Spruch
L525 2223443-1/66E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2019, ZI. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.02.2023, am 17.04.2024 sowie am 04.07.2024 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsbürger, reiste von Italien kommend nach Österreich und stellte am 19.06.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Ausreisegründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er sei nach Österreich gekommen, da hier seine Frau und sein Kind leben würden. Da die Situation in Pakistan gefährlich für seine Familie sei, sei er nach Österreich gekommen. Befragt, was er im Falle der Rückkehr nach Pakistan zu befürchten hätte, führte der Beschwerdeführer aus, er wolle nicht alleine in Pakistan sein.
2. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.07.2019 niederschriftlich einvernommen. Befragt, aus welchen Gründen er sein Heimatland verlassen hätte, führte dieser aus, er sei nur wegen seiner Frau und seinem Kind hier. Es gäbe sonst keinen Grund, warum er aus Pakistan ausgereist sei. Seine Frau hätte nicht zu ihm kommen wollen, es sei ihm nichts Anderes übriggeblieben.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 09.08.2019 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Das BFA führte aus, dass der Beschwerdeführer keine Ausreisegründe im Sinne der GFK glaubhaft machen hätte können. Gründe für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz seien keine hervorgekommen. Zur Rückkehrentscheidung hielt das BFA fest, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers in Österreich lebe, er sei aber illegal in das Bundesgebiet eingereist, und hätte durch seine missbräuchliche Antragstellung die aufenthaltsrechtlichen Regelungen des NAG umgangen und sei keine Integrationsverfestigung eingetreten. Die Rückkehrentscheidung sei daher rechtmäßig.
4. Mit Schriftsatz vom 10.09.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, bereits die Antragstellung würde für den Beschwerdeführer die Gefahr bergen, dass die pakistanischen Behörden annehmen könnten, dass dieser den pakistanischen Staat in Misskredit gebracht hätte. Der Beschwerdeführer würde hier mit seiner Frau, welche eine afghanische Asylberechtigte sei, und seiner Tochter zusammenleben. Die Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich seien daher höher einzustufen.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 23.02.2023 eine öffentlich-mündliche Verhandlung ab, zu welcher der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsvertretung teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2023, Zl. L525 2223443-1/18E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Erkenntnis wurde eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.
7. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 21.09.2023, E 1171/2023-13, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben, da der Beschwerdeführer dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei. Zudem wurden ihm die Prozesskosten zugesprochen.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht habe – trotz im Bundesgebiet lebender Familienangehöriger des Beschwerdeführers – nicht geprüft, ob die Bestimmung des § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sei und damit "die Rechtslage grob verkannt".
8. Am 17.01.2024 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht das BFA um Übermittlung des Verwaltungsaktes die Ehefrau des Beschwerdeführers betreffend. Der Akt wurde dem erkennenden Gericht am 31.01.2024 vorgelegt.
9. Mit Eingabe seines rechtlichen Vertreters vom 08.04.2024 wurde ein Arbeitsvorvertrag vorgelegt.
10. Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 17.04.2024 eine öffentlich-mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner rechtlichen Vertretung, seiner Ehegattin und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu ab. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter. Dabei wurde eine Unterschriftenliste von Unterstützern vorgelegt. Außerdem stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines kinderpsychologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass eine mehrmonatige Trennung des BF zu den Kindern das Wohl der Minderjährigen “auf das Gröbste“ verletze.
11. Nach Einräumung des Parteiengehörs zur beabsichtigten Bestellung eines Sachverständigen im Fachgebiet Psychologie übermittelte der Beschwerdeführer am 29.04.2024 die Zustimmungserklärung zur Befragung seiner drei minderjährigen Kinder.
12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2024 wurde Herr XXXX, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Fachgebiet Psychologie, zum Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens bestellt.
13. Am 10.05.2024 erfolgte in der Praxis des Sachverständigen der Begutachtungstermin mit dem Beschwerdeführer, seiner Ehegattin sowie den drei minderjährigen Kindern. Das Gutachten langte am 27.05.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
14. Am 04.07.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht erneut eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner rechtlichen Vertretung, eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu sowie des Sachverständigen durchgeführt. Im Rahmen der Verhandlung wurde das Gutachten mit dem Sachverständigen erörtert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angegebenen Datum geboren. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und stammt aus Peshawar. Der Beschwerdeführer bekennt sich zum sunnitischen Islam. Der Beschwerdeführer hat in Pakistan das Studium der Botanik abgeschlossen, neben dem Studium hat er an einer Grundschule als Lehrer für Chemie und Biologie gearbeitet. Sein Vater und Geschwister leben in Peshawar und steht er mit diesen in regelmäßigem Kontakt. Der Beschwerdeführer ist 2019 nach Österreich eingereist. Einem Visumsantrag aus dem Jahr 2016 wurden seitens der ÖB Islamabad nicht entsprochen, da die ÖB Islamabad Zweifel an den Intentionen des angestrebten Aufenthaltszwecks Tourismus hegte. Dem Visumsantrag vom 16.04.2019 zu Kulturzwecken wurden seitens der Italienischen Botschaft Islamabad stattgegeben, mit Gültigkeit vom 07.05.2019 bis zum 26.05.2019. Der Beschwerdeführer reiste aus Italien nach Österreich, um hier den gegenständlichen Asylantrag zu stellen.
1.2. Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2019 nach Österreich um mit seiner Frau und seiner Tochter zusammenzuleben. Der Beschwerdeführer hat in Österreich ein A2 Deutschzertifikat erworben. Mit dem Beschwerdeführer ist eine Unterhaltung zu Alltagsthemen problemlos möglich. Der Beschwerdeführer unterhält lose Kontakte mit Landsleuten, engere freundschaftliche Kontakte oder Beziehungen zu Österreichern konnten hingegen nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hilft im Haushalt mit. Der Beschwerdeführer geht mit seiner Familie in seiner Freizeit spazieren. Der Beschwerdeführer war vom 23.07.2021 bis zum 08.12.2021, vom 08.07.2022 bis zum 10.07.2022 und zuletzt vom 01.01.2023 bis zum 31.03.2023 geringfügig beschäftigt. Er verfügt über einen undatierten Arbeitsvorvertrag bei einer Reinigungsfirma und eine Arbeitsbewilligung. Der Beschwerdeführer hatte im Juni 2024 eine Operation am linken Arm, der postoperative Verlauf gestaltete sich jedoch unauffällig und konnte er nach wenigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist nicht vorbestraft.
Der Beschwerdeführer hat seine Ehefrau, XXXX, im Jahr 2016 in XXXX, KPK, geheiratet. Die Großmutter der Ehefrau und die Familie des Beschwerdeführers waren Nachbarn. Die Ehefrau hat dem Beschwerdeführer insgesamt zwei Mal in Pakistan besucht, einmal zum Zwecke der Eheschließung im Jahr 2016 für vier Monate, beim zweiten Mal drei Monate. Die Eheleute reden miteinander Urdu, mit den Kindern spricht der Beschwerdeführer Paschto. Die Ehefrau ist gesund und eine afghanische Staatsangehörige. Ihr wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.02.2005, AZ. XXXX, im Rahmen eines Familienverfahrens – abgeleitet von ihrer Mutter – Asyl gewährt.
Die Eheleute haben drei gemeinsame Kinder, zwei Töchter (geboren 2017 bzw. 2022) und einen Sohn (geboren 2020), die ebenso gesund sind. Die älteste Tochter geht derzeit die Schule und die Nachmittagsbetreuung, zuvor besuchte sie in Österreich den Kindergarten. Der Beschwerdeführer bringt die Tochter in die Schule und holt sie dort auch ab. Die Deutschkenntnisse der beiden älteren Kinder sind noch gering ausgeprägt. Die Sozialisation der Kinder erfolgt hauptsächlich im engsten Familienkreis und bestehen noch keine tiefgreifenden Nahebeziehungen außerhalb der Kernfamilie.
Die Kindesmutter ist aktuell die emotionale Hauptbezugsperson der minderjährigen Kinder und könnte sie diese für mehrere Monate alleine ausreichend versorgen, pflegen, erziehen und fördern. Eine mehrmonatige Trennung des Beschwerdeführers von seinen Kindern ist nicht mit krankheitswertigen oder traumatischen Folgen verbunden und stellt somit auch keine Gefährdung des Kindeswohls dar.
1.3 Zu den Ausreisegründen:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Pakistan einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder im Fall seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.
Ferner kann - unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände - nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.
1.4. Länderfeststellungen:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung 2023-04-12 10:32
In einigen Bereichen dieser Länderinformationen wurde auf das Taliban-Regime in Afghanistan bzw. seine Vertreter Bezug genommen. Dieses "Islamische Emirat Afghanistan" wurde mit Stand März 2023 von keinem Land der Welt anerkannt. Es gilt als eine de-facto-Regierung mit de-facto-Ministerien und de-facto-Ministern. Bezugnahmen, auch wenn sie sich auf staatliche Aufgaben (z.B. Botschaft in Pakistan, Grenzsicherung) beziehen, stellen keine Stellungnahme zur Anerkennung der Legitimation dar.
Der Konflikt um die Region Kaschmir wird kurz im entsprechenden Kapitel zur Sicherheitslage behandelt. Die Behandlung der von Pakistan kontrollierten Gebiete Kaschmirs stellt eine Beschreibung der de-facto-Situation bzw. de-facto-Administration und keine Stellungnahme dar.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Strukturen
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 27.10.2023). Die Stammesgebiete im Nordwesten des Landes, die ehemaligen Federally Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Bundesverwaltung und Provincially Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Provinzverwaltung, wurden nach einer Verfassungsänderung 2018 in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert und damit die nationalen und verfassungsmäßigen Rechte auf diese Gebiete ausgedehnt (ICG 14.2.2022). Pakistan kontrolliert außerdem die Gebiete Gilgit-Baltistan sowie Azad Jammu und Kaschmir auf der pakistanisch verwalteten Seite von Kaschmir (AA 27.10.2023).
Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vgl. EB 19.1.2024).
Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vgl. FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).
Wahlen 2018 und PTI-Regierung
Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vgl. BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vgl. SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).
Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).
Im Oktober 2020 gelang es den beiden Großparteien PPP und PML-N, sich unter dem Namen Pakistan Democratic Movement zu einer Allianz aus insgesamt elf Oppositionsparteien zu vereinen und zu breiten Demonstrationen zu mobilisieren (BS 23.2.2022; vgl. FH 2022a).
Die starke politische Polarisierung erhöhte außerdem den Einfluss des militärischen Establishments weiter. Gleichzeitig war die PTI-Regierung auch selbst in der Umsetzung ihrer Politik durch dieselben Hindernisse gehemmt wie frühere Regierungen. Der Großteil der Abgeordneten der PTI setzte sich aus den traditionellen politischen und ökonomischen Eliten zusammen, die als Hemmschuh für Änderungen agieren, die ihre Interessen gefährden (BS 23.2.2022). Im Oktober 2021 wurden so auch Verstrickungen von Mitgliedern bzw. Geldgebern des PTI-Kabinetts, aber auch hoher Militärs, in illegale Geldgeschäfte durch die internationalen Ermittlungen der "Pandora Papers" aufgedeckt (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021).
Misstrauensvotum und folgende politische Krise
Im März 2022 kam es schließlich erstmals zu Gewalt von protestierenden Anhängern und Abgeordneten der Regierungspartei PTI, die versuchten, das "Sindh House", die Vertretung des Sindh in Islamabad, zu stürmen. Dorthin hatten sich abtrünnige Abgeordnete der eigenen Partei in Sicherheit gebracht, nachdem sie angedeutet hatten, einen geplanten Misstrauensantrag der geeinten Opposition gegen Premierminister Khan zu unterstützen (GeoNews 18.3.2022). Zwei Minister hatten zuvor Gewalt andeutende Drohungen gegen ebenjene Abgeordneten ausgesprochen (HRW 16.3.2022).
Ein für 3. April 2022 angesetztes Misstrauensvotum gegen den damaligen Premierminister Khan wurde mit dem Argument, es sei von den USA initiiert und damit die Einflussnahme eines fremden Staates unter Verweis auf Artikel 5 der Verfassung, der alle Bürger zur Loyalität dem Staat gegenüber verpflichtet, untersagt (ExT 3.4.2022a). Mit demselben Argument wurde die Nationalversammlung vom Präsidenten auf Bitte des Premierministers aufgelöst und Neuwahlen angekündigt (ExT 3.4.2022b; vgl. Zeit online 3.4.2022). Der Supreme Court erklärte jedoch vier Tage später dieses Vorgehen für verfassungswidrig und ordnete die Wiedereinsetzung der Nationalversammlung sowie der ausgesetzten Abstimmung an (ExT 7.4.2022). Es folgte die Absetzung Khans im Misstrauensvotum und die Wahl des Oppositionsführers Shabaz Sharif, Vorsitzender der PML-N, zum neuen Premierminister durch die Nationalversammlung (Zeit online 11.4.2022).
Aus Protest zog der Abgesetzte mitsamt seiner Partei aus der Nationalversammlung aus (ExT 14.4.2022) und initiierte eine dauerhafte, landesweite Kampagne von Demonstrationen (DAWN 20.4.2022; vgl. CNN 1.4.2023). Mit der Verlegung der Oppositionsarbeit vom Parlament auf die Straße versuchte Khan vorgezogene Neuwahlen zu erzwingen und dafür auch das Militär zu gewinnen (ICG 27.12.2022).
Zu einer ersten Zuspitzung der Lage führte ein Attentat am 3. November 2022, bei dem Khan im Zuge eines "Marsches nach Islamabad" angeschossen wurde. Es kam zu Demonstrationen vor Militäreinrichtungen (AI 27.3.2022). Khan beschuldigt Premierminister, Innenminister und Geheimdienstchef, Drahtzieher gewesen zu sein (ICG 27.12.2022).
Als weitere Entwicklung trugen die politischen Kräfte ihre Kämpfe verstärkt vor die Gerichte (CNN 1.4.2023). Um allgemeine Neuwahlen zu erzwingen, veranlasste die PTI im Jänner 2023 die Auflösung der Parlamente der beiden Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Punjab und beeinspruchte eine Verschiebung der diesbezüglichen Wahlen vor Gericht (AJ 4.4.2023). Gleichzeitig laufen gegen den ehemaligen Premierminister mehrere Strafverfahren (BAMF 20.3.2023; vgl. CNN 1.4.2023). In einem der Verfahren wurde Khan durch die Wahlkommission der Korruption für schuldig befunden (AJ 21.10.2022; vgl. TNI 21.10.2022, ICG 27.12.2022). Khan leitete daraufhin selbst ein Verfahren gegen die Wahlkommission ein (TI 31.1.2023).
Ausbrüche von Unruhen
Nachdem Khan in einem seiner Verfahren nicht vor Gericht erschienen war, brachen beim Versuch seiner Festnahme im März 2023 schließlich schwere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und der Polizei aus (REU 20.3.2023; vgl. ExT 14.3.2023). Seine Unterstützer widersetzten sich vor seinem Haus in Lahore mit Steinen und Brandbomben den Polizisten (BAMF 20.3.2023; vgl. CNN 15.3.2023). Der Haftbefehl wurde schließlich per Anordnung des Gerichts aus Sicherheitsgründen ausgesetzt (CNN 15.3.2023). Bei Khans selbstständigem Erscheinen vor Gericht in Islamabad kam es erneut zu schweren Zusammenstößen, bei denen auch ein Polizeiposten in Brand geriet (Guardian 18.3.2023; vgl. HRW 21.3.2023). Unter verschiedenen Vorwürfen in Bezug auf die Gewaltvorfälle, unter anderem Terrorismus, wurden 125 PTI-Anhänger in Lahore und 198 in Islamabad bei Razzien und Hausdurchsuchungen verhaftet (REU 20.3.2023). Human Rights Watch kritisierte die Anwendung der Terrorismus-Paragrafen (HRW 21.3.2023).
Die versuchte Verhaftung sowie Schikanen gegen Khan hatten allerdings seine Unterstützung unter der jungen Bevölkerung erhöht. Seit dem Misstrauensvotum gelang es ihm, seine Popularität auf ein davor unerreichtes Ausmaß auszubauen (Guardian 24.5.2023).
Im Mai 2023 brachen schließlich als Folge der tatsächlichen Verhaftung Khans landesweite Unruhen aus (Guardian 11.5.2023). Khans Partei rief seine Anhänger dazu auf, Pakistan "stillzulegen" und "für Khan aufzustehen". Die Unterstützer Khans gingen dabei so weit, dass sie Militäreinrichtungen belagerten oder stürmten (CBS 9.5.2023), darunter das in Rawalpindi gelegene Hauptquartier des Militärs (CBS 10.5.2023). Militäreinrichtungen in Peschawar, Lahore und Karatschi sowie der Stützpunkt der Air Force in Mianwali (TrI 23.5.2023; vgl. REU 26.6.2023), aber auch Regierungsgebäude und andere staatliche Einrichtungen wurden von Demonstranten angegriffen (Guardian/Khokhar 24.5.2023). Über 20 staatliche und militärische Einrichtungen wurden dabei in Brand gesetzt oder beschädigt (India Today 23.6.2023), ebenso wie einrückende Polizeieinsatzfahrzeuge. Truppen der Armee kamen im Punjab, in Islamabad und in Khyber Pakhtunkhwa zur Wahrung der Sicherheit zum Einsatz (Guardian 11.5.2023). Allerdings wurden auch Soldaten und Truppenfahrzeuge attackiert (CBS 10.5.2023).
Je nach Quelle wurden zwischen fünf (Guardian 11.5.2023) und zehn Personen bei den gewalttätigen Ausschreitungen getötet (RFE/RL 12.5.2023). Der Supreme Court erklärte am 12. Mai die Festnahme Khans für unrechtmäßig und verfügte die Entlassung auf Kaution (Guardian 15.5.2023).
Den Ausschreitungen ist ein hartes Durchgreifen gefolgt (Siasat 23.5.2023). Das Militär hatte nach den Ausschreitungen angekündigt, alle an den Angriffen auf Militäreinrichtungen Beteiligte vor Militärgerichte zu stellen (REU 16.5.2023). In der Aufbereitung der Gewalt fertigte die Polizei anhand von Videos und Social Media-Nachrichten eine Liste von 25.000 als Verantwortliche bezeichneten Personen an. Mit Stand 19.5.2023 kündigte der Informationsminister an, 800 der bereits Verhafteten würden vor einem Militärgericht oder einem Anti-Terrorgericht angeklagt (Guardian 19.5.2023). Im Juni berichtete der Innenminister von beinahe 5.000 Verhafteten (REU 6.6.2023). Khan (Profil 5.7.2023) und indische Medien sprechen von 10.000 Verhafteten (India Today 23.6.2023). Die meisten Verhafteten wurden seitdem wieder freigelassen (REU 26.6.2023; vgl. India Today 23.6.2023, AJ 26.6.2023).
Führungspersonen der PTI wurden reihenweise unter dem Vorwurf verhaftet, die Gewalt orchestriert zu haben (Guardian 19.5.2023). Einzelne von ihnen verurteilten im Anschluss an die Ausschreitungen die Gewalt und das Vorgehen der Partei und verließen diese (AJ 1.6.2023). Die meisten allerdings, die dies nicht taten, wurden verhaftet bzw. in Haft behalten, darunter mehrere ehemalige Minister (Guardian 3.6.2023; vgl. AJ 1.6.2023). Selbst wenn verhaftete Parlamentarier bzw. Führungspersonen vor Gericht eine Freilassung auf Kaution erlangten, wurden sie erneut verhaftet, mitunter wiederholte sich dieser Vorgang mehrmals. Laut PTI befand sich zeitweise die gesamte Führungsriege in Haft und wurden auch Familien bedroht. Alle Freigelassenen distanzierten sich von Khan und zogen sich aus der Partei oder ganz aus der Politik zurück (REU 6.6.2023).
Indische Quellen sprechen davon, dass bei den Stürmungen der Militäreinrichtungen durch die Demonstranten die Wachleute nicht eingegriffen haben (TrI 23.5.2023) bzw. dass Sympathisanten Khans in der Armee, inklusive Generäle, dabei eine Zurückdrängung unterlassen (OF 19.5.2023; vgl. Siasat 23.5.2023) oder gar Informationen zur Orientierung weitergegeben hätten (OF 19.5.2023). Verschiedene Quellen berichten, dass Khan im Militär bis in die höchsten Ränge hinauf Unterstützung genoss (USIP 11.5.2023; vgl. RFE/RL 12.5.2023, OF 19.5.2023). Nach offiziellen Angaben des Militärs wurden drei hochrangige Angehörige entlassen, gegen 15 - darunter Generalmajore - wurden disziplinäre Maßnahmen ergriffen. Über 100 Personen sind bereits vor Militärgerichten angeklagt. Hierzu gibt es keine Angaben, wie viele davon Zivilisten sind. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Anwendung der Militärgerichtsbarkeit auf Zivilisten (AJ 26.6.2023; vgl. REU 26.6.2023). Der Supreme Court wurde diesbezüglich angerufen (DAWN 18.7.2023). Ein erstes Urteil des Supreme Courts, wonach eine Verhandlung von Zivilisten vor einem Militärgericht verfassungswidrig wäre, wurde von einem größeren Gremium desselben Gerichts aufgehoben. Der Spruch wurde sowohl in Justizkreisen als auch von Menschenrechtsorganisationen breit kritisiert (HRCP 11.1.2024).
Anstehende Wahlen
Drei Tage vor dem Ablauf der regulären Legislaturperiode löste Premierminister Shabaz Sharif im August 2023 die Nationalversammlung auf, wodurch verfassungsmäßig 90 Tage für die Wahlen vorgesehen sind, anstatt der 60 Tage bei deren vollständiger Ableistung. Allerdings wurde auch ein Wahltermin nach 90 Tagen als unrealistisch bezeichnet. Einer der genannten Gründe ist, dass die Ergebnisse der aktuellen Volkszählung eine Neueinteilung der Wahlkreise verlangten (AJ 10.8.2023). Am 16. August wurde die verfassungsmäßig vorgesehene Übergangsregierung angelobt (REU 17.8.2023).
Außerdem wurde im August Imran Khan der Unterschlagung schuldig befunden und in Haft genommen. Die Verurteilung hätte eine Kandidatur Khans bei den Wahlen verhindert. Nach dem großen Aufruhr vom Mai blieben die diesbezüglichen Proteste auf den Straßen begrenzt und ruhig (REU 5.8.2023). Zwischenzeitlich wurde das erste Urteil vom Höchstgericht Islamabad ausgesetzt, er verblieb in Haft aufgrund einer weiteren Anklage (AJ 27.9.2023).
Die allgemeinen Wahlen wurden für 8. Februar angesetzt. Das Umfeld der Wahlen wird allerdings Berichten zu Folge in einer Weise gestaltet, welche die PTI ins Abseits stellt. Imran Khan ist weiterhin in Haft. Seine Nominierung wurde von der Wahlkommission abgelehnt, wie auch die anderer PTI-Kandidaten (TIME 17.1.2024; vgl. AJ 12.1.2024, HRCP 11.1.2024, VOA 4.1.2024). Verhaftungen - wenn auch vorübergehend - und Verhöre von Führungspersonen der PTI halten an. Berichtet wird auch von der Vernichtung von Antragspapieren oder Entführungen. In der Medienberichterstattung ist Khan mit einer Art Bann belegt (HRCP 11.1.2024; vgl. TIME 17.1.2024). Der PTI wurde die Verwendung ihres Parteisymbols, einem Cricketschläger, auf den Wahlkarten gerichtlich untersagt. In einem Land mit 40 Prozent Analphabeten unter der wahlberechtigten Bevölkerung ist das Parteisymbol ein wichtiger Wiedererkennungsfaktor. Mehr noch, ist noch nicht gesichert, ob die PTI-Kandidaten überhaupt unter dem Namen der Partei antreten können oder als Unabhängige kandidieren müssen. Konträr dazu wurden die gerichtliche Verurteilung von Khans Vorgänger als Premierminister, dem aus dem Exil zurückgekehrten Nawaz Sharif, ebenso wie dessen lebenslanges Politikverbot aufgehoben, sodass er seine Wahlkampagne eröffnen konnte. Laut Meinungsumfragen genießt Khan allerdings weiterhin hohe Popularität (TIME 17.1.2024; vgl. AJ 12.1.2024). Ende Jänner 2024 wurde Khan nochmals der Unterschlagung für schuldig gesprochen und mit einem 10-jährigen Politikverbot belegt. Einspruch wurde eingelegt (GeoNews 31.1.2024).
Quellen
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (27/10/2023): Pakistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/pakistan-node/politisches-portraet/205010, Zugriff 20.1.2024;
AI - Amnesty International (27/3/2022): Human rights in Pakistan 2022, https://www.amnesty.org/en/location/asia-and-the-pacific/south-asia/pakistan/report-pakistan, Zugriff 29.9.2023;
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Zeit online - Zeit online (3/4/2022): Pakistan: Präsident Arif Alvi löst Parlament auf, https://www.zeit.de/politik/2022-04/pakistan-imran-khan-misstrauensvotum-neuwahlen, Zugriff 29.9.2023;
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Entwicklungen im Bereich Terrorismus
Pakistan konnte ab 2014 bedeutenden Erfolg in seiner Terrorbekämpfung aufweisen. Sie führten zu einer verbesserten allgemeinen Sicherheitslage, die allerdings aktuell wieder vor Herausforderungen steht (PIPS 10.1.2024).
Konstante Einsatz- und Überwachungskampagnen der Sicherheitskräfte und polizeilichen Anti-Terrorabteilungen, darunter die groß angelegten Militäroperationen Zarb-e-Azb, Khyber I-IV und Radd-ul-Fasaad sowie einige Anti-Extremismusmaßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, NAP, trugen zu einem kontinuierlichen Rückgang terroristischer Anschläge von 2009 bis 2020 - mit Ausnahme des Jahres 2013 - bei (PIPS 15.6.2021).
Die Operation Zarb-e-Azb 2014 war in erster Linie auf die Provinz Khyber Pakhtunkhwa und die damaligen Federal Administered Tribal Areas, FATA, ausgerichtet, um Terrorgruppen in Nord-Waziristan zu bekämpfen. Aus den meisten Gebieten konnten die militanten Extremisten vertrieben werden. Unter den Militäroperationen litt allerdings auch die Zivilbevölkerung vor Ort, eine hohe Anzahl an Personen wurde zu intern Vertriebenen. Die darauf folgende Operation Radd-ul-Fasaad involviert auch zivile Einsatzkräfte und konzentrierte sich auf geheimdienstliche Operationen im gesamten Land, um Schläferzellen und Verstecke militanter Extremisten auszuheben (EASO 10.2021).
Auch wurden signifikante Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung unternommen (FES 12.2020; vgl. PIPS 24.2.2023). Bei der Bekämpfung des Extremismus hat der NAP allerdings nur geringe Erfolge erzielt. Die Verbreitung extremistischer Literatur, extremistische Kundgebungen und die Verherrlichung von Terroristen hielten an (FES 12.2020). Ebenso zeigten sich wenige Fortschritte bei der Regulierung von Madrassen oder des Internets, um dem Extremismus entgegenzutreten (PIPS 18.2.2022).
Ab Mitte 2020 kam es zu einem Wiederaufleben jihadistischer militanter Gruppen in Gebieten wie Nord-Waziristan und Bajaur in Khyber Pakhtunkhwa (FES 12.2020). Der Regimewechsel in Afghanistan hat diese Gruppen bekräftigt. Dies wird besonders in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan sichtbar (PIPS 4.1.2022; vgl. CRSS 19.5.2023).
Trendumkehr bei den Anschlagszahlen seit 2021
Bereits das Jahr 2021 war von einem 42-prozentigen Anstieg der Zahl an Anschlägen im Vergleich zum Jahr 2020 auf 207 Terrorakte gekennzeichnet (PIPS 4.1.2022). Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Anschläge wiederum um 27 Prozent auf 262 Terrorakte. Diese forderten zusammen 419 Menschenleben, ein Anstieg von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ungefähr die Hälfte der Todesopfer 2022, 206, waren - laut Daten des Analyseinstituts Pak Institute for Peace Studies, PIPS, - Mitglieder der Sicherheitskräfte bzw. Exekutivbehörden, 152 waren Zivilisten und 61 Terroristen (PIPS 24.2.2023).
Das Jahr 2023 verzeichnete als drittes Jahr in Folge einen neuerlichen Anstieg in den Erhebungen von PIPS: um 17 Prozent in der Zahl der Anschläge auf 306; und um 65 Prozent in der Zahl der Todesopfer auf 693. Von den Todesopfern waren 330 - erneut beinahe die Hälfte - Sicherheitskräfte, 260 Zivilisten und 103 Terroristen (PIPS 10.1.2024).
Das Center for Research and Security Studies, CRSS, als Vergleichsquelle, verzeichnet in einer ersten Gesamtauswertung für das Jahr 2023 586 terroristische Anschläge mit 986 Toten (CRSS 31.12.2023). In der vertieften Auswertung für 2022 waren es 378 Anschläge mit 602 Todesopfern, davon 291 Mitglieder der Sicherheitskräfte, 297 Zivilisten und 14 Terroristen (CRSS 19.5.2023). Für das Jahr 2021 verzeichnete es 403 Terrorakte mit 555 Toten, davon 330 Zivilisten (CRSS 3.1.2022).
Eine spezifische Analyse des PIPS verdeutlicht konkret, dass im Zeitraum der 21 Monate zwischen der Machtübernahme der Taliban in Kabul vom August 2021 bis zum Stand der Auswertung im April 2023 im Vergleich zu den 21 Monaten davor eine Steigerung der Anschläge um 73 Prozent festgestellt werden kann, während die Todeszahlen eine Steigerung um 138 Prozent erfuhren. In diesem Vergleich zeigt sich allerdings auch eine starke Konzentration. Während Khyber Pakhtunkhwa einen Anstieg an Anschlägen um 92 Prozent in diesem Zeitraum erfuhr und Belutschistan um 81 Prozent, gingen die Anschläge im Punjab, Islamabad und Sindh im selben Zeitraum zurück (PIPS 30.5.2023).
Regionale Konzentration der Anschläge
Seit vielen Jahren ist sichtbar, dass die terroristische Gewalt hauptsächlich auf Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa konzentriert bleibt (PIPS 4.1.2022). Regional aufgeschlüsselt betrafen im Jahr 2023 93 Prozent aller Anschläge in Pakistan diese beiden Provinzen. Wie zuvor entfiel die Mehrheit - konkret 174 der 306 landesweiten Anschläge und damit 57 Prozent auf Khyber Pakhtunkhwa. 422 der landesweit 693 Todesopfer entfielen auf die Provinz. Belutschistan verzeichnete 110 der Anschläge mit 229 Todesopfern (PIPS 10.1.2024).
Im Vorjahr, 2022, entfielen 95 Prozent aller Anschläge auf diese beiden Provinzen und hier wiederum allein 64 Prozent - beinahe zwei Drittel - auf Khyber Pakhtunkhwa mit 169 Anschlägen. Hier waren auch 294 der 419 Todesopfer des Jahres 2022 zu beklagen. Mehr noch ließ sich der Gesamtanstieg der Anschlagszahlen 2022 allein auf einen Anstieg der Anschläge um 52 Prozent in dieser Provinz zurückführen. In den übrigen Provinzen gingen 2022 die Anschläge zurück oder blieben auf gleichem Niveau. In Belutschistan, das von der zweithöchsten Zahl an Anschlägen betroffen war, wurden im Jahr 2022 79 Anschläge durchgeführt - im Vergleich zu 81 des Vorjahres. Dabei wurden 106 Menschen getötet (PIPS 24.2.2023). In der Auswertung von CRSS betrafen 303 von 378 Anschlägen im Jahr 2022 allein diese beiden Provinzen (CRSS 19.5.2023).
