Spruch
W117 2291511-7/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft von XXXX geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht (in Folge: BVwG) am 09.10.2024 die Aktenteile sowie eine Stellungnahme vom selben Tag zur nunmehr verfahrensgegenständlichen siebten gerichtlichen Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft (gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG).
2. Ebenso am 09.10.2024 wurde dem BF Parteiengehör zur Stellungnahme des BFA vom 09.10.2024 gewährt und die BBU GmbH über das anhängige Überprüfungsverfahren und das eingeräumte Parteiengehör informiert. Bereits im fünften Überprüfungsverfahren wurde dem Beschwerdeführer die von der für Heimreisezertifikate zuständigen Fachabteilung des Bundesamtes eingeholte Stellungnahme vom 21.08.2024 übermittelt.
3. Mit Stellungnahme vom 11.10.2024 brachte der BF folgendes vor: „Das HRZ-Verfahren ist seit 18.01.2024 bei der algerischen Vertretungsbehörde abhängig. Die Behörde urgierte in regelmäßigen Abständen, zuletzt am 01.10.2024. Da bisher keine Rückmeldung seitens der algerischen Vertretungsbehörde gab (zumindest nicht aus der Stellungnahme ersichtlich), sind die Bemühungen der Behörde zur Erlangung eines HRZ weder zielführend noch angemessen. Es konnte auch bisher trotz Identifizierung und dem Vorliegen der Reisepässe der Eltern weder ein HRZ ausgestellt werden noch ein konkretes Abschiebedatum genannt werden. Die Behörde verweist hier auf allgemeine Informationen, welche auch schon bei dem letzten Überprüfungsverfahren zur Verhältnismäßigkeit der Schubaft gem. § 22a Abs 4 BFA-VG vorlagen. Die Abschiebung scheiterte dennoch bis dato am Fehlen einer HRZ-Ausstellung für den BF. Die Behörde hält erneut pauschal fest, dass die Abschiebung zeitnah erfolgen wird, ohne einen konkreten Abschiebetermin zu nennen und zu begründen, wieso konkret davon auszugehen ist, dass eine zeitnahe Abschiebung des BF mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfolgen wird“.
4. Zum Beweis dafür, dass keine näher konkretisierte Aussicht auf Abschiebung nach Algerien besteht wurde die Einvernahme eines informierten Vertreters oder einer informierten Vertreterin des Bundesamtes – Abteilung für Rückkehrvorbereitung – im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt.
5. Am 14.10.2024 wurde das tagesaktuelle amtsärztliche Gutachten (vom heutigen Tag) zur übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Aufenthalt des BF in Österreich:
1.1.1. Der BF stellte am 24.09.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
1.1.2. Der BF entzog sich seinem Asylverfahren, tauchte bereits am 08.10.2022 unter und war sodann unbekannten Aufenthaltes.
1.1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.10.2022 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung nach Algerien für zulässig erklärt. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt. Der Bescheid wurde dem BF am 04.08.2022 durch Hinterlegung im Akt zugestellt. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
1.1.4. Der BF stellte am 02.02.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz. Nach seiner Überstellung nach Österreich stellte der BF am 17.10.2023 in Österreich einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.12.2023 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt. Es wurde gegen ihn wiederum eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Bescheid wurde dem BF am 16.12.2023 persönlich zugestellt und erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
1.1.5. Der BF verfügte von 18.10.2023 bis 22.12.2023 über Hauptwohnsitzmeldungen in Österreich, tauchte am 22.12.2023 unter und war sodann wiederum unbekannten Aufenthaltes.
1.1.6. Am 17.01.2024 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet aufgegriffen und festgenommen. Bei seiner Befragung gab er im Wesentlichen an, dass er an keinen schwerwiegenden Beschwerden oder Krankheiten leide und er keinen Wohnsitz in Österreich oder einem Mitgliedstaat habe. Familienangehörige in Österreich oder einem Mitgliedstaat habe er nicht. Er habe in Österreich einen Freund, bei welchem er wohnen könne. Eine Adresse bzw. eine Telefonnummer dieses Freundes nannte der BF jedoch nicht. Er verfüge über EUR 160,-- an Barmittel, eine Kredit- oder Bankomatkarte besitze er nicht. Er besitze keinen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates und habe seinen algerischen Reisepass verloren. Er habe in Österreich und der Schweiz Asylanträge gestellt, leugnete jedoch, jemals von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Staat überstellt worden zu sein. Seit seinen Asylantragstellungen habe er das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate verlassen. Er wolle in Österreich bleiben. Bei einer Entlassung aus der Anhaltung werde er zu seinem Freund gehen und wenn er nicht in Österreich bleiben dürfe, werde er woandershin weiterreisen.
