JudikaturBVwG

W114 2261463-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Oktober 2024

Spruch

W114 2261463-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt und erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde vom 22.01.2021 von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16486584010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2020 zu Recht:

A)

1. Das beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Geschäftszahl W114 2261463-1 geführte Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde vom 22.01.2021 von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16486584010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2020 wird nach Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19.09.2024 in der Rechtssache C-350/23, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit Entscheidung vom 01.06.2023, beim Gerichtshof eingegangen am 07.06.2023, in dem Verfahren „Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria gegen T F“ fortgesetzt.

2. Der Beschwerde vom 22.01.2021 von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16486584010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2020 wird insofern stattgegeben, als der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert wird, dass folgende Wortfolge im Spruch des angefochtenen Bescheides: „Zusätzlich ist ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten. Dieser Betrag wird mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet.“ ersatzlos behoben wird.

Das darüberhinausgehende Beschwerdebegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , BNr. XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, stellte am 28.04.2020 einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2020, beantragte u.a. die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Auch für die Alm mit der BNr. XXXX auf die der Beschwerdeführer im Antragsjahr 2020 vier Kühe und vier sonstige Rinder auftrieb, wurde vom Bewirtschafter dieser Alm im relevanten Antragsjahr 2020 ebenso am 18.05.2020 ein MFA gestellt.

3. Der Beschwerdeführer trieb am 06.06.2020 seine vier Kühe und vier sonstigen Rinder auf die XXXX auf.

4. Die Alm/Weidemeldung dieser Rinder des BF durch den Bewirtschafter der XXXX an die AMA erfolgte jedoch erst am 25.06.2020 und damit nach Ablauf der sich aus § 6 Abs. 1a der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 iVm. Art. 53 Z 4 der VO (EU) 639/2014 ergebenden fünfzehntägigen Meldefrist.

5. Mit Bescheid vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16486584010, gewährte die AMA dem BF für das Antragsjahr 2020 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX und verfügte darüber hinaus, dass zusätzlich ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten sei. Dieser Betrag werde – so in der angefochtenen Entscheidung - mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet.

Dem BF wurde damit die Basisprämie bzw. Greeningprämie im von ihm beantragten Umfang in voller Höhe gewährt. Ihm wurde jedoch für seine acht Rinder keine gekoppelte Stützung gewährt.

Dazu wurde in der Begründung dieser Entscheidung hingewiesen, dass bei den vier Kühen und bei den vier beantragten sonstigen Rindern die erforderlichen Voraussetzungen für eine Gewährung der gekoppelten Stützung für das Antragsjahr 2020 nicht erfüllt worden seien. Die Almauftriebsmeldung im Rahmen der Alm/Weidemeldung bei diesen Tieren auf die XXXX sei verspätet erfolgt.

Da Unregelmäßigkeiten bei mehr als 3 Tieren und bei mehr als 50 % der Tiere festgestellt worden seien, könne im Jahr 2020 sowohl für alle Kühe und auch für alle sonstigen Rinder keine gekoppelte Stützung gewährt werden. Darüber hinaus sei als Sanktion gemäß Art. 31 Abs. 2 UAbs. 3 VO (EU) 640/2014 zusätzlich ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten. Dieser Betrag werde mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegengerechnet.

Diese Entscheidung wurde dem BF am 12.01.2021 zugestellt.

6. In seiner dagegen erhobenen Beschwerde vom 22.01.2021 führte der BF aus, dass seine Tiere vom 06.06.2020 bis 05.09.2020 auf der XXXX gealpt hätten. Bei der Almmeldung seien seine Rinder leider falsch „abgemeldet“ worden, was aber korrigiert worden wäre. Der Tierbestand sei bereits am zweiten Almtag, leider mit der falschen Meldung gemeldet worden. Am 24.06.2020 sei alles jedoch korrigiert, und „auf die Almmeldung“ umgeschrieben worden. Es möge berücksichtigt werden, dass es sich nur um eine Falschmeldung (Abgang Inland), und nicht um vergessene Meldungen gehandelt habe.

7. Die AMA legte dem BVwG am 25.10.2022 die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.

Mit der Beschwerdevorlage übermittelte die AMA eine „Aufbereitung für das BVwG“, in welcher sie Folgendes ausführte:

„Inhaltliche Beurteilung der Beschwerde:

Im vorliegenden Fall wurde die gekoppelte Stützung nicht gewährt, da zwar am 09.06.2020 online für 8 Rinder des Beschwerdeführers für den 06.06.2020 ein Zugang auf die Almbetriebsnummer XXXX an die Rinderdatenbank gemeldet wurde, jedoch wurde keine fristgerechte Alm/Weidemeldung gemäß Artikel 2 der Entscheidung 2001/672/EG erstattet. Die Alm-/Weidemeldung wurde erst am 25.06.2020 nachgereicht. Im Gegensatz zu einer reinen Zugangsmeldung gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 RKZ-VO beinhaltet die Alm/Weidemeldung auch Angaben darüber, wann ein Rind voraussichtlich abgetrieben wird.

Die gekoppelte Stützung wird im Gegensatz zur Mutterkuhprämie nicht mehr im Rahmen einer automatischen Antragstellung abgewickelt, sondern es müssen mehrere Unterlagen eingereicht werden, damit von einem Antrag ausgegangen werden kann. Gemäß § 13 Abs. 2 Direktzahlungs-Verordnung 2015 wird die fakultativ gekoppelte Stützung vom Betriebsinhaber mit der Einreichung des Mehrfachantrags-Flächen und der Almauftriebsliste (!) sowie für Rinder zusätzlich in Verbindung mit den Angaben aus der elektronischen Datenbank für Rinder betreffend die Alm/Weidemeldung beantragt. Vor diesem Hintergrund konnte die gekoppelte Stützung für die 8 Rinder nicht gewährt werden, da keine fristgerechte Alm/Weidemeldung vorgelegen ist (vgl. auch BVwG W118 2227351-1/2 E vom 10.09.2021).

Bis einschließlich dem Antragsjahr 2019 war die österreichische Vorgehensweise so, dass für ein Rind, dessen Verbringung während der 60-tägigen Alpungsperiode außerhalb der in Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 vorgesehenen Frist mitgeteilt wurde, zwar keine Beihilfe gewährt wurde, das Rind jedoch nicht bei der Berechnung der Sanktion gemäß Artikel 30 und 31 VO (EU) 640/2014 berücksichtigt wurde, wenn der Umstand der verspäteten Meldung im Zuge einer Verwaltungskontrolle (nur Abgleich der Angaben an die Rinderdatenbank) festgestellt wurde.