Im Jahr 2021 trafen 93 Prozent der gesamten von PIPS erfassten Anschläge die beiden Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan zusammengenommen, die meisten mit 111 von insgesamt 207 Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 4.1.2022). Hauptakteure
Mehr als 20 terroristische Gruppierungen waren 2023 aktiv, allerdings lassen sich 78 Prozent aller Anschläge sowie 82 Prozent der Todesopfer drei Gruppen zuschreiben: den pakistanischen Taliban - Tehrik-e Taliban Pakistan, TTP, inklusive ihrer Untergruppen, dem Islamic State Khorasan Province, ISKP, und der Belutschistan Liberation Army, BLA. Letztere konzentrierte ihre Anschläge hauptsächlich in Belutschistan, der ISKP war in Teilen Khyber Pakhtunkhwas und Belutschistans aktiv und die TTP überwiegend in Khyber Pakhtunkhwa, wobei sie allerdings auch in den anderen Provinzen Anschläge durchführte. Hauptakteur der Gewalt ist dabei die TTP, auf die - mit 151 an der Zahl und 281 Todesopfern - beinahe die Hälfte aller Anschläge in Pakistan zurückgehen (PIPS 10.1.2024).
Der TTP gelang es ab 2020, sich neu zu formieren - verstärkt seit der Machtübernahme der afghanischen Taliban in Kabul (PIPS 10.1.2024). Sie hat von allen ausländischen Gruppierungen am meisten vom Abzug der internationalen Truppen in Afghanistan profitiert (PIPS 24.2.2023). Ihre dortige Präsenz nutzt sie, um Operationen in Pakistan durchzuführen (UNSC 25.7.2023). In der Folge haben sich ihre Anschläge in Pakistan sprunghaft erhöht (UNSC 13.2.2023). Trotz gegenteiliger Versprechungen ziehen die afghanischen Taliban nicht ernsthaft in Erwägung, gegen die pakistanischen Taliban auf afghanischem Gebiet vorzugehen (PIPS 4.1.2022; vgl. PIPS 10.1.2024). Einen unter der Vermittlung des Islamischen Emirates von Afghanistan im Mai 2022 eingesetzten Waffenstillstand inklusive Verhandlungen zwischen Vertretern der TTP und des pakistanischen Staats in Kabul kündigte die TTP im November 2022 auf (PIPS 24.2.2023; vgl. PIPS 10.1.2024).
Der ISKP konnte ebenfalls die Zahl seiner Anschläge steigern (PIPS 30.5.2023). Die 17 Anschläge der Gruppierung verursachten mit 155 Toten die zweithöchsten Opferzahlen im Jahr 2023. Die hohe Opferzahl unterstreicht auch ihre Kapazität Großanschläge durchzuführen (PIPS 10.1.2024). Auch den belutschischen und Sindhi-nationalistischen Gruppierungen gelangen seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan größere Anschläge als zuvor - in ihrem Fall auf Sicherheitskräfte und chinesische Interessen (PIPS 30.5.2023).
Hauptsächliche Zielsetzungen
Verbunden mit ihrem Wiedererstarken sind auch bedeutende Änderungen von Strategie und Modus Operandi der TTP erkennbar. Die hohen Opferzahlen unter Zivilisten bei früheren Selbstmordattentaten hatten einen Verlust der Unterstützung in der Bevölkerung - aber auch unter Jihadisten - und umgekehrt eine breite Befürwortung der Militäroperationen zur Folge, was einen der Gründe für ihre Zurückdrängung in Pakistan im Zeitraum 2014 bis 2016 darstellte. In der neuen Strategie der TTP steht die Zielsetzung auf Sicherheitskräfte im Vordergrund - bei einer deutlichen Reduzierung der zivilen Opfer (CTC Sentinel 5.2023).
Auch im Jahr 2023 stellten die Sicherheitskräfte das Hauptziel von Anschlägen dar. 205 an der Zahl und damit 67 Prozent aller Terroranschläge waren spezifisch gegen sie gerichtet (PIPS 10.1.2024). 2022 waren es 180, also 69 Prozent, das entspricht auch ungefähr deren gesamtem Anteil an den Todesopfern, wo ungefähr die Hälfte unter den Sicherheitskräften auszumachen war (PIPS 24.2.2023). 2021 zielten 66 Prozent der Anschläge gegen die Sicherheitskräfte, 177 der 335 Todesopfer waren analog dazu Mitglieder der Sicherheits- oder Strafverfolgungsbehörden (PIPS 4.1.2022).
Unter den weiteren öfters ins Visier geratenen Gruppen waren 2023 regierungsfreundliche Stammesältere mit vier Anschlägen und insgesamt fünf Todesopfer, Staatsbedienstete bzw. staatliche Einrichtungen mit neun Anschlägen und zwei Toten sowie vermutete Spione mit neun Anschlägen und 12 Toten. 19 Anschläge mit 32 Opfern richteten sich 2023 undifferenziert gegen Zivilisten (PIPS 10.1.2024).
2022 zielten 14 Anschläge undifferenziert gegen Zivilisten, weitere 14 gegen regierungsfreundliche Stammesführer oder Mitglieder von Friedenskomitees, acht gegen politische Führungspersonen oder Aktivisten (PIPS 24.2.2023).
Gezielte Anschläge gegen Minderheitenangehörige
Im März 2023 starb ein Sikh bei einem gezielten terroristischen Anschlag durch den ISKP in Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 5.4.2023);
im April ein Christ bei einem gezielten Anschlag durch den ISKP ebenfalls in Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 6.5.2023);
im Mai ein Sikh im Punjab bei einem gezielten Anschlag ungeklärter Täterschaft (PIPS 8.6.2023);
im Juni ein Sikh bei einem gezielten Anschlag durch den ISKP in Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 5.7.2023);
im Juli ein Angehöriger der schiitischen Minderheit bei einem mutmaßlichen gezielten Anschlag in Sindh (PIPS 4.8.2023);
im August eine lokale Führungsperson der PPP bei einem gezielten Anschlag aufgrund seines schiitischen Glaubens im Sindh (PIPS 6.9.2023).
Im Oktober tötete ein Anschlag auf die schiitische Gemeinde in Khyber Pakhtunkhwa vier Menschen (PIPS 7.11.2023).
Im Dezember wurden zehn Menschen bei einem gegen Schiiten gerichteten Anschlag der Lashkar-e-Jhangvi auf einen Bus in Gilgit-Baltistan getötet (PIPS 8.1.2024).
Außerdem eröffnete im Mai ein dort zur Sicherheit abgestellter Polizist im Swat in Khyber Pakhtunkhwa das Feuer auf den Schulbus einer christlichen Mädchenschule, wobei zwei Mädchen getötet wurden. Es wurde als Tat einer psychischen Erkrankung, nicht als Terrorakt eingestuft (BW 1.6.2023).
Allerdings waren auch religiöse Führer bzw. Gemeindemitglieder des sunnitischen Glaubens in acht Anschlägen mit neun Toten ein spezifisches Ziel (PIPS 10.1.2024).
2022 zielten zwei Anschläge gegen Schiiten, darunter ein Großanschlag gegen eine schiitische Moschee in Peschawar mit 68 Toten, ein Anschlag gegen Sunniten, zwei gegen die christliche Gemeinde mit insgesamt zwei Toten und einer gegen die Sikh-Gemeinde, der zwei Menschenleben forderte (PIPS 24.2.2023).
Wahl der Mittel
In Bezug auf die Wahl der Mittel setzten Terroristen bei 160 Anschlägen im Jahr 2023 Direktbeschuss ein, improvisierte Sprengsätze (IEDs) in 65 und Handgranaten in 38 Fällen. 12 Anschläge wiesen einen koordinierten Schusswaffen- und Sprengeinsatz auf. Unter den weniger häufig eingesetzten Mitteln stechen drei Raketenangriffe hervor. Es zeigt sich außerdem eine signifikante Erhöhung der Selbstmordanschläge von 14 im Jahr 2022 auf 23 im Jahr 2023 (PIPS 10.1.2024), wobei bereits jene des Jahres 2022 einen starken Anstieg von den fünf des Jahres 2021 demonstrierten (PIPS 24.2.2023).
Der überproportional hohe Anstieg - um 65 Prozent - in der Zahl der Todesopfer bei um 17 Prozent gestiegenen Anschlägen verdeutlicht, dass es den Terrorgruppen gelang, vermehrt auch Großanschläge durchzuführen. Dabei gehen die Anschläge mit besonders hohen Opferzahlen allesamt auf Selbstmordattentäter der TTP oder des ISKP zurück. Insgesamt forderten die 23 Selbstmordanschläge des Jahres 315 Menschenleben (PIPS 10.1.2024).
Die erhöhten technischen Kapazitäten der TTP und ihrer Verbündeten lassen sich - neben ihren Möglichkeiten des Unterschlupfs und der Nutzung von Trainingsbasen in Afghanistan - auch auf ihren Zugang zu dem in Afghanistan zurückgelassenen modernen Equipment der abgezogenen US-Truppen zurückführen, u. a. Nachtsicht-Heckenschützengewehre und gepanzerte Fahrzeuge (PIPS 10.1.2024).
Durchführung Großanschläge 2023
Im Jänner 2023 gelang ein Großanschlag auf eine Moschee in einem Polizeiareal in Peschawar, Khyber Pakhtunkhwa. Es starben 97 Polizisten und 3 Zivilsten. Zu Beginn bekannte sich die TTP zu dem Selbstmordanschlag (PIPS 20.2.2023).
Im Juli starben bei einem Großanschlag auf eine Wahlveranstaltung der Jamiat Ulema-i-Islam-Fazl (JUI-F) im Bajaur Tribal District in Khyber Pakhtunkhwa mindestens 54 Menschen (PIPS 4.8.2023). Der ISKP bekannte sich zum Selbstmordanschlag. Die Partei JUI-F tritt selbst für die Umsetzung der Scharia ein und steht mutmaßlich den afghanischen und pakistanischen Taliban nahe, welche der ISKP ablehnt (CSIS 3.8.2023).
Im September starben 55 Menschen bei einem Anschlag auf muslimische Feierlichkeiten zu Ehren Mohammeds Geburtstag in Mastung, Belutschistan. Keine Gruppierung bekannte sich dazu. In der Gegend ist der ISKP besonders aktiv (PIPS 4.10.2023; vgl. AJ 29.9.2023, BBC 29.9.2023). Feiern zu Ehren Mohammeds Geburtstag werden von einigen muslimischen Strömungen als ketzerisch verurteilt (AJ 29.9.2023; vgl. BBC 29.9.2023).
Reaktion der Sicherheitskräfte
Auf den Anstieg der terroristischen Gewalt reagierten die Streitkräfte mit geheimdienstlichen Operationen, der Fortführung der Operation Radd-ul-Fasaad und in den Grenzregionen mit der Stationierung regulärer Armeetruppen (EASO 10.2021).
Die Sicherheitskräfte führten im Jahr 2023 129 Anti-Terror-Operationen in 31 Distrikten des Landes durch. Bei diesen starben - laut den Erhebungen von PIPS - 373 Terroristen, 50 Sicherheitskräfte und zwei Zivilisten. Zusätzlich kam es zu 24 bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Terroristen, bei denen 37 Terroristen und 18 Mitglieder der Sicherheitskräfte starben. 21 dieser Auseinandersetzungen betrafen Khyber Pakhtunkhwa. Außerdem nahmen die Sicherheitskräfte bei 87 Suchoperationen im gesamten Land 377 des Terrorismus Verdächtigte bzw. Mitglieder militanter Gruppen fest. Diese Zahl umfasst keine Personen, die nach ersten Untersuchungen wieder freigelassen wurden (PIPS 10.1.2024).
Im Vergleich wurden 2022 87 Anti-Terror-Operationen in 25 Distrikten durchgeführt. Diese forderten 327 Tote, laut Daten von PIPS 302 Terroristen, 24 Sicherheitskräfte und ein Zivilist. 57 der Sicherheitsoperationen des Jahres 2022 wurden in Khyber Pakhtunkhwa durchgeführt, 28 in Belutschistan. In 66 Suchoperationen wurden im Rahmen der Operation Radd-ul-Fasaad laut PIPS 129 des Terrorismus Verdächtigte festgenommen. Außerdem kam es zu elf bewaffneten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Militanten/Terroristen in Khyber Pakhtunkhwa mit 25 Toten, davon 13 Terroristen und zwölf Soldaten. Für das Jahr 2021 wurden sechs derartige Zusammenstöße und 63 Anti-Terror-Operationen aufgezeichnet (PIPS 24.2.2023).
CRSS berichtet von 197 Operationen gegen Militante und Aufständische durch die Sicherheitskräfte im Jahr 2023 mit 537 Toten (CRSS 31.12.2023).
Für das Jahr 2022 zählte CRSS 128 Operationen, bei denen 368 Menschen getötet und 102 mutmaßliche Terroristen verhaftet worden sind. Die Mehrheit der Sicherheitsoperationen zeichnete CRSS in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan auf (CRSS 19.5.2023). Für das Jahr 2021 registrierte CRSS 146 Sicherheitsoperationen (CRSS 3.1.2022).
In den letzten Jahren hat Pakistan außerdem mehrere rechtliche, administrative und operative Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung gesetzt und 26 der 27 Bedingungen des Aktionsplanes der Financial Action Task Force, einer internationalen Organisation gegen Terrorismusfinanzierung, erfüllt (PIPS 24.2.2023).
Kommunale Gewalt aufgrund religiösen Fundamentalismus'
Weiters zeigt sich, dass der religiöse Extremismus, auch abseits der Terrorgruppen, eine große Herausforderung darstellt. Zum einen ist dies in den Gewalttaten von aufgestachelten Menschenmengen, sogenannten Mobs, erkennbar [Anm. siehe dazu auch Kap. Religionsfreiheit ]. Zum anderen manifestiert sich dies in den gewalttätigen Protesten der politisch-religiösen Bewegung Tehreek-e-Labbaik Pakistan, TLP. Die Gewalt der TLP erreichte 2021 einen Höhepunkt, als bei Demonstrationen in den Städten des Punjab 24 Menschen ums Leben kamen, 10 davon Polizisten, und eine Polizeistation gestürmt und besetzt wurde. Sie wurden erst beigelegt, nachdem die Regierung dem Druck nachgab, den Anführer freiließ und das Verbot der Gruppe aufhob (PIPS 4.1.2022). Für 2022 zählte das Sicherheitsanalyseinstitut PIPS zwei Gewaltvorfälle auf, in denen Anhänger der TLP involviert waren und bei denen jeweils eine Person getötet wurde (PIPS 24.2.2023). 2023 war die TLP in zwei Gewaltakte durch aufgehetzte Menschenmengen gegen Minderheiten involviert (PIPS 10.1.2024).
Für das Jahr 2023 verzeichnete PIPS folgende Vorfälle kommunaler religiös-motivierter Gewaltausbrüche, also Gewalt durch religiös motiviert aufgehetzte Menschenmengen:
Im Februar stürmte im Punjab eine aufgebrachte Menschenmenge einen Polizeiposten und tötete einen inhaftierten Blasphemiebeschuldigten (AJ 16.8.2023; vgl. PIPS 8.3.2023). Ein weiterer Mob verwüstete im Sindh eine Glaubensstätte der Ahmadi in Karatschi (PIPS 8.3.2023).
Im März attackierten Anhänger einer islamistischen Partei Hindu-Studenten an einer Universität im Punjab bei einem religiösen Fest und verletzten 15 von ihnen (WION 7.3.2023; vgl. PIPS 5.4.2023).
Im Mai wurde eine Person nach angeblicher Blasphemie durch eine Menschenmenge in Khyber Pakhtunkhwa getötet (PIPS 8.6.2023).
Im August verzeichnete PIPS zwei Mob-Vorfälle mit einem Toten (PIPS 6.9.2023): Im Punjab randalierte ein aufgebrachter Mob nach Blasphemievorwürfen in einem christlichen Viertel und setzte dabei auch Kirchen und Häuser in Brand. Die Rangers wurden herangezogen, um die Lage unter Kontrolle zu bringen (AJ 16.8.2023; vgl. Lowy Inst 21.9.2023, HRW 22.8.2023). In Belutschistan wurde eine Woche zuvor ein Lehrer nach Blasphemievorwürfen getötet (DAWN 7.8.2023; vgl. Lowy Inst 21.9.2023, AJ 16.8.2023).
Im September randalierten in drei Vorfällen kommunaler Gewalt aufgebrachte Menschenmengen in Glaubensstätten von Christen und Ahmadis, ein christlicher Pfarrer wurde im Punjab in Folge angeschossen und verletzt (PIPS 4.10.2023).
Für April (PIPS 6.5.2023), Juni (PIPS 5.7.2023, Juli (PIPS 4.8.2023) und November (PIPS 7.12.2023) zeichnete PIPS keine Vorfälle von religiös motivierter Mob-Gewalt auf; für Jänner 2023 zwar einen Vorfall, allerdings ohne Tote oder Verletzte (PIPS 20.2.2023).
Für Oktober wurde zwar kein derartiger Vorfall aufgezeichnet, allerdings kam es drei Mal im Kurram Tribal District von Khyber Pakhtunkhwa zu Zusammenstößen zwischen schiitischen und sunnitischen Stämmen, die zu 16 Todesopfern führten (PIPS 7.11.2023).
Für 2022 zeichnete PIPS acht Vorfälle kommunaler religiöser Gewalt auf, bei drei davon handelte es sich um Mobs aufgrund von Blasphemievorwürfen. Bei den Vorfällen wurden fünf Menschen getötet - drei Ahmadis und zwei der Blasphemie Beschuldigte - sowie ein Hindu-Tempel beschädigt (PIPS 24.2.2023).
Grenzübergriffe
Im Nordwesten Pakistans wurde 2017 mit dem Bau eines Grenzzaunes entlang der 2.611 Kilometer langen Durand-Linie genannten Grenze zu Afghanistan begonnen. Dies sollte den Bewegungen von Militanten und Schmugglern sowie illegalen Grenzübertritten Einhalt gebieten. Anfang Juli 2021 war laut pakistanischen Angaben der Bau des Zauns auf 91 Prozent der Strecke abgeschlossen (AP 13.7.2021). Der Bau des Grenzzauns wird allerdings vom nunmehrigen Taliban-Regime in Afghanistan zurückgewiesen, insbesondere aufgrund des Verlaufs an der Durand-Linie, auf deren definitive Grenzsetzung Pakistan aus Sicht der Taliban keinen rechtlichen Anspruch hat (PIPS 4.1.2022; vgl. DAWN 14.1.2022). Im Jänner 2022 sicherte Pakistan zu, die verbliebenen 21 Kilometer für einen vollständigen Grenzzaun in diplomatischer Übereinkunft mit Afghanistan errichten zu wollen (DAWN 14.1.2022). Im April 2023 berichteten Medien, dass laut pakistanischen Behördenangaben 98 Prozent des Grenzzaunbaus abgeschlossen sind, während die afghanische De-facto-Regierung den Bau weiterhin ablehnt (KP 27.4.2023; vgl. TN 26.4.2023).
Es zeigt sich, dass die Taliban eine striktere Reaktion in Bezug auf den Bau des pakistanischen Grenzzauns übernommen haben als die Vorgängerregierung, wobei sich ihr Widerstand gegen den Grenzzaun auch in Gewalt äußerte (PIPS 30.5.2023).
So war 2022 der Grenzzaun Hauptgrund für eine Eskalation der Grenzzusammenstöße zwischen pakistanischen Sicherheitskräften und afghanischen Kämpfern. Verschiedenen Schusswechseln fielen auch Zivilisten zum Opfer, außerdem führten sie immer wieder auch zur Schließung des Grenzübergangs Chaman (DAWN 14.12.2022). PIPS zählte im Jahr 2022 13 Grenzübergriffe zwischen Afghanistan und Pakistan in den Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, bei denen 34 Menschen starben (PIPS 24.2.2023).
Auch im Jahr 2023 führten im Februar (AJ 25.2.2023; vgl. PIPS 8.3.2023) und im September Schusswechsel zur vorübergehenden Grenzschließung bei Torkham (AN 12.9.2023; vgl. RFE/RL 12.9.2023). Insgesamt kam es im Jahr 2023 laut der Datenbank von PIPS zu vier Zusammenstößen pakistanischer Sicherheitskräfte oder Zivilisten mit afghanischen Grenzwächtern, wobei zwei Zivilisten getötet wurden, sowie zu drei grenzüberschreitenden Zusammenstößen pakistanischer Sicherheitskräfte mit militanten Gruppen, die drei Tote innerhalb der pakistanischen Armee sowie sechs unter militanten Gruppen forderten (PIPS 19.1.2024a).
Seit sich Indien und Pakistan im Februar 2021 gegenseitig die Absicht erklärten, das Waffenstillstandsabkommen von 2003 verstärkt zu respektieren, hat sich andererseits die Lage an der Grenze mit diesem Nachbarn signifikant verbessert. Insgesamt ging damit im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Übergriffe an allen Grenzen des Landes um weitere 35 Prozent auf 15 zurück. So fand nur ein Grenzübergriff zwischen Indien und Pakistan 2022 statt - ohne Opfer oder Schaden, und einer zwischen Iran und Pakistan (PIPS 24.2.2023).
Für 2023 registrierte PIPS vier Übergriffe an der Grenze zu Indien, nach pakistanischen Angaben ausgehend von indischen Grenzpatrouillen mit acht toten Zivilisten. An der Grenze zum Iran verzeichnete PIPS 2023 einen territorialen Übergriff, bei dem vier Soldaten starben, allerdings durch eine militant-nationalistische Gruppierung (PIPS 19.1.2024a).
Im Jänner 2024 verursachten territoriale Verletzungen an der Grenze zwischen Iran und Pakistan eine diplomatische Krise. Iran hatte einen Raketenangriff auf pakistanisches Gebiet in Belutschistan durchgeführt, und als Ziel eine in Iran aktive, separatistische Terrorgruppe genannt. Pakistan, das angibt, es seien dabei auch zwei Kinder getötet worden, führte seinerseits daraufhin eine Reihe von Militärschlägen gegen proklamiert terroristische Ziele auf iranischem Gebiet durch (Tagesschau 18.1.2024).
Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle
Zusammen genommen registrierte PIPS für das Jahr 2023 498 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 1.232 Toten. Neben den bereits behandelten, waren dies u.a. jeweils zwei Vorfälle ethno-politischer Gewalt und Auseinandersetzungen unter Stämmen sowie ein Kampf unter verschiedenen militanten Gruppen (PIPS 10.1.2024).
Das Jahr 2022 schlug sich laut PIPS mit 398 Fällen sicherheitsrelevanter Gewalt mit insgesamt 832 Toten zu Buche (PIPS 24.2.2023); 2021 mit 326 sicherheitsrelevanten Vorfällen und 609 darauf resultierenden Todesopfern (PIPS 4.1.2022).
CRSS berichtet in seiner Auswertung von 1524 Toten in 789 Vorfällen sicherheitsrelevanter Gewalt im Jahr 2023. Von den Todesopfern waren demnach 479 Zivilisten, 545 Terroristen und 500 Sicherheitskräfte (CRSS 31.12.2023). Für das Jahr 2022 zeichnete es 512 Vorfälle mit 980 Toten auf (CRSS 19.5.2023).
In der quartalsmäßigen Entwicklung zeigt sich für Gesamt-Pakistan auch eine Steigerung innerhalb des Jahres. Nachdem vom ersten ins zweite Quartal die Zahl der Toten bei Gewaltvorfällen um 21 Prozent zurückging (CRSS 11.7.2023), stieg sie um 57 Prozent für das dritte Quartal. Dabei stieg die Gewalt allerdings in Belutschistan um 131 Prozent, während sie im Punjab um 67 Prozent zurückging (CRSS 30.9.2023).
Aus den Datensätzen des Armed Conflict Location Event Data Project, ACLED, ergeben sich für das Jahr 2022 765 Vorfälle mit 1.783 Toten (ACLED o.D.).
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Khyber Pakhtunkhwa (inklusive Tribal Districts - ehemalige FATA)
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Hintergrund
Die Provinz Khyber Pakhtunkhwa (KP) ist mit Stand 13.12.2023 in 36 Distrikte unterteilt (ECPAK 13.12.2023; vgl. Khyber NC 1.12.2023). Die ehemaligen Agencies der vormals Federally Administered Tribal Areas, FATA, genannten Stammesgebiete wurden 2018 in Distrikte von Khyber Pakhtunkhwa umstrukturiert und werden jetzt als Khyber Pakhtunkhwa Tribal Districts, KPTDs (EASO 10.2021), oder auch als Newly Merged Districts, NMDs, bezeichnet (HRCP 28.12.2023). Die Frontier Regions der Stammesgebiete wurden in die angrenzenden bereits bestehenden Distrikte der Provinz eingegliedert (Nation 16.12.2022).
Der Eingliederungsprozess der ehemaligen Stammesgebiete in die gesamtstaatliche Struktur geht nur sehr langsam voran (PIPS 15.6.2021; vgl. HRCP 28.12.2023). Berichten zufolge sind die zugesagten finanziellen Mittel zur Entwicklung und Integration der Region nur in Bruchteilen angekommen (HRCP 28.12.2023; vgl. Nation 16.12.2022, TFT 11.9.2023, Nation 1.9.2023, Pakistan Today 16.11.2023). Die Stammesdistrikte weisen - zusammen mit Belutschistan - die weitaus höchste Armutsrate Pakistans auf (UNDP 24.7.2023).
Bereits seit 2020 kommt es zu Protesten aufgrund des schleppenden Eingliederungsprozesses (PIPS 15.6.2021). Auch eine Zunahme an Grundstücksstreitigkeiten in den KPTDs wird mit dem langsamen Reformprozess verbunden (PIPS 4.1.2022; vgl. HRCP 28.12.2023). Die angekündigte Beschleunigung der Integration ist noch nicht gelungen [Anm.: vgl. dazu Sicherheitsbehörden]. Dies führte zu Forderungen der Rücknahme der Zusammenlegung vonseiten lokaler Gruppen. Die pakistanischen Taliban griffen die Forderung auf und erkoren sie zu einem zentralen Punkt ihrer Verhandlungen mit der Regierung (PIPS 24.2.2023). Auch die fehlende Deckung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung, wie Wasser-, Gas- und Elektrizitätsinfrastruktur sowie den Mangel an staatlichen Dienstleistungen und Möglichkeiten für die Menschen der vernachlässigten Region greift die neue Führung der pakistanischen Taliban in ihrer Propaganda auf (AJ 2.2.2023; vgl. Nation 1.9.2023, AA 21.9.2023).
Einige der Distrikte der ehemaligen FATA hatten lange Zeit Kämpfer von al-Qaida sowie pakistanische und afghanische Taliban beherbergt. Das Militär brauchte mehr als ein Jahrzehnt und mehrere Offensiven, um die Kontrolle über die Region - wenn auch nicht gänzlich - zurückzugewinnen (AA 8.8.2022). Ab dem Jahr 2020 verschlechtere sich die Sicherheitslage in einigen der KPTDs und eine Zunahme an Aktivitäten von Aufständischen und den daraus resultierenden Opfern konnte beobachtet werden (FRC 7.1.2021).
Entwicklung der Anschlagszahlen
Khyber Pakhtunkhwa war in den letzten Jahren die am stärksten von Terroranschlägen betroffene Region Pakistans (PIPS 24.2.2023; vgl. PIPS 15.6.2021, PIPS 4.1.2022). Das Gebiet der ehemaligen Stammesgebiete, besonders Nord-Waziristan, stellt dabei einen der beiden größten Unruheherde Pakistans dar (AA 21.9.2023).
Für das Jahr 2023 verzeichnete PIPS in der Provinz 174 Anschläge und damit 57 Prozent der landesweiten Anschläge sowie 422 Todesopfer bei diesen (PIPS 10.1.2024). 2022 waren es 169 Terrorakte mit 294 Todesopfern (PIPS 24.2.2023). Es zeigt sich damit im Jahresvergleich, dass bei einem nur leichten Anstieg der Anschlagszahlen um drei Prozent eine überproportional gestiegene Zahl an Todesopfern erfasst werden musste. Den militanten Gruppen gelang es somit, vermehrt größere Anschläge durchzuführen (PIPS 10.1.2024).
So verzeichnete Khyber Pakhtunkhwa mit dem Großanschlag vom Jänner 2023 auf eine Moschee in einem Polizeiareal in Peschawar durch einen Selbstmordattentäter (PIPS 20.2.2023) den tödlichsten Anschlag in Pakistan der letzten Jahre (AJ 2.2.2023). Auch ein weiterer Großanschlag im Juli im KPTD Bajaur betraf die Provinz (PIPS 4.8.2023).
Bereits die Zahlen von 2022 repräsentierten allerdings einen Anstieg um 52 Prozent gegenüber 2021 bei Anschlägen, während die Todesopfer von 169 auf 294 im selben Zeitraum stiegen (PIPS 24.2.2023). Schon 2021 waren die Anschlagszahlen und die Zahl der Todesopfer nach langen Jahren des kontinuierlichen Rückgangs gestiegen (PIPS 4.1.2022).
Das Sicherheitsanalyseinstitut PICSS, Pakistan Institute for Conflict and Security Studies - als Vergleichsquelle - verzeichnete in Khyber Pakhtunkhwa für das Jahr 2023 423 Terrorakte mit 621 Todesopfern. Demnach waren die KPTDs von einen 60-prozentigen Anstieg und die länger bestehenden Distrikte KPs von einem 85-prozentigen Anstieg bei den Anschlagszahlen im Vergleich zu den Daten des Instituts vom Vorjahr betroffen (PICSS 1.1.2024).
Der Anstieg der Gewalt verdeutlicht die Rückkehr und die Neuformierung der TTP in den ehemaligen Stammesgebieten, insbesondere in Nord- und Süd-Waziristan (FRC 7.1.2021; PIPS 10.1.2024). Da sie sich unter anderem durch Erpressung und Entführungen gegen Lösegeld finanzieren, haben auch solche Vorfälle in den KPTDs wieder zugenommen (FRC 7.1.2021). Berichte über Schutzgeld-Erpressungen weiteten sich aus und reichen bis zur Erpressung von Personen in hohen politischen Ämtern. Dies führte zur Einrichtung einer eigenen Spezialeinheit der Polizei (HRCP 28.12.2023).
Regionale Konzentration und spezielle Entwicklungen in den KPTDs
In 22 Bezirken der Provinz wurden im Jahr 2023 Terroranschläge verzeichnet. Dabei konzentrierte sich der Großteil der terroristischen Aktivitäten auf zwei Regionen, zum einen auf die südlichen Distrikte, darunter Nord- und Süd-Waziristan, und zum anderen auf die Provinzhauptstadt Peschawar und deren benachbarten Distrikt Khyber. Konkret betrafen 82 Prozent der Anschläge diese beiden Regionen, in denen hauptsächlich die TTP und andere lokale Talibangruppen aktiv sind. Auf Nord-Waziristan entfielen dabei 23 Anschläge mit 53 Toten, auf Peschawar 22 Anschläge mit 100 Todesopfern. Ein weiterer Brennpunkt blieb der KPTD Bajaur, auf den sich der ISKP fokussiert (PIPS 10.1.2024).
Im Jahresvergleich waren 2022 21 Distrikte von Anschlägen betroffen, hauptsächlich - wie die Jahre davor - Nord-Waziristan mit 30 Anschlägen und 64 Toten. Die Hauptstadt Peschawar folgte 2022 mit 17 Anschlägen und 74 Toten (PIPS 24.2.2023). 2021 entfielen mit 37 an der Zahl 33 Prozent aller Anschläge der Provinz allein auf Nord-Waziristan. Insgesamt waren 20 Distrikte von Anschlägen betroffen, mit acht war ebenfalls der Distrikt Peschawar im damaligen Vergleich von einer höheren Anzahl an Anschlägen betroffen (PIPS 4.1.2022).