1.1.7. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.01.2024 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet, seither wird er in Schubhaft angehalten.
1.1.8. Am 09.02.2024 wurde der BF der Delegation der algerischen Vertretungsbehörde vorgeführt, wobei die algerische Staatsangehörigkeit des BF bestätigt wurde. Die Angaben und Unterlagen des BF (Kopien der Identitätsdokumente der vermeintlichen Eltern und die Unterlagen den BF selbst betreffend) wurden der Vertretungsbehörde übermittelt.
1.1.9. Am 18.01.2024, 29.01.2024, 28.02.2024, 02.05.2024 und 24.07.2024 haben jeweils Rückkehrberatungsgespräche mit dem BF stattgefunden, bei denen er jeweils angab nicht rückkehrwillig zu sein.
1.1.10. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 13.05.2024, 07.06.2024 03.07.2024, 30.07.2024, 23.08.2024 und 19.09.2024 fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig war.
1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft
1.2.1. Der BF ist Staatsangehöriger Algeriens. Die weitere Identität des BF steht nicht fest. Der BF besitzt weder die österreichische Staatsbürgerschaft noch die eines anderen EU-Mitgliedstaates. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
1.2.2. Der BF wird seit 17.01.2024 in Schubhaft angehalten.
1.2.3. Der BF ist haftfähig. Er leidet zwar seit seiner Kindheit an Epilepsie, erhält im PAZ hierfür jedoch eine medikamentöse Therapie. Er ist physisch und psychisch stabil und wird laufend psychiatrisch und medizinisch betreut. Bei der Visite am 14.10.2024 zeigte sich der Beschwerdeführer in guter psychischer und physischer Verfassung (…). Amtsärztliche und psychiatrische Kontrollen werden wahrgenommen. Medikamente werden regelmäßig eingenommen. Aktuelle werden keine Beschwerden angegeben. Weiterhin keine Selbst- und Fremdgefährdungsaspekte. Eine adäquate medizinische Behandlung des BF im PAZ ist sichergestellt. Sohin besteht weiterhin aktuell Haft- und Prozessfähigkeit.
1.2.4. Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
1.3.1. Der BF reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.09.2022 einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz. Der BF entzog sich seinem Asylverfahren und tauchte unter. Am 02.02.2023 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz und wurde am 17.10.2023 nach Österreich überstellt, wo er noch am selben Tag einen Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte.
1.3.2. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Der BF kam bisher seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, er tauchte spätestens am 22.12.2023 unter und entzog sich dadurch seiner Abschiebung.
1.3.3. Der BF hat zwar Kopien von Reisepässen seiner angeblichen Eltern sowie Kopien von Dokumenten ihn betreffend, jedoch keine seine Identität bescheinigende Dokumente vorgelegt. Der BF verfügt über einen Reisepass, der sich in Frankreich bei einer Bekannten befindet, er hat bisher jedoch weder eine Kopie dieses Dokumentes noch das Dokument im Original vorgelegt, obwohl ihm dies möglich wäre.
1.3.4. Der BF befand sich während der Anhaltung in Schubhaft von 14.02.2024 bis 16.02.2024, von 13.04.2024 bis 17.04.2024, von 20.04.2024 bis 21.04.2024, von 01.05.2024 bis 02.05.2024 und von 04.07.2024 bis 08.07.2024 in Hungerstreik.
1.3.5. Der BF ist auch sonst nicht vertrauenswürdig:
Am 03.10.2024 langte bei der ho. Behörde eine PAZ-Maßnahmenmeldung ein, in welcher mitgeteilt wurde, dass bei einer routinemäßigen Zellenkontrolle der Partei mehrere Medikamente (4x Schwere Schmerzmittel) sowie gefährliche Gegenstände (2x Rasierklingen mit einem Gummiband einer Unterhose) versteckt unter seinem Spind vorgefunden wurden. Mit dem Sachverhalt konfrontiert, machte die Partei keine Äußerungen und stritt auch den Besitz nicht ab. Nach Rücksprache mit der Sanitätsstelle, konnte festgestellt werden, dass die Tabletten nicht der Partei verschrieben wurden. Daraufhin wurde eine Disziplinierungsmaßnahme gemäß § 5 AnhO für 72 Stunden angeordnet.
Die Verlegung in die Einzelzelle gestaltete sich zu Beginn erschwert, da sich die Partei weigerte die Zelle zu verlassen. Es wurde mehrmals versucht auf die Partei beruhigend einzuwirken, jedoch ohne Erfolg. Da die Partei dennoch die Anordnung nicht Folge leistete, musste die Verlegung mittels Anwendung von Körperkraft erfolgen.