Diese Vorgehensweise wurde zum einen mit Artikel 15 der VO (EU) Nr 640/2014 argumentiert. Zum anderen mit dem EuGH-Urteil in der Rechtsache C-45/05 (Maatschap Schonewille-Prins), aus dem hervorgeht, dass der Ausschluss von der Gewährung der Prämie für ein Rind, für das die Daten über eine Umsetzung in oder aus dem Betrieb nicht innerhalb der Artikel 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1760/2000 vorgesehenen Frist mitgeteilt worden sind, keine Sanktion darstellt, sondern die Folge der Nichteinhaltung der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Prämie ist. Nur wenn fehlende Meldungen im Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt wurden, erfolgte zudem eine Sanktion.

Im Juni 2019 wurde von der Europäischen Kommission ein Prüfbesuch in der Zahlstelle (AMA) durchgeführt, im Zuge dessen die Rechtmäßigkeit der Umsetzung der gekoppelten Zahlungen in Österreich kontrolliert werden sollte. Dabei wurde unter anderem die Vorgehensweise bei verspäteten Meldungen dahingehend beanstandet, dass aus Sicht der Kommission Sanktionen gemäß Artikel 30 und 31 VO (EU) Nr. 640/2014 auch bei Verwaltungskontrollen und nicht nur bei Vor-Ort-Kontrollen zu erfolgen hätten. In weiterer Folge wurden seitens der Kommission finanzielle Korrekturen in Aussicht gestellt. Die Kommission ist den oben skizzierten inhaltlichen Ausführungen Österreichs in diversen Stellungnahmen zu diesem Punkt nicht gefolgt und vertritt weiterhin die Auffassung, auch im Rahmen von Verwaltungskontrollen müsse eine Meldeverspätung neben dem Prämienverlust eine zusätzliche Kürzung gemäß Artikel 30 und 31 VO (EU) Nr. 640/2014 zur Folge haben.

Vor diesem Hintergrund wurde nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) die Vorgehensweise ab dem Antragsjahr 2020 an die Sichtweise der Kommission angepasst, weshalb Meldeverspätungen nunmehr zusätzlich zum Verlust der Prämie eine Sanktion gemäß Artikel 30 iVm 31 VO (EU) Nr.640/2014 zur Folge haben. Die Kühe wurden im Verhältnis von 0 beantragten Tiere, die alle Prämienvoraussetzungen erfüllen, zu den 4 Kühen, bei denen Unregelmäßigkeiten beanstandet wurden, sanktioniert. Die sonstigen Rinder wurden im Verhältnis von 0 beantragten Tiere, die alle Prämienvoraussetzungen erfüllen, zu den 4 sonstigen Rinder, bei denen Unregelmäßigkeiten beanstandet wurden, sanktioniert. Im vorliegenden Fall wurde gemäß Artikel 31 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 ein zusätzlicher Sanktionsbetrag einbehalten, da sich die Abweichungen auf größer 50 % belaufen.

Gegen das Erkenntnis des BVwG W104 2246544-1/2E, in dem das erkennende Gericht von der Anwendbarkeit des Artikel 15 der VO (EU) Nr. 640/2014 ausgeht und die Sanktionen als nicht gerechtfertigt erachtet, wurde von der erstinstanzlichen Behörde beim VwGH Revision erhoben. Eine höchstgerichtliche Entscheidung ist noch ausständig.

Sachverhalt:

Es wurde für 4 Kühe und 4 sonstige Rinder die gekoppelte Stützung beantragt.

Der Auftrieb auf die Alm XXXX erfolgte am 06.06.2020. Dabei erfolgte die Meldung des Auftriebs für alle Rinder am 25.06.2020 und somit außerhalb der 15-tägigen Meldefrist. Diese Tiere sind im Bescheid mit dem Ablehnungscode 31310 versehen.

Weitere Informationen zum Rind mit der Ohrmarke AT 530593669.

Der Auftrieb auf die Alm XXXX erfolgte am 06.06.2020. Dabei erfolgte die Meldung des Auftriebs für alle Rinder am 25.06.2020 und somit außerhalb der 15-tägigen Meldefrist. Diese Tiere sind im Bescheid mit dem Ablehnungscode 31310 versehen.

Die falschen Meldungen des Almobmannes wurden dabei dem Auftreiber zugerechnet (vgl. VwGH im Erkenntnis vom 17.06.2009, Zl. 2008/17/0224).“

8. In der Zwischenzeit wurde von der AMA am 20.09.2021 ein Beschwerdeverfahren anhängig gemacht, welches vom BVwG der Gerichtsabteilung W104 zur Verfahrenszahl 2246544-1 zugewiesen wurde. In diesem Beschwerdeverfahren stellt sich ebenfalls die Frage, ob im Falle einer verspäteten Almauftriebsmeldung im Bereich der gekoppelten Stützung nicht nur das entsprechende Tier nicht als förderfähig zu beurteilen sei, sondern darüber hinaus bei einer verspäteten Almauftriebsmeldung zusätzlich auch eine Sanktion gemäß Artikel 31 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 zu verfügen sei.

Das BVwG hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 16.11.2021, GZ W104 2246544-1/2E, verneint. Gegen dieses Erkenntnis hat die AMA das Rechtsmittel der Revision beim Verwaltungsgerichtshof ergriffen. Beim VwGH wurde diesem Revisionsverfahren die Zahl Ro 2022/07/0003 zugewiesen.

Der VwGH seinerseits setzte am 01.06.2023 das zu Ro 2022/07/0003 geführte Revisionsverfahren aus und legte dem EuGH zu EU 2023/0003-1 zwei Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Dieses Verfahren wurde beim EuGH am 07.06.2023 anhängig. Der EuGH wies dem Vorabentscheidungsersuchen die Verfahrenszahl C-350/23 zu und protokollierte dieses Verfahren als Rechtssache „Vorstand für den Geschäftsbereich der Agrarmarkt Austria gegen T F“.

Am 19.09.2024 verkündete der EuGH die vorgelegten Fragen beantwortend zusammenfassend folgendes Urteil:

1. Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 18 Buchst. a sowie Art. 30 Abs. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/723 der Kommission vom 16. Februar 2017 geänderten Fassung

sind dahin auszulegen, dass

eine Meldung des Auftriebs von Rindern auf Sommerweiden in Berggebieten, die die vom betreffenden Mitgliedstaat gemäß Art. 2 Abs. 2 und 4 der Entscheidung 2001/672/EG der Kommission vom 20. August 2001 mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten in der durch den Beschluss 2010/300/EU der Kommission vom 25. Mai 2010 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates in der durch die Verordnung (EU) Nr. 653/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 geänderten Fassung festgelegte Frist nicht einhält, nicht als fehlerhafte Eintragung in die elektronische Tierdatenbank angesehen werden kann, die im Sinne von Art. 30 Abs. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 640/2014 für die Überprüfung der Einhaltung der Beihilfefähigkeitsvoraussetzungen bei diesem Antrag nicht ausschlaggebend ist, so dass diese Tiere nicht als unter die Kategorie „ermitteltes Tier“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Nr. 18 Buchst. a dieser Delegierten Verordnung fallend angesehen werden können.