Zielsetzungen der Anschläge
Ungefähr 75 Prozent der Anschläge des Jahres 2023 in Khyber Pakhtunkhwa, 130 an der Zahl, zielten gegen Sicherheitskräfte und Exekutivorgane bzw. deren Infrastruktur. Diese gezielten Anschläge kosteten insgesamt 296 Menschenleben, davon 217 Sicherheitskräfte bzw. Exekutivorgane, 20 Zivilisten und 59 Mitglieder der Terrorgruppen. Zusammen sechs Anschläge richteten sich gegen politische Führer oder Stammesältere und zehn mit 19 Toten zielten allgemein auf Zivilsten (PIPS 10.1.2024).
Im Jahr 2022 richtete sich mit 77 Prozent der Anschläge ein ähnlicher Anteil - ebenfalls 130 an der Zahl - gegen Sicherheitskräfte und Exekutivorgane bzw. deren Infrastruktur (PIPS 24.2.2023). 2021 waren es 71 Prozent und damit 79 (PIPS 4.1.2022).
Auch bei der Aufstellung der Vergleichquelle PICSS für das Jahr 2023 zeigt sich, dass mit 307 Toten die überwiegende Mehrheit der Opfer der Anschläge in der Provinz Sicherheitskräfte waren. 222 waren demnach Zivilisten, 92 Tote forderten die Anschläge unter den Terrororganisationen selbst (PICSS 1.1.2024).
Der Rückgang an undifferenzierten Anschlägen auf Zivilisten spiegelt die Änderung der Taktik der Gruppen wider, während sich diese verstärkt auf Sicherheitskräfte, regierungsfreundliche Stammesführer und politische Führungspersonen fokussieren (PIPS 10.1.2024).
Im Hinblick auf die Lage der Minderheiten zielte 2023 ein Terrorakt gegen die schiitische Religionsgemeinschaft mit vier Toten. Ein Christ und zwei Sikhs starben bei jeweils gegen sie gerichteten, gezielten Anschlägen (PIPS 10.1.2024). 2022 richtete sich ebenfalls ein Terrorakt gegen die schiitische Religionsgemeinschaft in Khyber Pakhtunkhwa, dabei handelt es sich allerdings um einen Großanschlag mit 65 Toten. Die christliche und die Sikh-Gemeinde waren von jeweils einem gezielten Anschlag betroffen, die einen bzw. zwei Tote forderten (PIPS 24.2.2023).
Wahl der Mittel
Überwiegend greifen die terroristischen Gruppen auf Schusswaffen zurück, 2023 war dies bei 102 der 174 Anschlägen der Fall, gefolgt von improvisierten Sprengstoffen (IEDs). Selbstmordanschläge inkludiert, kamen diese in 50 Attentaten zum Einsatz. Auffällig waren mehrere Fälle der Stürmung von Polizeistationen mithilfe moderner Ausrüstung, wie Nachtsichtgeräten, wobei die meisten zügig zurückgedrängt wurden (PIPS 10.1.2024).
2022 wurden die Terrorakte ebenfalls überwiegend mit Schusswaffen - in 104 Fällen - oder mit improvisierten Sprengsätzen - in 22 Anschlägen - durchgeführt. Bereits 2022 konnten häufiger als zuvor Großanschläge umgesetzt und vereinzelt direkt Polizeistationen angegriffen werden (PIPS 24.2.2023).
Außerdem zeigt sich unter den Anschlagstatistiken eine starke Zunahme an Selbstmordattentaten. PIPS verzeichnete für das Jahr 2023 18 Selbstmordanschläge in Khyber Pakhtunkhwa, die 236 Tote forderten. Im Vergleich dazu fielen im Jahr zuvor 89 Personen Selbstmordanschlägen zum Opfer (PIPS 10.1.2024). PICSS registrierte 23 Selbstmordattentate mit 254 Toten für das Jahr 2023 (PICSS 27.12.2023).
Reaktion der Sicherheitskräfte
In Bezug auf die Terrorismusbekämpfung wurden 2023 97 Anti-Terroroperationen der Sicherheitskräfte in Khyber Pakhtunkhwa durchgeführt, die 314 Todesopfer forderten (PIPS 2.1.2024a), hauptsächlich unter den militanten Extremisten (PIPS 10.1.2024). Zusätzlich wurden 21 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und militanten Extremisten mit 52 Todesopfern aufgezeichnet (PIPS 2.1.2024a). Mit 21 entfielen dabei die meisten Sicherheitsoperationen auf Nord-Waziristan, hier kam es auch zu fünf Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen (PIPS 2.1.2024b). Für das Jahr 2022 wurden 57 Anti-Terror-Operationen registriert, 24 davon in Nord-Waziristan (PIPS 24.2.2023).
Zusammenfassung Gewaltvorfälle
Insgesamt zeichnete PIPS 2023 für die Provinz 313 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 830 Toten auf, neben den oben angeführten, u.a. sechs Auseinandersetzungen an der Grenze zu Afghanistan, vier Auseinandersetzungen zwischen Stämmen unterschiedlicher Konfession, zwei sonstige Zusammenstöße zwischen Stämmen und eine Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Terrorgruppen (PIPS 17.1.2024). 2022 waren es 258 Vorfälle mit 551 Toten (PIPS 24.2.2023).
CRSS - als Vergleichsquelle - berichtet in seiner ersten Auswertung für 2023 von 458 Vorfällen sicherheitsrelevanter Gewalt und dabei 979 Todesopfern in der Provinz (CRSS 31.12.2023). Im Jahr 2022 registrierte es in seiner vertieften Auswertung insgesamt 633 Todesopfer bei 313 sicherheitsrelevanten Vorfällen - davon 221 Terrorakte mit 394 Toten sowie 88 Anti-Terror- oder Sicherheitsoperationen (CRSS 19.5.2023).
Proteste
In den betroffenen Gebieten Khyber Pakhtunkhwas, hauptsächlich in den Stammesgebieten, wurden bereits 2022 größere Protestdemonstrationen gegen die zunehmenden Aktivitäten Militanter und das Wiedererstarken des Terrorismus abgehalten. Daran waren auch unterschiedliche Parteien sowie Organisationen der Zivilgesellschaft beteiligt (PIPS 24.2.2023). Nach dem Großanschlag auf die Moschee im Polizeiareal in Peschawar im Jänner 2023 demonstrierten Tausende auch in den Städten gegen Terrorismus und für eine bessere Ausstattung der Polizei (Siasat 4.2.2023). Mehrmals kam es 2023 zu Demonstrationen gegen das Wiederaufleben der Terrorgruppen (PIPS 10.1.2024).
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Siasat - Siasat Daily, The (4/2/2023): Thousands rally as wave of terrorism hits Pakistan in Khyber-Pakhtunkhwa, https://www.siasat.com/thousands-rally-as-wave-of-terrorism-hits-pakistan-2518839, Zugriff 29.12.2023;
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Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung 2023-04-12 15:51
Die Menschenrechtslage in Pakistan bleibt schwierig und hat sich im Berichtszeitraum, in den auch ein Regierungswechsel fällt, insgesamt nicht verbessert. Zwar garantieren die pakistanische Verfassung und eine Reihe von Gesetzen fundamentale Bürgerrechte, Menschenrechte und politische Rechte, meist mangelt es jedoch an der Implementierung (AA 8.8.2022).
Der Raum für Zivilgesellschaft und öffentlich-kritische Debatte ist weiter eingeschränkt. Militär und Geheimdienste begrenzen den Aktionsradius von Zivilgesellschaft und Medien. Die öffentliche Thematisierung politisch und religiös sensibler Fragen wird ebenfalls eingeschränkt. Das Militär zwingt Journalisten mit Druck erfolgreich zu Selbstzensur (AA 8.8.2022). Behörden setzen Schikanierungen und gelegentlich auch Verhaftungen gegen Journalisten und andere Vertreter der Zivilgesellschaft ein, die Kritik an Regierung oder deren Maßnahmen üben. Das vage und breit auslegbare Gesetz gegen Volksverhetzung wird oft auch eingesetzt, um politische Widersacher oder Journalisten zu unterdrücken. Es gibt gewalttätige Übergriffe gegen Mitarbeiter von Medien (HRW 12.1.2023).
Politische Parteien können weitgehend frei arbeiten, jedoch üben Militär und Geheimdienste Druck auf unliebsame Parteien aus, in der Regel auf die Opposition. Institutionen und Menschen, die Kritik am Militär und am Nachrichtendienst ISI üben, müssen mit Sanktionen rechnen. Zudem nehmen Militär und Nachrichtendienste immer wieder Einfluss auf die mediale Berichterstattung (AA 8.8.2022). So gingen die Strafverfolgungsbehörden 2021 weiterhin hart gegen Demonstrationen der Bewegung zum Schutz der Paschtunen (Pashtun Tahaffuz Movement, PTM) vor, die sich gegen die Diskriminierung und außergerichtliche Hinrichtung von Paschtunen sowie gegen die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen nach ethnischen Kriterien (Racial Profiling) einsetzt (AI 29.3.2022). Es kommt außerdem immer wieder zu Verhaftungen ihrer Führer und exponierter Personen. Allerdings hat das Interesse an der Organisation stark nachgelassen. Gegenüber vormaligen Regierungsmitgliedern (auch dem vormaligen Premierminister) gab es seitens der jetzigen Regierung Drohungen hinsichtlich möglicher Strafanzeigen, u.a. wegen Hochverrats. Die Opposition bzw. in Ungnade gefallene Politiker bleiben damit von politisch motivierten Korruptionsermittlungen bedroht [siehe Unterkapitel Politisch motivierte Korruptionsermittlungen im Kapitel Korruption] (AA 8.8.2022).
Die pakistanischen Strafverfolgungsbehörden werden für Menschenrechtsverletzungen wie Haft ohne Anklage und außergerichtliche Tötungen verantwortlich gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. EASO 10.2021). Extralegale Tötungen kommen vor allem in Form von polizeilichen Auseinandersetzungen vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern, Militanten oder Terroristen und der Polizei oder paramilitärischen Sicherheitskräften. Als Begründung führt die Polizei regelmäßig an, dass die Opfer versuchten, aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten, oder bei ihrer Verhaftung von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. 2021 kamen laut der Menschenrechtsorganisation HRCP landesweit 294 Menschen bei "police encounters" ums Leben. In der Regel werden diese Fälle nicht gerichtlich untersucht (AA 8.8.2022; vgl. HRCP 2022, S.31). Die Polizei geht außerdem mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten vor (AI 29.3.2022).
Folter im Gewahrsam der Sicherheitskräfte und in Gefängnissen ist - trotz des Folterverbots in der Verfassung - weit verbreitet. Die Todesstrafe wird vollstreckt. Seit Dezember 2019 fand jedoch keine Hinrichtung statt. In vielen Fällen beruhen die Todesurteile auf rechtsstaatlich zweifelhaften Verfahren. Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weitverbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Als Beispiel hierfür dienen die Blasphemie-Fälle. Die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auch auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 8.8.2022).
Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung begehen Armee und Sicherheitskräfte vor allem in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa regelmäßig menschenrechtsrelevante Verbrechen. Sogenannte "Enforced Disappearances" - das Verschwindenlassen von unliebsamen, v.a. armeekritischen Personen - zählen in diesem Zusammenhang zu den eklatantesten Menschenrechtsverletzungen in Pakistan - auch weil der Staat (v.a. Militär/ Nachrichtendienste) oftmals als Täter auftritt und seiner Schutzverantwortung nicht gerecht wird (AA 8.8.2022, vgl. HRCP 2022). Die Regierung unternahm zwar Schritte, um das Verschwindenlassen strafbar zu machen, doch war Straflosigkeit für dieses Verbrechen weiterhin die Regel [siehe auch Kapitel Folter] (AI 29.3.2022).
Die Regierung unternimmt nur wenig, um Strafverfolgungsbehörden bei Folter und anderen schwerwiegenden Übergriffen zur Rechenschaft zu ziehen (HRW 12.1.2023; vgl. USDOS 12.4.2022).
Gewalt und Missbrauch sowie soziale und religiöse Intoleranz durch militante Organisationen und andere nicht-staatliche Akteure tragen ebenfalls zu Problemen im Menschenrechtsbereich bei (USDOS 12.4.2022). Viele Menschenleben fallen den Anschlägen von islamistischen Militanten zum Opfer. Frauen, religiöse Minderheiten und Transgender waren mit Gewalt, Diskriminierung und Verfolgung konfrontiert, wobei die Behörden es oft verabsäumen, angemessenen Schutz zu bieten (HRW 12.1.2023). Übergriffe bleiben oft ungestraft, was eine Kultur der Straflosigkeit unter den Tätern - ob staatliche oder nicht-staatliche - fördert (USDOS 12.4.2022).
Staatliche Institutionen zum Schutz von Menschenrechten existieren auf Bundes- und Provinzebene. Diese bleiben jedoch schwach, da sie ohne angemessene Ressourcenausstattung operieren und zudem kein Schutz vor staatlicher Einflussnahme gegeben ist. Seit 2015 hat Pakistan eine nicht bei der GANHRI (Vereinigung nationaler Menschenrechtsinstitutionen) akkreditierte National Commission for Human Rights. Sie hat als eine dem pakistanischen Innenministerium zugeordnete Institution nur begrenzte Kapazitäten und verfügt über kein eigenes Budget. Auch die National Commission on the Status of Women, die Frauenrechte in Pakistan stärken soll, sowie die National Commission on the Rights of the Child bleiben in ihren Arbeitsmöglichkeiten stark beschränkt (AA 8.8.2022). Ein eigenständiges Ministerium für Menschenrechte wurde im Jahr 2015 wieder eingerichtet. Die ständigen Ausschüsse des Senats und der Nationalversammlung für Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechte führen Anhörungen zu einer Reihe von Menschenrechtsproblemen durch (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 18.8.2022
AI - Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Pakistan 2021, https://www.ecoi.net/en/document/2070227.html , Zugriff 2.9.2022
EASO - European Asylum Support Office (10.2021): Pakistan Security Situation, https://coi.euaa.europa.eu/administration/easo/PLib/2021_10_EASO_COI_Report_Pakistan_Security_situation.pdf, Zugriff 11.12.2022
HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (2022): State of Human Rights in 2021, https://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2020/09/2022-State-of-human-rights-in-2021.pdf, Zugriff 2.9.2022
HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085484.html , Zugriff 19.1.2023
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2071127.html, Zugriff 14.8.2022
Ethnische Minderheiten
Letzte Änderung 2023-04-12 14:44
Pakistan ist eine pluralistische Gesellschaft mit einer Vielzahl an religiösen und ethno-linguistischen Identitäten. Die pakistanischen Minderheiten lassen sich im Wesentlichen in die Kategorien "ethnisch und sprachlich" sowie "religiös" einteilen. Der Begriff "Minderheit" wird in der Verfassung der Islamischen Republik Pakistan von 1973 an mehreren Stellen verwendet, es gibt jedoch keine Definition dieses Begriffs. Aufeinanderfolgende Bundesregierungen haben die Position vertreten, dass Minderheiten innerhalb Pakistans notwendigerweise religiös sind, und dass es keine ethnischen oder sprachlichen Minderheiten oder indigene Völker gibt (MRGI 6.2019).
Laut dem letzten Zensus von 2017 sprechen 38,8 Prozent der Bevölkerung Punjabi, 18,2 Prozent Paschtu, 14,6 Prozent Sindhi, 12,2 Prozent Saraiki, 7,1 Prozent Urdu, 3 Prozent Belutschisch, 2,44 Prozent Hindko, 1,2 Prozent Brahvi, 0,2 Prozent Kashmiri und auf weitere, kleinere Sprachen entfallen 2,26 Prozent (PBS o.D.).
Durch das Ein-Mandats-Wahlkreis-System bei nationalen Wahlen ist sichergestellt, dass die wichtigsten ethno-linguistischen Gruppen jeder Provinz auch in der Nationalversammlung vertreten sind und an Regierung, Opposition und Parteipolitik teilhaben können (FH 2022).
Quellen:
MRGI - Minority Rights Group International (6.2019): Pakistan, https://minorityrights.org/country/pakistan/, Zugriff 22.11.2022
FH - Freedom House (2022): Freedom in the World 2022 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2071945.html, Zugriff 18.8.2022
PBS - Pakistan Bureau of Statistics [Pakistan] (o.D.): Population and Housing Census 2017 Report, https://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/population/census_reports/ncr_pakistan.pdf, Zugriff 16.11.2022
Paschtunen, inkl. Pashtun Tahafuz Movement (PTM)
Letzte Änderung 2023-04-12 15:07
Pschtunen besiedeln hauptsächlich die Region zwischen dem Hindukusch im Nordosten Afghanistans und dem nördlichen Abschnitt des Indus in Pakistan. Sie teilen die Sprache Paschtu, die Religion des sunnitischen Islam und den Verhaltenskodex des Paschtunwali. Die Clanzugehörigkeit ist die Grundlage der paschtunischen Gesellschaft. Dispute über Grund und Boden, Frauen oder persönliche Kränkungen können zu langen Blutfehden führen, sofern sie nicht durch Stammesgerichte, Jirgas, gelöst werden. Paschtunen teilen sich auf ungefähr 60 Stämme auf, die jeder ein bestimmtes Territorium bewohnen (EB 6.1.2023).
Paschtu wird laut dem letzten Zensus aus dem Jahr 2017 von circa 18 Prozent der pakistanischen Bevölkerung gesprochen und ist damit, nach dem Punjabi mit 38,8 Prozent, noch vor dem Sindhi mit 14,6 Prozent, die zweitgrößte Sprache in Pakistan (PBS o.D.). Paschtunen stellen die Bevölkerungsmehrheit vom Norden von Quetta [Belutschistan] bis zum Gebiet zwischen dem Sulaiman-Gebirge und dem Indus. Die Städte Peschawar und Quetta sind wichtige Zentren der paschtunischen Kultur (EB 6.1.2023). Die Bevölkerung der Provinz Khyber Pakhtunkhwa ist hauptsächlich paschtunisch und überwiegend sunnitisch, die meisten Schiiten der Provinz sind Paschtunen des Turi- oder Bangash-Stammes (UKHO 7.2021). Bekannte Stämme der Bergregion Khyber Pakhtunkhwa sind Waziri, Turi, Bangash, Mahsud, Orakzai und Afridi. Viele Paschtunen dienen im Heer, einige halten politische Ämter (EB 6.1.2023).
Paschtunen werden in Pakistan traditionell mit einem kriegerischen Image stereotypisiert und rezenter mit dem Terror der Taliban verbunden. Tatsächlich machen Paschtunen die Mehrheit der Mitglieder der afghanischen und der pakistanischen Taliban aus (Ghandhara 15.10.2021). Dementsprechend klagen Paschtunen aus den ehemaligen FATA, dass sie häufig als Terroristen verdächtigt werden aufgrund ihrer Kleidung, ihrer Stammeszugehörigkeit oder auch aufgrund ihrer geografischen Herkunft (USDOS 20.3.2023). Tausende Paschtunen wurden über die Jahre durch die Anschläge der pakistanischen Taliban getötet und Millionen von paschtunischen Zivilisten durch die Militäroperationen gegen die Taliban vertrieben, der Frieden ist vielen ein Anliegen (Ghandhara 15.10.2021; vgl. RFE 14.1.2023). Die Stämme der Region haben versucht, gegen die militanten Gruppen vorzugehen. Die meisten der Stammesälteren hatten mit dem Staat kooperiert, indem sie Militante ausgehändigt oder über Jirga [Ratsversammlungen] Lashkars [Stammestruppen] gebildet haben, um sie zu vertreiben (Sage 9.2.2019). Pro-staatliche Stammesführer sind so auch weiterhin ein Hauptangriffsziel der Terrorgruppen in Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 11.1.2023; vgl. USDOS 20.3.2023).
Als rezente Entwicklung wies das Jahr 2022 in den Stammesgebieten auch vielfach Proteste gegen die Zunahme terroristischer Aktivitäten in verschiedenen Teilen der ehemaligen FATA und Khyber Pakhtunkhwas auf (PIPS 11.1.2023). Im Frühjahr 2023 verstärkten sich die Demonstrationen nach einer Zunahme der Terroranschläge und dem Anschlag auf eine Polizeimoschee in Peschawar im Jänner (Siasat 4.2.2023).
Die eingeschränkte Unterstützung des Staates für die Stämme und die Probleme durch die Anti-Terror-Operationen in der Region haben auch zu Verstimmungen innerhalb der paschtunischen Stämme gegenüber der Armee geführt (Sage 9.2.2019). Es gibt Kritik an den Aufklärungsoperationen des Militärs, dass dabei Gruppen wie Paschtunen oder afghanische Migranten undifferenziert ins Visier genommen werden (EASO 10.2021). So werfen Paschtunen den Sicherheitskräften Verschwindenlassen, extralegale Tötungen und andere Menschenrechtsverletzungen vor (USDOS 20.3.2023).
Viele Menschen aus Khyber Pakhtunkhwa, darunter viele Händler, sind in den Punjab und andere Teile Pakistans gezogen. Nicht nur die Re-Gruppierungen der Terrororganisationen oder der mangelhafte Wiederaufbau nach den Militäroperationen, sondern auch die fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven und Bildungsmöglichkeiten haben dazu beigetragen. Doch werden Paschtunen - in erster Linie im Punjab - oft mit Terror oder illegalen Aktivitäten assoziiert. So unterliegen paschtunische Händler und Studenten im Punjab zusätzlichen Kontrollen, was auf ein ethnisches Profiling durch die Strafverfolgungsbehörden hindeutet. Außerdem berichten Paschtunen von Belästigungen bei den Kontrollen. Die Problematik veranlasste die Provinzversammlung von Khyber Pakhtunkhwa, bereits 2017 eine Resolution zu verabschieden, in der sie die zunehmenden Vorurteile gegenüber Paschtunen im Punjab verurteilte und die Vorgehensweisen der punjabischen Provinzregierung als rassistisch ["racial"] bezeichnete (TCP 13.5.2021).
Im Juli 2022 kam es zu ethnischen Spannungen im Sindh zwischen Sindhi und Paschtunen: Nachdem ein Afghane des Mordes an einem Sindhi verdächtigt worden war, wurden Geschäfte und Hotels von Paschtunen in einigen Städten im Sindh attackiert (PIPS 11.1.2023). Verschiedene Führer ethnischer Parteien riefen zur Beruhigung der Lage auf. Es wurden Verletzte gemeldet, allerdings keine Toten (Dawn 15.7.2022; vgl. PIPS 11.1.2023).
In den letzten Jahren entstand das Pashtun Tahafuz Movement (Pashtun Protection Movement / PTM), eine Bürgerrechtsbewegung, die sich für die Rechte der Paschtunen einsetzt. Sie hält dazu Protestumzüge und Sitzstreiks ab. Die Bewegung fordert unter anderem die Aufklärung von Fällen, in denen Personen ohne Anklage festgehalten wurden, außergerichtlicher Tötungen sowie des Verschwindenlassens ebenso wie die Räumung von Landminen in den ehemaligen Stammesgebieten (EASO 10.2021). Die PTM ist kritisch gegenüber dem Militär und den Taliban (BAMF 1.1.2023). Die friedvolle Art der Proteste half dabei, die Anliegen und Beschwerden der Paschtunen in den öffentlichen, nationalen und internationalen Fokus zu bringen. Die Forderungen der PTM fanden bei einem signifikanten Teil der pakistanischen Bevölkerung - auch der nicht-paschtunischen - Zustimmung (Sage 9.2.2019). Zwei Führungspersönlichkeiten der PTM gewannen in den Nationalwahlen 2018 als unabhängige Kandidaten Sitze in der Nationalversammlung (EASO 10.2021). Ab 2018 wurde allerdings damit begonnen, die PTM und ihre Anführer als Verräter, als illoyal oder staatsfeindlich zu bezeichnen. Das Militär unterstellt der Bewegung u.a., sie werde vom indischen Geheimdienst finanziert (EASO 10.2021; vgl. FH 2022). Die PTM bestreitet dies (FH 2022).
Nachdem im Mai 2019 bei einer Demonstration der PTM bei einem Armee-Checkpoint in Nord-Waziristan 13 Demonstranten durch Soldaten getötet worden waren, ging die Regierung hart gegen die PTM vor. PTM-Aktivisten konnten zwar viele der folgenden Verhaftungen vor Gericht erfolgreich anfechten, allerdings galten einige der dadurch Freigelassenen danach als vermisst (USDOS 11.3.2020; vgl. OFPRA 9.7.2020). Seit der Ankündigung des Militärs im Jahr 2019 härter gegen die PTM vorzugehen und der Unterstellung, sie sei von ausländischen Geheimdiensten finanziert, ist zu beobachten, dass ihre Protestkundgebungen, die Tausende Menschen in den Stammesgebieten zählen, kaum noch Niederschlag in den pakistanischen Medien finden. Journalisten berichten von Druck auf die Verlage und Rundfunkanstalten. Berichte über Proteste werden hauptsächlich über soziale Medien verbreitet (VOA 5.8.2021). Durch ihre Online-Präsenz konnte die PTM trotz der Abwesenheit in den Print- und elektronischen Medien und obwohl Aktivisten verhaftet wurden im ganzen Land zu Kundgebungen mobilisieren (FH 18.10.2022). So gelang es ihr auch im Jahr 2022, ihre Anhänger für massive Demonstrationen und Sit-ins zu mobilisieren, um gegen Menschenrechtsverletzungen zu protestieren. Allerdings geschieht dies seit 2020 unter größerer Beobachtung. Sicherheitsbehörden nahmen PTM-Anführer im Zusammenhang mit Protesten und Reden fest (USDOS 20.3.2023).
In der Vergangenheit wurden Führungspersonen und Demonstrationsteilnehmer wegen Staatsgefährdung u.a. vor einem Anti-Terrorismus-Gericht angeklagt (FH 2022). Laut Angaben einiger Führer und Aktivisten der Organisation wurden sie bedroht, unrechtmäßig oder ohne Verfahren verhaftet, zensuriert sowie von Inlands- und Auslandsreisen abgehalten (USDOS 20.3.2023). Laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amtes hat allerdings das Interesse an der inzwischen durch interne Konflikte geschwächten Organisation stark nachgelassen (AA 8.8.2022). In vielen Fällen wurden die Versammlungen und Protestkundgebungen der PTM auch toleriert (HRCP 2023). Im Februar 2023 wurde einer ihrer Führungspersonen - und Abgeordneter der Nationalversammlung - nach zwei Jahren Haft entlassen (RFE 14.2.2023). Kurz darauf führte er noch im Februar mit der PTM eine Demonstration von Tausenden Stammesangehörigen in den Stammesgebieten an, u.a. gegen ein mögliches Wiederaufnehmen der Militäroperationen (Peoples Dispatch 28.2.2023).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 18.8.2022
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.1.2023): Briefing Notes Zusammenfassung, Pakistan – Juli bis Dezember 2022 https://www.ecoi.net/en/file/local/2087092/Deutschland._Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes_Zusammenfassung_%E2%80%93_Pakistan%2C_Juli_bis_Dezember_2022._01.01.2023.pdf, Zugriff 30.3.2023
Dawn (15.7.2023): Calls for calm as ethnic strife threatens peace in Sindh,https://www.dawn.com/news/1699697/calls-for-calm-as-ethnic-strife-threatens-peace-in-sindh, Zugriff 22.3.2023
EASO - European Asylum Support Office [jetzt: EUAA - European Asylum Agency] (10.2021): Pakistan Security Situation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063078/2021_10_EASO_COI_Report_Pakistan_Security_situation.pdf, Zugriff 6.2.2023
EB - Encyclopaedia Britannica (6.1.2023): Pashtun people, https://www.britannica.com/topic/Pashtun, Zugriff 30.3.2023
FH - Freedom House (18.10.2022): Freedom on the Net 2022 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2081819.html, Zugriff 25.3.2023
FH - Freedom House (2022): Freedom in the World 2022 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2071945.html, Zugriff 18.8.2022
Gandhara (15.10.2021): Pakistan’s Imran Khan Under Fire For Claiming Pashtuns Are Taliban Sympathizers, https://gandhara.rferl.org/a/imran-khan-comments-pashtuns-taliban/31511322.html, Zugriff 15.1.2022
HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (2023): A Year of Protests The Right to Peaceful Assembly in 2021–22, An HRCP media monitoring report, https://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2020/09/2023-A-year-of-protests-The-right-to-freedom-of-peaceful-assembly-from-2021-to-2022.pdf, Zugriff 30.3.2023
OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides [Frankreich] (9.7.2020): Pakistan: Le Mouvement de protection pachtoune (Pashtun Tahafuz Movement, PTM),https://www.ofpra.gouv.fr/libraries/pdf.js/web/viewer.html?file=/sites/default/files/ofpra_flora/2007_pak_ptm.pdf , Zugriff 20.3.2023
Peoples Dispatch (28.2.2023): Thousands of Pashtuns gather in Pakistan demanding an end to police harassment and militarization, https://peoplesdispatch.org/2023/02/28/thousands-of-pashtuns-gather-in-pakistan-demanding-an-end-to-police-harassment-and-militarization/, Zugriff 29.3.2023
PBS - Pakistan Bureau of Statistics [Pakistan] (o.D.): Population and Housing Census 2017 Report, https://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/population/census_reports/ncr_pakistan.pdf, Zugriff 16.1.2023
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (11.1.2023): Pakistan Security Report 2022, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2022/01/Safdar_ASR-22-reviewed.pdf, Zugriff 20.1.2023
RFE - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (14.2.2023): Pakistani Lawmaker Freed After Being Detained For More Than Two Years, https://www.rferl.org/a/pakistan-legislator-wazir-released/32271125.html, Zugriff 25.3.2023
RFE - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (14.1.2023): Pashtuns Rally For Peace In The Face Of A Renewed Offensive Against The Pakistani Taliban, https://www.ecoi.net/en/document/2085543.html, Zugriff 29.3.2023
Sage Journals, Farooq Yousaf (9.2.2019): Pakistan’s "Tribal" Pashtuns, Their "Violent" Representation, and the Pashtun Tahafuz Movement, https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/2158244019829546, Zugriff 16.1.2022
Siasat - The Siasat Daily (4.2.2023): Thousands rally as wave of terrorism hits Pakistan in Khyber-Pakhtunkhwa, https://www.siasat.com/thousands-rally-as-wave-of-terrorism-hits-pakistan-2518839/, Zugriff 22.3.2023
TCP - The Correspondent PK (13.5.2021): Racial profiling: Constructing the ‘violent Pashtun’ in our collective imagination,https://www.thecorrespondent.pk/racial-profiling-constructing-the-violent-pashtun-in-our-collective-imagination/ , Zugriff 15.3.2023
UKHO - UK Home Office [Großbritannien] (7.2021): Country Policy and Information Note Pakistan: Shia Muslims, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055925/Pakistan-Shia_Muslims-CPIN-v3.0_July_2021_.pdf, Zugriff 30.3.2023
USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Pakistan, https://www.state.gov/reports/2022-country-reports-on-human-rights-practices/pakistan/, Zugriff 22.3.2023
USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2026342.html, Zugriff 14.3.2023
VOA - Voice of America (5.8.2021): Anti-Taliban Pakistani Political Movement Struggles to be Heard, https://www.voanews.com/a/press-freedom_anti-taliban-pakistani-political-movement-struggles-be-heard/6209179.html, Zugriff 14.3.2023
Relevante Bevölkerungsgruppen
Kinder
Letzte Änderung 2023-04-12 15:16
Registrierung und Staatsbürgerschaft
Die Staatsbürgerschaft wird im Allgemeinen über die Geburt im Land bestimmt. Kinder, die nach 2000 im Ausland geboren wurden oder werden, können ihre Staatsbürgerschaft über Abstammung geltend machen, wenn entweder die Mutter oder der Vater Staatsbürger sind und die Kinder bei den zuständigen Behörden registriert sind (USDOS 12.4.2022). Seit 2000 werden auch alle Kinder einer pakistanischen Mutter und eines Vaters mit fremder Staatsbürgerschaft automatisch als pakistanische Staatsbürger betrachtet (UKHO 6.2020). Kinder von Flüchtlingen oder staatenlosen Personen in Pakistan erhalten nicht die Staatsbürgerschaft über die Geburt im Land (USDOS 12.4.2022).
