem Transportunternehmen als „Material manager“ beschäftigt.

1.4 Zu Sprachkenntnissen Deutsch

Der Arbeitnehmer hat keinen Nachweis über Kenntnisse der deutschen Sprache erbracht.

1.5 Zu Sprachkenntnissen Englisch

Der Beschwerdeführer hat mit der Beschwerde das Sprachzertifikat „EnglishScore Core Skills Test“ der britischen Organisation British Council vom 07.10.2024 vorgelegt, mit welchem dem Arbeitnehmer „Core Skills“ in den Teilfertigkeiten Grammatik, Vokabel, Lesen und Hören insgesamt ein Sprachniveau B1 des Gemeinsamen Europäischer Referenzrahmens für Sprachen (GER/CERF) bescheinigt wird. Nicht geprüft und nicht nachgewiesen wurden mit dem vom Arbeitnehmer durchgeführten „Core Skills“-Test die Fertigkeiten Sprechen und Schreiben (siehe das mit der Beschwerde vorgelegte und mit einem Code online überprüfbare Zertifikat).

Bei diesem „EnglishScore Core Skills Test“ handelt es sich um einen automatisierten, computerbasierten Online-Test für Mobiltelefone, für den um 24,99 US-Dollar (bzw 49,90 US-Dollar für ein ausgedrucktes und per Post zugestelltes Zertifikat) ein Zertifikat erworben werden kann (https://www.englishscore.com/ „EnglishScore is the only four skills test delivered on a mobile phone, making it the most convenient and accessible recognised English test in the world.“; https://www.englishscore.com/english-test/the-certificate/„Most Purchased Professional Certificate $24.99 | Printed Certificate $49.99“).

Dieser Test ist nach den Geschäftsbedingungen der Website www.englishscore.com nur für den persönlichen Gebrauch und nicht für den geschäftlichen Gebrauch (https://www.englishscore.com/terms-of-use/ „You can use EnglishScore if: … 3. you use EnglishScore only for your personal use and not for any business (commercial) use.“).

Dieser „EnglishScore Skills Test“ kann laut der Website als Indikator für das Abschneiden bei anderen internationalen Englisch-Tests genützt werden, wie beispielsweise dem international anerkannten Sprachtest IELTS (International English Language Testing System), der ebenso vom British Council durchgeführt wird. Jedoch werden beim IELTS-Test auch die Fertigkeiten Sprechen und Schreiben geprüft (https://www.englishscore.com/english-test/the-score/ „In addition to proving your level to an employer, you can use our English test as an indicator of your performance on other international English tests such as IELTS.“; https://ielts.org/take-a-test/test-types/ielts-academic-test „In IELTS, there are four papers: Listening, Reading, Writing and Speaking.“).

1.6 Zum Alter

Der Arbeitnehmer war im Antragszeitpunkt 57 Jahre alt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des AMS zum gegenständlichen Verfahren, welcher unter anderem die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und Nachweise beinhalten.

2.1 Zur beantragten beruflichen Tätigkeit

Die Feststellung zur beantragten beruflichen Tätigkeit ergibt sich aus der Arbeitgebererklärung, die dem AMS vorgelegt wurde. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.2 Zur Ausbildung

Die Feststellungen zu der in Ägypten abgeschlossenen Ausbildung als „Material manager“ ergibt sich aus der Übersetzung des entsprechenden Diploms. Die Ausbildung wurde bereits vom AMS anerkannt. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.3 Zur Berufserfahrung

Die Feststellungen zur Berufserfahrung des Arbeitnehmers ergibt sich aus der beim AMS vorgelegten Bestätigung, die bereits vom AMS anerkannt wurde. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.4 Zu Sprachkenntnissen Deutsch

Der Arbeitnehmer hat keinen Nachweis über Deutschkenntnisse erbracht. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS)

2.5 Zu Sprachkenntnissen Englisch

Die Feststellungen zu dem vorhandenen Sprachnachweis beruhen auf dem vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegten Zertifikat und den öffentlich zugänglichen Informationen auf den Websites von Englishscore und IELTS des British Council (abgerufen am 05.12.2024).

2.6. Zum Alter

Die Feststellungen zum Alter des Arbeitnehmers ergeben sich aus dessen Geburtsdatum in der vorgelegten Reisepasskopie. (Verwaltungsverfahrensakt des AMS).