2. Art. 15 Abs. 1 und Art. 34 der Delegierten Verordnung Nr. 640/2014 in der durch die Delegierte Verordnung 2017/723 geänderten Fassung

sind dahin auszulegen, dass

die in Art. 31 dieser Delegierten Verordnung vorgesehenen Verwaltungssanktionen nicht angewendet werden dürfen, wenn die Meldung des Auftriebs der Rinder auf die Sommerweiden durch die Eingabe der fraglichen Daten in die elektronische Tierdatenbank verspätet erfolgte, die zuständige Behörde dem Begünstigten aber nicht bereits ihre Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, mitgeteilt hatte, und er von dieser Behörde nicht bereits über einen von ihr festgestellten Verstoß unterrichtet worden war.

8. Das BVwG setzte in Kenntnis des beim EuGH zur Rs C-350/23 anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens des VwGH mit Beschluss vom 05.06.2023, GZ W114 2261463-1/2Z, das verfahrensgegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des VwGH in seinem zu Ro 2022/07/0003 geführten Revisionsverfahrens aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der Beschwerdeführer war im verfahrensrelevanten Antragsjahr 2020 Bewirtschafter des Betriebes mit der BNr. XXXX .

1.2. Am 28.04.2020 stellte der BF einen MFA für das Antragsjahr 2020, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

1.3. Auch für die XXXX , auf die der Beschwerdeführer im Antragsjahr 2020 am 06.06.2020 vier Kühe und vier sonstige Rinder auftrieb, wurde am 18.05.2020 vom Bewirtschafter dieser Alm im relevanten Antragsjahr 2020 ein MFA gestellt.

1.4. Weder am Betrieb des Beschwerdeführers noch auf der XXXX wurde im Zeitraum vom 06.06.2020 bis zum 25.06.2020 von der AMA eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt. Es wurde auch bis zum 25.06.2020 von der AMA keine Vor-Ort-Kontrolle am Heimbetrieb des BF oder für die XXXX angekündigt, die wie angekündigt abgehalten wurden und bei der ein Verstoß hinsichtlich der Meldung der verfahrensgegenständlichen Tiere des BF beanstandet wurde.

1.5. Die Alm/Weidemeldung an die AMA für die vom BF am 06.06.2020 auf die XXXX aufgetriebenen vier Kühe und vier sonstigen Rinder durch den Beschwerdeführer als Bewirtschafter der XXXX erfolgte erst nach Ende der fünfzehntägigen Meldefrist am 25.06.2020.

1.6. Die verspätete Rinderdatenbankmeldung für den Auftrieb der vier Kühe und der vier sonstigen Rinder des BF auf die XXXX berücksichtigend wurden dem Beschwerdeführer im Bescheid der AMA vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16486584010, für das Antragsjahr 2020 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX jedoch keine gekoppelte Stützung für vier Kühe und die vier sonstigen Rinder des BF gewährt. Zusätzlich wurde eine Sanktion erlassen und verfügt, dass zusätzlich ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten sei. Dieser Betrag werde – so in der angefochtenen Entscheidung - mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang sowie die angeführten Feststellungen zur Antragstellung des MFA für das Antragsjahr 2020 durch den BF und zur Almauftriebsmeldungen von vier Kühen und vier sonstige Rinder auf die XXXX durch den Bewirtschafter dieser Alm ergeben sich aus den von der AMA im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurden von keiner Verfahrenspartei, insbesondere auch nicht vom Beschwerdeführer bestritten. Widersprüchlichkeiten liegen keine vor.

Der Beschwerdeführer selbst hat auch in der Beschwerde selbst bereits eingestanden, dass die Almauftriebsmeldung an die AMA seiner im Antragsjahr 2020 auf die XXXX aufgetriebenen Tiere verspätet erfolgt sei. Auffassungsunterschiede zwischen dem Beschwerdeführer und der AMA bestehen nur insoweit, als der BF die Meinung vertritt, dass der festgestellte Fehler des Bewirtschafters der XXXX durch diesen verbessert wurde und die erforderliche Meldung nicht unterblieben sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idFd BGBl. I Nr. 209/2022, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2021 (MOG 2021), BGBl. I Nr. 55/2007 idFd BGBl. I Nr. 77/2022, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Gemäß § 32 Abs. 17 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und die Grundsätze der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (Marktordnungsgesetz 2021 – MOG 2021), BGBl. I Nr. 55/2007 idFd BGBl. I Nr. 77/2022, sind auf Sachverhalte, die vor dem 01.01.2023 verwirklicht worden sind, die § 7, § 8, § 8a, § 8b, § 8c, § 8d, § 8e, § 8f, § 8g, § 8h, § 8i, § 12, § 21 und § 26a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2019 weiterhin anzuwenden.

Das MOG 2021 idFd BGBl. I Nr. 104/2019 sieht in § 8 („Direktzahlungen“) in Abs. 1 vor, dass bei der Abwicklung der Direktzahlungen im Sinne des Art. 1 lit. a der Verordnung (EU) 1307/2013 Grundsätze maßgeblich sind, wobei unter 6. genannt wird, dass für die Beweidung von Almen nach Maßgabe des § 8f leg.cit. eine gekoppelte Stützung gemäß Art. 52 der Verordnung (EU) 1307/2013 gewährt wird.

§ 8f MOG 2021 idFd BGBl. I Nr. 104/2019 („Fakultative gekoppelte Stützung“) wiederum sieht vor, dass die in § 8 Abs. 1 Z 6 vorgesehene gekoppelte Stützung für Rinder, Schafe und Ziegen je aufgetriebener raufutterverzehrender Großvieheinheit (RGVE) gewährt wird.

Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft mit Regeln zur Anwendung des GAP-Strategieplans (GAP-Strategieplan-Anwendungsverordnung – GSP-AV), BGBl. II Nr. 403/2022 idFd BGBl. II Nr. 81/2024, lautet auszugsweise:

„Außerkrafttreten

§ 243. (1) Mit Inkrafttreten dieser Verordnung treten außer Kraft:

1. die Horizontale GAP-Verordnung, BGBl. II Nr. 100/2015,

2. die Direktzahlungs-Verordnung 2015, BGBl. II Nr. 368/2014,

3. […]

(2) Die in Abs. 1 genannten Verordnungen sind jedoch weiterhin auf Sachverhalte anzuwenden, die

1. in den Antragsjahren bis einschließlich 2022 verwirklicht worden sind,

[…]“

Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015 idFd BGBl. II Nr. 165/2020 verweist in seinem § 1 auf die europarechtlichen Bestimmungen, die auch in der gegenständlichen Angelegenheit zur Anwendung gelangen:

- Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008, ABl. Nr. L 347 vom 20.12.2013 S. 549,

- Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 und (EG) Nr. 73/2009, ABl. Nr. L 347 vom 20.12.2013 S. 608,

- delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des Anhangs X der genannten Verordnung, ABl. Nr. L 181 vom 20.06.2014 S. 1,

- delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross Compliance, ABl. Nr. L 181 vom 20.06.2014 S. 48,

- Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross Compliance, ABl. Nr. L 227 vom 31.07.2014 S. 69,

- delegierte Verordnung (EU) Nr. 907/2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 im Hinblick auf die Zahlstellen und anderen Einrichtungen, die finanzielle Verwaltung, den Rechnungsabschluss, Sicherheiten und die Verwendung des Euro, ABl. Nr. L 255 vom 28.08.2014 S. 18 sowie

- Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Mittelverwaltung, des Rechnungsabschlusses und der Bestimmungen für Kontrollen, Sicherheiten und Transparenz, ABl. Nr. L 255 vom 28.08.2014 S. 59.