Die Geburtenregistrierung hat sich verbessert, doch waren beim letzten Demographic and Health Survey 2017-18 immer noch 57,8 Prozent aller Unter-5-Jährigen nicht registriert. Pakistan liegt sowohl im internationalen als auch im regionalen Vergleich zurück. Eine Geburtenregistrierung ist für die Ausstellung einer Identitätskarte sowie eines Reisepasses notwendig [siehe auch Kapitel Registrierungswesen] (UniB 16.7.2021). Sie ist damit auch Voraussetzung für den offiziellen Zugang zu vielen staatlichen Dienstleistungen, wie die Einschreibung an öffentlichen Schulen (bolo 9.2022; vgl. CRCA 11.2021).
Schulbesuch
Die Verfassung sieht vor, dass für alle Kinder zwischen dem 5. und 16. Lebensjahr eine Schulpflicht samt kostenlosem Schulbesuch besteht. Dennoch stellen die staatlichen Schuleinrichtungen den Eltern oft Kosten für Bücher, Schuluniformen und andere Materialien in Rechnung (USDOS 12.4.2022). Das Bildungssystem hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Nach wie vor brechen aber zu viele Kinder die Schule vorzeitig ab oder erhalten gar keine Schulbildung (BMZ o.D.). Der Annual Status of Education Report 2021 ergab, dass 19,3 Prozent aller schulpflichtigen Kinder zwischen sechs und 16 Jahren nicht in einer Schule eingeschrieben sind (ASER/ITA 10.3.2022 vgl. HRCP 2022). UNICEF berichtet, dass circa 44 Prozent aller Kinder im Alter von fünf bis 16 keine Schule besuchen (AA 8.8.2022). Schon vor der COVID-19-Pandemie gingen in Pakistan über 5 Millionen Kinder im Grundschulalter nicht zur Schule, die meisten von ihnen Mädchen. Gründe für das Fernbleiben vieler Mädchen ist der Mangel an Schulen, die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten, Kinderheirat, schädliche Kinderarbeit und geschlechtsspezifische Diskriminierung (HRW 13.1.2022). Dabei verhindern traditionelle Vorstellungen in den Stammesgebieten oft den Schulbesuch von Mädchen. Aber auch weiter verbreitete kulturelle Vorstellungen gehen davon aus, dass Buben und Mädchen nach der Grundschule getrennt unterrichtet werden sollten. Aber oft gibt es keine getrennten Klassen und es gibt mehr öffentliche Schulen für Buben als für Mädchen. In vielen ländlichen Gebieten sind öffentliche Schulen, insbesondere über die Grundschule hinaus, nicht vorhanden bzw. für Mädchen zu weit weg, um sie nach den herrschenden gesellschaftlichen Normen unbegleitet zu erreichen (USDOS 12.4.2022). Der Bildungsbereich leidet unter einem geringen Budget, fehlender Infrastruktur, Korruption beim Bau von Schulen, disfunktionalen Schulen und Fernbleiben der Lehrer (HRCP 2022). Das Committee on the Rights of the Child (CRC) listet ein geringes Budget für Kinder-, Gesundheits- und Bildungsangelegenheiten als ein Problemfeld im Kinderrechtsbereich auf (ÖB 12.2020).
Die Schulschließungen zum Schutz vor der Ausbreitung von COVID-19 betrafen fast 45 Millionen Schüler. Mangelhafte Internetverbindungen behinderten den Onlineunterricht (HRW 13.1.2022). Letzterer kam außerdem nur jenen zu Gute, welche die entsprechende technische Ausstattung hatten. Schüler aus Familien mit niedrigerem Einkommen und außerhalb der großen Städte hatten keinen Zugang zu Onlineunterricht (HRCP 2021; vgl. HRCP 2022). Die längste Phase der allgemeinen Schulschließungen war von März bis August 2020, doch auch danach kam es immer wieder zu Schließungen aufgrund der Pandemie (ASER/ITA 10.3.2022). Nachdem die Schulen wieder öffneten, konnten viele Schüler aufgrund der ökonomischen Probleme, die die Pandemie mit sich brachte, den Unterricht nicht wiederaufnehmen (HRCP 2022).
Für binnenvertriebene Kinder ist es schwierig, nach der Rückkehr in die ehemaligen Konfliktzonen Bildungseinrichtungen zu besuchen. Die Provinzregierung von Khyber Pakhtunkhwa hat einige der 1.800 Schulen in den ehemaligen FATA, wohin eine große Anzahl an Menschen zurückgekehrt ist, wiederaufgebaut. Für die Regierung hat der Wiederaufbau der Schulen und der Schulbesuch der Kinder Priorität. Die Zahl der Kinder, die nicht zur Schule gehen, hat sich verringert (USDOS 12.4.2022).
Die kostenlose und verpflichtende Schulpflicht besteht unabhängig von der Nationalität für alle Kinder zwischen 5 und 16. Theoretisch kann jedes afghanische Flüchtlingskind, das eine Proof of Registration-Karte besitzt, nach Einreichung der entsprechenden Papiere in öffentlichen Bildungseinrichtungen eingeschrieben werden (USDOS 12.4.2022). Der Zugang wird allerdings durch die Verfügbarkeit von Plätzen bestimmt. Die meisten afghanischen Kinder besuchen private Schulen, die durch die internationale Gemeinschaft finanziert werden (USDOS 30.3.2021). Für ältere Schüler, insbesondere Mädchen in den Flüchtlingslagern, ist der Zugang zu Bildung schwierig. Dementsprechend besuchten 2020 nur 20 Prozent der afghanischen Kinder im schulpflichtigen Alter eine Schule; wiederum ein Drittel von diesen eine öffentliche (USDOS 12.4.2022).
Gewalt und Ausbeutung; Kinderarbeit
Häusliche Gewalt und sexueller Missbrauch sowie sexuelle Ausbeutung von Kindern sind weit verbreitet. Vergewaltigung von Kindern ist ebenfalls verbreitet, darunter auch traditionelle Formen des Missbrauchs von Knaben in den Stammesgebieten (DFAT 25.1.2022). Die Kinderrechtsorganisation Sahil sammelte in einer Auswertung verschiedener Tageszeitungen für das Jahr 2021 Medienberichte zu 3.852 Fällen von sexueller Gewalt gegen Kinder, wozu sie auch 80 Fälle von Kinderheiraten und 1.303 Entführungen zählt, wo die Gefahr des Handels zur sexuellen Ausbeutung besteht. Das ist ein Anstieg von ungefähr 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Fälle sexuellen Missbrauchs betrafen zu 54 Prozent Mädchen und zu 46 Prozent Buben (Sahil o.D.a). Die Dunkelziffer dürfte allerdings massiv sein (AA 8.8.2022). Die NGO Sustainable Social Development Organization berichtet für die ersten 10 Monate 2022 von 4.503 bei der bei der Polizei im Punjab angezeigten Fällen von Kindesmissbrauch, wie Entführung, sexueller Missbrauch und Vergewaltigung (SSDO 11.2022). 159 Fälle minderjähriger Opfer sexueller Gewalt vertrat Sahil im Jahr 2021 kostenlos vor Gericht durch seine fünf Rechtshilfebüros. 139 Opfern sexueller Gewalt, darunter auch erwachsene, konnte sie psychologische Beratung bieten (Sahil o.D.b).
Kinderarbeit ist weit verbreitet, unter anderem in der Teppichindustrie, in Steinbrüchen und in der Landwirtschaft. Viele Kinder arbeiten auch in Schuldknechtschaft (DFAT 25.1.2022). Schätzungen gehen von bis zu 12 Millionen Kindern in verschiedenen Formen der Kinderarbeit aus. Mädchen und Buben, die als Hausangestellte arbeiten, werden oft dazu sowie zu langen Arbeitszeiten gezwungen und misshandelt. Viele dieser Kinder sind Opfer von Menschenhandel (USDOS 12.4.2022). Obwohl auf Provinzebene diverse Gesetze gegen Kinderarbeit existieren, findet eine konsequente Strafverfolgung (mit Ausnahme geringer Geldbußen) meist nicht statt, nicht zuletzt, da es sich bei den Arbeitgebern häufig um einflussreiche Personen handelt (AA 8.8.2022).
Maßnahmen zum Schutz von Kindern wurden in einigen Teilen Pakistans eingeführt, darunter der Criminal Law Amendment Act (2016), der sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornografie strafrechtlich behandelt, sowie Gesetze gegen Kinderarbeit. Die Maßnahmen werden aber nicht effektiv umgesetzt (DFAT 25.1.2022). Im März 2020 wurde der Zainab Alert, Response and Recovery Act verabschiedet, der durch einen schnellen Eingreifmechanismus Verbrechen gegen Kinder reduzieren soll (HRCP 2021; vgl. Sahil o.D.a). Er stellt Kindesmisshandlung unter Strafe, die bis zu lebenslänglicher Haft reichen kann. In den ersten 6 Monaten nach der Einführung wurden 1.489 Anzeigen registriert, allerdings kam es nur in 20 Fällen zu einer Strafverfolgung (USDOS 30.3.2021).
Kinderehen, Zwangskonversionen
Kinderheirat ist nach wie vor ein ernstes Problem in Pakistan. 18 Prozent der Mädchen werden vor dem 18. Lebensjahr verheiratet, 4 Prozent vor dem 15. (HRW 13.1.2022). Für die Provinz Belutschistan ergab eine Analyse des United Nations Population Fund, dass mehr als 21 Prozent aller Frauen vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet werden (HRCP 2022). Bundesgesetze legen das Heiratsalter auf 18 Jahre für Männer und 16 für Frauen fest. Gemäß Provinzgesetz liegt im Sindh das Heiratsalter für beide Geschlechter bei 18 Jahren. In ärmeren, ländlichen Gegenden verkaufen Familien ihre Töchter manchmal in eine Ehe und in einigen traditionellen Konfliktlösungspraktiken werden Mädchen trotz Verbots dieser Praxis zur Beilegung von Konflikten oder zur Tilgung von Schulden übergeben (USDOS 12.4.2022). Der Criminal Law (Third Amendment) Act 2011 führte u.a. eine härtere Bestrafung bestimmter Formen von Kinderzwangsheirat (Wanni, Swara, Budla-a-sulh) ein (ÖB 12.2020). Die Strafen für Kinderehen wurden außerdem 2017 deutlich auf fünf bis zehn Jahre Haft verschärft (USDOS 30.3.2021; vgl. USDOS 12.4.2022). Obwohl Kinderehen und Zwangsehen verboten sind, bleibt in vielen Fällen eine Strafverfolgung begrenzt, und diese Praktiken kommen weiterhin vor (USDOS 12.4.2022).
Verschiedene Minderheitengruppen berichten über Entführungen mit Zwangsheiraten sowie Zwangskonversionen von christlichen, hinduistischen und Sikh-Mädchen durch muslimische Männer (HRCP 2021; vgl. USDOS 2.6.2022, HRCP 2022, HRW 13.1.2022). Die Zahl an Entführungen von Mädchen sollen Berichten zufolge mehrere Hundert pro Jahr betragen und auch sehr junge Mädchen betreffen. Religiöse Minderheiten sind dabei aufgrund ihrer wirtschaftlich marginalen Lage und der Auffassung, ihre Konversion zum Islam wäre wünschenswert, ein besonderes Ziel (DFAT 25.1.2022). Die NGO CSJ sammelte für das Jahr 2021 78 dokumentierte Fälle von Zwangskonversionen an Frauen und Mädchen der christlichen, hinduistischen und Sikh-Minderheit. Mindestens 76 Prozent waren minderjährig, 33 Prozent unter 14 Jahren (CSJ 2.2022). Die Regierung hat wenig unternommen, um solche Verheiratungen zu unterbinden (HRW 13.1.2022).
Marginalisierte Gruppen
Das Familienrecht gibt im Falle einer Scheidung klare Richtlinien vor, unter anderem in Bezug auf das Sorgerecht und Unterhaltsleistungen für minderjährige Kinder. Vielen Frauen sind diese rechtlichen Schutzbestimmungen nicht bekannt oder sie sind nicht in der Lage, zu deren Durchsetzung einen Rechtsbeistand heranzuziehen. Geschiedene Frauen stehen oft ohne jegliche Unterstützung da, weil sie von ihren Familien geächtet werden. Die Regierung unterhält landesweit zahlreiche staatliche Shaheed-Benazir-Bhutto-Frauenschutzzentren für Opfer von Ausbeutung und Gewalt. Von diesen werden die Frauen in eines von landesweit mehreren Hunderten Frauen- und Kinderwohnheimen (Dar-ul-Aman) weitergeleitet (USDOS 12.4.2022). Außerdem gewähren NGOs Schutz in Frauenhäusern [siehe Kapitel Frauen, u.a. zu Problematiken der Frauenhäuser] (ÖB 12.2020).
Außereheliche sexuelle Beziehungen sind verboten und Kinder, die außerhalb einer Ehe gezeugt wurden, können nicht durch die staatliche Registrierungsbehörde NADRA registriert werden, solange sie nicht unter staatlicher Vormundschaft in einem Waisenheim leben. Außerdem erfahren sie starke gesellschaftliche Stigmatisierung (DFAT 25.1.2022). Für Waisen und Kinder, deren Eltern unbekannt sind, sind spezielle Regelungen für die Registrierung bei der NADRA festgelegt (CSC 1.2021). 4,6 Millionen Kinder in Pakistan sind laut UN Schätzung Waisen (TET 28.4.2021).
Schätzungen zufolge leben in Pakistan zwei Millionen Straßenkinder. Sexueller Missbrauch und Prostitution ist unter diesen weit verbreitet. Oft haben sie bereits vor ihrem Leben auf der Straße Gewalt erfahren. Die Regierung vernachlässigt die Thematik der Straßenkinder (CAPMH 13.11.2021).
Militante Gruppierungen rekrutieren Buben und Mädchen - manche davon erst zwölf Jahre alt - um sie als Späher, Kämpfer oder Selbstmordattentäter einzusetzen. Bei manchen wird den Eltern Geld bezahlt. Oftmals werden die Kinder sexuell und körperlich missbraucht und unter psychischen Druck gesetzt, um sie zu überzeugen, dass die Handlungen, die sie begehen, gerechtfertigt sind (USDOS 30.3.2021). Die Regierung betreibt in Swat eine Einrichtung zur Rehabilitation, Bildung und Wiedereingliederung ehemaliger Kindersoldaten (USDOS 12.4.2022).
Schutzeinrichtungen
Das Committee on the Rights of the Child listet die Einrichtung von nationalen und regionalen Kinderschutzzentren und Rehabilitationszentren für ehemalige Kinderarbeiter und Unterkünfte für Waisenkinder als Erfolg im Kinderrechtsbereich auf. Es gibt allerdings nach wie vor kein Pflegeelternmodell und private Waisen- und Schutzhäuser entsprechen oft nicht den erforderlichen Qualitätsstandards. Mehrere Hilfs- und Kinderrechtsorganisationen sind in den meisten größeren Städten Pakistans tätig (ÖB 12.2020). Pakistan Sweet Homes z.B. bietet in 36 Zentren in mehreren Städten Platz für 3.600 Waisenkinder (PSH o.D.a; vgl. PSH o.D.b). In den SOS Children Villages Pakistan sind um die 2.000 Waisenkinder untergebracht (SOS o.D.). Pakistan Children Relief unterhält Safe Homes für Straßenkinder (PCR o.D.a) und Projekte für die finanzielle Versorgung und Ausbildung von Waisen (PCR o.D.b). Die private Edhi Foundation unterhält Frauenhäuser für Frauen, die häuslicher Gewalt entkommen sind sowie Heime für Waisen und verlassene Kinder (Edhi o.D.a). Die meisten Edhi-Einrichtungen verfügen über Babyklappen für ungewollte Kinder, z.B. aus illegitimen Beziehungen, die an Adoptiveltern vermittelt werden (Edhi o.D.b). Obwohl Adoptionen in einem strikten, westlichen Sinn in Pakistan nicht möglich sind, können Einzelpersonen die rechtliche Vormundschaft für ein Kind über den Guardians and Wards Act übernehmen (Shahid 3.7.2019).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 18.8.2022
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BMZ- Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (o.D.): Soziale Situation. Der lange Weg zur Verwirklichung der "Vision 2025", https://www.bmz.de/de/laender/pakistan/soziale-situation-15408, Zugriff 9.9.2022
CAPMH - Child and Adolescent Psychiatry and Mental Health / Sohail, A.H. / Maan, M.H.A. / Sohail, S. (13.11.2021): Sex and the streets: the open secret of sexual abuse among Pakistan’s two million street children. Child Adolesc Psychiatry Ment Health 15, 65 (2021), https://capmh.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13034-021-00420-3, Zugriff 16.12.2022
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USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Country Report on Religious Freedom: Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051590.html, Zugriff 9.12.2022
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USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048102.html, Zugriff 22.12.2022
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung 2023-04-12 15:57
Per Gesetz sind die Bewegungsfreiheit im Land sowie ungehinderte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung gewährleistet. Diese Rechte werden allerdings eingeschränkt (USDOS 12.4.2022). Die Behörden beschränken aus Sicherheitsbedenken regelmäßig interne Bewegungen bzw. Reisen in einigen Teilen des Landes (FH 2022). So ist der Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistans - aufgrund von Sicherheitsbedenken - eingeschränkt. Für Reisen in Gebiete, die als sensibel eingestuft werden, ist ein beglaubigtes "No-Objection-Certificate" notwendig (USDOS 12.4.2022). Innerhalb sensibler Gebiete ist die Bewegungsfreiheit auch durch Checkpoints eingeschränkt (HRCP 2022). In den Wochen vor und während der Gedenkfeierlichkeiten zum schiitischen Trauermonat Muharram werden außerdem die Bewegungs- und Reisefreiheit sowie die Aktivitäten von gelisteten Klerikern unterschiedlicher Sekten eingeschränkt, denen Aufwiegelung von konfessionell motivierten Spannungen vorgeworfen wird. Es wird angegeben, damit Gewalt vermeiden zu wollen (USDOS 2.6.2022).
Das Hauptinstrument zur Einschränkung von Auslandsreisen ist die Exit Control List (ECL), die namentlich genannte Personen von der Nutzung der offiziellen Ausreisepunkte des Landes ausschließt (FH 2022). Personen auf der ECL ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche in staatsfeindliche Aktivitäten und Terrorismus involviert sind oder in Verbindung zu einer verbotenen Organisation stehen bzw. jene, gegen die ein Strafverfahren vor höheren Gerichten anhängig ist, von Auslandsreisen abhalten (USDOS 12.4.2022; vgl. DFAT 25.1.2022). Regelmäßig wird die ECL allerdings als Mittel zur Kontrolle Andersdenkender eingesetzt (FH 2022). Laut Zivilgesellschaft befinden sich auch Menschenrechtsverteidiger und Kritiker der Regierung und des Militärs auf der Liste. Es ist möglich, vor Gericht Einspruch zu erheben und seinen Namen streichen zu lassen (USDOS 12.4.2022). Für Personen, die auf der Liste stehen, ist es schwierig, aber nicht unmöglich, z.B. über illegale Wege das Land zu verlassen (DFAT 25.1.2022).
Regierungsangestellte und Studenten müssen laut Richtlinien vor Reisen ins Ausland ein sogenanntes No-Objection-Certificate einholen, doch von Studenten wird dies selten tatsächlich verlangt (USDOS 12.4.2022).
Ausweichmöglichkeiten
Interne Migration ist weit verbreitet und üblich. Große Städte, wie Karatschi, Islamabad und Lahore haben eine ethnisch und religiös diverse Bevölkerung und bieten für jene Menschen eine gewisse Anonymität, die vor Gewalt durch nicht-staatliche Akteure fliehen (DFAT 25.1.2022; vgl. AA 8.8.2022). Es gibt zahlreiche große Städte mit einer Bevölkerungsgröße von 1 bis 16 Millionen. Karatschi ist die zwölftgrößte Stadt der Welt und ethnisch besonders divers (UKHO 6.2020).
Schiiten sind über das ganze Land verteilt, und es gibt große schiitische Gemeinschaften in den großen Städten (UKHO 7.2021). Angehörige der schiitischen Minderheit der Hazara leben in Pakistan beinahe ausschließlich in der Provinz Belutschistan, die meisten in Quetta (AA 8.8.2022). Einige weitere Gemeinschaften finden sich insbesondere in den großen Städten, wie Karatschi. Diese können in der Einschätzung des britischen Innenministeriums je nach individuellen Umständen eine Ausweichmöglichkeit ergeben (UKHO 7.2022). Die Minderheit ist allerdings aufgrund ihrer zentralasiatischen Abstammung leicht zu identifizieren. Nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amtes sind inländische Ausweich- oder Fluchtmöglichkeiten zwar nicht grundsätzlich auszuschließen, erscheinen aber im Falle der Hazara aus Belutschistan deutlich beschränkt (AA 8.8.2022).
Ahmadis bietet ein Umzug nach Rabwah, ihrem religiösen und administrativen Zentrum, nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amtes einen erheblichen Schutz vor Repressionen, weil sie dort weitgehend unter sich sind, auch wenn sie für ihre Gegner sichtbar sind (AA 8.8.2022). Rabwah erlaubt damit einen größeren Grad an Freiheit, doch durch die große Anzahl an Ahmadis ist sie auch ein Ziel für ihre Gegner (UKHO 9.2021). Für Ahmadis besteht ebenso die Möglichkeit, in den Schutz größerer Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Menschen handelt, die überregional bekannt geworden sind. Dies sehen auch Vertreter unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als grundsätzliche Ausweichmöglichkeit (AA 8.8.2022). Die staatlichen Gesetze betreffend der Ahmadiyya-Glaubensauslegung allerdings gelten in ganz Pakistan und damit auch in Rabwah (UKHO 9.2021).
Verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit haben generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile - abgesehen von Fällen, die überregional bekannt geworden sind (AA 8.8.2022).
Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen oft das Aufgeben der bisherigen wirtschaftlichen Basis mit sich bringt (AA 8.8.2022). Die Möglichkeit, in einer neuen Umgebung Fuß zu fassen, hängt von finanziellen Mitteln sowie familiären, tribalen und/oder ethnischen Netzwerken ab. Für alleinstehende Frauen ist es schwierig, umzusiedeln (DFAT 25.1.2022).
Alle größeren Städte sind mit Autobahnen verbunden. Die Hauptbahnroute verläuft mehr als 1.600 Kilometer quer durchs Land von Karatschi nach Peschawar, via Lahore und Rawalpindi. Eine weitere Hauptbahnlinie verläuft nordwestlich von Sukkur nach Quetta. Die Hauptflughäfen sind Karatschi, Lahore, Rawalpindi, Quetta und Peschawar (EB 6.1.2023; vgl. UKHO 6.2020).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 18.8.2022
DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (25.1.2022): Country Information Report - Pakistan - January 2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067350/country-information-report-pakistan.pdf, Zugriff 7.2.2022
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UKHO - UK Home Office [Großbritannien] (6.2020): Country Policy and Information Note Pakistan: Background information, including internal relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032936/Pakistan-Background_and_IFA-CPIN-v1.0_June_2020_.pdf, Zugriff 2.1.2023
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Pakistan, https://www.ecoi.net/en/document/2073961.html, Zugriff 3.8.2022
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Registrierungswesen
Letzte Änderung 2023-04-12 15:58
Ein dem deutschen vergleichbares Meldewesen existiert nicht, und es ist kein zentrales Personenstandsregister vorhanden. Es gibt keine zentralen Informations- oder Fahndungsregister, nur regionale in den jeweiligen Provinzen sowie Bundesbehörden - und auch diese werden unvollständig bestückt. Haftbefehle werden nur eingetragen, wenn ausdrücklich erbeten, was oftmals nicht geschieht. Es gibt ein Datensystem der Bundespolizei FIA, worin ebenfalls Personen aufgenommen werden können, die bei der Ausreise überprüft oder festgenommen werden sollen (AA 8.8.2022).
Identitätskarten (NIC) sind verpflichtend vorzuweisen, um Dokumente (z.B. Führerschein, Reisepass) zu erhalten, ein Bankkonto zu eröffnen, sich als Wähler registrieren zu lassen, Wohnungen zu kaufen oder einer legalen Anstellung nachzugehen. Identitätskarten werden allen Bürgern ab dem 18. Lebensjahr auf Antrag ausgestellt. Die für die Ausstellung zuständige Behörde ist die National Database and Registration Authority (NADRA). Beim Registrierungsprozess werden auch Daten wie die Religionszugehörigkeit sowie die permanente und temporäre Adresse erhoben. Die Computerised National Identity Cards (CNIC) sollen allmählich durch die Smart National Identity Card (SNIC) ersetzt werden. Derzeit sind beide gültig (DFAT 25.1.2022). 95 Prozent aller erwachsenen Pakistani sind laut Angaben der NADRA mit den Identitätskarten registriert (BRG 11.2.2022). 2022 berichteten Medien allerdings, dass in mehreren Tausend Fällen ausländische Staatsbürger - überwiegend Afghanen - durch Betrug eine CNIC erlangen konnten (BRG 14.10.2022; vgl. Samaa TV 11.10.2022, Dawn 20.12.2022).
Für im Ausland lebende pakistanische Staatsbürger ist es möglich, bei der NADRA online eine "National Identity Card for Overseas Pakistanis" zu beantragen (DFAT 25.1.2022; vgl. NADRA o.D.a).
Unter-18-Jährige können eine Juvenile Card beantragen (NADRA o.D.b). Geburten können bei der NADRA oder den dafür zuständigen lokalen Behörden der Provinzregierungen, meist sind dies Union Councils in Kooperation mit der NADRA, registriert und dementsprechend Geburtsurkunden ausgestellt werden (CSC 1.2021). Spitäler stellen automatisch Geburtsurkunden für die bei ihnen geborenen Kinder aus. Außerhalb der Spitäler gibt es keinen automatischen Geburtenregistrierungsprozess, und es gibt keine zentrale Datenbank. UNICEF schätzte 2019, dass 60 Millionen Kinder in Pakistan nicht registriert sind (DFAT 25.1.2022). Der Demographic and Health Survey 2017-18 ergab, dass 57,8 Prozent aller Unter-5-Jährigen nicht registriert sind (UniB 16.7.2021).
Die Proof of Registration Card (PoR), der Identitätsnachweis der circa 1,4 Millionen durch Pakistan registrierten afghanischen Flüchtlinge, wird ebenfalls durch die NADRA ausgestellt. Über-5-Jährige erhalten eine eigene Karte, Unter-5-Jährige werden bei den Eltern vermerkt. Im Rahmen des DRIVE-Programms führt die NADRA mit Unterstützung des UNHCR eine aktualisierte Registrierung durch und stellt dabei allen PoR-Karten Besitzern neue, biometrische Smartcards aus (TRAFIG 31.8.2021; vgl. UNHCR 14.1.2022a).
Die Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh sowie das Hauptstadtterritorium Islamabad haben ein System für die Registrierung von Mietern, Hotelgästen bzw. temporären Bewohnern. Die Mieterregistrierung ist verpflichtend und findet auf der lokalen Polizeistation statt (IRB 23.1.2018; vgl. UKHO 6.2020, PKM o.D.). Zweck dieser "Information of Temporary Residents Acts" ist es, die Möglichkeiten für Terroristen, Wohnungen, Hotelzimmer und Unterkünfte zu mieten, zu vermindern. Bei Mietverträgen ist es die Pflicht des Mieters oder Vermieters, der Polizei zusammen mit dem Mietvertrag vollständige Angaben über den Mieter zu machen. Hotels und Hostels sind verpflichtet, Informationen über ihre Gäste für die Polizei jederzeit einsehbar zu halten. Nach Razzien wurden wegen einer Nicht-Einhaltung dieser Vorschriften mitunter Strafen verhängt. Insgesamt wird das Mietermeldesystem allerdings nicht breit umgesetzt, und nur wenige Personen registrieren ihre Mietübereinkünfte bei den Behörden (IRB 23.1.2018). Die Einführung der verpflichtenden Meldung bei der Polizei und die Androhung hoher Strafen hat allerdings z.B. dazu geführt, dass Immobilienbesitzer im Punjab und in Islamabad zögerlich wurden, an Afghanen zu vermieten. Verstärkt wurde dies, nachdem durch den Nationalen Aktionsplan gegen Terrorismus Untersuchungen gegen die pakistanischen Hausbesitzer durchgeführt wurden (TRAFIG 31.8.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 18.8.2022
BRG - Biometrics Research Group, Inc. / BiometricUpdate.com (14.10.2022): NADRA cracks down on suspect IDs, collects biometrics from relatives https://www.biometricupdate.com/202210/nadra-cracks-down-on-suspect-ids-collects-biometrics-from-relatives, Zugriff 11.1.2023
BRG - Biometrics Research Group, Inc. / BiometricUpdate.com (11.2.2022): NADRA goes all out for handling complaints, https://www.biometricupdate.com/202202/nadra-goes-all-out-for-handling-complaints, Zugriff 22.2.2022
CSC - Consortium for Street Children (1.2021): Pakistan - Legal Identity, https://www.streetchildren.org/legal-atlas/map/pakistan/legal-identity/can-a-child-obtain-retroactive-or-replacement-birth-registration-documents/, Zugriff 11.1.2023
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Grundversorgung
Wirtschaft und Arbeitsmarkt
Letzte Änderung 2024-02-01 07:48
Allgemeine Wirtschaftsleistung
Pakistan weist eine gemischte Wirtschaft auf, in der Firmen in staatlichem Eigentum für einen großen Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verantwortlich sind. Früher überwiegend landwirtschaftlich geprägt, hat sich die Wirtschaft deutlich diversifiziert. Der Handels- und Dienstleistungssektor ist stark gewachsen und trägt heute den größten Anteil an der Wirtschaftsleistung. Die Landwirtschaft trägt noch zu einem Fünftel zum BIP bei (EB 30.11.2023). Sie bleibt aber die größte Deviseneinnahmequelle (PBS o.D.). Handwerk und Produktion machen ein Sechstel des BIP aus. Der Anteil der Finanzdienstleistungen am BIP ist relativ gering, doch signifikant steigend. Eine wichtige Einnahmequelle sind die Rücküberweisungen von Auslandspakistanis (EB 30.11.2023). Sie machen einen Hauptteil der Deviseneinnahmen des Landes aus (MoF PAKI 4.6.2023a).
Die Wirtschaftsleistung schneidet im Vergleich mit vielen anderen Entwicklungsländern gut ab, und Pakistan kann die letzten Jahrzehnte eine solide Wachstumsrate vorweisen. Gleichzeitig ist die Bevölkerung stark angewachsen, sodass die Wirtschaftsleistung pro Kopf trotz des realen Wirtschaftswachstums nur langsam gestiegen ist (EB 30.11.2023). Außerdem weist Pakistan einen sehr großen informellen Wirtschaftssektor auf, dessen Wirtschaftsgröße geschätzt nochmals halb so groß ist wie das offizielle BIP. Diese Größe stellt eine Herausforderung für die Planbarkeit von Maßnahmen und für die Steuereinnahmen dar (BS 25.2.2022).
Die enormen Kosten für Wiederaufbau und Hilfsleistungen in Folge der Flutkatastrophe vom Sommer 2022 fügen eine neue Belastung für den Staatshaushalt hinzu. Die Weltbank schätzt, dass zur Bewältigung der Schäden und Verluste mindestens 16 Milliarden US-Dollar benötigt werden (CNN 2.2.2023). Bei einer UN-Konferenz wurden von internationalen Gebern mehr als neun Milliarden US-Dollar zur Unterstützung der Bewältigung der Schäden zugesagt (Tagesschau 9.1.2023). Davon sind allerdings knapp 90 Prozent Kredite. Mit Stand Herbst 2023 war auch davon erst wenig ausbezahlt. Viele Geberstaaten bezweifeln, dass die finanzielle Unterstützung tatsächlich bei jenen ankommt, die sie benötigen, bzw. zum Schutz vor zukünftigen Katastrophen eingesetzt wird (WOZ 31.8.2023).