Der Beschwerdeführer ist auch nicht bereit, nach Algerien zurückzukehren. Bei seiner Entlassung aus der Schubhaft wird er erneut untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um einer Abschiebung zu entgehen.
1.3.6. Der BF hat in Österreich weder familiäre noch substantielle soziale Anknüpfungspunkte. Er verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Der BF geht in Österreich keiner legalen beruflichen Tätigkeit nach und verfügt über keine für seine Selbsterhaltungsfähigkeit ausreichende finanzielle Mittel.
1.3.7. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF wurde vom Bundesamt am 18.01.2024 eingeleitet. Am 09.02.2024 wurde der BF einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde vorgeführt. Dabei konnte die algerische Staatsangehörigkeit des BF bestätigt werden. Derzeit werden die Angaben des BF sowie die von ihm vorgelegten Kopien von Dokumenten in Algerien überprüft.
Am 15.02.2024, 19.03.2024, 22.04.2024, 30.04.2024, 21.05.2024, 04.06.2024, 26.06.2024, 29.07.2024, 21.08.2024 und am 02.09.2024 sowie am 01.10.2024 urgierte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der algerischen Vertretungsbehörde.
Die Identifizierung erfolgt entweder durch Vorlage von identitätsnachweisenden Dokumenten oder im Rahmen eines Interviews. Im Zweifelsfall, wenn weder identitätsnachweisende Dokumente vorhanden sind bzw. die Identität im Rahmen eines Interviews nicht bestätigt werden kann, werden die Daten der betroffenen Person an die zuständigen Behörden in Algerien zur weiteren Überprüfung weitergeleitet. Die Dauer des Überprüfungsprozesses durch Behörden in Algerien variiert stark von Fall zu Fall und nimmt jedenfalls mehrere Monate in Anspruch, im Durchschnitt dauert ein Verfahren etwa vier bis sechs Monate. Die HRZ-Ausstellung durch die algerische Botschaft ist nach erfolgter Identifizierung und erteilter Genehmigung durch zuständige Behörden in Algier, reine Formsache und erfolgt umgehend nach Übermittlung der Flugdaten durch das Bundesamt.
Die Zusammenarbeit des Bundesamtes mit der algerischen Vertretungsbehörde ist gut. Die algerische Vertretungsbehörde stellt grundsätzlich Heimreisezertifikate aus. Im Jahr 2023 wurden neun Heimreisezertifikate ausgestellt. Diese Personen wurden nach Algerien abgeschoben. Im Juli 2024 wurden drei, im August 2024 bereits zwei Heimreisezertifikate ausgestellt [Stand 21.08.2024].
Bis Oktober 2024 wurden vonseiten der algerischen Vertretungsbehörde in Wien 11 HRZ ausgestellt. Bis September 2024 fanden 10 Einzelabschiebungen (zwangsweise) nach Algerien statt.
Derzeit läuft der Identifizierungsprozess durch die algerischen Behörden. Eine negative Rückmeldung der algerischen Behörden ist bislang nicht ergangen. Von einer Identifizierung des BF durch die algerischen Behörden ist aufgrund seiner Angaben und aufgrund der vorhandenen Kopien der Identitätsdokumente seiner angeblichen Eltern auszugehen.
Die Identifizierung des BF, die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und die anschließende Abschiebung des BF ist innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer maßgeblich wahrscheinlich.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesamtes und die Akte des BVwG die bisherigen Schubhaftüberprüfungsverfahren den BF betreffend (W288 2291511-1, W112 2291511-2, W283 2291511-3, W250 2291511-4, W601 2291511-5, W154 2291511-6/8E) und durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister, das Grundversorgungsinformationssystem (im Folgenden: GVS) in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres (im Folgenden: Anhaltedatei) und in den aktuellen Überprüfungsakt, insbesondere in das aktuelle Haftfähigkeitsgutachten.
2.1. Zum Aufenthalt des BF in Österreich
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften Inhalt der zuvor genannten Gerichts- und Verwaltungsakte sowie aus der Einsichtnahme in die Anhaltedatei, in das Zentrale Fremdenregister, das Zentrale Melderegister und das Grundversorgungsinformationssystem.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft
2.2.1. Die Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus den eigenen bisherigen Angaben des BF und dem Umstand, dass seine Staatsangehörigkeit im Rahmen seines Interviews vor der Delegation der algerischen Botschaft am 09.02.2024 bestätigt wurde. Aus den Verwaltungs- und Gerichtsakte (W288 2291511-1, W112 2291511-2, W283 2291511-3, W250 2291511-4 W601 2291511-5, W154 2291511-6/8E) ergibt sich, dass der BF bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Angaben zu seiner Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Da seine Anträge auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab- bzw. zurückgewiesen wurden, konnte die Feststellung getroffen werden, dass der BF weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist.