Darüber hinaus sind in der gegenständlichen Angelegenheit folgende Bestimmungen der Horizontalen GAP-Verordnung von Relevanz:

„Antragstellung

Einreichung

§ 21 (1) Der Sammelantrag (Mehrfachantrag-Flächen) gemäß Art. 11 der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 ist bis spätestens 15. Mai des jeweiligen Antragsjahres ausschließlich gemäß § 3 Abs. 1 einzureichen.

[…]

(1b) Für das Antragsjahr 2020 ist abweichend von Abs. 1 der Sammelantrag bis spätestens 15. Juni 2020 einzureichen. Änderungen gemäß Art. 15 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 können für das Antragsjahr 2020 bis zum 30. Juni 2020 mitgeteilt werden.

[…]“

„Sammelantrag

§ 22. (1) Der Sammelantrag ist von allen Betriebsinhabern, die Direktzahlungen […] beantragen […] nach den Vorgaben gemäß § 21 einzureichen.

[…]

(5) Im Fall des Auftriebs von Tieren auf Almen und Gemeinschaftsweiden ist bis spätestens 15. Juli des Antragsjahres die Almauftriebsliste nachzureichen.

[…]“

§ 6 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008, BGBl. II 201/2008 idFd BGBl. II 285/2019 ordnet an:

„[…]

(1a) Innerhalb von 15 Tagen ist zu melden:

1. der Auftrieb auf Almen oder Weiden, wenn es zu einer Vermischung von Rindern mehrerer Tierhalter kommt,

2. der Auftrieb auf Almen oder Weiden in einer anderen Gemeinde, wenn für die Almen/Weiden eigene Betriebsnummern gemäß dem LFBIS-Gesetz, BGBl. Nr. 448/1980, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 505/1994 vorhanden sind oder die Flächenangaben zu den Almen/Weiden im Antrag gemäß § 21 der Horizontalen GAP-Verordnung, BGBl. II Nr. 100/2015 in der jeweils geltenden Fassung, anderer Bewirtschafter enthalten sind.

[…]“

Die Verordnung (EG) Nr. 1760 vom 17.07.2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates, ABl. L 204 vom 11.08.2000, S 1, enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

„Artikel 3

Das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern beruht auf folgenden Elementen:

a) Kennzeichnungsmittel zur Einzelkennzeichnung von Tieren,

b) elektronischen Datenbanken,

c) Tierpässen,

d) Einzelregistern in jedem Betrieb.

[…]“

„Artikel 7

(1) Tierhalter — mit Ausnahme der Transporteure — müssen folgende Anforderungen erfüllen:

- Sie halten ein Register auf dem neuesten Stand,

- sie teilen der zuständigen Behörde innerhalb einer vom betroffenen Mitgliedstaat festgesetzten Frist jede Verbringung in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb mit; diese Frist beträgt mindestens drei und nicht mehr als sieben Tage nach einem der betreffenden Ereignisse. Die Mitgliedstaaten können bei der Kommission eine Verlängerung der Höchstfrist von sieben Tagen beantragen.

Um praktischen Schwierigkeiten in außergewöhnlichen Fällen Rechnung zu tragen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 22b delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die außergewöhnlichen Umstände festzulegen, unter denen die Mitgliedstaaten die Frist von sieben Tagen gemäß Unterabsatz 1 Gedankenstrich 2 verlängern können, wobei sie die maximale Dauer der Verlängerung festlegt, die 14 Tage nach dem in Unterabsatz 1 Gedankenstrich 2 genannten Zeitraum von sieben Tagen nicht überschreiten darf.

(2) Um die angemessene und wirksame Rückverfolgbarkeit für Rinder bei saisonaler Weidehaltung sicherzustellen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 22b delegierte Rechtsakte für die Mitgliedstaaten oder Teile von Mitgliedstaaten zu erlassen, in denen besondere Regeln für saisonale Weidehaltung gelten, einschließlich des Zeitraums, besonderer Verpflichtungen der Tierhalter und Regeln zur Betriebsregistrierung und der Verbringungen solcher Rinder, einschließlich der für die Einführung erforderlichen Übergangsmaßnahmen.

[…]“

Die Entscheidung 2001/672 wurde durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/2035 der Kommission vom 28. Juni 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für Betriebe, in denen Landtiere gehalten werden, und für Brütereien sowie zur Rückverfolgbarkeit von bestimmten gehaltenen Landtieren und von Bruteiern (ABl. 2019, L 314, S. 115) aufgehoben. In Anbetracht des für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkts ist die Entscheidung 2001/672 jedoch auf diesen Rechtsstreit anwendbar.

Der dritte Erwägungsgrund der Entscheidung 2001/672 lautete:

„Mit Hilfe der besonderen Bestimmungen muss sich zu jeder Zeit der Aufenthaltsort jedes Rindes feststellen lassen.“

Art. 1 dieser Entscheidung sah vor:

„Diese Entscheidung gilt in den im Anhang genannten Mitgliedstaaten oder Teilgebieten derselben für die Bewegungen von Rindern von verschiedenen Haltungsorten zu Weideplätzen in Berggebieten in der Zeit vom 15. April bis zum 15. Oktober.“

Art. 2 dieser Entscheidung bestimmte:

„(1) Jeder der in Artikel 1 genannten Weideplätze muss eine spezifische, in der nationalen Datenbank zu erfassende Registriernummer erhalten.

(2) Die für die Weideplätze zuständige Person erstellt eine Liste der Rinder, die für eine Bewegung im Sinne von Artikel 1 vorgesehen sind. Diese Liste muss mindestens enthalten:

– die Registriernummer des Weideplatzes;

und für jedes Rind

– die individuelle Kennnummer des Tieres;

– die Kennnummer des Herkunftsbetriebes;

– das Datum der Ankunft auf dem Weideplatz;

– den voraussichtlichen Zeitpunkt des Abtriebs.

[…]

(4) Die Angaben für die in Absatz 2 genannte Liste sind der zuständigen Behörde gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 spätestens 15 Tage nach dem Datum des Auftriebs der Tiere auf die Weide zu übermitteln.

