JudikaturBVwG

G314 2303189-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
29. November 2024

Spruch

G314 2303189-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der deutschen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2024, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots samt weiteren Aussprüchen den Beschluss (A) und erkennt zu Recht (B):

A) Der Antrag auf Zulassung der ordentlichen Revision wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) wurde im Bundesgebiet zunächst wegen eines im XXXX 2023 begangenen Einmietbetrugs angezeigt, konnte dazu jedoch nicht einvernommen werden, weil sie nach Deutschland zurückgekehrt war und polizeilichen Ladungen nicht Folge leistete.

Ab XXXX 2024 hielt sich die BF neuerlich im Bundesgebiet auf. Am XXXX 2024 wurde sie verhaftet und ab XXXX 2024 in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten.

Mit Schreiben vom XXXX 2024 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die BF auf, sich zu der für den Fall ihrer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern und Fragen zu ihrem Privat- und Familienleben sowie zu ihrem Aufenthalt in Österreich zu beantworten. Die BF reagierte auf diese Aufforderung nicht.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde die BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs (§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB) rechtskräftig zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei ein fünfmonatiger Strafteil für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Am XXXX 2024 wurde die BF vor dem BFA im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einvernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA daraufhin gegen sie gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein mit zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte ihr gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Dies wurde im Wesentlichen mit dem Fehlen wesentlicher privater und familiärer Anknüpfungen der BF im Bundesgebiet begründet. Sie habe in Österreich nur einen Cousin; ihre anderen Familienangehörigen würden in Deutschland leben. Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Vermögensdelinquenz gehe von ihr eine gegenwärtige, tatsächliche und schwerwiegende Gefahr aus, die gesellschaftliche Grundinteressen an Ruhe, Ordnung und Sicherheit maßgeblich beeinträchtige. Aufgrund gewichtiger Milderungsgründe, die bei der Strafbemessung berücksichtigt worden seien, sei ein mit zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot angemessen. Da die BF nur zur Begehung von Einmietbetrügereien in das Bundesgebiet eingereist sei, sei ihre sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten. Daher sei ihr kein Durchsetzungsaufschub zu erteilen und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der BF, mit der sie neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung primär dessen ersatzlose Behebung beantragt. Hilfsweise beantragt sie die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots, die Aufhebung des Bescheids sowie die Zurückweisung der Angelegenheit an das BFA und letztlich die Zulassung der „ordentlichen“ [sic] Revision. Sie begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das BFA ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Es hätte sich einen persönlichen Eindruck von ihr verschaffen müssen. Die Dauer des Aufenthaltsverbots sei in Relation zur verhängten Freiheitsstrafe unverhältnismäßig. Das BFA habe keine Feststellungen zur Rückkehrsituation der BF getroffen und nicht beachtet, dass strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen könnten.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

Am XXXX 2024 wurde die BF aus der Strafhaft entlassen und noch am selben Tag nach Deutschland abgeschoben.

Feststellungen:

Die BF, eine Staatsangehörige von Deutschland, kam am XXXX in der deutschen Stadt XXXX zur Welt. Sie ist ledig und hat einen XXXX geborenen Sohn, der in Deutschland bei Pflegeeltern lebt.

Die BF machte in Deutschland nach dem Hauptschulabschluss Ausbildungen zur XXXX , zur XXXX und zur XXXX und arbeitete danach als Verkäuferin, zuletzt bis XXXX 2023. In der Folge war sie ohne Beschäftigung. Ihre Erstsprache ist Deutsch. Sie ist gesund und arbeitsfähig.

Die BF ging in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach und war im Bundesgebiet auch nie krankenversichert. Sie hat nie eine Anmeldebescheinigung beantragt und wies (abgesehen von der Meldung in der Justizanstalt XXXX ) nie eine Wohnsitzmeldung im Inland auf. Sie hat einen Cousin, der in Österreich lebt und sie während der Haft mehrmals besuchte. Ihr anderen Familienangehörigen, insbesondere ihre Eltern, ihr Stiefvater und ihre Schwester, leben in Deutschland.