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Abweisung der Beschwerde gemäß §12a AuslBG

Bescheidbegründung des AMS

3.1 Das AMS begründete die Abweisung des Antrages in seinem Bescheid zusammengefasst damit, dass dem Arbeitnehmer nur 50 von 55 erforderlichen Punkten angerechnet werden können, konkret für das Kriterium „Qualifikation“ 30 Punkte, für das Kriterium „ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ 20 Punkte, für das Kriterium „Sprachkenntnisse“ 0 Punkte, für das Kriterium „Englischkenntnisse“ 0 Punkte und für das Kriterium „Alter“ 0 Punkte.

Beschwerdevorbringen

3.2 Der Beschwerdeführer legte mit der Beschwerde ein Sprachzertifikat „EnglishScore Core Skills Test“ der britischen Organisation British Council vor, mit welchem dem beantragten Arbeitnehmer „Core Skills“ in den Teilfertigkeiten Grammatik, Vokabel, Lesen und Hören insgesamt ein Sprachniveau B1 des Gemeinsamen Europäischer Referenzrahmens für Sprachen (GER/CERF) bescheinigt wird.

Zur Abweisung der Beschwerde

3.3 In Österreich regelt das Integrationsgesetz (IntG) in den Bereichen Sprachförderung und Orientierung die Integration unter anderem von rechtmäßig in Österreich niedergelassenen Drittstaatsangehörigen (§ 3 Z 3 IntG iVm § 2 Abs 2 NAG; dazu zählt ua auch ein zukünftig beabsichtigter Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme einer nicht bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit). In der dazu erlassenen Integrationsgesetz-Durchführungsverordnung (IntG-DV) regelt § 15 IntG-DV („Prüfungsinhalt und Standards für die Durchführung der Sprachprüfungen“), dass – für die deutsche Sprache – die Sprachprüfungen zum Nachweis des Sprachniveaus B1 (Selbstständige Sprachverwendung) Fragen zur Sprachkompetenz umfassen und dabei die Sprachkompetenz die Fertigkeiten Hören, Schreiben, Sprechen und Lesen umfasst.

Angesichts dieser genauen Festlegung in § 15 IntG-DV, welche Fertigkeiten im Rahmen einer Sprachprüfung für das Sprachniveau B1 nachgewiesen werden müssen, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er für den Nachweis von Englischkenntnissen zur selbstständigen Sprachverwendung (B1) iSd Anlage B Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a AuslBG geringere Anforderungen stellen und keinen Nachweis über die Fertigkeiten Sprechen und Schreiben voraussetzen wollte, sodass auch hier ein Nachweis der Fertigkeiten Hören, Schreiben, Sprechen und Lesen zu erbringen ist.

Im vorliegenden Fall stellt daher das mit der Beschwerde vorgelegte Sprachzertifikat „EnglishScore Core Skills Test“ keinen ausreichenden Nachweis von Englischkenntnissen zur selbstständigen Sprachverwendung (B1) iSd Anlage B Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a AuslBG dar, da damit nur die Teilfertigkeiten Lesen, Hören, Grammatik und Vokabel nachgewiesen wurden, nicht jedoch die ebenso erforderlichen Fertigkeiten Sprechen und Schreiben.

Auch kann dieser Test laut der Website zwar als Indikator für das Abschneiden bei anderen internationalen Englisch-Tests genützt werden, jedoch ersetzt er einen solchen nicht.

Es können daher dem Arbeitnehmer für das Kriterium „Englischkenntnisse“ weiterhin keine Punkte angerechnet werden.

3.4. Im Ergebnis wird im vorliegenden Fall daher die erforderliche Mindestpunktezahl von 55 Punkten nicht erreicht, da nur die bereits vom AMS berücksichtigten 50 Punkte anzurechnen sind. Es liegen somit nicht die Voraussetzungen für die Zulassung des beantragten Arbeitnehmers als Fachkraft im beantragten Mangelberuf gemäß §12a AuslBG vor.

3.5 Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.6 In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

3.7 Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im festgestellten Umfang unbestritten und geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen.

Zu B)

Revision

3.8 Die Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage eindeutig bzw durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.9 Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.