2.2.2. Die Feststellung zur Anhaltung des BF in Schubhaft seit 17.01.2024 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes und den dazu gleichlautenden Eintragungen in der Anhaltedatei.
2.2.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus Befund und Gutachten des Amtsarztes vom 14.10.2024 sowie der in den Vorverfahren eingeholten Gutachten und den medizinischen Unterlagen des BF. Aus diesen ergibt sich, dass der BF seit seiner Kindheit an Epilepsie leidet und daher medikamentös behandelt wird, er regelmäßig psychologische und medizinische Betreuung erhält. Aus den medizinischen Unterlagen geht hervor, dass der BF zuletzt am 12.08.2024 einen epileptischen Anfall hatte, weil er seine Medikamente nicht eingenommen hat. Aus dem amtsärztlichen Befund und Gutachten vom 14.10.2024 und den medizinischen Unterlagen ergibt sich, dass der BF aktuell in guter psychischer und physischer Verfassung ist. Amtsärztliche und psychiatrische Kontrollen würden wahrgenommen. Medikamente würden regelmäßig eingenommen. Aktuelle würden keine Beschwerden angegeben. Weiterhin keine Selbst- und Fremdgefährdungsaspekte. Eine adäquate medizinische Behandlung des BF im PAZ sei sichergestellt. Sohin besteht weiterhin aktuell Haft- und Prozessfähigkeit. Es konnte daher festgestellt werden, dass der BF an keiner die Haftfähigkeit oder die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet. Dass der BF Zugang zu benötigter medizinischer und psychologischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft und ergibt sich aus den vorliegenden Gesundheitsunterlagen, dass er diese auch regelmäßig erhält.
2.2.4. Dass der BF in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsicht in das Strafregister.
2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
2.3.1. Die Feststellungen zur illegalen Einreise des BF in das österreichische Bundesgebiet und seiner unbegründeten Asylantragstellung in Österreich ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesamtes vom 19.10.2022, mit dem der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 24.09.2022 vollinhaltlich als unbegründet abgewiesen wurde. Dass sich der BF diesem Verfahren entzogen hat, ergibt sich aus dem GVS, aus dem hervorgeht, dass der BF bereits ab 08.10.2022 aufgrund seines unbekannten Aufenthaltes vom Quartier der Grundversorgung abgemeldet wurde, sowie dem Zentralen Melderegister, aus dem ersichtlich ist, dass der BF vor dem 18.10.2023 – somit auch nach seinem Entzug aus dem Grundversorgungsquartier am 08.10.2022 und zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz – über keinen gemeldeten Wohnsitz in Österreich verfügte. Die Feststellung zur Asylantragstellung des BF in der Schweiz sowie zur Folgeantragstellung auf internationalen Schutz nach seiner Rücküberstellung aus der Schweiz in Österreich am 17.10.2023, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister, insbesondere den dort dokumentierten Eurodac-Treffern. Aufgrund der dokumentierten Asylantragstellung des BF in der Schweiz am 02.02.2023 steht fest, dass er in die Schweiz weitergereist ist.
2.3.2. Die Feststellung zum Vorliegen einer rechtskräftigen, durchsetzbaren und durchführbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich aus den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 11.12.2023. Dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam und sich spätestens am 22.12.2023 seiner Abschiebung entzogen hat, ergibt sich insbesondere daraus, dass er laut Zentralem Melderegister ab 22.12.2023 – abgesehen von der aktuellen Anhaltung im Polizeianhaltezentrum – über keine Wohnsitzmeldung mehr im Bundesgebiet verfügte und am 17.01.2024 bei einer Zufallskontrolle im Bundesgebiet aufgegriffen wurde.
2.3.3. Die Feststellungen betreffend die vom BF vorgelegten Dokumentenkopien ergeben sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.07.2024. Dass der BF über einen algerischen Reisepass verfügt, der sich bei einer Bekannten in Frankreich befindet, gab der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 03.07.2024 an. Er behauptete zwar, dass er eine Kopie dieses Dokumentes dem Bundesamt vorgelegt hat, im Verwaltungsakt befindet sich jedoch kein Hinweis darauf, was auch durch Erhebungen im Zuge der mündlichen Verhandlung am 03.07.2024 bestätigt wurde. Noch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF an, dass es ihm möglich ist, zumindest eine Kopie seines Reisepasses vorzulegen und er umgehend eine Kopie seines Reisepasses vorlegen werde, tatsächlich vorgelegt hat er jedoch entsprechend dem Verwaltungsakt bisher keinerlei seine Identität bescheinigenden Dokumente noch Kopien davon.