Die BF hielt sich zunächst im XXXX 2023 gemeinsam mit ihrem damaligen Freund und ihrem Sohn für kurze Zeit in Österreich auf. Danach kehrte sie nach Deutschland zurück, wo sie zuletzt einen Wohnsitz in XXXX hatte. Ab XXXX 2024 hielt sie sich wieder im Bundesgebiet auf, kehrte im XXXX 2024 für zwei Wochen nach Deutschland zurück und hielt sich danach wieder bis zu ihrer Abschiebung in Österreich auf. Im Zeitraum XXXX 2024 bis XXXX 2024 nahm sie ohne Bezahlung in mehreren Beherbergungsbetrieben in XXXX und XXXX Unterkunft, wobei sie vortäuschte, eine zahlungsfähige und -willige Kundin zu sein.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wurde die BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs (§§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB) rechtskräftig zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei ein fünfmonatiger Strafteil für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass sie zunächst im Zeitraum XXXX 2023 bis XXXX 2023 gemeinsam mit ihrem damaligen Partner die Betreiberin eines Apartmenthauses durch die Vortäuschung, zahlungswillige und zahlungsfähige Kunden zu sein, zur Beherbergung verleitet hatte (Schaden: EUR 1.114,50). Danach hatte sie von XXXX 2024 bis XXXX 2024 in insgesamt zehn Vier- und Fünfsternehotels durch die Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und -willigkeit die Gewährung von Kost, Logis und diversen Dienstleistungen veranlasst und dadurch insgesamt einen EUR 58.000 übersteigenden Schaden herbeigeführt. Außerdem hatte sie unter derselben Vorgabe einen Kieferchirurgen zur Durchführung einer Untersuchung (Schaden: EUR 125) und ein Sportgeschäft zur Anfertigung von personalisierten Fahrrädern (Wert: EUR 19.000) verleitet, wobei es im letzten Fall beim Versuch blieb. Bei der Strafbemessung wurde (ausgehend von der Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe laut § 148 zweiter Fall StGB) ihr umfassendes und reumütiges Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel und der teilweise Versuch als mildernd berücksichtigt, die Tatwiederholung, die teilweise Begehung mit einem Mittäter und die Mehrheit an Geschädigten dagegen als erschwerend.

Die BF verbüßte die Freiheitsstrafe (unter Berücksichtigung der angerechneten Vorhaft) in der Justizanstalt XXXX . Sie arbeitete während der Haft im Unternehmerbetrieb und wurde mehrmals von ihrem in Österreich lebenden Cousin besucht. Abgesehen von ihm hat sie keine privaten oder familiären Anknüpfungen in Österreich.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Da die BF unmittelbar vor dem BFA einvernommen wurde, kann der Beschwerdevorwurf, das BFA habe es unterlassen, sich einen persönlichen Eindruck von ihr zu verschaffen, nicht nachvollzogen werden.

Die Feststellungen gehen ebenfalls ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus den Ermittlungen des BFA und den vom BVwG durchgeführten Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR) und im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) hervor.

Für die BF liegt zwar kein Identitätsdokument vor; Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit wurden aber von ihr und vom BFA übereinstimmend angenommen. Diese Informationen decken sich mit dem übrigen Akteninhalt.

Die Feststellungen zu ihrer familiären Situation, ihrer Ausbildung und Erwerbstätigkeit, zu ihren Sprachkenntnissen und ihrem Gesundheitszustand ergeben sich aus ihren glaubhaften Angaben vor dem BFA.

Für die BF sind in Österreich keine Versicherungsdaten gespeichert. Sie behauptet nicht, dass sie im Inland einer Erwerbstätigkeit nachgegangen oder hier krankenversichert sei. Im ZMR scheint nur eine Wohnsitzmeldung während der Zeit ihrer Anhaltung in der Justizanstalt Innsbruck auf. Die Beantragung einer Anmeldebescheinigung wird weder von ihr behauptet noch scheint sie im IZR auf.

Die Inlandsaufenthalte der BF in den Jahren 2023 und 2024 können anhand ihrer Darstellung vor dem BFA und der im Strafurteil ersichtlichen Tatzeiträume festgestellt werden.

Die Feststellungen zu den von der BF in Österreich begangenen Straftaten, zu ihrer Verurteilung und zu den Strafbemessungsgründen basieren auf dem vorliegenden rechtskräftigen Strafurteil. Die Verhängung der Untersuchungshaft ergibt sich aus dem entsprechenden Beschluss. Die Feststellungen zum Strafvollzug basieren auf der Vollzugsinformation und auf der Wohnsitzmeldung in der Justizanstalt laut ZMR.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der in der Beschwerde enthaltene (Eventual-)Antrag, die (ordentliche) Revision zuzulassen, impliziert nicht nur schon im Vorhinein die Erfolglosigkeit der Beschwerde, sondern ist auch überflüssig, weil das BVwG gemäß § 25a Abs 1 VwGG jedenfalls auszusprechen und zu begründen hat, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Ein auf die Zulassung der Revision gerichteter Antrag ist nicht vorgesehen. Dazu kommt, dass die Beschwerde nicht einmal ansatzweise aufzeigt, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hier durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zu klären sein könnte. Daher ist der Antrag auf Zulassung der ordentlichen Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gegen die BF als EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG kann gemäß § 67 Abs 1 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Da sie volljährig ist und ihren Aufenthalt noch nicht seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist – wie das BFA richtig erkannt hat - der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 erster bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden, zumal sie auch nicht das Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat, das idR einen zumindest fünfjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt in Österreich voraussetzt.