Der kräftige Aufschwung nach der Pandemie kam 2023 zum Stillstand. Die Wirtschaft ist im Fiskaljahr 2023 geschrumpft, nachdem sie zwei Jahre in Folge ein starkes Wachstum verzeichnet hatte. So ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 insgesamt voraussichtlich um 0,6 Prozent gesunken, nachdem es im Vorjahr um 6,1 Prozent gewachsen war. Dies steht unter anderem im Zusammenhang mit dem längeren Beibehalten der akkommodierenden Geldpolitik [Anmerkung: Erhöhung der Geldmengen, niedrige Zinssätze], dem Anstieg der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt, der Überschwemmungskatastrophe 2022, den innenpolitischen Querelen sowie den damit verbundenen starken Vertrauensverlust und Abstufungen der Kreditwürdigkeit(WB 4.10.2023).
Im Mai 2023 erreichte die Inflation eine noch nie da gewesene Höhe von 37,97 Prozent (TE 1.12.2023). Die Verringerung der Einkommen dürfte Millionen von Arbeitnehmern betreffen, insbesondere diejenigen, die in informelle Arbeitsplätze mit geringerer Produktivität abgerutscht sind. Als Folge des Sinkens der Löhne und der Verringerung der Arbeitsplätze sowie der hohen Inflation wird davon ausgegangen, dass die Armut zugenommen hat, und dies auch die Kaufkraft untergräbt (WB 4.10.2023).
In der ersten Hälfte des Jahres 2023 schien Pakistan sogar auf einen verheerenden wirtschaftlichen Ausfall zuzusteuern. Die Aussetzung der Auszahlungen eines Kreditprogramms des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgrund der wiederholten Nicht-Erfüllung der Reformverpflichtungen und die folgende Kreditaussetzung weiterer internationaler Geldgeber führte zu einer unmittelbaren Gefahr der Zahlungsunfähigkeit. Schließlich konnten sich der IWF und Pakistan auf ein neunmonatiges Programm mit einer Bereitschaftskreditvereinbarung in Höhe von 3 Mrd. US-Dollar als Überbrückungsmaßnahme einigen (USIP 6.9.2023). In seiner ersten Überprüfung im November attestierte der IWF eine aufkommende Erholung (IMF 15.11.2023). Das Finanzministerium berichtet ebenfalls von einer schrittweisen Erholung sowie von Zuwächsen in wichtigen Wirtschaftszweigen, wie Landwirtschaft und Produktion (MoF PAKI 2.12.2023). Auch die Inflation sank bis Oktober auf 26,89 Prozent, allerdings stieg sie im November wieder leicht (TE 1.12.2023).
Arbeitsmarkt
Pakistan verfügt laut Schätzung der International Organization for Migration (IOM) über mehr als 63 Millionen Arbeitskräfte (IOM 22.3.2023). Laut pakistanischem Finanzministerium stieg die Zahl der Erwerbsbevölkerung von 68,75 Millionen im Erhebungszeitraum 2018-19 auf 71,76 Millionen für 2020-21, die Zahl der Erwerbstätigen im gleichen Zeitraum von 64,03 Millionen auf 67,25 Millionen. Pakistan hat damit eine der höchsten Zahlen an Arbeitskräften weltweit. Allein die Zahl der erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter von 15-24 Jahren beträgt 41,77 Millionen (MoF PAKI 4.6.2023a). Zusätzlich erreichen fast 2 Millionen Jugendliche jährlich das arbeitsfähige Alter. Die Bevölkerung wächst jedes Jahr um etwa 2 Prozent (BMZ o.D.). Das Land steht damit vor der Herausforderung, seiner Bevölkerung berufliche Möglichkeiten zu bieten (BS 25.2.2022).
Landwirtschaft und Fischerei stellen den größten Anteil am Arbeitsmarkt und tragen zum Einkommen für ein breites Segment der Bevölkerung bei (EB 30.11.2023; vgl. MoF PAKI 4.6.2023b). So stellt die Landwirtschaft laut der offiziellen Arbeitskräfteerhebung 37,4 Prozent der Beschäftigten (MoF PAKI 4.6.2023b; vgl. IOM 12.2022). Die Tendenz ist hier abnehmend. Der Dienstleistungssektor macht etwa 39 Prozent der Gesamtzahl der Arbeitsplätze aus, die Industrie ca. 24 Prozent - Tendenz steigend (IOM 12.2022). Handwerk und Produktion sind insbesondere durch die Textilindustrie ein bedeutendes Segment des Arbeitsmarktes. Der Handel, als einer der wichtigsten Sektoren der pakistanischen Wirtschaft, beschäftigt auch einen erheblichen Teil der Arbeitskräfte. Das Staatswesen ist traditionell ebenfalls ein Hauptarbeitgeber in Pakistan, dort findet sich ungefähr ein Fünftel der Arbeitskräfte (EB 30.11.2023). Regional sind 60 Prozent der Arbeitskräfte des Landes in der Provinz Punjab konzentriert (IOM 22.3.2023).
Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten, die internationalen Sozialstandards entsprechen, sind kaum vorhanden, über 70 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse liegen im informellen Sektor, der breite arbeitsrechtliche Defizite aufweist (BMZ o.D.). Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt zwischen 15.000 und 30.000 PKR [Anm.: ca. 50 bis 100 Euro laut finanzen.at, Stand 26.1.2024] (IOM 12.2022). Die Zahl der arbeitslosen erwerbsfähigen Bevölkerung betrug im Erhebungszeitraum 2021-22 4,71 Millionen. Die offizielle Arbeitslosenquote weist eine Verbesserung von 6,9 Prozent im Jahr 2018-19 auf 6,3 Prozent für das Jahr 2020-21 aus (MoF PAKI 4.6.2023a).
Im Jahr 2022 wanderten 829.549 Pakistaner offiziell registriert im dafür zuständigen Bureau of Emigration Overseas Employment ins Ausland aus, um dort zu arbeiten. Diese Migration konzentriert sich vor allem auf die Länder des Golf-Kooperationsrates (GCC) (96 Prozent), wobei Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die Mehrheit stellen (MoF PAKI 4.6.2023a; vgl. BEOE 8.12.2023). Der Großteil der pakistanischen Migranten in den GCC-Staaten sind alleinstehende Männer, die in überfüllten Arbeitslagern leben und Geld in ihre Heimat schicken (BPB 6.7.2022).
Arbeitslosenunterstützung, Berufsförderung
Pakistan verfügt über einige Programme zur Unterstützung Arbeitsloser. Diese beinhalten z.B. eine bezahlte Weiterbildung, die Förderung von Geschäftsgründungen oder auch Programme zur Anstellung im staatlichen Sektor (ILO 1.9.2021). Weiterbildungs- und Berufsausbildungseinrichtungen der pakistanischen Regierung wie die National Vocational Technical Education Commission (NAVTEC) oder die Technical Education and Vocational Training Authorites (TEVTA) der jeweiligen Provinzregierungen des Punjab, des Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistans bieten eine Vielzahl von Kursen an. Abgedeckte Bereiche sind z.B. IT, Autoelektrik, Motorradmechanik oder Stickerei, Schneiderei und Kosmetik (IOM 22.3.2023; vgl. TVET o.D.a).
Die wichtigste Maßnahme zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsmarkt ist das National Vocational Educational Technical Sector Support Programme (TVET-Reform). Das Programm hat zum Ziel die Lücke zwischen dem Bedarf am Arbeitsmarkt und der Ausbildung zu schließen und den Zugang, die Qualität und die Treffsicherheit der technischen und beruflichen Ausbildung zu verbessern. Eine wichtige Säule des Programms ist die Reintegration von Rückkehrern (IOM 22.3.2023; vgl. TVET o.D.a). Für diese und andere Personengruppen werden Karriereberatung, Unterstützung beim Aufbau eines Kleinunternehmens, Fortbildung, Berufsmessen, Vermittlung von Mikrokrediten zum Aufbau eines Kleinunternehmens und andere Dienste angeboten (TVET o.D.a; vgl. IOM 22.3.2023).
Das Tameer-e-Pakistan-Programm, dessen Zielsetzung die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch die Schaffung von Arbeitsplätzen ist, wurde in die Drought Emergency Relief Assistance (DERA) integriert. Als weiteres Programm wurde das Khushal Pakistan Program eingeführt. Mit Schwerpunkt auf den ländlichen Bereich zielt es auf die Förderung ökonomischer Aktivität durch die Schaffung von Infrastruktur und öffentlicher Arbeit, u.a. im Bereich, Straßenbau, Wasserversorgung, Schulbau und Bodenkonservierung (IOM 22.3.2023).
Ebenfalls im ländlichen Gebiet leistet das National Rural Support Program bzw. das Punjab Rural Support Program als staatliches Programm durch Ausbildung, Mikrokredite und Beratung für Kleinunternehmen Unterstützung zum eigenständigen Einkommenserwerb. Ein besonderer Fokus liegt auf weibliche Haushaltsvorstände (IOM 22.3.2023). Im Bereich der Berufsförderung für Frauen hat außerdem die staatliche Sozialhilfeeinrichtung Pakistan Bait-ul-Mal (PBM) ein Projekt zur Ausweitung ihres Netzes von Berufsbildungszentren für Frauen (Women Empowerment Centres - WECs) von der Distrikt- auf die Tehsil-Ebene eingesetzt (TET 12.12.2022). Derzeit sind rund 163 WECs im ganzen Land tätig, um Witwen, Waisen und unterprivilegierten Mädchen eine kostenlose Berufsausbildung in Berufen wie Schneiderei, Stickerei, Stoffmalerei oder grundlegende und weiterführende Computerkurse zu bieten (TET 12.12.2022; vgl. TNI 7.12.2023).
Ein staatliches Projekt speziell zur Förderung der Berufstätigkeit junger Menschen ist z.B. das PM Youth Business and Agriculture Loan Scheme 2023 (IOM 30.3.2021; vgl. INCPAK 25.1.2023; MCB o.D.). Im Jänner 2023 startete die pakistanische Regierung außerdem ein Programm für bezahlte Praktika zur Unterstützung von 30.000 arbeitslosen Hochschulabsolventen (TC 6.1.2023).
Staatliche Stellen zur Vermittlung von Arbeitsplätzen sind z.B. Career Pakistan, die Small and Medium Enterprises Development Authority, die Onlineportale der Job Placements Center (IOM 12.2022) oder das staatliche Online Portal NEXT - National Employment Exchange Tool (NAVTTC o.D.).
Quellen:
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BPB - Bundeszentrale für politische Bildung (6.7.2022): Labor migration from South Asia to the Gulf: Pakistan as an example, https://www.bpb.de/themen/migration-integration/laenderprofile/english-version-country-profiles/510112/labor-migration-from-south-asia-to-the-gulf-pakistan-as-an-example/, Zugriff 3.12.2023
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INCPAK - The Independent News Coverage Pakistan (25.1.2023): PM’s Youth Business and Agriculture Loan Scheme 2023, https://www.incpak.com/national/pms-youth-business-and-agriculture-loan-scheme-2023/, Zugriff 3.12.2023
IOM - International Organization for Migration (22.3.2023): Information on the socio-economic situation in the Islamic Republic of Pakistan, [E-Mail mit pdf liegt in der Staatendokumentation auf]
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Versorgungssicherheit bei Nahrungsmitteln und Wohnraum
Letzte Änderung 2023-04-12 16:02
Armut
Das solide Wirtschaftswachstum trägt dazu bei, dass das hohe Bevölkerungswachstum nicht wie in anderen südasiatischen Ländern zu einem hohen Anteil an absoluter Armut geführt hat. Dennoch lebt ein bedeutender Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (EB 30.1.2023). In den vergangen zwei Jahrzehnten konnte Pakistan die Armut deutlich reduzieren und mehr als 47 Millionen Pakistanern ermöglichen, zwischen 2001 und 2018 der Armut zu entkommen (TWB 7.10.2022). Die COVID-19-Pandemie und Maßnahmen zur sozialen Distanzierung hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die Haushaltseinkommen und haben vorübergehend zu mehr Armut geführt (TWB 10.2022). Laut dem Bertelsmann Transformations Index lebten 2020 geschätzt 24,3 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze und 38,4 Prozent waren von multidimensionaler Armut nach den Kriterien des UNDP betroffen (BS 25.2.2022). Im letzten Human Development Index 2021/22 von UNDP, der 191 Staaten umfasst und Fortschritte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Einkommen im internationalen Vergleich misst, liegt Pakistan auf Rang 161 (UNDP 8.9.2022).
Verschärft wird die Situation durch einen scharfen Kontrast zwischen der relativen Prosperität der industrialisierten Regionen um Karatschi und Lahore und der Armut in den semi-ariden Gebieten in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (EB 30.1.2023). So gibt UNDP die Armutsrate für Belutschistan und in den Newly Merged Districts von Khyber Pakhtunkhwa (ehemalige FATA) mit 70 Prozent an. Im Vergleich dazu weisen die reichsten Bezirke Pakistans im Norden und in der Mitte des Punjabs eine Armutsrate von unter 10 Prozent auf (UNDP 6.4.2021).
Ernährungssicherheit
Pakistan ist eine überwiegend agrarisch geprägte Gesellschaft und aus verschiedenen Gründen von Ernährungsunsicherheit bedroht. Um die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage bei Grundnahrungsmitteln zu überbrücken, muss Pakistan regelmäßig u.a. Weizen und verschiedene Hülsenfrüchte importieren, was eine ernste Ursache für die Nahrungsmittelunsicherheit darstellt (DT 23.1.2023). Die Landwirtschaft wurde im Jahr 2022 vor allem durch die Auswirkungen der verheerenden Überschwemmungen schwer getroffen. Über 1,4 Million Hektar Anbaufläche fielen den Fluten zum Opfer (siehe hierzu Unterkapitel "Flutkatastrophe 2022") (UNHCR 5.10.2022), über 1,1 Million Nutztiere wurden getötet (IOM 12.1.2023).
Die Inlandspreise für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Reis, Speiseöl, Hülsenfrüchte, Milch und Fleisch sind seit Jänner 2022 gestiegen (TET 29.12.2022). Ein durchschnittlicher pakistanischer Haushalt wendet 50,8 Prozent seines monatlichen Einkommens für Nahrungsmittel auf (WFP o.D.). Steigende Lebensmittel- und Energiepreise haben die reale Kaufkraft vieler Haushalte geschmälert und arme und gefährdete Haushalte unverhältnismäßig stark betroffen (TWB 10.2022). Auch die Flutkatastrophe 2022 hatte Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise. Ein Vergleich des World Food Program zwischen den Nahrungsmittelpreisen vor der Flut und nach der Flut zeigen hohe Preissteigerungen. So stieg der Preis für Weizenmehl um 32 Prozent, für Tomaten um 138 Prozent und Kartoffeln um 45 Prozent (IOM 12.1.2023). Die Inflation erreichte mit 31,5 Prozent im März 2023 den höchsten Wert seit 1975 (UNHCR 9.3.2023).
Die Ernährungsunsicherheit wirkt sich auf Frauen, Kinder und ländliche Haushalte aus, was zu sozio-ökonomischen Ungleichheiten führt und einen Anstieg der Zahl der Haushalte, die unter Ernährungsunsicherheit leiden, verursacht (TOI 21.10.2022). 18 Prozent der Kinder unter 5 Jahren leiden an akuter Mangelernährung, 40 Prozent sind unterentwickelt und 29 Prozent untergewichtig. Es gibt auch eine starke Korrelation zwischen dem Bildungsniveau von Mädchen und allen Formen der Unterernährung, wobei generell der Zugang von Mädchen zu Bildung eine Herausforderung bleibt - insbesondere in Gebieten, die an Afghanistan grenzen, und in Belutschistan. Außerdem sind aufgrund sozialer und kultureller Normen und Praktiken Frauen und Mädchen mit Schwierigkeiten beim Zugang zu humanitärer Unterstützung konfrontiert (WFP o.D.).
Von starker Unsicherheit bei der Lebensmittelversorgung betroffen waren laut einer staatlichen Studie während des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie 2020 10 Prozent der Haushalte gegenüber 3 Prozent bei der letzten Erhebung von 2018/2019; von einer moderaten Versorgungsunsicherheit betroffen waren 30 Prozent im Vergleich zu 13 Prozent davor. 60 Prozent der Haushalte konnten ihre Versorgungssicherheit beibehalten (PBS o.D.b). Die damalige Regierung reagierte auf die Krise mit der Einführung des Ehsaas Emergency Cash Programme im April 2020 (WFP 1.2.2022). Etwa 15-16 Prozent der pakistanischen Bevölkerung leben aufgrund der Überschwemmungen und verfehlten politischen Maßnahmen unter akuter Ernährungsunsicherheit (TOI 21.10.2022).
Wohnraum
Pakistan ist mit einer kritischen Wohnraumknappheit konfrontiert. Das Bevölkerungswachstum, die Abwanderung aus ländlichen Gebieten und der Verfall bestehender Wohnhäuser führen zu einer zunehmenden Knappheit in städtischen Gebieten. Ein großes Problem ist die Qualität der vorhandenen Wohnungen. Die Hälfte aller städtischen Haushalte ist überbelegt oder besteht aus informellen Siedlungen mit unzureichendem Zugang zu grundlegender Infrastruktur und Dienstleistungen. Reguläre Wohnungen sind für den Großteil der Bevölkerung unerschwinglich und befinden sich hauptsächlich im Besitz von Männern (WBB 11.3.2022). Die Mehrheit des Wohnraums findet sich in Slums, meist in informellen Siedlungen. 30 bis 50 Prozent der Stadtbewohner leben nach Schätzungen in Slums. Laut UNHABITAT sind andererseits 74 Prozent der Stadtbewohner auch Eigentümer ihrer Unterkunft und Städte mit einem großen Anteil an Staatsdienern, wie Islamabad, verfügen über einen großen Anteil an mietfreiem oder stark subventioniertem Wohnraum (UKHO 6.2020).
Konkret wird der Mangel auf 12 Millionen Wohneinheiten geschätzt, wobei der Bedarf im Vergleich zum Angebot weiterhin hoch bleibt. Die Regierung hat Maßnahmen eingeführt, um die Möglichkeit der Finanzierung speziell für niedrig- bis mittelpreisige Wohneinheiten zu verbessern. Die Förderungen wurden erhöht, Regelungen für die Vergabe von Finanzierungen gelockert und die Dauer für die Rückzahlung verlängert (TET 27.2.2022).
IOM berichtet, dass in Großstädten Wohnungen und Einzelhäuser zwar leicht verfügbar sind, aber die Miet- und Nebenkosten, insbesondere für Strom und Gas, sehr hoch sind. In ländlichen Gebieten und am Stadtrand kleinerer Städte sind allerdings Wohnungsmöglichkeiten nicht nur kostengünstig, sondern auch zahlreich vorhanden (IOM 2021).
Durch die Flut 2022 wurden mehr als 2,2 Millionen Häuser und 13.100 Kilometer an Straßen zerstört (IOM 12.1.2023).
Quellen:
BS - Bertelsmann Stiftung (25.2.2022): Bertelsmann Transformation Index, Pakistan Country Report 2022, https://bti-project.org/de/reports/country-report/PAK#pos13, Zugriff 3.3.2022
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TET - The Express Tribune (27.2.2022): SBP further eases housing finance, https://tribune.com.pk/story/2345420/sbp-further-eases-housing-finance, Zugriff 3.2.2023
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WFP - World Food Programme (o.D.): Pakistan, https://www.wfp.org/countries/pakistan, Zugriff 2.2.2023
Sozialwesen
Letzte Änderung 2023-04-12 16:03
Soziale Wohlfahrt
Pakistan unterhält einige Programme für soziale Wohlfahrt, die auf das Bereitstellen eines rudimentären sozialen Sicherheitsnetzes für die Bürger ausgerichtet sind. Staatliche Schulen und Krankenhäuser bieten eine hoch subventionierte Bildung und Gesundheitsversorgung und Einrichtungen wie Pakistan Bait-ul-Mal (PBM) [Anm.: eine von der Regierung gegründete Sozialorganisation] verteilen wohltätige Beträge, die über Steuern eingenommen werden. Doch die Versorgung mit effektiven öffentlichen Dienstleistungen ist aufgrund ernster Kapazitätsengpässe schwach (BS 25.2.2022). Die staatlichen Sozialsicherungssysteme sind schwach entwickelt und völlig unterfinanziert (BMZ o.D.), obwohl Pakistan auf eine lange Geschichte von Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zurückblicken kann. Das anhaltend hohe Armutsniveau zeigt jedoch die Unzulänglichkeit dieser Maßnahmen, die vor allem auf eine begrenzte Reichweite und mangelhafte Umsetzung zurückzuführen sind. Zwar gibt die pakistanische Regierung etwa 2 Prozent ihres BIP für Programme zur Armutsbekämpfung aus, doch ist dies wesentlich weniger als in Nachbarländern wie Indien oder Sri Lanka (CDDRL 6.6.2022). Die Notwendigkeit von Investitionen u.a. in Bildung, berufliche Entfaltung und soziale Absicherung wird den pakistanischen Eliten allerdings immer mehr bewusst (BMZ o.D.).
Während ernste Herausforderungen weiterhin bestehen, gibt es auch Fortschritte im Bereich der öffentlichen sozialen Wohlfahrt. Das 2008 eingeführte Benazir Income Support Program (BISP) ist ein auflagenfreies Geldtransferprogramm zur Armutsreduktion, das auf Frauen fokussiert ist. Die Regierung hat als Erweiterung des BISP das Ehsaas Programm eingeführt (BS 25.2.2022). Diese Initiative der pakistanischen Regierung wurde 2019 gegründet und zielt als größtes Armutsbekämpfungsprogramm der Regierung (IOM 22.3.2023) darauf ab, die Armut zu lindern und den sozialen Wohlstand im Land zu verbessern (EP 2022). Sie bietet eine Reihe von Dienstleistungen für bedürftige Pakistaner an, darunter bedingungslose Bargeldtransfers, gezielte Subventionen und eine bessere Versorgung mit Gesundheits- und Nahrungsmitteln (CDDRL 6.6.2022). Ehsaas verstärkt das BISP, indem es die Kriterien zur Anspruchsberechtigung erweitert hat und somit mehr Menschen mit einschließt (WFP 1.2.2022). Im Rahmen des Ehsaas Programms stellt das BISP nun nur noch eine von 34 Einheiten dar (TET 11.7.2021; vgl CDDRL 6.6.2022). Als Schirmorganisation führt Ehsaas alle verschiedenen Bereiche der Armutsbekämpfung auf Bundes- und Provinzebene in mehreren Ministerien unter einer Strategie und Institution zusammen. Die Ehsaas-Strategie verfolgt einen gesamtstaatlichen Ansatz zur Armutsbekämpfung. Dabei werden die verschiedenen bestehenden Programme, die ursprünglich nicht unbedingt unter die Armutsbekämpfung fielen (z.B. Zakat) gebündelt, und auch Änderungen zur Armutsbekämpfung eingeleitet. Insgesamt ist die Anzahl der Programme auf mehr als 292 Einzelmaßnahmen angewachsen (CDDRL 6.6.2022).
Derzeit gibt es drei große Geldtransferprogramme, die vom BISP als Durchführungsorganisation umgesetzt werden (CDDRL 6.6.2022). Weitere Leistungen umfassen Subventionen für Nahrungs- und Haushaltsartikel (Ehsaas Rashan Programm), finanzielle Unterstützung in Form von Darlehen (Ehsaas Amdan Program/Ehsaas Loan Program), Nahrungsmittelhilfen für Mütter und Kinder (Ehsaas Nashonuma Program), Rentenleistungen (Ehsaas Buzurg Program) und Stipendien (Ehsaas Scholarship Program) (ENP 6.2.2023). Das Programm Ehsaas Waseela Taleem zielt darauf ab, Kindern aus benachteiligten Verhältnissen kostenlose Bildung zu ermöglichen. Das Programm soll bis zu 1,5 Millionen Kindern in ganz Pakistan den Zugang zu hochwertiger Bildung ermöglichen, wobei der Schwerpunkt auf Kindern in ländlichen und unterversorgten Gebieten liegt (EP 6.2.2023). Buben erhalten in der Primarstufe 1.500 PKR [Anm.: ca. 17 Euro], in den Sekundarstufen 2.500 PKR [Anm.: ca. 28 Euro], Mädchen jeweils 500 PKR [Anm.: ca. 6 Euro] mehr. Für die höheren Stufen erhöhen sich die Beihilfen. So erhielten 2021 nach offiziellen Angaben eine Million Schüler der Grundschule, 500.000 der Sekundarstufe und 225.000 Schüler der höheren Schulstufen diese Beihilfe (TET 19.7.2021). Ein anderes Programm beinhaltet eine monatliche Zahlung von 2.000 PKR [Anm.: ca. 10 Euro] an ärmere Familien mit einem behinderten Familienmitglied. Es umfasst 2 Millionen Familien. Im Rahmen der Ehsaas-Strategie erhielten während der COVID-19-Pandemie etwa 15 Millionen pakistanische Haushalte (100 Millionen Bürger) jeweils 12.000 PKR [Anm.: ca. 134 Euro] (TET 11.7.2021).
Mit Abschluss der Entwicklung der nationalen sozio-ökonomischen Registrierung können nun Daten zu den sozialen Bedingungen erhoben und auf deren Grundlage die Förderungswürdigkeit bestimmt werden. Das Sozialregister ermöglicht eine dynamische Aufnahme, jeder kann sich jederzeit in ein Sozialregister eintragen lassen (BISP o.D.). Die Erhebung der Bedürftigkeit und Anspruchsberechtigung geschieht über die Bürgerkarte der NADRA (PPI o.D.). Die Geldtransferprogramme sind ein wichtiges Mittel zur Armutsreduktion, auch wenn ihre Nachhaltigkeit Fragen offenlässt. Das Ehsaas-Programm stellt eine bedeutende Ausdehnung des Benazir Bhutto Income Program dar, das auf ganz Pakistan angewendet wird. Es ist damit eine signifikante Erweiterung des Systems der sozialen Wohlfahrt, doch Verbesserungen in anderen Formen der Wohlfahrt bleiben begrenzt (BS 25.2.2022).
Laut IOM sind alle Sozialprogramme (Obdachlosenunterkünfte, Nahrungsmittelverteilung) mit Ausnahme der Krankenversicherung Sehat Insaaf aufgrund der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage von einer Unterbrechung bedroht (IOM 22.3.2023).
Leistungen der Sozialversicherung, staatliche Altersversorgung
Pakistan hat nur zwei Rentensysteme, die gerade einmal drei Millionen der 15 Millionen älteren Menschen des Landes erreichen (HA 18.2.2021). Mitarbeiter der Bundes- und Provinzregierungen, der Regierung von Azad Jammu Kaschmir, der Streitkräfte und der halbstaatlichen / autonomen Einrichtungen sind rentenberechtigt (IOM 2021). Alle Staatsbediensteten erhalten damit bei Eintritt in den Ruhestand eine Pension, ebenso Mitarbeiter von Unternehmen, die bei der Employees' Old Age Benefits Institution (EOBI) registriert sind (ILO 2019). Die Pensionen von Zivil- und Militärbeamten werden ausschließlich aus Steuermitteln finanziert, machen allerdings nur etwa 8 bis 9 Prozent der Personen aus, die im Land das Rentenalter erreicht haben (BR 17.10.2022; vgl. IOM 22.3.2023). Alle Unternehmen mit mehr als fünf Beschäftigten müssen sich für die EOBI anmelden. In Wirklichkeit haben sich jedoch nur 84.000 Arbeitgeber für das System angemeldet, das nicht mehr als acht Millionen Menschen erreicht - bei einer Erwerbsbevölkerung von über 70 Millionen (HA 18.2.2021). Innerhalb des EOBI-Systems basiert die Auszahlung auf den Beiträgen der Einzelpersonen. Die Mindestrente für das EOBI-System beträgt derzeit 8.500 PKR (28,08 Euro) pro Monat. Arbeitnehmer, die nicht im Rahmen der Industrie- und Handelskammer arbeiten, profitieren nicht von dem EOBI-Rentensystem (IOM 22.3.2023). Pensionsberechtigt sind Männer ab 60 und Frauen ab 55 Jahren mit mindestens 15 Beitragsjahren (USSSA 3.2019; vgl. HA 18.2.2021).
Das Rentensystem bietet den Versicherten oder ihren Hinterbliebenen folgende vier Arten von Leistungen: Altersrente oder gekürzte Rente, Hinterbliebenenrente, Invaliditätsrente und Altersbeihilfe, wenn ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Rente hat. Da nur Arbeitskräfte des formellen Sektors Anspruch auf Renten haben, kann nur ein kleiner Teil der Bevölkerung im fortgeschrittenen Alter die Vorteile des Rentensystems in Anspruch nehmen. Die ältere Bevölkerung, die im informellen Sektor arbeitet, bekommt diese Sozialversicherungsleistungen nicht (IOM 2021). Einige Altersheime werden in den größeren Städten über das staatliche PBM bzw. die Departments für Soziale Wohlfahrt der Provinzen betrieben (ILO 2019; vgl. PBM o.D). Bedürftige ältere Personen gehören auch zu den Gruppen, die Anspruch auf Leistungen aus dem Zakat-System haben, doch im Allgemeinen ist das Sozialsystem für Ältere begrenzt (ILO 2019).
Pakistan hat auf Ebene der Provinzen Schemen einer Arbeitsunfallversicherung eingeführt. Die Abdeckung ist allerdings ebenfalls begrenzt, zum einen aufgrund der Struktur des Arbeitsmarktes mit einem hohen Anteil an Arbeitskräften in der informellen Wirtschaft, sowie zum anderen durch Anstellungspraktiken, die häufig eine Minderregistrierung oder keine Registrierung der Arbeiter aufweisen (ILO 1.9.2021).
In den Provinzen sind Employees’ Social Security Institutions (ESSIs) eingerichtet, die mit den Arbeitsministerien der einzelnen Provinzen verbunden sind (ADB 2.9.2022; vgl. ILO 2019). Sie bieten Renten für die Familien von Arbeitnehmern, die bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommen sind. Finanziert durch eine zusätzliche Abgabe von 6 bis 7 Prozent der Lohnsumme, die vom Arbeitgeber gezahlt wird, bieten die ESSIs Mutterschafts- und Krankheitsleistungen, Leistungen bei Invalidität und Verletzungen. Einige Dienstleistungen für gering bezahlte Arbeitnehmer in Wirtschaftsunternehmen werden ebenfalls durch die ESSI angeboten (ILO 2019). Der Workers’ Welfare Fund (WWF) finanziert u.a. Projekte zur Errichtung von Wohnsiedlungen oder zum Bau von Häusern für die Industriearbeiter (WWF o.D.)
Die bestehenden Sozialversicherungssysteme schließen die Beschäftigten in der informellen Wirtschaft aus, indem sie nur die Beschäftigten in der formellen Wirtschaft abdecken. Das DWCP (Decent Work Country Programme) (2016-22) soll die bestehenden Sozialschutzsysteme erweitern und nachhaltiger gestalten. In Zusammenarbeit mit der ILO wurde eine Einheit innerhalb des Ehsaas-Programmes eingesetzt (Labour Social Protection Expert Group, Mazdoor ka Ehsaas), die an der Einbeziehung der Arbeitskräfte in der informellen Wirtschaft in das Sozialversicherungssystem arbeitet (ILO o.D.).