Die Verordnung Nr. (EU) 1307/2013 in der durch die Verordnung (EU) 2019/288 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Februar 2019 (ABl. 2019, L 53, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1307/2013) umfasst einen Titel IV („Gekoppelte Stützung“), zu dem ein Kapitel 1 („Fakultative gekoppelte Stützung“) gehört, das den Art. 52 („Allgemeine Vorschriften“) enthält, der auszugsweise Folgendes bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten können den Betriebsinhabern unter den in diesem Kapitel festgelegten Bedingungen eine gekoppelte Stützung gewähren (in diesem Kapitel im Folgenden „gekoppelte Stützung“).“

„(6) Die gekoppelte Stützung ist eine die Erzeugung begrenzende Regelung, welche die Form einer jährlichen Zahlung hat und auf festgesetzten Flächen und Erträgen oder einer festgesetzten Anzahl an Tieren beruht; dabei müssen finanzielle Obergrenzen, die von den Mitgliedstaaten für jede Maßnahme festzulegen und der Kommission mitzuteilen sind, eingehalten werden.“

„(9) Um einen effizienten und gezielten Einsatz der Finanzmittel der Union zu gewährleisten und eine Doppelfinanzierung im Rahmen anderer ähnlicher Stützungsinstrumente zu vermeiden, wird die Kommission ermächtigt, gemäß Artikel 70 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um Folgendes festzulegen:

a) die Bedingungen für die Gewährung der gekoppelten Stützung;

[…]“

Der 74. Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des Anhangs X der genannten Verordnung, lautet:

„Was insbesondere die fakultative gekoppelte Stützung betrifft, ist es erforderlich, den Inhalt der von den Mitgliedstaaten vorzulegenden Mitteilungen genauer festzulegen, um die ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften über diese Stützung sowie die Effizienz dieser Mitteilungen sicherzustellen, damit die Kommission überprüfen kann, ob die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Stützungsmaßnahmen die Anforderungen an Kohärenz und Nicht-Kumulierung von Fördermitteln sowie die Höchstprozentsätze der nationalen Obergrenzen gemäß Artikel 53 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und die damit verbundenen Gesamtbeträge einhalten.“

In Art. 53 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 wird dazu Folgendes festgelegt:

„1. Die Mitgliedstaaten legen im Einklang mit den Rahmenvorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und den Bedingungen der vorliegenden Verordnung Beihilfefähigkeitskriterien für gekoppelte Stützungsmaßnahmen fest.

[…]

4. Betrifft die gekoppelte Stützungsmaßnahme Rinder und/oder Schafe und Ziegen, legen die Mitgliedstaaten als Beihilfefähigkeitsbedingung für die Stützung die Anforderungen der Kennzeichnung und Registrierung von Tieren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 bzw. der Verordnung (EG) Nr. 21/2004 des Rates vom 17. Dezember 2003 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 sowie der Richtlinien 92/102/EWG und 64/432/EWG (ABl. 2004, L 5, S. 8) fest.“

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, enthält auszugsweise folgende Bestimmungen: In den Erwägungsgründen 1, 2, 27, 28, 30 und 31 der Delegierten Verordnung Nr. 640/2014 heißt es:

„(1) […] Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 ist die Kommission befugt, delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte zu erlassen. Mit solchen Rechtsakten sind bestimmte Vorschriften zu erlassen, um sicherzustellen, dass die neuen Regelungen in dem neuen Rechtsrahmen reibungslos funktionieren. […]

(2) Insbesondere sind Vorschriften zur Ergänzung bestimmter nicht wesentlicher Teile der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 in Bezug auf die Anwendung des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems („integriertes System“) zu erlassen, die Fristen für die Einreichung von Beihilfe- oder Zahlungsanträgen, die Bedingungen für die teilweise oder vollständige Ablehnung der Beihilfe und die teilweise oder vollständige Rücknahme von zu Unrecht gezahlten Beihilfe- oder Stützungsbeträgen und die Bestimmung der Verwaltungssanktionen bei Verstößen gegen die Beihilfebedingungen im Rahmen der mit der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates eingeführten Regelungen […]

[…]

(27) Verwaltungssanktionen im Rahmen von Beihilferegelungen für Tiere und tierbezogenen Stützungsmaßnahmen sollten unter Beachtung der Grundsätze der Abschreckung und der Verhältnismäßigkeit und unter Berücksichtigung der besonderen Probleme infolge natürlicher Umstände festgelegt werden. […]

(28) Was die Beihilfe- oder Zahlungsanträge im Rahmen von Beihilferegelungen für Tiere oder tierbezogenen Stützungsmaßnahmen anbelangt, so führen Verstöße dazu, dass das betreffende Tier nicht beihilfe- bzw. stützungsfähig ist. Hierbei sollten Kürzungen bereits ab dem ersten Tier mit festgestellten Verstößen vorgesehen sein; unabhängig vom Grad der Kürzung sollte jedoch eine weniger einschneidende Verwaltungssanktion gelten, wenn bei nur drei oder weniger Tieren Verstöße festgestellt werden. In allen anderen Fällen sollte die Schwere der Verwaltungssanktion vom Prozentsatz der Tiere mit festgestellten Verstößen abhängen.

[…]

(30) Die für Beihilfe- und Zahlungsanträge vorgesehene Möglichkeit, Berichtigungen vorzunehmen, ohne dass Verwaltungssanktionen angewendet werden, sollte auch bei fehlerhaften Daten in der elektronischen Datenbank für gemeldete Rinder gegeben sein, bei denen solche Verstöße einen Verstoß gegen eine Beihilfevoraussetzung darstellen, es sei denn, die zuständige Behörde hat dem Begünstigten ihre Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, bereits mitgeteilt oder ihn bereits über Verstöße in Bezug auf den Beihilfe- oder Zahlungsantrag unterrichtet.