Strafrechtliche Verurteilungen allein können die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nicht ohne weiteres begründen, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Bei der Erstellung der zu erstellenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten der Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und etwa strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.02.2024, Ra 2023/21/0168). Daher ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (siehe VwGH 25.07.2023, Ra 2021/20/0246).

Außerdem ist unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK die Verhältnismäßigkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach § 9 Abs 1 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, das in das Privat- oder Familienleben der Fremden eingreift, nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen der Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 29.06.2023, Ra 2022/21/0139).

Die BF ist im Bundesgebiet weder privat noch familiär verankert, sondern zur Begehung von Einmietbetrügereien eingereist, wobei sie beträchtliche Schäden verursachte. Aufgrund der Tatwiederholung und der gewerbsmäßigen Absicht in Zusammenschau mit ihrer Beschäftigungslosigkeit besteht eine erhebliche Wiederholungsgefahr. Berücksichtigt man weiters die konkrete Art und Weise der Tatbegehung (betrügerische Inanspruchnahme von Leistungen der gehobenen Hotellerie), besteht insbesondere bei Verwirklichung ihres gegenüber dem BFA geäußerten Vorhabens, während der Wintersaison wegen der guten Verdienstmöglichkeiten in Österreich in der Gastronomie zu arbeiten (auf die sie in der Beschwerde nicht mehr zurückkommt), eine erhebliche Rückfallgefahr. Ihr persönliches Verhalten stellt daher eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die das Grundinteresse der Gesellschaft am wirtschaftlichen Wohl des Landes, an der Verteidigung von Ruhe und Ordnung, an der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer berührt.

Der Gesinnungswandel einer Straftäterin ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange sie sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Derzeit kann angesichts des kurzen seit der Haftentlassung der BF verstrichenen Zeitraums noch nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung ihrer durch die strafgerichtliche Verurteilung indizierten Gefährlichkeit ausgegangen werden. Aktuell kann ihr daher keine positive Zukunftsprognose attestiert werden.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF ist verhältnismäßig, weil sie sich vor der Inhaftierung nur vorübergehend und in erster Linie zur Begehung von Straftaten im Bundesgebiet aufgehalten hatte und nie die Voraussetzungen für ein drei Monate übersteigendes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht erfüllte. Dem mit der Unmöglichkeit des weiteren Inlandsaufenthalts verbundenen, relativ geringen Eingriff in ihr Privatleben steht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung gewerbsmäßiger Vermögensdelinquenz gegenüber. Dieses überwiegt ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich, zumal sie den Kontakt zu ihrem Cousin auch durch Kommunikationsmittel wie Telefon und Internet sowie bei Besuchen außerhalb von Österreich pflegen kann. Das Aufenthaltsverbot ist somit dem Grunde nach zulässig.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbots ist nach § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die vom BFA hier mit zwei Jahren äußerst maßvoll festgesetzte Dauer des Aufenthaltsverbots entspricht dem Fehlverhalten der BF und ihren geringen privaten Bindungen im Bundesgebiet, trägt aber auch der im unteren Bereich des Strafrahmens ausgemessenen teilbedingten Freiheitsstrafe und der im Allgemeinen erhöhten spezialpräventiven Wirkung des Erstvollzugs Rechnung. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit nicht zu beanstanden.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise der Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Ausgehend von diesen gesetzlichen Grundlagen ist weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubs noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung korrekturbedürftig. Die sofortige Ausreise des BF nach der Entlassung aus der Strafhaft war zur Verhinderung weiterer Straftaten im Bundesgebiet dringend notwendig, zumal ihre Betrugsserie erst durch die Inhaftierung unterbrochen werden konnte und die gewerbsmäßige Vorgangsweise in Zusammenschau mit der Vielzahl der Angriffe eine sehr hohe Rückfallgefahr indiziert. Somit ist die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet.

Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck von der BF bei einer mündlichen Verhandlung weder ein gänzlicher Entfall des Aufenthaltsverbots noch eine Reduktion von dessen Dauer denkbar wäre, unterbleibt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal sie in der Beschwerde kein ergänzendes Tatsachenvorbringen erstattet hat.

Zu Spruchteil C):

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose, die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG und die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender VwGH-Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.

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