Pilotprojekte zur Gesundheitsversicherung der ärmeren Bevölkerung wurden in Khyber Pakhtunkhwa (KP) und Gilgit-Baltistan (GB) mithilfe der German Development Bank (KfW) umgesetzt und auf ganz Pakistan ausgedehnt. Es ist damit eines der weltweit größten Gesundheitsversicherungsschemen für die ärmere Bevölkerung (OPM o.D.)
Die Krankenversicherungskarte Sehat Insaaf ist für permanente Einwohner im Islamabad Capital Territory (ICT), in den Provinzen Punjab, Khyber Pakhtunkhwa (KP) sowie in AJK und Gilgit Baltistan (GB) erhältlich. In Sindh ist sie derzeit nur im District Tharparker umgesetzt. Sie kann in ausgewiesenen Krankenhäusern eingesetzt werden und ihr Limit pro Familie beträgt 1 Mio. PKR (3.303,57 Euro) im Jahr. Anspruchsberechtigt sind auch Rückkehrer, wenn sie in diesen Regionen bei der NADRA registriert sind. Für permanente Einwohner aller anderen Standorte in Pakistan kann allerdings die Computerized National Identity Card (CNIC) ebenso als Krankenversicherungskarte verwendet werden und bietet die Berechtigung für alle medizinischen Dienstleistungen, die unter das Unterstützungsprogramm der Sehat Insaaf Card fallen (IOM 22.3.2023) [für weiterführende Informationen siehe Kap. Medizinische Versorgung].
Private Wohlfahrtsleistungen
Die Edhi Foundation ist die größte private Wohlfahrtstiftung Pakistans und eine der größten weltweit. Das Leistungsspektrum umfasst u.a. kostenlose technische Ausbildung für Bedürftige, kostenlose Bereitstellung von Lebensmitteln und Kleidung, Heime für Waisen, Behinderte, misshandelte Frauen und Senioren, Rettungswägen, kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe oder Hilfsmaßnahmen bei Naturkatastrophen (Edhi o.D.; vgl. GB 5.12.2022).
Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an. Sie ist in 72 Bezirken der vier Provinzen – inklusive Azad Jammu und Kaschmir – aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,78 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von 245.637 kommunalen Gemeinschaften bilden. Sie ist damit die größte Entwicklungshilfeorganisation für die ländliche Region in Pakistan (NRSP o.D.).
Quellen:
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BISP - Benazir Income Support Programme [Pakistan] (o.D.): BENAZIR National Socio-Economic Registry (NSER) - NSER Survey (Dynamic Registry), https://www.bisp.gov.pk/Detail/NzI5YTMyYTMtYjE1My00NGUwLTgwYTItZWUwYTZkYWZjYmNj, Zugriff 6.2.2023
BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (o.D.): Soziale Situation Der lange Weg zur Verwirklichung der "Vision 2025", https://www.bmz.de/de/laender/pakistan/soziale-situation-15408, Zugriff 6.2.2023
BR - Business Recorder (17.10.2022): Pakistan’s pension system, https://www.brecorder.com/news/40203435/pakistans-pension-system, Zugriff 6.2.2023
BS - Bertelsmann Stiftung (25.2.2022): Bertelsmann Transformation Index, Pakistan Country Report 2022, https://bti-project.org/de/reports/country-report/PAK#pos13, Zugriff 6.2.2023
CDDRL - Center on Democracy, Development and the Rule of Law (6.6.2022): Frameworks for a Developmental Welfare State: Lessons From Pakistan's Ehsaas Programme, https://fsi9-prod.s3.us-west-1.amazonaws.com/s3fs-public/ffdws_ehaas_20220602_0.pdf, Zugriff 6.2.2023
Edhi - Edhi Foundation (o.D.): About Edhi Foundation, https://edhi.org/about-us/, Zugriff 7.2.2023
ENP - Employees News Portal (6.2.2023): Ehsaas Program CNIC Check Online Registration 2023-24 NADRA, https://employeesportal.info/ehsaas-program-cnic-check/#List_of_Ehsaas_Programs_2023-24_Pakistan, Zugriff 6.2.2023
EP - Ehsaas Program [Pakistan] (6.2.2023): Ehsaas Waseela Taleem | Program, Application, Registration, Tracking, https://ehsaasprogramme.pk/ehsaas-waseela-taleem-program/, Zugriff 6.2.2023
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GB - Graana Blog (5.12.2022): Edhi Foundation: Everything You Need to Know, https://www.graana.com/blog/edhi-foundation-everything-you-need-to-know/, Zugriff 7.2.2023
HA - Help Age International (18.2.2021): Four pension reforms that could improve older people's life in Pakistan, https://www.helpage.org/blogs/waqas-qureshi-19658/four-pension-reforms-that-could-improve-older-peoples-life-in-pakistan-1078/, Zugriff 6.2.2023
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Flutkatastrophe 2022
Letzte Änderung 2023-04-12 16:04
Im Juni 2022 nahm eine Flut katastrophalen Ausmaßes ihren Anfang (MSF 9.1.2023). Die jährlichen Monsun-Regenfälle erreichten 2022 – mit der drei- bis fünffachen Menge des 30-Jahresdurchschnittes – ein noch nie da gewesenes Ausmaß (PPAF 7.10.2022). Während des Höhepunktes der Regenfälle im August und September waren 85.000 Quadratkilometer der Landesfläche durch Flutwasser betroffen (UNOCHA 9.12.2022). Insgesamt waren 33 Millionen Menschen in 90 Distrikten betroffen (WFP 25.1.2023). [Zur geographischen Verteilung siehe Karten weiter unten]
Die National Disaster Management Authority registrierte 1.739 Tote aufgrund der Fluten. Mehr als 2,2 Millionen Häuser wurden zerstört oder beschädigt, 13.100 Kilometer an Straßen zerstört und über 1,1 Million Nutztiere getötet (IOM 12.1.2023). Über 1,4 Millionen Hektar Anbaufläche fielen den Fluten zum Opfer (UNHCR 5.10.2022). Über 34.000 Schulen wurden zerstört oder beschädigt. In 1.159 temporären Unterrichtszentren wurden über 110.000 Schüler unterrichtet (UNICEF 24.1.2023).
An die 2.000 Gesundheitseinrichtungen wurden vollständig zerstört oder beschädigt (WHO 5.10.2022). Die Zerstörung von Infrastruktur zur Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen ließ außerdem Schätzungen zufolge 5,5 Millionen Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser (UNICEF 7.10.2022; vgl. WFP 25.1.2023). Die Wassermassen kontaminierten das Trinkwasser, schneiden die Wege zu Gesundheitseinrichtungen ab und dienen als Brutstätte für Moskitos: Malaria, Dengue Fieber und andere Krankheiten breiteten sich aus (Malteser 7.10.2022). Nach Angaben von Gesundheitsbehörden mussten von Juli bis September 2022 3,5 Millionen Menschen im Sindh aufgrund von Krankheiten behandelt werden, die sich über das Wasser ausbreiten, wie Malaria, Cholera oder Dengue-Fieber (N-TV 4.10.2022). Allein im August verzeichnete Sindh 69.123 Malariafälle - im Vergleich zu 19.826 Fällen im gleichen Monat des Vorjahres. In der ebenfalls schwer betroffenen Region Belutschistan wurden 41.368 Malariafälle für August 2022 bestätigt, beinahe doppelt so viele wie 2021. Insgesamt verzeichnete Pakistan 170.000 bestätigte Fälle von Malaria vom Jänner bis inklusive August 2022 (WHO 17.10.2022). Landesweit wurden mit Stand Anfang November 2022 1.003 Fälle von Cholera und beinahe 65.000 Fälle von Dengue Fieber, mit 147 Todesfällen, bestätigt (WHO 8.11.2022).
Mit Ende November 2022 waren noch 4.700 Quadratkilometer der Landesfläche durch Flutwasser betroffen. Der Rückgang der Fluten ermöglichte einen verbesserten Zugang und eine Rückkehr in die entsprechenden Gebiete (UNOCHA 9.12.2022). Auch die Fälle von Malaria, Dengue und akuten Atemwegsinfekten gingen zurück. In einigen Gebieten könnte das Flutwasser allerdings noch monatelange verbleiben (UNOCHA 9.1.2023).
Insgesamt waren mindestens 7,9 Millionen Menschen von den Fluten vertrieben worden. Mit Stand 2. Jänner 2023 galten in der Provinz Sindh immer noch 89.000 Menschen - im Vergleich zu 6,5 Millionen Menschen im September - als vertrieben (CDP 12.1.2023). Noch im Dezember schätzte IOM diese Zahl auf 240.000 (IOM 12.1.2023). In der Provinz Belutschistan waren mit Stand Jänner 2023 weiterhin 116.000 Menschen als Vertriebene registriert. Einer Analyse der UN-Satellitenauswertung zufolge sind 5 Millionen Menschen weiterhin von der Überflutung betroffen oder leben in deren Nähe. Auf der Grundlage der Schwere der Schäden und der Neigung zu schweren Kälteeinbrüchen wurden landesweit 35 Bezirke als besonders gefährdet für schwierige Winterbedingungen eingestuft (UNOCHA 9.1.2023).
UNICEF schätzt, dass weiterhin an die 20,6 Millionen Menschen - davon 9,6 Millionen Kinder - humanitäre Unterstützung benötigen (UNICEF 23.12.2022). 4 Millionen Kinder leben weiterhin in direkter Umgebung von Flutwasser, diese Gebiete sind verstärkt von akuten Atemwegsinfektionen betroffen. Die gleich Anzahl an Kindern hat keinen ausreichenden Zugang zu Gesundheitseinrichtungen (WFP 25.1.2023).
Durch die Vernichtung der Ernte stellt die Ernährung ein Problem dar. Bei über 306.000 Kindern unter 5 Jahren wurde eine schwere akute Unterernährung diagnostiziert. UNICEF schätzt, dass sich die Zahl der Kinder, die darunter leiden, mit der Flut beinahe verdoppelt hat. 1,5 Millionen Kinder brauchen lebenswichtige Nahrungshilfen (WFP 25.1.2023). Schätzungen gehen davon aus, dass 8,6 Millionen Menschen unter der als extrem definierten Form von Nahrungsmittelunsicherheit leiden und 14,6 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind (IRC 23.1.2023).
Es herrscht somit weiterhin eine Notfallsituation mit kritischem humanitärem Bedarf. Auch wenn humanitäre Organisationen und Behörden Hilfe leisten, reicht diese nicht aus. Die Grundbedürfnisse der Menschen in den am stärksten von den Überschwemmungen betroffenen Gebieten, einschließlich des Zugangs zu Grundnahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und sauberem Trinkwasser, sind nicht ausreichend abgedeckt. Auch weiterhin leben viele Menschen in Zelten und behelfsmäßigen Behausungen, was sie in den Wintermonaten noch vulnerabler macht (MSF 9.1.2023).
Quellen:
CDP - Center for Disaster Philanthropy (12.1.2023): 2022 Pakistan Floods, https://disasterphilanthropy.org/disasters/2022-pakistan-floods/, Zugriff 27.1.2023
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IRC - International Rescue Committee (23.1.2023): Six months on since the Pakistan floods, 8.6 million people are facing hunger; IRC calls for world leaders to address the imbalance of climate change, https://reliefweb.int/report/pakistan/six-months-pakistan-floods-86-million-people-are-facing-hunger-irc-calls-world-leaders-address-imbalance-climate-change, Zugriff 27.1.2023
Malteser – Malteser International (7.10.2022): After the floods in Pakistan: "The next catastrophe looms", https://reliefweb.int/report/pakistan/after-floods-pakistan-next-catastrophe-looms, Zugriff 27.1.2023
MSF - Médecins Sans Frontières (9.1.2023): Pakistan flood response is still "an emergency", https://www.msf.org/flood-emergency-pakistan-far-over, Zugriff 27.1.2023
N-TV (4.10.2022): WHO warnt vor Gesundheitskatastrophe in Pakistan, https://www.n-tv.de/ticker/WHO-warnt-vor-Gesundheitskatastrophe-in-Pakistan-article23628479.html, Zugriff 19.1.2023
PPAF - Pakistan Poverty Alleviation Fund (5.10.2022): Flood Emergency Response 2022, herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/report/pakistan/pakistan-poverty-alleviation-fund-ppaf-flood-emergency-response-2022-update-october-05-2022 , Zugriff 1.2.2023
UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (5.10.2022): Pakistan Flood Response: UNHCR Supplementary Appeal, September 2022 – December 2023, herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/report/pakistan/pakistan-flood-response-unhcr-supplementary-appeal-september-2022-december-2023, Zugriff 2.2.2023
UNICEF - United Nations Children’s Fund (24.1.2023): Pakistan Education sector working group flood response performance monitoring dashboard, herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/report/pakistan/pakistan-education-sector-working-group-flood-response-performance-monitoring-dashboard-23-january-2023, Zugriff 26.1.2023
UNICEF - United Nations Children’s Fund (23.12.2022): UNICEF Pakistan Humanitarian Situation Report No. 8 (Floods): 15 December 2022, herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/report/pakistan/unicef-pakistan-humanitarian-situation-report-no-8-floods-15-december-2022, Zugriff 2.2.2023
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UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (29.10.2022): Pakistan - 2022 Monsoon Floods Situation Report No. 10, as of 28 October 2022, herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/report/pakistan/pakistan-2022-monsoon-floods-situation-report-no-10-28-october-2022, Zugriff 2.2.2023
UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (22.9.2022): Pakistan - 2022 Monsoon Floods: Houses Fully and Partially Damaged (As of 22 September 2022), herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/map/pakistan/pakistan-2022-monsoon-floods-houses-fully-and-partially-damaged-22-september-2022, Zugriff 1.2.2023
WHO - World Health Organisation (8.11.2022): Health update on the post-flood situation in Pakistan, https://reliefweb.int/report/pakistan/health-update-post-flood-situation-pakistan, Zugriff 2.2.2023
WHO - World Health Organisation (17.10.2022): Disease Outbreak News: Malaria - Pakistan, https://reliefweb.int/report/pakistan/disease-outbreak-news-malaria-pakistan-17-october-2022, Zugriff 27.1.2023
WHO - World Health Organisation (5.10.2022): WHO Emergency Appeal, Health Crisis in Flood-Affected Pakistan, September 2022- May 2023, https://cdn.who.int/media/docs/default-source/documents/emergencies/03-_-pakistan_appeal-04-oct_2022.pdf?sfvrsn=de4bd88b_1 download=true, Zugriff 2.2.2023
WFP - World Food Programme (25.1.2023): WFP Pakistan Floods Situation Report, herunterzuladen unter: https://reliefweb.int/report/pakistan/wfp-pakistan-floods-situation-report-25-january-2023, Zugriff 27.1.2023
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung 2023-04-12 16:06
Isgesamt basiert das System der Gesundheitsversorgung in Pakistan auf zwei Hauptsäulen, dies sind einerseits öffentliche und andererseits private Gesundheitseinrichtungen (IOM 22.3.2023; vgl. WHO o.D.). In öffentlichen Krankenhäusern kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen, nicht zu. Hier können zum Teil gemeinnützige Stiftungen die Kosten übernehmen (AA 8.8.2022). In den privaten Einrichtungen fallen hohe Kosten für die Behandlung an. Insgesamt kann der Staat derzeit nicht allen Menschen eine gleiche und ausreichende Versorgung anbieten (IOM 22.3.2023).
Der Gesundheitssektor des Landes ist gleichermaßen durch ein Stadt-Land-Gefälle bei der Bereitstellung medizinischer Versorgung und ein Ungleichgewicht bei den Arbeitskräften im Gesundheitswesen charakterisiert. Insbesondere in ländlichen Gebieten mangelt es an medizinischen Fachkräften, Krankenpflegern, Sanitätern und qualifiziertem Gesundheitspersonal (TSOP 2020; vgl. DFAT 25.1.2022). Trotz einer ausgefeilten und umfangreichen Gesundheitsinfrastruktur leidet die Gesundheitsversorgung unter einigen zentralen Problemen wie einem hohen Bevölkerungswachstum, einem Mangel an Arbeitskräften, der ungleichen Verteilung medizinischer Fachkräfte, einer unzureichenden Finanzierung und einem begrenzten Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdiensten (WHO o.D; vgl. Marham 6.8.2022). So entspricht im Allgemeinen die in weiten Landesteilen unzureichende Gesundheitsversorgung medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standards. In Islamabad und Karachi hingegen ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen im Regelfall auf einem hohen Niveau, aber dadurch auch teuer (AA 2.2.2023). Des Weiteren gehört das pakistanische Gesundheitswesen laut Studien der NGO Transparency International zu den korruptesten Sektoren des Landes. Allgemeine Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Menschen mit den Gesundheitsdiensten, die sie erhalten, unzufrieden ist (Marham 6.8.2022; vgl. TIP 9.12.2022). Derzeit ist nach der Einschätzung von IOM der Zugang in ländlichen Gebieten besser, während die Bevölkerung in Städten vor größeren Herausforderungen, sowohl finanziell als auch logistisch, steht (IOM 22.3.2023).
Die Flutkatastrophe von 2022 hatte überwältigende Auswirkungen auf das Gesundheitssystem in den betroffenen Gebieten. Einrichtungen wurden zerstört oder waren nicht mehr zugänglich und die Flutwasser verursachten Ausbrüche von Infektionskrankheiten. Die Nothilfeteams haben effizient eingegriffen, doch ist weiterhin Unterstützung notwendig. Darüber hinaus sind auch in den nicht von der Flut betroffenen Regionen die Gesundheitseinrichtungen durch die intern Vertriebenen überlastet (IOM 22.3.2023).
Nach der Verfassung fällt das Gesundheitswesen in erster Linie in die Zuständigkeit der Provinzregierung. Der Staat stellt die Gesundheitsversorgung über ein dreistufiges Gesundheitssystem und eine Reihe von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zur Verfügung. Medizinische Grundversorgung wird durch Basic Health Units (BHUs) und Rural Health Centers (RHCs) geleistet. Notfall-, ambulante und stationäre Versorgung wird auf der sekundären Versorgungsebene durch Tehsil Headquarter Hospitals (THQs) und District Headquarter Hospitals (DHQs) angeboten. Darauf folgt die tertiäre Versorgungsebene, die auch Lehrkrankenhäuser umfasst (WHO o.D.).
Mit Stand 2020 gibt die WHO eine Ratio von 0,6 Grundversorgungseinrichtungen und 5,8 Spitalsbetten sowie 10,8 Ärzten und 4,9 Krankenpfleger bzw. Krankenpflegerinnen und Hebammen pro 10.000 Einwohner an (WHO 2022). Außerdem waren mit Stand 2019 über 100.000 Lady Health Workers tätig (WHO 2020). Diese versorgen vornehmlich den ländlichen Raum (DFAT 25.1.2022). Angesichts der wachsenden Bevölkerung versucht der private Sektor, die Lücke zwischen der steigenden Nachfrage und den begrenzten öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zu schließen. Die Zahl der privaten Krankenhäuser, Kliniken und Diagnoselabors hat erheblich zugenommen. Sogenannte stand-alone clinics - meist von Einzelnen betrieben - sind die wichtigsten Anbieter ambulanter Gesundheitsversorgung (WHO o.D.). Durch die Flut 2022 wurden mehr als 2.000 Gesundheitseinrichtungen zerstört, das sind laut WHO mehr als 13 Prozent der Gesamtzahl des Landes (WHO 2023).
In Übereinstimmung mit den WHO-Empfehlungen zur allgemeinen Gesundheitsversorgung startete die Provinzregierung von Khyber Pakhtunkhwa (KP) 2015 das Sehat Sahulat Programm (SSP) (IJERPH 7.6.2022), das in ausgewiesenen Krankenhäusern zu tragen kommt (IOM 22.3.2023). Im Grunde ist das SSP eine Krankenversicherung, in der die Prämienbeiträge vollständig vom Staat übernommen werden. Es deckt die Sekundär- und Tertiärversorgung bei Unfällen und Notfällen, Diabetes, Nierenkrankheiten (einschließlich Dialyse und Transplantation), Hepatitis B und C, Krebserkrankungen sowie Herz- und Gefäßkrankheiten ab (Lancet 18.10.2022; vgl. SSP 2023b). Außerdem deckt es verschiedene Schwangerschaftsuntersuchungen, Geburtshilfe und Nachsorge ab (IOM 22.3.2023; vgl. SSP 2023b). Der Höchstbetrag ist auf 1 Million PKR (ca. 3.520 Euro) pro Jahr und Familie begrenzt (Lancet 18.10.2022; vgl. IOM 22.3.2023). Dieser gilt allerdings nur unter besonderen Umständen. Für die meisten Familien deckt das SSP bis zu 460.000 PKR (ca. 1.620 Euro) pro Jahr ab (Lancet 18.10.2022). Darüber hinaus bietet es unter bestimmten Bedingungen finanzielle Unterstützung für Lohnausfall während der Behandlung sowie für Transportkosten, Mutterschaftsgeld und Beerdigungskosten im Todesfall während des Krankenhausaufenthalts (Lancet 18.10.2022). Das SSP bietet auch eine individuelle Finanzhilfe für Personen mit schweren Krankheiten/Behinderungen, Witwen und Invalide mit unterhaltsberechtigten Kindern, Waisen, Studenten mit nachgewiesenen und beständigen akademischen Leistungen und mittellose Personen (IOM 30.3.2021). Es handelt sich um ein bargeldloses Programm, bei dem die Begünstigten nur diese Karte benötigen, um Leistungen in Anspruch nehmen zu können (Dawn 18.1.2022).
Das SSP wurde in KP in drei Phasen ausgerollt (IJERPH 7.6.2022; vgl. IOM 30.3.2021). Zunächst war eine Sehat Insaf Card nur für jene erhältlich, die unter der Armutsgrenze lebten, d.h. mit einem Einkommen von weniger als 2 US-Dollar (1,68 Euro) pro Tag (IOM 30.3.2021; vgl. IJERPH 7.6.2022). Seit 2021 sind jedoch alle Bürger KPs für das SSP vollumfänglich anspruchsberechtigt (SSP 2023c).
Es sind Bemühungen im Gange, die Anwendungsmöglichkeit der Karte auch auf die Bewohner anderer Provinzen auszuweiten (Lancet 18.10.2022; vgl. TNI 12.11.2021). So berichtet IOM im März 2023, dass die Sehat Insaf Card für permanente Einwohner im Islamabad Capital Territory (ICT), in den Provinzen Punjab, Khyber Pakhtunkhwa (KP) sowie in AJK und Gilgit Baltistan (GB), im Sindh jedoch nur im District Tharparker, erhältlich ist (IOM 22.3.2023). Auch staatlich registrierten Menschen mit Behinderungen und Transgender-Personen wurde landesweit der allgemeine Zugang zum SSP angeboten (IJERPH 7.6.2022).
In der Provinz Sindh wurde erst kürzlich mit der Einführung des SSP begonnen, welches zunächst mehr als einer halben Million Familien zugutekam. Die vollständige Einführung in der Provinz steht jedoch noch aus. Auch die Provinz Belutschistan hinkt hinterher. Dort wurde das Programm in sechs Distrikten ausgerollt, in denen zunächst über hunderttausend Familien registriert worden sind (IJERPH 7.6.2022). Mit Stand 6.3.2023 sind laut Angaben der Programmadministration ca. 41 Millionen Familien für das SSP registriert, die auf eine Gesamtzahl von ca. 4,9 Millionen Krankenhausbesuche kommen (SSP 2023a).
Für permanente Einwohner aller noch nicht erfassten Standorte in Pakistan bietet allerdings die Computerized National Identity Card (CNIC) ebenso die Berechtigung für alle medizinischen Dienstleistungen, die unter das Unterstützungsprogramm der Sehat Insaf Card fallen (IOM 22.3.2023).
Die nicht-staatliche Entwicklungshilfeorganisation Aga Khan Development Network (AKDN) betreibt landesweit über 450 Kliniken, fünf weiterführende Krankenhäuser in Karatschi, Hyderabad und Gilgit sowie das Aga Khan University Hospital in Karatschi. Darüber hinaus arbeitet die Aga Khan Foundation (AKF) mit lokalen Regierungen zusammen, um eine Reihe von gesundheitsbezogenen Initiativen zu unterstützen, die den Zugang zur medizinischen Grundversorgung verbessern sollen (AKDN o.D.). Einige staatliche bzw. halbstaatliche Organisationen wie die Streitkräfte, halbstaatliche Unternehmen, die Eisenbahn, und die Employees Social Security Institution, bieten ihren Mitarbeitern und deren Angehörigen Gesundheitsdienste über ihre jeweils eigenen Systeme an, die jedoch insgesamt nur etwa 10 Prozent der Bevölkerung abdecken (WHO o.D.).
Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt, diese sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 8.8.2022).
Psychische Gesundheit gilt in Pakistan als Tabu (Sehat Kajani 25.10.2022). Kulturell bedingt werden psychische Probleme im Allgemeinen als Werk übernatürlicher Kräfte oder als göttliche Strafe gesehen, was zu Stigmatisierung und zu Hürden beim Zugang zur Versorgung führt. Religiöse oder spirituelle Heiler sind meist der erste Ansprechpartner auf der Suche nach Hilfe (PMHC 2022; vgl. Borgen 2022, Sehat Kajani 25.10.2022). Der Zugang zu psychiatrischen Fachkräften ist minimal (Borgen 2022).
Der WHO Mental Health Atlas 2020 gibt für Pakistan die Zahl der psychiatrischen Krankenhäuser mit elf, der psychiatrischen Abteilungen in allgemeinen Krankenhäusern mit 800, der stationären Einrichtungen speziell für Kinder mit drei und der Einrichtungen, die stationär auf Gemeindeebene arbeiten, mit 578 an. Außerdem erfasst die WHO 3.729 ambulante Einrichtungen, die an Krankenhäuser angeschlossen sind und 624, die auf Gemeindeebene arbeiten. Des Weiteren beziffert sie die Zahl der Psychiater mit 300, der Psychologen mit 100, des psychologischen Gesundheitspersonals mit 200 und der Sozialarbeiter mit psychologischer Ausbildung mit 600 (WHO 15.4.2022).
Laut einer Lancet Studie gibt es 96 Drogenrehablitationseinrichtungen, die sich in mehreren Teilen des Landes befinden. Diese sind meist stationär. 30.000 Patienten pro Jahr werden behandelt. Nur ein kleiner Teil des tatsächlichen Bedarfs wird allerdings damit abgedeckt; die Wartelisten sind lang. Es gibt dabei auch kostenfreie Programme (Lancet 24.2.2023). Die Pakistan Mental Health Coalition berichtet, dass in drei Zentren eine kostenfreie Drogenrehabilitation angeboten wird (PMHC 2022).
Die meisten Dienstleistungen der psychischen Gesundheit müssen selbst bezahlt werden (PMHC 2022). Psychische Gesundheitsdienstleistungen werden als Luxus angesehen. Die Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie und der Flut von 2022 haben die Lage der psychischen Gesundheit weiter verschlechtert (Sehat Kajani 25.10.2022). Die COVID-19-Pandemie hat allerdings auch zu einem breiten Angebot an kostenfreien Telefon-Hotlines geführt, die durch verschiedene Geberorganisationen finanziert werden und darauf abzielen, mehr Menschen Zugang zu psychischer Versorgung zu bieten. Eine durchgängige Planung fehlt allerdings. Davon abgesehen wird jegliche Behandlung und Rehabilitation über Spitäler im tertiären Sektor abgewickelt, auf primärer Versorgungsebene müssen diese erst integriert werden (PMHC 2022).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 8.2.2023
AKDN - Aga Khan Development Network (o.D.): Pakistan – Health, https://the.akdn/en/where-we-work/south-asia/pakistan/health-pakistan, Zugriff 13.2.2023
Borgen - The Borgen Project (9.9.2022): Mental Health in Pakistan, https://borgenproject.org/mental-health-in-pakistan/, Zugriff 11.4.2023
Dawn (18.1.2022): Govt hopes Sehat Sahulat Programme will address health issues, https://www.dawn.com/news/1670009/govt-hopes-sehat-sahulat-programme-will-address-health-issues, Zugriff 13.2.2023
DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (25.1.2022): DFAT Country Information Report Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067350/country-information-report-pakistan.pdf, Zugriff 8.2.2023
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IJERPH - International Journal of Environmental Research and Public Health / Hasan, Ul Mustafa, Kow, Merchant (7.6.2022): "Sehat Sahulat Program": A Leap into the Universal Health Coverage in Pakistan, In International Journal of Environmental Research and Public Health 19, Heft 12, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9223125/, Zugriff 13.2.2023
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Rückkehr
Letzte Änderung 2023-04-12 16:06
Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischen Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten nationalen Ersatzdokument möglich, nicht aber mit europäischen Passersatzdokumenten (AA 8.8.2022). Für pakistanische Staatsangehörige gibt es keine Einreisebeschränkungen, wenn sie freiwillig zurückkehren wollen (IOM 30.3.2021). Freiwillige Rückkehrer mit gültigen Reisedokumenten werden von den Grenzbehörden normalerweise wie alle anderen Pakistani, die aus dem Ausland einreisen, behandelt. Zwangsweise Rückgeführte erregen mehr Aufmerksamkeit und wenn vermutet wird, dass die Ausreise illegal war, werden sie von den Grenzbehörden befragt. Personen, die Pakistan mit gültigen Reisedokumenten verlassen und keine anderen Straftaten begangen haben, werden normalerweise nach einigen Stunden aus der Befragung entlassen (DFAT 25.1.2022).
Zurückgeführte haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags weder mit staatlichen Repressalien noch mit gesellschaftlicher Stigmatisierung zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Die pakistanischen Behörden erfragen lediglich, ob die Rückkehrer Pakistan auf legalem Weg verlassen haben. Im Falle einer illegalen Ausreise ist grundsätzlich eine Geld- oder Haftstrafe, bis zu sechs Monate, möglich (AA 8.8.2022). Unter gewissen Voraussetzungen verstoßen Pakistani nämlich mit ihrer Ausreise gegen die Emigration Ordinance (1979) oder gegen den Passport Act, 1974. Laut Auskunft der International Organization for Migration IOM werden Rückkehrende aber selbst bei Verstößen gegen die genannten Rechtsvorschriften im Regelfall nicht strafrechtlich verfolgt. Es sind vereinzelte Fälle an den Flughäfen Islamabad, Karatschi und Lahore bekannt, bei denen von den Betroffenen bei der Wiedereinreise Schmiergelder in geringer Höhe verlangt wurden. Rückkehrende, die nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen, um Schmiergelder zu zahlen, wurden in einigen Fällen inhaftiert (ÖB 12.2020). Nach einem anderen Bericht werden Personen, die bei der Ausreise gegen diese gesetzlichen Bestimmungen verstoßen haben und in Haft genommen wurden normalerweise nach einigen Tagen bei Bezahlung einer Strafe entlassen. Personen, die aufgrund eines Verbrechens in Pakistan gesucht werden oder im Ausland eine schwere Straftat begangen haben, werden verhaftet oder müssen sich regelmäßig bei der Polizei melden. In den meisten Fällen geschieht die Ausreise aus Pakistan mit gültigen Reisepapieren (DFAT 25.1.2022). Dem deutschen Auswärtigen Amt ist kein Fall bekannt, in dem aus Deutschland abgeschobene pakistanische Staatsangehörige inhaftiert wurden. Aus Ländern wie der Türkei und aus den Staaten der Europäischen Union finden regelmäßig Abschiebungen nach Pakistan statt (AA 8.8.2022).
Personen, die nach Pakistan zurückkehren, erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen. EU-Projekte, wie z.B. das European Return and Reintegration Network (ERRIN), sollen hier Unterstützung leisten (AA 8.8.2022). Dieses wird von einer NGO in Pakistan durchgeführt und bietet freiwillig und zwangsweise rückgeführten Personen Wiedereingliederungshilfe an, abhängig von ihrer Berechtigung, die von dem jeweiligen europäischen Land festgelegt wird. Einige Organisationen helfen bei der Gründung von Kleinunternehmen, indem sie finanzielle Unterstützung für Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, in Form von Krediten oder Mikrokrediten unterstützen, z.B. die KASHF-Stiftung oder die Jinnah Welfare Society (IOM 30.3.2021).