(31) Ablehnung und Rücknahme der Förderung sowie Verwaltungssanktionen im Rahmen von Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum sollten unter Beachtung der Grundsätze der Abschreckung und der Verhältnismäßigkeit beschlossen werden. Ablehnung und Rücknahme der Förderung sollten je nach Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit des festgestellten Verstoßes abgestuft sein. Mit Blick auf die Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen sollte dabei den Besonderheiten der verschiedenen Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Bei schwerwiegenden Verstößen oder für den Fall, dass der Begünstigte falsche Nachweise vorgelegt hat, um die Förderung zu erhalten, sollte die Förderung abgelehnt und eine Verwaltungssanktion verhängt werden. Die Verwaltungssanktionen sollten bis zum vollständigen Ausschluss von einer oder mehreren Stützungsmaßnahmen oder Vorhabenarten während eines bestimmten Zeitraums reichen.“

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 sieht vor:

„[…]

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[…]

2. „Verstoß“:

a) bei Beihilfekriterien, Verpflichtungen und anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe oder Stützung im Sinne von Artikel 67 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 jede Nichtbeachtung dieser Beihilfekriterien, Verpflichtungen oder anderer Auflagen oder

[…]

9. „elektronische Tierdatenbank“: die elektronische Datenbank im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b und Artikel 5 der Verordnung [Nr. 1760/2000] und/oder das zentrale Betriebsregister oder die elektronische Datenbank im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d sowie den Artikeln 7 und 8 der Verordnung [Nr. 21/2004];

[…]

13. „Beihilferegelung für Tiere‘: eine fakultative gekoppelte Stützungsmaßnahme gemäß Titel IV Kapitel 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, wonach die unter Berücksichtigung vorgegebener Mengenbegrenzungen zu gewährende jährliche Zahlung auf festgesetzten Tierzahlen beruht;

[…]

15. „Beihilfeantrag für Tiere“: der Antrag auf Zahlung der Beihilfe, bei der die unter Berücksichtigung vorgegebener Mengenbegrenzungen zu gewährende jährliche Zahlung auf festgesetzten Tierzahlen beruht und im Rahmen der fakultativen gekoppelten Stützung gemäß Titel IV Kapitel 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 erfolgt;

16. „gemeldete Tiere“: Tiere, für die ein Beihilfeantrag im Rahmen der Beihilferegelung für Tiere oder ein Zahlungsantrag für eine tierbezogene Stützungsmaßnahme gestellt wurde;

17. „potenziell beihilfefähiges Tier“: ein Tier, das grundsätzlich die Kriterien für die Gewährung einer Beihilfe im Rahmen der Beihilferegelung für Tiere oder einer Unterstützung im Rahmen einer tierbezogenen Stützungsmaßnahme in dem betreffenden Antragsjahr erfüllen könnte;

18. „ermitteltes Tier“:

a) im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere ein Tier, das alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, oder

b) im Rahmen einer tierbezogenen Stützungsmaßnahme ein Tier, das durch Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelt wurde;

[…]“

Darüber hinaus enthält die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 folgende in der gegenständlichen Angelegenheit maßgebliche Bestimmungen:

„Allgemeine Vorschriften

Artikel 15

Ausnahmen von der Anwendung von Verwaltungssanktionen

(1) Die in diesem Kapitel vorgesehenen Verwaltungssanktionen finden keine Anwendung auf die Teile des Beihilfe- oder Zahlungsantrags, für die der Begünstigte die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfe- oder Zahlungsantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, die zuständige Behörde hat dem Begünstigten ihre Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, bereits mitgeteilt oder ihn bereits über Verstöße in Bezug auf den Beihilfe- oder Zahlungsantrag unterrichtet.

(2) Auf der Grundlage der Angaben des Begünstigten gemäß Absatz 1 wird der Beihilfe- oder Zahlungsantrag berichtigt, um die tatsächliche Situation widerzuspiegeln.“

„Abschnitt 4

Fakultative gekoppelte Stützung auf der Grundlage von Beihilfeanträgen im Rahmen von Beihilferegelungen für Tiere und Förderung der ländlichen Entwicklung auf der Grundlage von Zahlungsanträgen im Rahmen von tierbezogenen Stützungsmaßnahmen

Artikel 30

Berechnungsgrundlage

[…]

(2) Die im Betrieb vorhandenen Tiere gelten nur als ermittelt, wenn sie im Beihilfe- oder Zahlungsantrag identifiziert sind. […]

(3) Liegt die Zahl der in einem Beihilfe- oder Zahlungsantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Tiere, so wird der Beihilfe- oder Stützungsbetrag unbeschadet des Artikels 31 anhand der Zahl der ermittelten Tiere berechnet.

[…]

(4) Werden Verstöße gegen die Vorschriften des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern festgestellt, so gilt Folgendes: […]

c) Handelt es sich bei den festgestellten Verstößen um fehlerhafte Eintragungen in das Register, die Tierpässe oder die elektronische Tierdatenbank, die jedoch für die Überprüfung der Einhaltung der Beihilfefähigkeitsvoraussetzungen — mit Ausnahme der Voraussetzung gemäß Artikel 53 Absatz 4 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 — im Rahmen der betreffenden Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme nicht ausschlaggebend sind, so gilt das betreffende Tier erst dann als nicht ermittelt, wenn derartige fehlerhafte Eintragungen bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb von 24 Monaten festgestellt werden. In allen anderen Fällen gelten die betreffenden Tiere nach der ersten Feststellung als nicht ermittelt.

Eintragungen und Meldungen im System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern können bei offensichtlichen Fehlern, die von der zuständigen Behörde anerkannt wurden, jederzeit berichtigt werden.

[…]“

„Artikel 31

Verwaltungssanktionen im Zusammenhang mit den im Rahmen von Beihilferegelungen für Tiere oder tierbezogenen Stützungsmaßnahmen gemeldeten Tieren

(1) Wird in Bezug auf Beihilfeanträge im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere, in Bezug auf Zahlungsanträge im Rahmen einer tierbezogenen Stützungsmaßnahme oder in Bezug auf eine Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme eine Differenz zwischen der angegebenen und der gemäß Artikel 30 Absatz 3 ermittelten Zahl der Tiere festgestellt, so ist der Gesamtbetrag, auf den der Begünstigte im Rahmen dieser Beihilferegelung, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr Anspruch hat, um den gemäß Absatz 3 dieses Artikels zu bestimmenden Prozentsatz zu kürzen, wenn bei höchstens drei Tieren Verstöße festgestellt werden.

(2) Werden bei mehr als drei Tieren Verstöße festgestellt, so ist der Gesamtbetrag der Beihilfe oder Stützung, auf den der Begünstigte im Rahmen der in Absatz 1 genannten Beihilferegelung, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr Anspruch hat, wie folgt zu kürzen:

a) um den gemäß Absatz 3 zu bestimmenden Prozentsatz, wenn dieser nicht mehr als 10 % beträgt;

b) um das Doppelte des gemäß Absatz 3 zu bestimmenden Prozentsatzes, wenn dieser mehr als 10 %, jedoch nicht mehr als 20 % beträgt.

Beträgt der nach Absatz 3 dieses Artikels bestimmte Prozentsatz mehr als 20 %, so wird im Rahmen der Beihilferegelung, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr die Beihilfe oder Stützung, auf die der Begünstigte gemäß Artikel 30 Absatz 3 Anspruch gehabt hätte, nicht gewährt.