2.3.4. Die Feststellungen zu den Zeiträumen, in denen sich der BF im Hungerstreik befand, ergeben sich aus den Eintragungen in der Anhaltedatei.
2.3.5. Dass der BF nicht vertrauenswürdig ist, ist aufgrund seines Gesamtverhaltens evident. Er entzog sich bereits weniger als zwei Wochen nach seiner Asylantragstellung und noch vor der Entscheidung des Bundesamtes über seinen Asylantrag dem Asylverfahren und reiste unrechtmäßig in die Schweiz weiter, wo er ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Nach seiner Rücküberstellung nach Österreich stellte er am 17.10.2024 einen weiteren Asylantrag. Bereits wenige Tage nach Zustellung des folgeverfahrensabschließenden Bescheides (Bescheidzustellung am 16.12.2023, Abmeldung von der Meldeadresse mit Ablauf des 22.12.2023) tauchte der BF neuerlich unter und führte ein Leben im Verborgenen, ehe er durch eine bloße Zufallskontrolle am 17.01.2024 aufgegriffen werden konnte. Im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wirkte er bisher nur unzureichend mit, zumal er zwar Kopien von Dokumenten vorlegte, diese jedoch nicht seine Identität bescheinigen. Er verfügt jedoch über einen Reisepass, der sich in Frankreich befindet und hat es bisher unterlassen, zumindest eine Kopie dieses Dokumentes vorzulegen. Dass es für den BF problemlos möglich wäre, zumindest eine Kopie dieses Dokumentes zu besorgen, gab er selbst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.07.2024 an. Zudem gab er an, dass ihm jene Bekannte, bei der sich der Reisepass befindet, auch Geld in das Polizeianhaltezentrum schickt. Das unkooperative Verhalten des BF wird noch dadurch unterstrichen, dass er in der Beschwerdeverhandlung zwar zusagte, eine Kopie seines Reisepasses vorzulegen, er stattdessen jedoch am 04.07.2024 bereits zum fünften Mal in den Hungerstreik trat.
Dass der Beschwerdeführer auch sonst nicht im Geringsten vertrauenswürdig ist, zeigt der jüngste sich im Oktober ereignete Vorfall im Zusammenhang mit der Hortung schwerer nicht verschriebener Medikamente und der notwendigen Anwendung von Körperkraft bei der Durchsetzung der Disziplinierungsmaßnahme.
Dass der BF nicht rückkehrwillig ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Rahmen seiner Befragung am 17.01.2024 sowie aus den bisher durchgeführten Rückkehrberatungs-gesprächen, in denen er stets angab nicht rückkehrwillig zu sein. Es ist aufgrund des Gesamtverhalten des BF daher davon auszugehen, dass er bei einer Entlassung aus der Schubhaft erneut untertauchen wird, um einer Abschiebung zu entgehen. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der BF sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird.
2.3.6. Die Feststellungen zu den fehlenden familiären oder substantiellen sozialen Anknüpfungspunkten des BF in Österreich beruhen auf seinen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.07.2024. Im Verwaltungsakt finden sich auch keine Anhaltspunkte für eine berufliche Tätigkeit des BF oder das Vorliegen eines eigenen gesicherten Wohnsitzes.
2.3.7. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und den Stellungnahmen des Bundesamtes vom 07.05.2024, vom 03.06.2024, vom 27.06.2024, vom 25.07.2024, vom 20.08.2024, vom 17.09.2024 und der aktuellen Stellungnahme sowie den Stellungnahmen der HRZ-Fachabteilung vom 07.05.2024, vom 04.06.2024, vom 01.07.2024, vom 03.07.2024 und vom 21.08.2024.
Danach wurde die algerische Staatsangehörigkeit des BF beim Interviewtermin am 09.02.2024 vom zuständigen Fachpersonal der algerischen Botschaft bestätigt, lediglich seine sonstige Identität wurde noch nicht durch die algerischen Behörden bestätigt bzw. festgestellt.
Sofern diesbezüglich in der aktuellen Stellungnahme des BF ausgeführt wird, dass noch kein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde, kein konkretes Abschiebedatum genannt wurde und keine näher konkretisierte Aussicht auf Abschiebung des BF nach Algerien besteht ist einmal festzuhalten, dass im Hinblick auf die bisher in den Jahren 2023 und 2o24 durchgeführten HRZ-Ausstellungen und Abschiebungen – siehe oben – aktuell (noch) nicht von der Unmöglichkeit bzw. Unwahrscheinlichkeit einer HRZ-Ausstellung ausgegangen werden kann.