Das IOM Landesbüro für Österreich implementiert aktuell kein Programm zur unterstützten freiwilligen Rückkehr nach und Reintegration in Pakistan. Menschen, die aus Österreich freiwillige nach Pakistan zurückkehren möchten, können sich für das Reintegrationsprogramm von Frontex (Joint Reintegration Services/JRS) anmelden. Im Falle der Bewilligung stehen folgende Reintegrationsmaßnahmen zur Verfügung: Post-Arrival Paket zur Abdeckung des unmittelbaren Bedarfs nach der Rückkehr (z.B. für Flughafenunterstützung, Weiterreise, Unterkunft für die ersten 3 Tage sowie medizinische Unterstützung nach der Ankunft). Reintegrationspaket im Wert von 2.000 Euro für den Hauptantragsteller sowie im Wert von 1.000 Euro für jedes weitere Familienmitglied (IOM 24.1.2023).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2077279/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2022%29%2C_08.08.2022.pdf, Zugriff 18.3.2023
DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (25.1.2022): Country Information Report - Pakistan - January 2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067350/country-information-report-pakistan.pdf, Zugriff 7.1.2023
IOM - International Organization for Migration (24.1.2023): Re: Anfrage zu Pakistan, E-Mail
IOM - International Organization for Migration (30.3.2021): Information on the socio-economic situation in Pakistan, per E-Mail
ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad [Österreich] (12.2020): Asylländerbericht Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2050270/PAKI_%C3%96B-Bericht_2020_12.pdf, Zugriff 10.3.2023
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Privat- und Familienleben:
Dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststeht, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer im Verfahren keine Identitätsdokumente vorlegte. Seine im Verfahren vorgelegten Bildungsunterlagen können aus Sicht des erkennenden Gerichtes die fehlenden offiziellen Identitätsdokumente nicht ersetzen. Seinen Bildungsweg und seine bisherigen Tätigkeiten in Pakistan brachte der Beschwerdeführer im Verlauf des Verfahrens gleichlautend vor (AS 71; OZ 16, S 9), ebenso sein Religionsbekenntnis und seine Herkunft (OZ 16, S 9). Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer Dokumente aus Pakistan vor, die sich mit seinen Angaben decken, wonach er einen Master-Abschluss in Botanik hält (OZ 14). Die Feststellungen zu seiner Einreise hat bereits die belangte Behörde getroffen und ergeben sich aus den im Verwaltungsakt liegenden CVIS Auszügen (AS 27ff). Darüber hinaus bestätigte der Beschwerdeführer selbst seine Einreisedaten nach Österreich über Italien und die erfolglose Visaantragstellung im Jahr 2016 (OZ 16, S 7).
Von den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers konnte sich das erkennende Gericht selbst einen Eindruck verschaffen (OZ 16, S 6; OZ 38, S 5) und legte der Beschwerdeführer ein A2-Zertifikat vor (OZ 14). Die Hochzeit an sich und die Umstände, die zur Hochzeit führten, legte der Beschwerdeführer und seine Ehefrau gleichlautend dar (OZ 16, S 7ff bzw. Beilage zu OZ 16, S 2). Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers insgesamt sieben Monate bei ihm in Pakistan lebte, wurde ebenso von beiden bestätigt (OZ 16, S 7ff bzw. Beilage zu OZ 16, S 2). Dass der Beschwerdeführer sich um seine Kinder kümmert und beispielsweise die älteste Tochter in den Kindergarten bzw. inzwischen die Schule bringt und abholt, ist glaubhaft (OZ 16, S 6; OZ 17; OZ 38, S 5). Nicht glaubhaft ist hingegen, dass der Beschwerdeführer seine älteste Tochter bei den Hausaufgaben unterstützt, wie dies die Kindesmutter im Rahmen der Begutachtung am 10.05.2024 behauptete (OZ 46, S 26). Dies ist zum einen schon aufgrund der momentanen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers höchst fragwürdig. Zum anderen wurde eine solche Unterstützung in schulischen Belangen dann weder vom Beschwerdeführer noch von seiner Ehegattin erwähnt, als sie in der mündlichen Verhandlung zu ihrem Familienleben befragt wurden (OZ 38, S 5f oder Beilage zu OZ 38, S 2). Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die älteste Tochter nach der Schule die Nachmittagsbetreuung besucht, in der erfahrungsgemäß auch eine Lern- und Hausaufgabenbetreuung stattfindet.
Es wurden im Verfahren sowohl mehrere Empfehlungsschreiben (OZ 14) als auch eine Unterschriftenliste (Beilage zu OZ 38) vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer offenbar losen Kontakt zu Landsleuten unterhält und dass er sich zumindest in seinem absolvierten Deutschkurs aktiv eingebracht hatte, wobei er aktuell keinen solchen Sprachkurs mehr besucht. Kontakt zur österreichischen Mehrheitsbevölkerung war hingegen kaum feststellbar. Berichtete er vor dem erkennenden Gericht am 23.02.2023 noch, dass er zwei Studenten kennengelernt habe und dass er versuche, sich mit ihnen zu treffen und Deutsch zu sprechen, war davon in der mündlichen Verhandlung am 17.04.2024 und am 04.07.2024 nicht mehr die Rede. Auch sonst war den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren nicht zu entnehmen, dass er im Bundesgebiet enge oder tiefergehenden Freundschaften pflegt. Seine Ehefrau gab zwar an, dass es sich bei den Unterzeichnern auf der vorgelegten Unterschriftenliste um gute Freunde der Familie handle und dass ihr Mann viele Leute kenne. Als sie dann aber zu ihrem Privat- und Familienleben befragt wurde, kamen allfällige Kontakte bzw. Unternehmungen mit Freunden oder Bekannten nicht zur Sprache (Beilage zu OZ 38, S 2).
Dass der Beschwerdeführer – wie in einem der Unterstützungsschreiben vorgebracht – in einem Cricket Club spielt, erwähnte er in der mündlichen Verhandlung nicht mehr, weswegen das erkennende Gericht davon ausgeht, dass – sofern der Beschwerdeführer überhaupt Cricket spielt – dies keinen wesentlichen Teil seines Lebens einnehmen kann.
Dass die Kinder des Beschwerdeführers aktuell ihre Sozialisation hauptsächlich im engsten Familienkreis erfahren, ergibt sich einerseits aus ihrem noch jungen Alter, andererseits auch aus dem Umstand, dass beide Elternteile aktuell nicht erwerbstätig sind und demnach einen großen Teil ihrer Zeit gemeinsam mit ihren Kindern verbringen. Es kann zwar durchaus davon ausgegangen werden, dass zumindest die älteste Tochter altersentsprechende Kontakte zu Mitschülern hat, von bereits bestehenden tiefgreifenden Nahebeziehungen außerhalb der Kernfamilie war jedoch nicht auszugehen. So wurden sowohl vom Beschwerdeführer als auch von seiner Ehefrau ausschließlich gemeinsame Unternehmungen im Familienverband erwähnt, als sie zu den Aktivitäten ihrer Kinder befragt wurden. Bestehende Freundschaften oder Aktivitäten mit anderen Kindern wurden hingegen nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung am 17.04.2024 an, dass er seine Tochter jeden Tag zur Schule bringe und mit seinen Kindern in den Park gehe (OZ 38, S 5). Auch die Mutter gab diesbezüglich an (Beilage zu OZ 38, S 2): “ […] Mein Mann bringt sie in der Schule. Mein Mann ist immer sehr viel mit den Kindern beschäftigt, er spielt immer mit ihnen, bringt sie in den Park. Manchmal gehen wir alle zusammen spazieren.“ Hinweise auf bestehende Freundschaften der Kinder waren auch dem Gutachten vom 26.05.2024 nicht zu entnehmen. So gaben die Kindeseltern bei der Begutachtung durch den Sachverständigen hinsichtlich der ältesten Tochter lediglich an, dass diese gern Rad fahre, Fern sehe sowie Fußball und mit Puppen spiele (OZ 46, S 33).
Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, er und seine Familie würden von seiner Schwägerin und seinem Schwager unterstützt (OZ 16, S 7), so wird dem nicht beigetreten, zumal die Ehefrau des Beschwerdeführers davon nichts berichtete, sondern als Lebensfinanzierung Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe und Mindestsicherung angab (Beilage 1 zu OZ 16, S 2). Im Rahmen der Begutachtung gab der Beschwerdeführer dann auch an, dass er finanziell von seiner Gattin abhängig sei, während diese bestätigte, dass sie ausschließlich staatliche Leistungen erhalte (OZ 46, S 22ff).
Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus dem seitens des erkennenden Gerichts eingeholten Auszug aus der amtlichen Datenbank, ebenso wie die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht vorbestraft ist. Die Feststellungen zu der bisherigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den vom erkennenden Gericht eingeholten aktuell Auszug aus dem AJ-Web.
Die Feststellung zu seiner Operation ergibt sich aus dem vorgelegten ärztlichen Entlassungsbrief vom 08.06.2024 (Beilage zu OZ 59). Der Beschwerdeführer bestätigte zuletzt bei der mündlichen Verhandlung am 04.07.2024, dass es ihn gesundheitlich ansonsten gut gehe (vgl. OZ 59, S 5).
Die Feststellungen zum Asylverfahren der Ehefrau des Beschwerdeführers gründen sich auf den angeforderten Verwaltungsakt des Bundesasylamtes (nunmehr: BFA). Im Zuge der mündlichen Verhandlung legte sie auch ihren Konventionspass vor.
Dass die Eheleute miteinander Urdu und der Beschwerdeführer mit den Kindern Paschto redet, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers (OZ 16, S 8). Dass die Deutschkenntnisse der Kinder erst gering ausgeprägt sind, ergibt sich aus dem von MMag. XXXX angefertigten Gutachten vom 26.05.2024. So wurde bezüglich des Sohnes festgehalten, dass dieser „sprachlich soweit beurteilbar zT etwas defizitär“ sei, während die Tochter „sprachlich (deutsch) deutlich defizitär“ sei (OZ 46, S 20f).
Dem Gutachten war außerdem zu entnehmen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers “aktuell eindeutig als emotionale Hauptbezugsperson für die Kinder bewertet werden“ könne. Außerdem könne sie ihre Kinder “auch alleine ausreichend emotional versorgen, pflegen, erziehen und fördern, insbesondere durch die Nähe zur eigenen stützenden Familie“ (OZ 46, S 39). Auch sei “eine mehrmonatige Trennung des Kindesvaters (KV) von den Kindern (Mj) [...] den Ergebnissen nach aus kinderpsychologischer Sicht aktuell zwar mit einer mittleren Belastung der Kinder verbunden, aber nicht mit krankheitswertigen oder traumatischen Folgen.“ So sei der Beschwerdeführer auch in der frühen Kindheit seiner ältesten Tochter länger abwesend gewesen, dennoch habe sich diese in der Obhut der Mutter unauffällig entwickelt. So führte der Sachverständige, nach einer eingehenden Untersuchung der Kinder des Beschwerdeführers konkret aus, dass der Beschwerdeführer (im Gutachten: Kindsvater – KV) emotional betrachtet nicht die Hauptbezugsperson der Kinder ist und sich nicht ausreichend problembewusst und elterlich verantwortlich zeigt. Dagegen ist die Ehefrau des Beschwerdeführers (im Gutachten: Kindsmutter – KM) im Rahmen der Bindungs- und Interaktionsbeobachtung eindeutig stabiler an die Kinder gebunden als der Beschwerdeführer. Sie ist offener, zugewandter und auch unauffälliger im Kontakt mit den Minderjährigen als der Beschwerdeführer. Ebenso konnte nicht bestätigt werden, dass die älteste Tochter des Beschwerdeführers während der früheren Abwesenheit des Beschwerdeführers deshalb gravierende Auffälligkeiten und Traumafolgestörungen gezeigt hat. Die sprachlichen Defizite der ältesten Tochter können dabei auch vom Beschwerdeführer nicht besser versorgt werden, als durch die Kindsmutter. Vielmehr sind die Kinder im Umfeld der Mutter wesentlich stabiler, offener, konzentrierter, glücklicher und besser gefördert als im Umfeld des Beschwerdeführers. Vielmehr bestehen auch keine besonderen Bedürfnisse, Diagnosen, Auffälligkeiten und Defizite, die nur durch den Beschwerdeführer versorgt werden können. Die Kinder sind objektiv adäquat entwickelt und präsentieren sich beim Beschwerdeführer zum Teil auffällig und weniger zugewandt, bei der Kindsmutter hingegen stabil, unauffällig und pädagogisch strukturiert. Defizite oder sonstige Bedürfnisse, die vor allem durch den Beschwerdeführer kompensiert werden könnten, wurden nicht beobachtet. Die Hauptbindung ist eindeutig zugunsten der Mutter ausgeprägt (vgl. OZ 46, S 36). Der Sachverständige hielt in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2024 auch eindeutig fest, dass die Schlüsse des Gutachtens auf alle Kinder gleichermaßen zutreffen (OZ 59, S 6).
Weiters wurde angeführt, dass “aus der bisherigen Tätigkeit des SV im klinischen und ambulanten Setting […] infolge temporärer Abwesenheiten von Elternteilen bisher auch keine wirklich traumatischen oder diagnostisch relevanten Belastungen für Kinder evident“ seien, sofern “ausreichend Resilienz vorliegt und va wenn Eltern ausreichend verantwortlich, erziehungsfähig und den Bedürfnissen der Kinder entsprechend damit umgehen, reagieren und handeln“. Demnach liege es in der Verantwortung der Eltern, mit dieser Situation derart umzugehen, dass die Belastungen für ihre Kinder gering bleiben (OZ 46, S 38).
Der Sachverständige kam zum Schluss, dass “eine mehrmonatige Trennung der Mj beim KV, sofern die Mj bei der KM (Anmerkung des Gerichts: Kindesmutter) verbleiben, durch die vorhandenen Ressourcen bei der KM und auch unter möglichen Treffen außerhalb Österreichs, ggfs durch therapeutische Unterstützung und mit Hilfe von häufiger Videotelefonie sowie einem verantwortungsbewussten, kompetenten sowie resilienten Umgang der KE in dieser Zeit ohne gravierenden Krankheitswert für die Kinder zu bewerkstelligen“ sei (OZ 46, S 39f). Der Sachverständige kam zum eindeutigen Ergebnis, dass mithilfe therapeutischer, sozialpädagogischer und auch erzieherischer Methoden, insbesondere aber durch die Möglichkeiten der neuen Medien ausreichend Alternativen zur Verfügung stehen, die mehrmonatige Abwesenheit eines Elternteils zu kompensieren. Die mehrmonatige Abwesenheit des Beschwerdeführers, um eine legale Einreise anzustreben, führt nicht automatisch zur PTBS oder sonstigen relevanten Diagnosen (OZ 59, S 6). Ebenso hielt der Sachverständige unmissverständlich fest, dass etwaige Trauerreaktionen zwar zu erwarten sind, aber durch den Beschwerdeführer und die Kindsmutter deutlich abgemildert werden können und existieren in Österreich ausreichend Unterstützungs- und Therapieangebote um einem solchen Fall entgegenzuwirken (OZ 59, S 9).
2.2. Zu den Fluchtgründen:
Die Feststellungen des erkennenden Gerichtes zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers beruhen auf folgenden Erwägungen:
Der Beschwerdeführer brachte weder im Zuge der Erstbefragung, noch im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde oder der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 23.02.2023 Verfolgungsgründe vor. Der Beschwerdeführer gab im Zuge der Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen befragt an, er wolle bei seiner Frau und seinem Kind in Österreich leben, da die Situation in Pakistan für seine Familie gefährlich sei (AS 14). Auch vor der belangten Behörde gab er an, dass er nur wegen seiner Frau und seinem Kind in Österreich sei und dass es sonst keine Gründe gäbe. Dies hielt er auch auf nochmalige Nachfrage im Zuge der Einvernahme durch die belangte Behörde aufrecht (AS 72: "F: Sie werden dann noch einmal gefragt, weshalb Sie Ihre Heimat verlassen haben. Wurden Sie in Ihrer Heimat verfolgt, oder ist Ihnen persönlich jemals irgend etwas passiert? – A: Ich habe von Anfang an gesagt, dass es nur um die Frau und mein Kind geht.; Was hätten Sie nun persönlich bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland Pakistan konkret zu befürchten? – A: Ich möchte nicht weg von meiner Frau und meinem Kind. Wir möchten hier zusammen als Familie leben. Ich möchte nur nicht getrennt sein, das ist alles."). Das erkennende Gericht hält dies nur für im höchsten Maße glaubhaft, zumal der Beschwerdeführer überhaupt keine Gründe hätte, hier nicht die Wahrheit anzugeben. Die in der Beschwerde geäußerten Vermutungen, dem Beschwerdeführer drohe im Falle der zwangsweisen Abschiebung Ungemach mit den pakistanischen Behörden, da diese davon ausgehen würden, dass der Beschwerdeführer den pakistanischen Staat in Misskredit gebracht hätte und müsste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass er am Flughafen verhaftet werde, werden als spekulativ zurückgewiesen und entbehren jeglichem Tatsachensubstrat. Davon abgesehen erwähnte der Beschwerdeführer dies vor dem erkennenden Gericht auch nicht mehr (OZ 16, S 9: "RI: Was würde geschehen, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren müssen? – P: Ich kann mir nicht vorstellen mich von meiner Familie zu trennen und nach Pakistan zurückzugehen. Meine älteste Tochter und ich haben ein sehr enges Verhältnis und ich kann mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.").
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.04.2024 brachte der Beschwerdeführer dann zusätzlich vor, dass er aufgrund der allgemein schlechten Lage der Paschtunen nicht nach Pakistan zurückkehren könne und dass er dort aufgrund einer Familienfeindschaft nicht in Sicherheit leben könne (OZ 38, S 7). Schon alleine aufgrund des Umstandes, dass er im gesamten Verfahren das Bestehen von Verfolgungsgründen stets ausdrücklich verneint hatte, war diesem neuen Vorbringen die Glaubhaftigkeit abzusprechen.
Nicht nur ließ er diesen angeblichen Familienstreit bzw. Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowohl im behördlichen Verfahren als auch in der mündlichen Verhandlung am 23.02.2023 noch gänzlich unerwähnt, sondern konnte in weiterer Folge auch nicht darlegen, inwiefern ihm dadurch eine asylrelevante Verfolgung drohen würde. So brachte er lediglich vor, dass eine Schwester in Pakistan nicht die weiterführende Schule besuchen dürfe und dass eine weitere Schwester zwangsverheiratet worden sei und in ihrer Ehe nun unglücklich sei. Gegen dieses neue Vorbringen spricht außerdem, dass sowohl sein Vater als auch seine Geschwister nach wie vor in Pakistan leben und der Beschwerdeführer noch in der Verhandlung bestätigte, dass es ihnen gut gehe (OZ 38, S 6). Dass Paschtunen in Pakistan einer Gruppenverfolgung ausgesetzt wären, war im Übrigen auch den Länderberichten nicht zu entnehmen.
In diesem Zusammenhang ist außerdem noch anzumerken, dass der Beschwerdeführer offenbar auch im Rahmen der Begutachtung durch den Sachverständigen von angeblichen Verfolgern in Pakistan berichtete (OZ 46, S 20): “ […] er beschreibt Feinde in Pakistan, vage, auch nur oberflächlich, zudem grinst der KV immer wieder, va inadäquat, wenn er über mögliche Feinde in Pakistan spricht, vom Affekt her auffällig, unpassend.“. Dass der Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren auf einmal Rückkehrbefürchtungen in den Raum stellte, obwohl er zuvor immer klargestellt hatte, dass er den gegenständlichen Asylantrag ausschließlich zum Zwecke der Familienzusammenführung gestellt habe, war seiner allgemeinen Glaubwürdigkeit abträglich.
Das erkennende Gericht kommt zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer keiner Verfolgung in Pakistan ausgesetzt ist und dies im Falle der Abschiebung auch nicht zu befürchten hätte. Daran anschließend ergibt sich aus den oben angeführten beweiswürdigenden Überlegungen aber auch, dass der Beschwerdeführer von Anfang an plante, den gegenständlichen Asylantrag (und die damit rechtswidrige Einreise, zu dieser Qualifikation unten) ausschließlich vor dem Hintergrund der zuvor gescheiterten Familienzusammenführung zu stellen.
2.3. Zu den Länderberichten:
Die getroffenen Länderfeststellungen beruhen auf dem Länderbericht der Staatendokumentation, Version 7, welcher dem Beschwerdeführer mit Ladung zur mündlichen Verhandlung zum Parteiengehör mit dem Hinweis der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme bis spätestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung, übermittelt wurde. Fallgegenständlich erweisen sich die herangezogenen länderspezifischen Quellen – auch im Hinblick auf die aktuelle Sicherheitslage - als ausreichend, um eine abschließende Beurteilung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, insbesondere im Rückkehrfall, im Lichte der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat qualifiziert vornehmen zu können. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.
Die vom erkennenden Gericht herangezogenen Länderberichte setzen sich auch ausführlich mit der allgemeinen Menschenrechtslage sowie der Religionsfreiheit in Pakistan auseinander und konnte die Beschwerde diesbezüglich keine Umstände darlegen, welche die Länderberichte in einem anderen Licht erscheinen lassen würden. In der mündlichen Verhandlung verzichtete der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers auf eine Stellungnahme zu den Länderberichten (vgl. OZ 16, S 10; OZ 38, S 7).
Fallgegenständlich erweisen sich die herangezogenen länderspezifischen Quellen – auch im Hinblick auf die aktuelle Sicherheitslage - als ausreichend, um eine abschließende Beurteilung der individuellen Situation des Beschwerdeführers, insbesondere im Rückkehrfall, im Lichte der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat qualifiziert vornehmen zu können.
Was die allgemeine Sicherheitssituation in Pakistan anbelangt, so ist Dank geeigneter Überwachungsmaßnahmen der Sicherheitskräfte und der polizeilichen Anti-Terrorabteilungen, sowie der groß angelegten Militäroperationen und anderer Anti-Extremismusmaßnahmen aktuell ein kontinuierlicher Rückgang an Terroranschlägen zu verzeichnen, weshalb sich die Sicherheitslage zunehmend stabilisiert. Wenn auch im Jahr 2021 einen starker Anstieg an Anschlagszahlen zu verzeichnen war, so richten sich die Anschläge in erster Linie gegen Sicherheitskräfte und gerade nicht gegen Zivilpersonen. Auf Grundlage der obigen Ausführungen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage des Beschwerdeführers in Pakistan gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich dort aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist. Dem ist der Beschwerdeführer in keiner Weise entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
§ 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet:
"Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.
(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.
(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.
(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt."
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatensicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a leg. cit.) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 leg. cit.) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des Beschwerdeführers inhaltlich zu prüfen ist.
Eine Verfolgung durch staatliche Behörden brachte der Beschwerdeführer nicht vor. Wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt, konnte der Beschwerdeführer keine Verfolgung in Pakistan glaubhaft machen.
Mit Erkenntnis vom 21.09.2023, E 1171/2023-13, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.03.2023, L525 2223443-1/18E, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei und hob das Erkenntnis auf. Der Bund wurde zudem schuldig gesprochen, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.640,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Zusammengefasst führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung nicht geprüft, ob die Bestimmung des § 34 Abs. 2 AsylG 2005, welche die Fortsetzung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK mit einer Bezugsperson in Österreich gewährleiste, auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sei. Indem die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 AsylG 2005 trotz im Bundesgebiet lebender Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ungeprüft blieb, habe das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage grob verkannt und den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt. Schon deshalb sei das Erkenntnis aufzuheben.
Familienangehöriger iSd § 34 Abs 2 AsylG 2005 ist unter anderem der Elternteil eines minderjährigen Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten sowie der Ehegatte oder eingetragene Partner eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten, sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat (§ 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005).
Das BVwG verkennt nicht, dass sowohl die Ehefrau des Beschwerdeführers als auch seine drei leiblichen Kinder (geboren in den Jahren 2017, 2020 und 2022) im Bundesgebiet leben. Es ist jedoch auch festzuhalten, dass schon seiner Ehefrau, Frau XXXX, mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.02.2005, AZ. 03 21.000-BAL, der Status des Asylberechtigten nicht „originär“ zuerkannt wurde, sondern sie diesen im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß § 10 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 100/2005 (nunmehr § 34 AsylG 2005), von ihrer Mutter ableitete. Auch den Kindern des Beschwerdeführers wurde der Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt.
Es trifft zu, dass gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 (idF BGBl. I Nr. 87/2012) die Bestimmungen über das Familienverfahren auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, nicht anzuwenden sind, es sei denn, es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind. Nach den Materialien (der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009) zu § 34 Abs. 6 AsylG 2005 (RV 330 BlgNR 24. GP, 24) soll damit "verhindert werden, dass es zu sogenannten ‚Ketten-Familienverfahren' und damit über verschiedenste Familienverhältnisse vermittelte Gewährungen von Asyl oder subsidiären Schutz kommt, ohne dass oftmals noch irgendein relevanter familiärer Bezug zum ursprünglichen Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten besteht". (VwGH 14.09.2022, Ra 2022/20/0195).
Zudem ist die in § 2 Abs. 1 Z 22 lit. b AsylG 2005 enthaltene Wendung "sofern die Ehe oder eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat" so zu verstehen, dass die Ehe bereits zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sein muss, als sich noch keiner der Ehepartner in Österreich aufgehalten hat. Das gilt sinngemäß auch für den Fall einer eingetragenen Partnerschaft (VwGH 28.03.2023, Ra 2022/20/0391). Die Ehe zwischen dem Beschwerdeführer und Frau XXXX wurde erst im Jahr 2016, somit knapp elf Jahre nach ihrer Asylgewährung in Österreich, geschlossen. Sie hielt sich bis dahin im österreichischen Bundesgebiet auf und reiste nur zur Eheschließung nach Pakistan. Der Beschwerdeführer reiste dann im Jahr 2019 rechtswidrig in Österreich ein.
Fallgegenständlich fanden die Bestimmungen über das Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG somit keine Anwendung und konnte der Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten weder von seiner Ehefrau, noch von seinen Kindern ableiten. Die Familienzusammenführung hat in Fällen, in denen den nachziehenden Familienangehörigen ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 nach Einreise in das Bundesgebiet nicht offensteht, über das NAG 2005 zu erfolgen (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609).
Eine Schutzgewährung durch die Republik Österreich kommt daher nicht in Betracht.
3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat:
§ 8 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet:
"Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
(5) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.
(6) Kann der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG nicht unzulässig ist.
(7) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten erlischt, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (vgl. das Erk. des VwGH vom 10.12.2014, Ra 2014/20/0013, mwN). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder Art. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Pakistan eine mit Todesstrafe bedrohte strafbehördliche Verfolgung droht und wurde dies auch nicht behauptet.
Dass sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden; ebenso kann daher nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. So unternimmt die pakistanische Regierung große Anstrengungen, die Sicherheitslage zu verbessern, was auch gelingt, wie die stetig zurückgehenden Anschlagszahlen und Terrorismusopfer zeigen. Dass Pakistan in einem Zustand wäre, in dem keine funktionierende Ordnungsmacht mehr gegeben sei, ist darüber hinaus schon mit dem Hinweis widerlegt, als dass Pakistan über eine der schlagkräftigsten Armeen weltweit verfügt und auch viele Anschläge verhindert werden konnten.
Soweit in der Beschwerde auf die Sicherheitslage in Pakistan verwiesen wird, so wird dabei übersehen, dass sich die Anschlags- und Opferzahlen seit Jahren massiv zurückentwickeln und die pakistanischen Sicherheitskräfte eine Vielzahl an militärischen Operationen durchführen, um die Aufständischen bzw. Terroristen zu bekämpfen, insbesondere auch in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers. Eine Schutzunwilligkeit bzw. Schutzunfähigkeit des Staates ist nicht feststellbar. Der pakistanische Staat unternimmt weiterhin große Anstrengungen, die Sicherheitslage zu stabilisieren und ist ein "Gewährenlassen" der Terroristen nicht zu erkennen.
In der Gesamtheit ergibt sich für das erkennende Gericht keine derart labile Lage, die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Bestehen in der Praxis teilweise erhebliche Unzulänglichkeiten bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte, kann eine generelle Praxis von Menschenrechtsverstößen nicht hergeleitet werden. Die pakistanische Regierung erkennt diese Unzulänglichkeiten und erhöhte z.B. die Zahl der praktizierenden Richter. Ebenso kann aus den vorgelegten Länderberichten, die einerseits die Korruptionsanfälligkeit der Justiz und der Polizei aber auch Menschenrechtsverletzungen durch Polizeiangehörige thematisieren, nicht geschlossen werden, dass in Pakistan eine systematische, staatlich geduldete Verletzung von Menschenrechten vorherrscht. Somit kommt das erkennende Gericht zum Ergebnis, dass auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, nicht festgestellt werden kann, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg. 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist. Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.
Weitere, in der Person des Beschwerdeführers begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers noch immer im Herkunftsstaat leben und nicht erkennbar ist, warum der Beschwerdeführer nicht dorthin zurückkehren könnte.
Zur individuellen Versorgungssituation des Beschwerdeführers wird weiters festgehalten, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt, sich in seinem Heimatland sprachlich verständigen kann und die Gebräuche und Sitten kennt. Der Beschwerdeführer ging in Pakistan bereits einer Erwerbstätigkeit nach und war in der Lage seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen mobilen, gesunden und arbeitsfähigen jungen Mann. Einerseits stammt der Beschwerdeführer aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf seine individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Wie bereits angeführt leben die Familienangehörigen des Beschwerdeführers nach wie vor in Pakistan und bestreiten dort ihren Lebensunterhalt; der Beschwerdeführer verfügt damit über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat. Es spricht nichts dagegen, dass der Beschwerdeführer wieder bei seiner Familie in Pakistan leben könnte. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Familienangehörigen auch regelmäßig in Kontakt. Das erkennende Gericht geht demnach davon aus, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich mit eigener Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts und zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse zu erwirtschaften, ohne dass es der Unterstützung durch ein familiäres Netzwerk bedürfte, wie er es ja auch vor seiner Ausreise schaffte. Das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer, der über ein abgeschlossenes Studium verfügt, in der Lage ist in Pakistan ein Leben führen zu können, ohne dass er in eine ausweglose Situation gerät.
Der Beschwerdeführer kann für die erste Zeit nach seiner Rückkehr nach Pakistan auch Unterstützung bei verschiedenen pakistanischen Wohlfahrtseinrichtungen, wie z.B. bei Tameer-e-Pakistan ansuchen, um eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bzw. in die Gesellschaft zu erleichtern. Aufgrund dieser Überlegungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Heimatstaat seine dringendsten Bedürfnisse befrieden kann und nicht in eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät. Zu seinem Gesundheitszustand hält das erkennende Gericht fest, dass der Beschwerdeführer weder behauptete, noch amtswegig erkennbar ist, dass der Beschwerdeführer an einer gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet.
In einer Gesamtbetrachtung ergeben sich vor dem allgemeinen Hintergrund und der individuellen Situation des Beschwerdeführers keine Hinweise auf eine unzumutbare, schon mit der Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Pakistan einhergehende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes im Sinne der zitierten Bestimmungen der EMRK. Derartiges wurde auch nicht vorgebracht. Wie bereits erwähnt ist der Beschwerdeführer gesund, arbeitsfähig und verfügt im Herkunftsstaat über ein soziales Netz im Form seiner Familienangehörigen. Das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer in Pakistan auch unter den vorliegenden Umständen seine notwendigen Lebensbedürfnisse decken kann.
Dem Beschwerdeführer droht keine Gefahr im Sinne des § 8 AsylG, weshalb die Gewährung von subsidiärem Schutz ausscheidet.