Beträgt der nach Absatz 3 dieses Artikels bestimmte Prozentsatz mehr als 50 %, so wird im Rahmen der Beihilferegelung, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr die Beihilfe oder Stützung, auf die der Begünstigte gemäß Artikel 30 Absatz 3 Anspruch gehabt hätte, nicht gewährt. Darüber hinaus wird der Begünstigte mit einer zusätzlichen Sanktion in Höhe des Betrags belegt, der der Differenz zwischen der angegebenen und der gemäß Artikel 30 Absatz 3 ermittelten Zahl der Tiere entspricht. Kann dieser Betrag innerhalb der drei Kalenderjahre, die auf das Kalenderjahr der Feststellung folgen, nicht vollständig gemäß Artikel 28 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 verrechnet werden, so wird der Restbetrag annulliert.

[…]

(3) Zur Bestimmung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Prozentsätze wird bei den Beihilfe- oder Stützungsanträgen oder der Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr die Zahl der im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere, einer tierbezogenen Stützungsmaßnahme oder einer Vorhabenart angegebenen Tiere, bei denen Verstöße festgestellt wurden, durch die Zahl der für diese Beihilferegelung für Tiere, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme ermittelten Tiere dividiert.

[…]“

„Artikel 34

Änderungen und Berichtigungen der Eintragungen in der elektronischen Datenbank für Tiere

In Bezug auf angemeldete Tiere findet Artikel 15 ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Beihilfe- oder Zahlungsantrags auf Fehler und Versäumnisse betreffend Eintragungen in der elektronischen Datenbank für Tiere Anwendung.“

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance (ABl. 2014, L 227, S. 69), enthält auszugsweise folgende in der gegenständlichen Angelegenheit anzuwendenden Bestimmungen:

„Art. 21

Anforderungen an Beihilfeanträge für Tiere und Zahlungsanträge im Rahmen tierbezogener Stützungsmaßnahmen

(1) Ein Beihilfeantrag für Tiere gemäß der Begriffsbestimmung nach Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 Nummer 15 der Delegierten Verordnung [Nr. 640/2014] oder ein Zahlungsantrag im Rahmen tierbezogener Stützungsmaßnahmen gemäß der Begriffsbestimmung nach Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 Nummer 14 der genannten Verordnung muss alle erforderlichen Angaben zur Feststellung der Beihilfe- und/oder Förderfähigkeit enthalten, insbesondere: […]

c) Anzahl und Art der Tiere, für die ein Beihilfe- oder Zahlungsantrag vorgelegt wird, und bei Rindern den Kenncode der Tiere;

[…]

(4) Die Mitgliedstaaten können Verfahren einführen, wonach die Angaben in der elektronischen Datenbank für Tiere für den Beihilfe- oder Zahlungsantrag für Tiere herangezogen werden können, sofern die elektronische Datenbank für Tiere den für die ordnungsgemäße Verwaltung der Beihilferegelungen oder Fördermaßnahmen erforderlichen Zuverlässigkeits- und Durchführungsstandard für die einzelnen Tiere gewährleistet.

Die Verfahren gemäß Unterabsatz 1 können in einem System bestehen, bei dem der Begünstigte den Beihilfe- und/oder Zahlungsantrag für alle Tiere stellen kann, die zu einem vom Mitgliedstaat bestimmten Zeitpunkt oder in einem vom Mitgliedstaat bestimmten Zeitraum nach den Angaben aus der elektronischen Datenbank für Tiere beihilfe- und/oder förderfähig sind.

[…]“

Die Fassung des Art. 30 Abs. 4 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 640/2014, die aktuell nicht mehr gültig ist, die auf den Ausgangsrechtsstreit jedoch anwendbar ist, ergibt sich aus der Änderung durch die Delegierte Verordnung (EU) 2016/1393 der Kommission vom 4. Mai 2016 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance (ABl. 2016, L 225, S. 41).

Der elfte Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1393 enthält dabei folgenden Wortlaut:

„Gemäß Artikel 53 Absatz 4 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 legen die Mitgliedstaaten als Beihilfefähigkeitsbedingung die Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1760/2000 fest. Dadurch, dass als grundsätzliche Beihilfefähigkeitsbedingung auf die genannte Verordnung verwiesen wird, soll eine eindeutige Identifizierung der für eine Beihilfe oder Stützung infrage kommenden Tiere gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang sollte in Artikel 30 Absatz 4 Buchstabe c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 klargestellt werden, dass fehlerhafte Eintragungen von z. B. Geschlecht, Rasse, Farbe oder Datum in das Register, die Tierpässe und/oder die elektronische Datenbank für Rinder bei erstmaliger Feststellung als Verstöße betrachtet werden sollten, wenn die betreffenden Angaben für die Bewertung der Förderfähigkeit des Tieres im Rahmen der betreffenden Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme entscheidend sind. Ist dies nicht der Fall, sollte das betreffende Tier als nicht ermittelt gelten, wenn derartige fehlerhafte Eintragungen bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb von 24 Monaten festgestellt werden.“

b) Rechtliche Würdigung:

Seit 01.01.2023 gilt in Österreich im Bereich landwirtschaftlicher Direktzahlungen ein neues Beihilfenreglement. Das System der Zahlungsansprüche ist nicht mehr maßgeblich. Die Direktzahlungen werden ab dem Antragsjahr 2023 auf Basis der im MFA angemeldeten und der als förderfähig ermittelten Flächen und Tiere berechnet. Hinsichtlich der Anträge auf Gewährung von Direktzahlungen, die für die Antragsjahre vor dem Jahr 2023 gestellt wurden, sind im Wesentlichen jedoch gemäß § 32 Abs. 17 MOG 2021 und § 243 Abs. 2 Z 1 GSP-AV die für Direktzahlungen relevanten bisherigen Vorschriften anzuwenden.

In der gegenständlichen Angelegenheit stellen sich dem BVwG zwei wesentliche Fragen:

1. War für ein prinzipiell förderungsfähiges Tier, für welches eine Almauftriebsmeldung vom Bewirtschafter der betreffenden Alm verspätet an die AMA gemeldet wurde, für das Antragsjahr 2020 eine gekoppelte Stützung zu gewähren?

2. War für das Antragsjahr 2020 im Fall, dass für acht sonstige Rinder, für welches eine Almauftriebsmeldung vom Bewirtschafter der betreffenden Alm verspätet an die AMA gemeldet wurde, eine Sanktion gemäß Art. 31 der VO (EU) Nr. 640/2014 zu verfügen.

Gegenstand des beim EuGH zu Rs C-350/23, Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria gegen T F, geführten Verfahrens war genau die Beantwortung dieser beiden Fragen, deren Beantwortung im Urteil des EuGH vom 19.09.2024, in der Rs C-350/23, enthalten ist. Nicht nur der österreichische Verwaltungsgerichtshof, sondern auch das BVwG sind an die Urteile des EuGH gebunden.