Dies auch insofern, als die Dauer des Überprüfungsprozesses durch Behörden in Algerien von Fall zu Fall stark variiert und jedenfalls mehrere Monate in Anspruch nimmt. Dies ergibt sich bereits aus der Stellungnahme der für HRZ-Fachabteilung vom 21.08.2024, die dem BF im vorigen Überprüfungsverfahren gleichzeitig mit der Stellungnahme des Bundesamtes vom 20.08.2024 zur Stellungnahme übermittelt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass in der Stellungnahme der HRZ-Fachabteilung vom 03.07.2024 ausgeführt wurde, dass die Identifizierung in Algier im Durchschnitt vier bis sechs Monate dauert. Diesbezüglich ist aber festzuhalten, dass es sich bei der angegebenen Verfahrensdauer um einen Durchschnittswert bzw. Erfahrungswerte handelt, die somit jedenfalls keine Höchstverfahrensdauer darstellen.
Vielmehr ist vor dem Hintergrund, dass das Verfahren zur Identifizierung des BF in Algerien noch läuft, eine Rückmeldung der algerischen Behörden, dass eine Identifizierung des BF nicht möglich war, bisher nicht erfolgt ist, die algerische Staatsangehörigkeit des BF beim Interviewtermin am 09.02.2024 bestätigt wurde und aufgrund der Angaben und Dokumente des BF die Identifizierung des BF durch die algerischen Behörden in den folgenden Monaten maßgeblich wahrscheinlich. Entsprechend der Stellungnahme der für die Erlangung von Heimreisezertifikaten zuständigen Fachabteilung des Bundesamtes vom 03.07.2024 hat die algerische Vertretungsbehörde auch angeboten, mit dem BF in Kontakt zu treten, um ihn von einer freiwilligen Rückkehr zu überzeugen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass die Vertretungsbehörde im Fall des BF mit dem Bundesamt kooperiert und sich um seine Rückkehr bemüht. Wie der BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.07.2024 angegeben hat, ist es ihm grundsätzlich möglich, eine Kopie seines Reisepasses zu beschaffen. Durch seine Mitwirkung am Verfahren könnte er daher die Dauer dieses Verfahrens maßgeblich beschleunigen. Aus der Stellungnahme der HRZ-Fachabteilung vom 21.08.2024 ergibt sich, dass nach erfolgter Identifizierung durch die algerischen Behörden die Ausstellung eines Heimreisezertifikates umgehend nach Übermittlung der Flugdaten durch das Bundesamt erfolgen kann, die algerische Botschaft Heimreisezertifikate ausstellt und Abschiebungen nach Algerien stattfinden. Es ist daher nach der Identifizierung des BF durch die algerischen Behörden die umgehende Ausstellung eines Heimreisezertifikates maßgeblich wahrscheinlich. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass es nicht möglich ist, den BF zeitnah nach Erlangung eines Heimreisezertifikats auch tatsächlich in sein Heimatland zu verbringen. Entsprechendes wurde auch vom BF nicht behauptet. Nach der Ausstellung eines Heimreisezertifikats kann somit eine zeitnahe Abschiebung des BF nach Algerien erfolgen. Die Erlangung eines Heimreisezertifikats und die Abschiebung des BF nach Algerien ist somit innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer von 18 Monaten maßgeblich wahrscheinlich.
Aufgrund der konkreten Ausführungen der HRZ-Fachabteilung in der Stellungnahme vom 21.08.2024, welche dem BF mit Parteiengehör vom 21.08.2024 (im vorhergehenden Überprüfungsverfahren) zur Stellungnahme übermittelt wurde und der der BF nicht substantiiert entgegengetreten ist, ergibt sich daher, dass die Abschiebung des BF binnen der höchstmöglichen Schubhaftdauer maßgeblich wahrscheinlich ist, weshalb dem Antrag des BF auf Einvernahme eines informierten Vertreters oder einer informierten Vertreterin der HRZ-Fachabteilung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, nicht nachzukommen war.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
3.1.1. §§ 76, 77 und 80 Fremdenpolizeigesetz (FPG) sowie § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) und Art. 2 und 15 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) lauten auszugsweise:
Schubhaft (FPG)
§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, 1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert; 1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind; 2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist; 3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat; 4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt; 5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde; 6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat, b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt; 7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt; 8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme; 9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Gelinderes Mittel
§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Dauer der Schubhaft (FPG)
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
[…]
Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)
§ 22a […] (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
[…]
Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)
Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.
Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)
Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, […]
(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.
(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern: a. mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder, b. Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.
3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakte durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.
Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung seit 17.01.2024 in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen. Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Der BF wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung seiner Abschiebung in Schubhaft angehalten.
3.1.4. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.
Gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF behinderte seine Rückkehr bzw. Abschiebung, indem er mehrfach untertauchte, sich dadurch dem Zugriff der Behörden entzog und keine seine Identität bescheinigende Dokumente vorlegte, obwohl ihm die Beschaffung zumindest einer Kopie seines Reisedokumentes möglich wäre. Der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG ist somit erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise „Fluchtgefahr“ zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Zuletzt wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.12.2023 gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es liegt daher eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der BF seinem ersten in Österreich geführten Asylverfahren entzogen hat und er auch nach der Zustellung des Bescheides vom 11.12.2023 untergetaucht ist, um seine Abschiebung zu erschweren, ist insgesamt auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.
Der BF stellte am 17.10.2023 nach seiner Rücküberstellung aus der Schweiz einen Folgeantrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu diesem Zeitpunkt lag die mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 19.10.2022 erlassene Rückkehrentscheidung vor. Es ist daher auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 5 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Diese Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass es für das Vorliegen von Fluchtgefahr darauf ankommt, dass keine maßgebliche – der Annahme einer Entziehungsabsicht entgegenstehende – soziale Verankerung des Fremden in Österreich vorliegt, was an Hand der genannten Parameter zu beurteilen ist (VwGH 16.04.2021, Ra 2020/21/0037). Der BF hat keine familiären oder substantiellen sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich. Der BF ging in Österreich keinen legalen beruflichen Tätigkeiten nach und verfügt weder über Einkommen noch über für seine Selbsterhaltungsfähigkeit ausreichende finanzielle Mittel noch über einen gesicherten Wohnsitz. Es ist auch weiterhin der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG erfüllt.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 5 und 9 FPG vor und ist auch erheblicher Sicherungsbedarf gegeben, zumal das Vorverhalten des BF insbesondere unter Berücksichtigung seiner Rückkehrunwilligkeit ein erhöhtes Risiko des Untertauchens ergeben hat. So hat sich der BF bereits einem Asylverfahren in Österreich durch unrechtmäßige Weiterreise in die Schweiz entzogen und ist auch nach Abschluss seines zweiten Asylverfahrens untergetaucht, um einer Abschiebung zu entgehen. Es ist daher davon auszugehen, dass er bei seiner Entlassung aus der Schubhaft neuerlich untertauchen wird, um weiterhin unrechtmäßig im Bereich der Mitgliedstaaten zu verbleiben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist. Es ist daher insgesamt weiterhin von erheblichem Sicherungsbedarf auszugehen.
3.1.5. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Der BF ist zwar in Österreich nicht straffällig geworden, er hat aber durch die unrechtmäßige Einreise in das Bundesgebiet, durch die Stellung von zwei unbegründeten Anträgen auf internationalen Schutz, durch die unrechtmäßige Weiterreise in die Schweiz und den dort von ihm gestellten Antrag auf internationalen Schutz sowie durch die Verweigerung der Vorlage identitätsbezeugender Dokumente und seinem mehrfachen Untertauchen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er seine fremdenrechtlichen Verpflichtungen nicht beachtet. Insbesondere ist auch aufgrund der vom BF während seiner Anhaltung in Schubhaft angetretenen Hungerstreiks evident, dass er nicht bereit ist, mit den Behörden zu kooperieren. Insbesondere ist festzuhalten, dass der BF in der mündlichen Verhandlung am 03.07.2024 angab, dass es ihm möglich sei, eine Kopie seines Reisepasses dem Bundesamt vorzulegen und wurde ihm dies vom Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung auch ausdrücklich aufgetragen. Statt seiner Mitwirkungsverpflichtung aber nachzukommen, trat der BF am 05.07.2024 bereits zum fünften Mal in den Hungerstreik, um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erpressen. Eine Kopie seines Reisepasses hat er nach wie vor nicht vorgelegt. Durch die gegen den BF bestehende rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme in Verbindung mit dem erlassenen Einreiseverbot hat die Republik Österreich zudem ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland keine rechtliche Deckung findet. Daraus lässt sich insgesamt ein hohes öffentliches Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF klar erkennen.
Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass aufgrund der fehlenden familiären und sozialen Verankerung des BF in Österreich dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Abschiebung ein höherer Stellenwert zukommt. Der BF konnte keine legale Erwerbstätigkeit und keine familiären oder substantiellen sozialen Kontakte im Inland vorweisen, die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten seiner Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Die persönlichen Interessen des BF wiegen daher weniger schwer als das erhöhte öffentliche Interesse an der Sicherung der Beendigung seines unrechtmäßigen Aufenthaltes. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere auch, dass der BF bereits in seinem ersten Asylverfahren in Österreich kein Interesse zeigte, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten, da er bereits wenige Tage nach der Stellung des Asylantrages untertauchte und unrechtmäßig in die Schweiz weiterreiste.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der BF aufgrund seiner gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist. Der BF leidet zwar seit seiner Kindheit an Epilepsie, wird dahingehend jedoch medikamentös behandelt. Er erhält im PAZ regelmäßig psychologische und medizinische Betreuung und ist physisch und psychisch stabil. Eine adäquate Behandlung des BF im PAZ ist sichergestellt.