3.3. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:
Das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet auszugsweise:
"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
...
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
...
"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
...
Das BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung lautet:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Das Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der geltenden Fassung lautet auszugsweise:
"Abschiebung
§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt. Der Fremde hat an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken.
(2a) Die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Abs. 2 kann auch mit Bescheid auferlegt werden, § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt sinngemäß. Der Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde, verbunden werden (§ 19 AVG).
(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.
(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.
(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.
(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.
Verbot der Abschiebung
§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige
Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
....
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."
Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention lautet:
"Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Zum gegenständlichen Verfahren:
Vorweg ist festzuhalten, dass sich im gegenständlichen Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben haben, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG angezeigt hätten, bzw. wurde weder im Verfahren vor dem BFA noch im Beschwerdeverfahren dahingehend etwas vorgebracht.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über seine Kernfamilie, seine Ehefrau sowie seine drei Kinder, und lebt die Familie auch zusammen. Die gegenständliche Rückkehrentscheidung stellt daher einen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers dar.
Im Sinne des § 9 Abs. 2 BFA-VG ergibt sich anhand des dort aufgestellten Kriterienkatalogs folgendes Bild über den Beschwerdeführer:
Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2019 rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.06.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zur Einschätzung, dass bereits die Einreise rechtswidrig war, kommt das erkennende Gericht aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Asylantrag in Umgehungsabsicht stellte um nicht unter das Regime des NAG zu fallen um seine Migration nach Österreich bzw. die Familienzusammenführung auf legalem Weg zu erleichtern. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer völlig offen dazu stand, dass seine einzige Intention den gegenständlichen Asylantrag zu stellen, ausschließlich darauf fußte seine Migration nach Österreich zu ermöglichen. Die Vorgehensweise war auch geplant, so wurde der Visumsantrag des Beschwerdeführers durch die ÖB Islamabad bereits einmal mit dem Hinweis abgelehnt, dass der Visumszweck "Tourismus" als nicht glaubhaft eingeschätzt wurde (AS 29). Dies umging der Beschwerdeführer einfach, indem er mit einem italienischen Touristenvisum nach Österreich einreiste, um den gegenständlichen Asylantrag zu stellen und damit seinen Aufenthalt quasi so zu ermöglichen. Der Hinweis des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, er sei mit einem Schengenvisum nach Österreich eingereist, wird damit entkräftet, dass sein Schengenvisum ausschließlich zu touristischen Zwecken erteilt wurde, nicht jedoch, dass er in weiterer Folge in Österreich einen nicht einmal ansatzweise substantiierten Asylantrag stellte und der Beschwerdeführer eine touristische Bereisung von Italien ohnehin weder behauptete noch dies glaubhaft ist. Das erkennende Gericht hält fest, dass die gegenständliche Vorgehensweise ausschließlich mit dem Hintergedanken gewählt wurde um die (strengeren) Regelungen der legalen Migration zu umgehen und der Beschwerdeführer selbst zugab den gegenständlichen Asylantrag ausschließlich gestellt zu haben um die Familienzusammenführung zu erreichen.
Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Privatlebens):
Wie bereits festgestellt, verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich und gestaltet sich das Familienleben als normal. Das erkennende Gericht hält zudem fest, dass – wie im Schriftsatz vom 22.02.2023 vorgebracht – der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Haushalt mithilft und Windeln wechselt, als nicht besonders erwähnenswert erscheint, zumal dies eben ein Familienleben ausmacht. Selbiges gilt auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung, wonach er seine Tochter in die Schule bringe und mit seinen Kindern in den Park gehe.
Der Beschwerdeführer verfügt über wenige soziale Kontakte in Österreich. Es wurden zwar Empfehlungsschreiben und eine Unterschriftenliste vorgelegt, freundschaftliche Kontakte oder Beziehungen zu Österreichern konnten jedoch nicht festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer Cricket in einem Verein spielt und dort "einen aktiven Platz in unserem Team einnimmt" (vgl. OZ 14, Schreiben vom 29.01.2023) konnte nicht festgestellt werden, zumal der Beschwerdeführer dies mit keinem einzigen Wort vor dem erkennenden Gericht erwähnte. Unterstützungsschreiben seitens der Familie der Ehefrau des Beschwerdeführers wurden keine vorgelegt, auch hier kann keine besondere Beziehung festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache, die es ihm erlauben, sich auf Deutsch über Alltagsthemen zu unterhalten. Ein Deutschzertifikat absolvierte der Beschwerdeführer auf dem Niveau A2. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 23.02.2023 behauptete er, eine B1-Prüfung gemacht zu haben und sich bereits für einen B2 Kurs angemeldet zu haben, welcher Anfang März beginnen werde. Nachweise dafür legte er jedoch keine vor. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.04.2024 stellte sich dann heraus, dass er zur B1-Prüfung überhaupt nicht angetreten ist (OZ 38, S 6):
“RI: Warum ist es schwierig einen Deutschkurs mit der weißen Karte zu finden? Was hat die
Karte damit zu tun?
P: Bessere Deutschkurse gibt es für die Leute, die bereits Aufenthaltspapiere haben. Ich habe
mich an der Caritas gemeldet, um einen B1 Deutschkurs zu besuchen. Dort wurde mir erklärt,
dass Kurse für Asylwerber ohne Aufenthalt kostenpflichtig sind.
RI: Warum zahlen Sie dann nicht einen Kurs?
P: Ich habe einmal für einen Kurs bezahlt und diesen auch besucht, dann hatte ich kein Geld für die Prüfung. Als ich dann das Geld hatte und die Prüfung machen wollte, wurde mir gesagt,
dass zu viel Zeit vergangen ist und ich den Kurs noch einmal machen muss. Ich hatte dann kein
Geld für den Kurs.“
Der Beschwerdeführer geht aktuell keiner erlaubten Beschäftigung nach, verfügt aber immerhin über einen Arbeitsvorvertrag und eine Beschäftigungsbewilligung als Putzkraft für 20 Wochenstunden. In Österreich war er bisher immer nur kurzzeitig erwerbstätig, so ging er vom 23.07.2021 bis zum 08.12.2021, vom 08.07.2022 bis zum 10.07.2022 und zuletzt vom 01.01.2023 bis zum 31.03.2023 einer geringfügigen Beschäftigung nach. Von einer nachhaltigen Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt kann demnach noch nicht gesprochen werden. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, finanziert seinen Lebensunterhalt allerdings ausschließlich über die Sozialleistungen, die seine Ehefrau erhält.
Die Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens:
Der Beschwerdeführer begründete sein Privatleben in Österreich zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung seines Asylantrages vorübergehend legalisiert war. Die Schutzwürdigkeit des ohne Zweifel bestehenden Familienlebens wird nun dadurch massiv geschmälert, dass bereits die Ehe in einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als der Beschwerdeführer weder in Österreich aufhältig war, noch Aussicht auf eine legale Migrationsmöglichkeit nach Österreich bestanden, bedenkt man, dass der Visumsantrag aus dem Jahr 2016 ja bereits abgelehnt wurde. Anstelle der Möglichkeit einer legalen Migration nach Österreich und der damit verbundenen Überwindung von gewissen Hürden, entschied sich der Beschwerdeführer allerdings den Weg der illegalen Migration nach Österreich zu wählen und täuschte zunächst die italienischen Behörden über seine Aufenthaltszwecke und stellte in weiterer Folge den gegenständlichen Asylantrag um mit seinem Aufenthalt Tatsachen hinsichtlich seines Aufenthaltsrechts zu schaffen. Auch hier hält das erkennende Gericht fest, dass der Beschwerdeführer zuerst keine Verfolgungsgründe vorbrachte, sondern das gegenständliche Verfahren den ausschließlichen Grund verfolgte die Regelungen des NAG zu umgehen. Erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.04.2024 erwähnte er unsubstantiiert angebliche Probleme im Herkunftsstaat, wobei das erkennende Gericht seinem diesbezüglichen Vorbringen keinen Glauben schenkt. Aus Sicht des erkennenden Gerichts konnte der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Vorgeschichte nicht davon ausgehen, dass er in Österreich nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens in Österreich bleiben könnte. Seine privaten, außerfamiliären Kontakte erweisen sich nicht als derart intensiv, als dass die Rückkehrentscheidung unverhältnismäßig erscheint.
Bindungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer verfügt über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan. Er spricht Punjabi und Urdu und hat in Pakistan ein Studium abgeschlossen und ging auch einer Arbeit als Lehrer nach. Es deutet nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich wäre, sich bei seiner Rückkehr in die dortige Gesellschaft zu integrieren und wieder bei seiner Familie zu leben.
Hinsichtlich der Ehefrau und der Kinder hält das erkennende Gericht wie folgt fest:
Die Ehefrau stammt aus einem ähnlichen Kulturkreis wie der Beschwerdeführer und lebte bereits sieben Monate in Pakistan mit dem Beschwerdeführer. Sie unterhält sich mit dem Beschwerdeführer in der pakistanischen Amtssprache Urdu, weswegen davon auszugehen ist, dass eine sprachliche Verständigung in Pakistan gesichert ist. Ebenso spricht der Beschwerdeführer mit seinen Kindern Paschto, jene Sprache die in der Heimatregion vorherrscht. Soweit die Ehefrau angab, dass sie in Österreich aufgewachsen ist und ihre Familie hier lebt und es für sie unmöglich ist dort (gemeint: in Pakistan) zu leben, werden damit keine susbtanziierten Gründe aufgezeigt, die gegen eine Fortsetzung des Familienlebens in Pakistan sprechen. Dies trifft auch auf die Kinder zu. In Pakistan besteht eine Schulpflicht, der Beschwerdeführer selbst verfügt über eine universitäre Ausbildung, was aus Sicht des erkennenden Gerichtes dafürspricht, dass die Kinder auch in die Schule gehen werden. Davon abgesehen besteht die Möglichkeit der Erlangung der pakistanischen Staatsbürgerschaft für die Kinder. Der Umstand, dass die älteste Tochter in Österreich bereits die Schule besucht und über Freunde in Österreich verfügt, spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Familienlebens in Pakistan. Aufgrund des Alters der Kinder geht das erkennende Gericht von einem anpassungsfähigem Alter aus, wobei das erkennende Gericht festhält, dass auch eine vorübergehende Trennung vom Vater zumutbar ist, um einen legalen Weg der Familienzusammenführung zu absolvieren. Dass mit der Fortsetzung des Familienlebens mit dem Beschwerdeführer in Pakistan für die Ehefrau und die Kinder eine Einschränkung des Kontaktes mit der Familie der Ehefrau bzw. mit Freunden einhergeht übersieht das erkennende Gericht nicht, dies macht die Fortsetzung des Familienlebens mit dem Beschwerdeführer in Pakistan nicht unzumutbar. Die Ehefrau verfügt außerdem über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, eine Unterstützung für die Zeit ohne den Beschwerdeführer ist daher sichergestellt. Darüber hinaus finanziert sich die Familie ja auch jetzt bereits Sozialleistungen, die ihren Unterhalt gewährleisten.
Strafrechtliche Unbescholtenheit:
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:
Der Beschwerdeführer täuschte zunächst die italienischen Behörden über seine Visumsabsicht, da er nie vorhatte nach Italien zu touristischen Zwecken zu reisen, sondern von vornherein feststand, dass er von Italien aus weiter nach Österreich reisen wollte um den gegenständlichen Asylantrag zu stellen. Den Antrag stellte er im Wissen, dass die Antragstellung einzig und alleine dem Grund dient, seinen Aufenthalt vorübergehend zu legalisieren und um die Regelungen der legalen Migration zu umgehen.
Mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer:
Das Verfahren wurde dem erkennenden Gericht im August 2019 zugeteilt, die Verfahrensdauer ist als lange zu qualifizieren. Das Verfahren vor der belangten Behörde stellte sich als effizient und schnell durchgeführt dar.
Im Zuge der Interessensabwägung kommt das erkennende Gericht somit zu folgendem Ergebnis:
Der Beschwerdeführer bestand in Österreich einen Sprachkurs, wobei eine Unterhaltung über Alltagsthemen möglich ist. Sonstige Ausbildungen absolvierte der Beschwerdeführer nicht. Festzuhalten ist, dass das Erlernen der deutschen Sprache nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung keine maßgebliche Integration bedeutet. So verfügt selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehende Integrationsmerkmale und kommt diesen nur untergeordnete Bedeutung zu (vgl. VwGH 06.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
Zur sozialen Integration des Beschwerdeführers außerhalb der Familie ist festzuhalten, dass dieser über keine besonders intensiven sozialen Kontakte in Österreich verfügt; engere freundschaftliche Kontakte konnten nicht festgestellt werden. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, waren engere freundschaftliche Bindungen oder intensivere Kontakte des Beschwerdeführers zu Österreichern nicht ersichtlich, sodass das erkennende Gericht zu dem Schluss kommt, dass der Beschwerdeführer keine verfestigten Kontakte zu Österreichern unterhält. Losgelöst von der Frage, ob der Beschwerdeführer wirklich Cricket in einem Verein spielt ist darin noch keine tiefergehende soziale Einbindung des Beschwerdeführers in die österreichische Mehrheitsgesellschaft zu erkennen.
Eine nachhaltige berufliche Integration des Beschwerdeführers ist ebenso nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer legte keine Nachweise vor, dass er einer Beschäftigung nachgeht und war dies auch aus dem eingeholten AJ-Auszug nicht ersichtlich. Er war in der Vergangenheit immer nur für relativ kurze Zeiträume geringfügigen beschäftigt. Es ist für das erkennende Gericht angesichts der langen Verfahrensdauer nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die Dauer des Verfahrens für eine umfassende und tiefgreifende Integration im Bundesgebiet genutzt hätte, bedenkt man, dass der Beschwerdeführer immerhin schon seit 2019 fast durchgehend im Bundesgebiet aufhältig ist. Dass der Beschwerdeführer seinen mehrjährigen Aufenthalt zu einer fortgeschrittenen Integration nutzte, ist nicht ersichtlich.
Für das erkennende Gericht steht auf der anderen Seite fest, dass der Beschwerdeführer über ein intensives Familienleben in Österreich verfügt. Dies ergibt sich schon aus den drei Kindern und seiner aufrechten Ehe. Obgleich der Beschwerdeführer keinen geldwerten Unterhalt beisteuert, bringt er sich in der Kindererziehung ein. Das erkennende Gericht hält dazu fest, dass damit keine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Beziehung in einer funktionierenden Familie dargestellt wurde. Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers auf die Mitarbeit des Beschwerdeführers angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich.
Es ist dabei aber abermals festzuhalten, dass weder der Beschwerdeführer noch dessen Familie von einem gesicherten Aufenthalt ausgehen konnten. Die Eheschließung mit seiner Gattin und die Geburt seiner ältesten Tochter erfolgte zu einem Zeitpunkt, als für ihn noch keine Aussicht auf eine legale Migrationsmöglichkeit nach Österreich bestand. Die Zeugung bzw. Geburt der zwei jüngeren Kinder erfolgte wiederum zu einem Zeitpunkt, als er zwar bereits in Österreich aufhältig war, ihm sein unsicherer Aufenthaltsstatus aber jedenfalls bewusst sein musste. Bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG darf maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass der Beschwerdeführer sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. dazu etwa VwGH 28.2.2020, Ra 2019/14/0545, mwN). Diese Überlegungen gelten insbesondere, wenn dem Fremden zum Zeitpunkt des Eingehens die Unsicherheit eines gemeinsamen Familienlebens in evidenter Weise klar sein musste (vgl. VwGH 14.10.2019, Ra 2019/18/0396, mwN). Das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit des Aufenthalts wirkt auch auf deren Kinder durch, jedoch geringere Bedeutung im Rahmen der Gesamtabwägung (VwGH 28.2.2020, Ra 2019/14/0545).
Der VwGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK die Auswirkungen der Entscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auf das Familienleben und auf das Kindeswohl zu erörtern sind (vgl. jüngst VwGH 15.3.2022, Ra 2021/21/0286; VwGH 22.02.2022 Ra 2021/21/0322). Bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung ist auch auf die wechselseitigen Beziehungen eines Elternteils und seines Kindes und auf die im Entscheidungszeitpunkt absehbaren zukünftigen Entwicklungen Bedacht zu nehmen (vgl. zuletzt VwGH vom 11.11.2021, Ra 2021/21/0174).
Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar; das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. VwGH 9.3.2022, Ra 2022/14/0044, mwN).
Wie bereits ausgeführt, gestaltet sich das Familienleben des Beschwerdeführers als normal und liegt gegenständlich keine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Beziehung in einer funktionierenden Familie vor. Dem psychologischen Gutachten vom 26.05.2024 ist zu entnehmen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers die emotionale Hauptbezugsperson für die Kinder sei und dass sie diese auch alleine ausreichend emotional versorgen, pflegen, erziehen und fördern könnte. Der Beschwerdeführer ist auch in der frühen Kindheit seiner ältesten Tochter länger abwesend gewesen, dennoch habe sich diese laut Sachverständigen in der Obhut der Mutter unauffällig entwickelt. Darüber hinaus verfügt die Ehefrau des Beschwerdeführers – im Gegensatz zu ihm selbst – in Österreich über familiäre Anknüpfungspunkte in Form ihrer Mutter und ihrer Geschwister. Ihre Familienangehörigen könnten somit gegebenenfalls bei der Kinderbetreuung helfen, zumal sie nur ca. 10 Minuten entfernt leben und auch im Moment Unterstützung leisten (vgl. OZ 46, S 25). Dass diese aktuell stabile familiäre Situation, in der sich die Kinder des Beschwerdeführers momentan befinden, durch die zukünftige Trennung vom Kindesvater maßgeblich beeinträchtigt wird, war dem Gutachten nicht zu entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Absehbare Entwicklungen nach der aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie etwa allfällige Trauerreaktionen der Kindesmutter bzw. ihre geplante Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, würden an diesen bisherigen Einschätzungen laut Sachverständigen nichts ändern (OZ 59, S 8):
“RV: Kann eine etwaige Trauer der Kindesmutter im Falle der Trennung Einfluss auf das Kindeswohl haben?
SV: Ausreichend Erziehungsfähige Eltern können die eigenen Emotionen so weit kontrollieren, dass die Kinder nicht belastet werden. Dies wäre die Aufgabe der Kindesmutter, sollte sie diesbezüglich nicht ausreichend kompetent sein, so wäre auch eine therapeutische Unterstützung andenkbar bzw. als gelinderes Mittel möglich.
RV: Ändert sich an Ihrer Einschätzung etwas, wenn die Mutter ab September 25 Stunden arbeitet?
SV: Daran ändert sich nichts, einerseits werden die Kinder bei halbtags Beschäftigungen durch das System betreut, andererseits verfügt die Kindesmutter über ausreichend Familienanschluss, der den Kindern sehr vertraut ist.“
Auch sei die Trennung selbst nicht zwingend mit einer psychischen Beeinträchtigung des Wohles der Kinder verbunden, sondern hänge vielmehr vom Verhalten des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin ab (OZ 59, S 6f):
“RV: Die beiden jüngeren Kinder konnten nicht befragt werden. Kann daraus dann der Schluss
gezogen werden, dass die längere Abwesenheit des Vaters das psychische Wohl nicht
beeinträchtigen würde?
SV: Ich verweise auf meine ausführlichen Empfehlungen, diese beschreiben eindeutig, dass die Kindesmutter über ein ausreichendes unterstützendes Umfeld verfügt, dass sie zudem sprachlich und kognitiv kompetenter als der Kindesvater ist, die Kinder verfügen demnach über ausreichende Resilienzfaktoren und Unterstützungen durch die Kindesmutter und deren Familie. Mithilfe therapeutischer, sozialpädagogischer und auch erzieherischer Methoden, insbesondere aber durch die Möglichkeiten der neuen Medien ergeben sich zudem ausreichend alternativen, die mehrmonatige Abwesenheit eines Elternteiles führt nicht automatisch zu PTBS oder sonstigen relevanten Diagnosen. Aus meiner klinischen Tätigkeit, aus meiner psychotherapeutischen und auch aus meiner gutachterlichen Tätigkeit sind mir zudem sehr viele Fälle bekannt, wo Kinder auch jahrelang von Eltern bzw. Elternteilen getrennt waren und keine Diagnosen entwickeln. Es hängt insbesondere von den Kompetenzen der Kindeseltern selbst ab und wie sehr die Kindeseltern die Kinder instrumentalisieren und belasten und beeinflussen. Auch die beiden jüngeren Kinder wurden in der bindungs- und Interaktionsbeobachtung untersucht, aber auch einzeln begutachtet. Zudem erfolgte der Einsatz objektive Testverfahren, dabei haben die Kindeseltern die Kinder selbst in den relevanten Bereichen als nicht gefährdet, gänzlich unauffällig und ohne Risikofaktoren für die Ausbildung von psychischen Diagnosen beschrieben. Die Kindeseltern haben demnach selbst bestätigt, dass keinerlei Risikofaktoren bei den Kindern besteht, und dies hinter dem Wissen, dass sie die Kinder täglich beobachten und sie demnach intensiv und aus erster Hand die allgemeinen und persönlichen Bedürfnisse der Kinder am besten erkennen.
RV: Sie schreiben, dass eine jahrelange Trennung zu einem Elternteil nicht zwingend zu einer Einschränkung führen muss. Gilt dies auch in Fällen, wo der der Kontakt bis zur Trennung aufrecht war?
SV: Kontakte und Unterbrechungen sind immer individuell einzuschätzen und zu beurteilen. Ich verweise auf Zartler, 2004. Sollten die Kindeseltern ausreichend kooperieren und ausreichend kompetent sein, damit meine ich, dass die Eltern untereinander sich unterstützen, Hilfsangebote in Anspruch nehmen und auf die Bedürfnisse der Kinder Rücksicht nehmen, so bestätige ich auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse, dass eine mehrmonatige Trennung des Kindesvaters von der Familie keine gravierenden krankheitswertigen Folgen für die Kinder hat.“
Es liegt daher auch im Verantwortungsbereich der Eltern, dass sie ihre Kinder im Rahmen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme möglichst schonen und nicht zusätzlich belasten, noch dazu wenn man berücksichtigt, dass die Eltern die Kinder erst in diese Situation brachten. Schädliche Verhaltensweisen der Eltern – der Sachverständige nannte die beispielsweise die Emotionalisierung bzw. Instrumentalisierung der Kinder – können zu einer Beeinträchtigung des Kindeswohls beitragen, was in einem solchen Fall bei der Interessensabwägung jedoch klarerweise nicht zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt werden kann. Dass gerade die Eltern einen großen Einfluss darauf haben, wie sehr die Trennung ihre Kinder belastet, wurde vom Sachverständige im Rahmen der Gutachtenserörterung vor dem erkennenden Gericht mehrfach betont (OZ 59, S 8):
“RV: Wie sieht die Instrumentalisierung der Kinder aus und wie wird das Kindeswohl dadurch
gefährdet?
SV: Kinder orientieren sich sehr stark an der Stimmung der Kindeseltern. In diesem Fall zeigte sich bereits zu Beginn der Befragung, dass die Tochter ungefragt ,,Papa, Papa" geantwortet hat. Als Elternteil kann man mit einer Trennung adaptiv oder maladaptiv umgehen, um Kinder nicht ungebührend zu belasten. Wenn man möchte, kann man Kinder sehr gut ablenken und auch Trösten. Wenn man dies nicht gut kann oder den Zweck der Emotionalisierung verfolgt, belastet man durch das eigene Verhalten die Kinder ungebührend, was nicht dem Kindeswohl
entspricht.“
Auch ist festzuhalten, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht zwingenderweise mit einer dauerhaften Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie verbunden ist. Das erkennende Gericht hält an dieser Stelle abermals fest, dass dem Beschwerdeführer nach wie vor die Möglichkeit einer legalen Migration im Zuge einer Familienzusammenführung offensteht, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden. Soweit im Zeitraum des Verfahrens ein persönlicher Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau sowie seinen Kindern nur eingeschränkt möglich sein wird, so ist die mit der Rückkehrentscheidung bewirkte (vorübergehende) Trennung aus dem Blickwinkel des Kindeswohls unbedenklich. Laut dem Gutachten könne selbst eine längere Trennung des Beschwerdeführers von seinen Kindern – bei richtigem Verhalten der Eltern und gegebenenfalls durch weitere Unterstützung – ohne einen gravierenden Krankheitswert oder gar dauerhaften psychischen Folgen bewältigt werden. Ebenso können Trauerreaktionen, die grundsätzlich zu erwarten seien, durch ausreichende Erziehungskompetenz der Kindeseltern deutlich abmildern werden (vgl. OZ 59, S 9).
Die rechtliche Vertretung erhob im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.04.2024 den Einwand, dass der Beschwerdeführer für eine Antragsstellung einer Familienzusammenführung nach dem NAG das Bundesgebiet für einen längeren Zeitraum verlassen müsste und dass das Verfahren letztendlich daran scheitern könnte, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers nicht über die notwendigen ASVG Richtsetze verfüge (vgl. OZ 38, S 7f). Es ist jedenfalls kein taugliches Argument gegen die angeordnete Rückkehrentscheidung, dass sich der Beschwerdeführer, der durch Umgehung der Regelungen der legalen Migration illegal ins Land eingereist ist, nun darauf beruft, eben jene Voraussetzungen nicht erfüllen zu können. Durch eine Antragstellung nach dem NAG wäre er lediglich anderen Fremden gleichgestellt, welche ebenfalls gemäß dem Grundsatz der Auslandsantragsstellung ihren Antrag nach den fremdenpolizeilichen bzw. niederlassungsrechtlichen Bestimmungen vom Ausland ausstellen müssen und die Entscheidung der zuständigen österreichischen Behörde dort abzuwarten haben.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts würde die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung in einer Konstellation wie der hier vorliegenden außerdem einen Wertungswiderspruch und eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung jener Personen darstellen, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten. Letzter wären bei Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung schlechter gestellt als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch ihre unrechtmäßige Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung von Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen VwGH 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf diese Entscheidung Bezug nimmt und darlegt, dass eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde).
Soweit auf die mangelnden Einkünfte der Ehegattin des Beschwerdeführers verwiesen wurde, die nicht den Richtsätzen des ASVG entsprechen würden, so ist festzuhalten, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausschließlich in ihrem eigenen Einflussbereich liegt und nicht ersichtlich ist, warum ihr eine Beschäftigung nicht zumutbar sein sollte. So war sie bereits in der Vergangenheit in Österreich erwerbstätig (vgl. Beilage zu OZ 16, S 2) und könnte bei der Kinderbetreuung auf die Unterstützung ihrer Familienmitglieder bzw. auf schulische oder private Betreuungseinrichtungen zurückgreifen. Ohnehin deutete schon die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers an, dass die Ehegattin ab September wieder 25 Stunden arbeiten werde (vgl. OZ 59, S 8). Aus Sicht des erkennenden Gerichts ist es hier ebenso in erster Linie Aufgabe der Eltern, im Rahmen ihrer Möglichkeiten eben jene Voraussetzungen zu schaffen, die für ein Weiterbestehen des Familienlebens – sei es in Pakistan oder Österreich – notwendig sind und eben nicht der Republik Österreich.
Das erkennende Gericht geht außerdem davon aus, dass eine Fortsetzung des Familienlebens auch in Pakistan zumutbar wäre. So verbrachte der Beschwerdeführer den Großteil seines Lebens in Pakistan und ist mit den dortigen Gebräuchen und dem dortigen Leben vertraut. Die Ehefrau des Beschwerdeführers stammt aus einem ähnlichen Kulturkreis und verbrachte bereits sieben Monate im Heimatland des Beschwerdeführers mit ihm.
Die Kinder befinden sich allesamt im anpassungsfähigen Alter und sind gesund. Dass die Kinder besonders intensive Nahebeziehungen zu Bezugspersonen außerhalb der Kernfamilie hätten wurde im Verfahren nicht vorgebracht. Sie haben zwar keinen Bezug zu Pakistan, jedoch müssten sie aufgrund ihres Alters die Sprache und Kultur ohnehin erst erlernen. So sind auch die Deutschkenntnisse der beiden älteren Kinder noch gering ausgeprägt und spricht der Beschwerdeführer mit ihnen Paschto. Da die Sozialisierung der Kinder zum Entscheidungszeitpunkt noch kein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, könnte sie somit auch in Pakistan fortgesetzt werden. Die minderjährigen Beschwerdeführer wachsen im Familienverband auf und war abgesehen vom Schulbesuch der ältesten Tochter bzw. ihrem Besuch der Nachmittagsbetreuung keine sonstige Integration in Österreich zu erkennen und aufgrund ihres Alters auch nicht zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass sie aktuell ihre Sozialisation hauptsächlich im engsten Familienkreis erfahren.
Die Familie spricht Punjabi und Urdu, der Beschwerdeführer verfügt über Arbeitserfahrung, ist arbeitsfähig und verfügt über einen tertiären Bildungsabschluss. Die Aufnahme einer Beschäftigung im Heimatland ist aus diesem Gesichtspunkt gesichert. Der Beschwerdeführer verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Pakistan. Dass aus Sicht der Ehefrau und der ältesten Tochter die Aufgabe bzw. Einschränkung von freundschaftlichen oder familiärer Kontakte einhergeht übersieht das erkennende Gericht nicht, jedoch macht dieser Umstand eine Fortsetzung des Familienlebens im Ausland nicht unzumutbar. Allfällige Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in Pakistan und ein im Vergleich zu österreichischen Verhältnissen damit einhergehender Verlust an „Wohlstand“ sind im Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen. Konkrete Einwendungen gegen eine Fortsetzung des Familienlebens im Heimatland des Beschwerdeführers wurden nicht erstattet. Außerdem ergibt sich aus den Länderinformationen, dass Kinder, die nach 2000 im Ausland geboren wurden, ihre Staatsbürgerschaft über Abstammung geltend machen können, wenn der Vater Staatsbürger ist und die Kinder bei den zuständigen Behörden registriert sind.
Den Interessen des Beschwerdeführers an seinem Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Dabei ist vor allem auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, ist im Ergebnis dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0199, mwN (Trennung von einem österreichischen Ehepartner); 23.2.2017, Ra 2016/21/0235 (Trennung von der in Österreich asylberechtigten Ehefrau und asylberechtigten minderjährigen Kindern)). Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die Einreise des Beschwerdeführers im Jahr 2019 von Anfang an in einer beabsichtigten Umgehung der Regelungen einer geordneten Zuwanderung und den Familiennachzug bestand. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer durch seine Niederlassung und Gründung einer Familie im Bundesgebiet versuchte, in Bezug auf seinen Aufenthalt vollendete Tatsachen zu schaffen, widerspricht dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, dem ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. dazu etwa VwGH 23.01.2020, Ra2020/21/0002, Rn. 6, mwN; sowie VwGH 10.04.2020, Ra 2020/21/0011).
Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist und keine von ihm begangenen Verwaltungsübertretungen aktenkundig sind, begründet noch keine für ihn ausschlaggebende Integration. Dem hingegen steht zunächst der Umstand, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers finanziell als nicht gesichert anzusehen ist, zumal eine Erwerbstätigkeit nicht erkennbar ist und die Familie in erster Linie von Sozialleistungen lebt.
Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse der Republik Österreich an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Asylverfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Die bewusste geplante Umgehung und das Ignorieren von fremdenrechtlichen Bestimmungen um einen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen stellt eine massive Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen der Republik Österreich dar, die gegenständlich höher zu bewerten sind, als das Interesse des Beschwerdeführers auf Fortsetzung des Familienlebens in Österreich, berücksichtigt man zusätzlich, dass es der Familie zumutbar ist, das Familienleben in Pakistan fortzusetzen.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde in der Beschwerde auch nicht schlüssig geltend gemacht.
Es liegen daher alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vor.
Die festgelegte zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers ist angemessen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.