Die Frage, ob für ein prinzipiell förderfähiges Tier, für das die Almauftriebsmeldung verspätet – nach Ende der sich aus § 6 Abs. 1a der § 6 der Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 ergebenden 15tägigen Meldefrist – an die AMA übermittelt wurde, die damit verbundene gekoppelte Stützung zu gewähren ist, wird im Urteil des EuGH vom 19.09.2024, in der Rs C-350/23 eindeutig verneint. Bei einem solchen Tier handle es sich um kein ermitteltes Tier im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Nr. 18 Buchst. a der Verordnung (EU) 640/2014, sodass für ein solches Tier eine gekoppelte Stützung nicht zu gewähren sei.

In der gegenständlichen Angelegenheit sind von diesem Meldefehler im Antragsjahr 2020 vier Kühe und vier sonstige Rinder des Beschwerdeführers betroffen, sodass im Ergebnis von der AMA rechtskonform für diese im Jahr 2020 vom Beschwerdeführer auf die XXXX aufgetriebenen Tiere rechtskonform keine gekoppelte Stützung gewährt wurde.

Sofern in der angefochtenen Entscheidung gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich der verspäteten Almauftriebsmeldung im Jahr 2020 eine Sanktion gemäß Art. 31 der VO (EU) Nr. 640/2014 erlassen wurde und dazu im Spruch des angefochtenen Bescheides verfügt wurde, dass „zusätzlich ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten“ sei, und dass „dieser Betrag mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet“ werde, erfolgte dieser Ausspruch durch die AMA – wie sich aus der Antwort des EuGH vom 19.09.2024, Rs C-350/23 auf die zweite Vorlagenanfrage ergibt, zu Unrecht.

Begründet wurde diese Entscheidung durch den EuGH damit, dass nur dann, wenn bereits eine Vor-Ort-Kontrolle stattgefunden habe, oder eine solche bereits vor der verspäteten Almauftriebsmeldung eine Vor-Ort-Kontrolle angekündigt worden sei, und bei dieser Vor-Ort-Kontrolle der Meldeverstoß festgestellt worden wäre, eine entsprechende Sanktion zu verfügen sei. Ein Betroffener, der zumindest eine verspätete Almweidemeldung abgegeben habe, dürfe nicht so gestellt werden, als jemand, der überhaupt keine Almauftriebsmeldung abgegeben habe. Der Entfall der Sanktion bilde einen Anreiz die Meldung zumindest verspätet zu erstatten.

In der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit fand im relevanten Zeitraum weder eine Vor-Ort-Kontrolle durch die AMA statt, noch wurde in diesem Zeitraum von der AMA eine entsprechende Vor-Ort-Kontrolle angekündigt, sodass daher in der gegenständlichen Angelegenheit keine Sanktion gemäß Art. 31 der VO (EU) Nr. 640/2014 verfügt werden darf. Logische Konsequenz ist damit, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides die Wortfolge „Zusätzlich ist ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten. Dieser Betrag wird mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet“, ersatzlos zu beheben war.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde darauf hinweist, dass der Meldeverstoß verspätet richtiggestellt worden sei, wird neuerlich auf das Urteil des EuGH vom 19.08.2024, Rs C-350/23, hingewiesen und wiederholend dargelegt, dass die verspätete Korrektur des Meldeverstoßes lediglich dazu führt, dass die sich aus Art. 31. Abs. 2 der VO 640/2014 ergebende Sanktion nicht zur Anwendung gelangt.

Wenn der BF diesbezüglich allenfalls auf das Vorliegen eines Irrtums hinweist, wird vom erkennenden Gericht auf die diesbezügliche einheitliche Rechtsprechung des VwGH in Angelegenheiten des Marktordnungsrechts hingewiesen. Demnach führen nur offensichtliche Irrtümer dazu, dass ein Tun oder eine Unterlassung als unbeachtlich zu qualifizieren ist. Als offensichtliche Irrtümer können nämlich unter anderem anerkannt werden: nicht ausgefüllte Felder oder fehlende Angaben, sofern diese schon bei einer einfachen Erstprüfung der Anträge erkennbar sind; Fehler in Form von Widersprüchen, die sich anlässlich einer eingehenderen Prüfung zeigen, bei der die Daten ein- und desselben Antrags miteinander verglichen werden wie z.B. Rechenfehler, Inkohärenz zwischen den Angaben auf demselben Formular, Erklärung einer Fläche für zwei Nutzungsarten (ausgleichsfähige Ackerfläche und Stilllegungsfläche) oder Ähnliches (Killmann, Gemeinschaftssanktionen im Agrarrecht als Vorläufer eines europäischen (Verwaltungs-) Strafrechts? in Norer/Holzer, Agrarrecht Jahrbuch 2010, 163; Anhammer, Marktordnungsrecht, in Norer, Handbuch des Agrarrechts, 2005, 107, unter Verweis auf das Arbeitsdokument der Kommission, AGR 49533/2002, zum Begriff des offensichtlichen Irrtums gemäß des zwischenzeitlich nicht mehr in Kraft befindlichen Art. 12 VO 2419/2001). In der gegenständlichen Angelegenheit geht es um die Frage des Vorliegens einer erforderlichen Alm-/Weidemeldung. Dabei stellt sich nur die Frage, ob eine solche zum jeweiligen Zeitpunkt vorlag oder nicht. Dabei handelt es sich um eine einfache Frage, die auch einfach mit Ja oder Nein zu beantworten ist und kann nicht mit den offensichtlichen materiellen Irrtümern vergleichen werden, die in dem zitierten Arbeitsdokument der Kommission aufgezählt sind (VwGH 23.02.2022, Ra 2021/07/0016.

Zusammenfassend sind damit die vom erkennenden Gericht aufgeworfenen Fragen so zu beantworten, dass der Beschwerdeführer für seine vier Kühe und vier sonstigen Rinder im Direktzahlungsbescheid der AMA für das Antragsjahr 2020 rechtskonform keine Förderung aus dem Titel der gekoppelten Stützung erhalten hat. Die verspätete Almauftriebsmeldung ist jedoch nicht zusätzlich im Sinne des Art. 31 der VO (EU) Nr. 640/2014 zu sanktionieren, weil letztlich, ohne dass dieser Umstand bei einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt wurde, dennoch bei der AMA eine Almauftriebsmeldung (verspätet) eingelangt ist. Daher war auch die mit einer Sanktion im Sinne des Art. 31 der VO (EU) Nr. 640/2014 verbundene Wortfolge „Zusätzlich ist ein Betrag in Höhe von EUR XXXX einzubehalten. Dieser Betrag wird mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet“, ersatzlos zu beheben und das Beschwerdebegehren, das auf eine darüberhinausgehende Änderung im Bereich der Gewährung der gekoppelten Stützung für das Antragsjahr 2020 gerichtet war, abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die im Übrigen auch von keiner Verfahrenspartei beantragt wurde, konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es ergaben sich auch sonst keine Hinweise auf das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Zudem liegt auch für alle an das BVwG herangetragenen Rechtsfragen eine eindeutige und auch aktuell einheitliche Rechtsprechung der Höchstgerichte vor.

Rückverweise