Der BF wird seit 17.01.2024 in Schubhaft angehalten. Die Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist insbesondere auf seine mangelnde Mitwirkung im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zurückzuführen, da er zwar über ein Reisedokument verfügt, sich jedoch bisher geweigert hat, dieses Dokument oder auch nur Kopien dieses Dokumentes vorzulegen, obwohl ihm dies nach seinen eigenen Angaben möglich wäre. Verzögerungen in der Sphäre des Bundesamtes sind nicht zu erkennen. Da die algerische Vertretungsbehörde jedoch grundsätzlich Heimreisezertifikate ausstellt, die Dauer des Verfahrens von Fall zu Fall verschieden ist, jedenfalls mehrere (durchschnittlich vier bis sechs) Monate in Anspruch nimmt, nunmehr erst knapp sechs Monate vergangen sind, ist die Identifizierung des BF durch die algerischen Behörden sowie die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF, dessen algerische Staatsangehörigkeit bereits im Interview vor der Vertretungsbehörde bestätigt worden ist, maßgeblich wahrscheinlich. Der BF ist für seine andauernde Anhaltung in Schubhaft durch die Verweigerung der Vorlage identitätsbezeugender Unterlagen selbst verantwortlich. Da die Feststellung seiner Identität deshalb bisher nicht möglich war, kann er gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG für höchstens 18 Monate in Schubhaft angehalten werden.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Überprüfung der Daten bei Nichtvorlage identitätsbezeugender Dokumente mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. Da gemäß § 80 Abs. 4 Z 1 FPG die Schubhaft 18 Monate lang aufrechterhalten werden kann und der BF seit 17.01.2024 in Schubhaft angehalten wird, fehlen somit zur Erreichung der Höchstdauer noch ca. 9 weitere Monate und ist eine Identifizierung des BF aufgrund der Feststellung seiner algerischen Staatsangehörigkeit, die Ausstellung des Heimreisezertifikates sowie die Abschiebung des BF innerhalb dieses Zeitraums maßgeblich wahrscheinlich.
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
3.1.6. Zu prüfen ist weiters, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kommt schon auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht in Betracht. Aufgrund des Vorverhaltens des BF und seiner mangelnden Vertrauenswürdigkeit ist ein gelinderes Mittel zur Erreichung des Sicherungszweckes keinesfalls als ausreichend. Neben dem Untertauchen des BF bereits in seinem ersten Asylverfahren, seiner unrechtmäßigen Weiterreise in die Schweiz und die dort erfolgte weitere Antragstellung, der Stellung eines weiteren unberechtigten Antrages auf internationalen Schutz trotz Vorliegens einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und seinem neuerlichen Untertauchen nach Zustellung des verfahrensbeendenden Beschlusses zur Vereitelung der Abschiebung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der BF in der Schubhaft bisher fünf Mal versucht hat, durch Hungerstreik seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen. Während er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 03.07.2024 angab, dass es ihm möglich sei zumindest eine Kopie seines Reisepasses dem Bundesamt vorzulegen, unterließ er es identitätsbezeugende Beweismittel vorzulegen, sondern trat stattdessen neuerlich in Hungerstreik. Durch dieses Verhalten zeigt sich, dass beim BF keinerlei Vertrauenswürdigkeit vorliegt, die jedoch unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung eines gelinderen Mittels ist.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels ist daher unter Berücksichtigung des vom BF seit seinem ersten in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz gezeigten Verhaltens, das auf die Verhinderung seiner Abschiebung ausgerichtet war, weiterhin keinesfalls ausreichend, um den Sicherungszweck zu erfüllen und kommt daher auch weiterhin nicht in Betracht.
3.1.7. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
3.1.8. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt ist und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat. Zu sämtlichen Ermittlungsergebnissen wurde zudem Parteiengehör gewährt. Die Stellungnahme der HRZ-Fachabteilung vom 21.08.2024 enthält konkrete Ausführungen, denen der BF – wie unter Punkt II.2.3.7. ausgeführt – nicht substantiiert entgegen getreten ist. Zum amtsärztlichen Befund und Gutachten vom 22.08.2024 wurde keine Stellungnahme abgegeben.
3.2. Zu Spruchteil B. - Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.