Spruch
G315 2292629-1/19E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M., als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Litauen, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2024, Zahl: XXXX , betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots, die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.08.2024:
A) Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (BFA bzw. belangte Behörde) vom 23.04.2024 wurde gegen den aktuell in Strafhaft befindlichen Beschwerdeführer (BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 6 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ein Durchsetzungsaufschub gemäß § 70 Abs. 3 FPG nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Der Bescheid sowie die Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG hinsichtlich der zustehenden Rechtsberatung – jeweils vom 23.04.2024 – wurden dem BF in der Haft am 24.04.2024 durch persönliche Übergabe zugestellt.
2. Mit Schreiben vom 21.05.2024 brachte der BF über seine bevollmächtigte Rechtsvertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Dies mit den Anträgen eine mündliche Beschwerdeverhandlung inklusive Einvernahme des BF und der beantragten Zeugin anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen, in eventu – allenfalls nach Verfahrensergänzung – Spruchpunkt I. dahingehend abzuändern, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes geringer bemessen wird und Spruchpunkt II. dahingehend abzuändern, dass ein Durchsetzungsaufschub in der Dauer von einem Monat erteilt wird. Zudem wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeregt. Die Beschwerde richtete sich gegen sämtliche Spruchpunkte.
3. Mit Schreiben vom 24.05.2024 – eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 28.05.2024 – legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde samt der zugehörigen Verwaltungsakten vor und beantragte diese als unbegründet abzuweisen.
4. Am 12.08.2024 fand vor dem BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des BF, dessen Rechtsvertreter, einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch und der Zeugin Rita XXXX , statt. Die belangte Behörde erschien entschuldigt nicht.
Zumal das Verhandlungsprotokoll aus technischen Gründen nicht gedruckt und unterschrieben werden konnte, wurde dies dem BF nachträglich übermittelt und ihm die Möglichkeit gegeben, bis spätestens 16.08.2024 eine Stellungnahme abzugeben. Auf Bitte der Rechtsvertretung des BF wurde diese Frist in der Folge bis zum 30.08.2024 erstreckt.
5. Mit Schreiben vom 28.08.2024 – eingelangt beim BVwG am selben Tag – wurde durch die bevollmächtigte Rechtsvertretung des BF mitgeteilt, dass die Beschwerde vom 21.05.2024 zurückgezogen wird („Mit dem vorliegenden Schriftsatz wird die Beschwerde vom 21.05.2024 zurückgezogen.“).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird auch als relevanter Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der relevante Sachverhalt bzw. Verfahrensgang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden, widerspruchsfreien Aktenlage fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A): Einstellung des Verfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde:
Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG idgF BGBl. I Nr. 57/2018 die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Dazu stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, klar: "Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde“ (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5; die Einstellung in Beschlussform im Fall der Zurückziehung der Beschwerde bejahend auch Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 VwGVG Rz 7, Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz 112, Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit4 232, Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 13 Rz 42, Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts3 Rz 191)" (so auch VwGH 09.06.2016, Ra 2016/02/0137, Rz 4).
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen und die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 7 VwGVG, Rz 20; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 7 VwGVG, K 5 ff.).
Die Zurückziehung einer Berufung ist ebenso wie ein Rechtsmittelverzicht eine unwiderrufliche Prozesserklärung, die mit dem Einlangen der betreffenden Erklärung bei der Behörde rechtsverbindlich und damit wirksam wird, und zwar ohne dass es einer formellen Annahmeerklärung der Behörde bedürfte. Ob die Partei im Zeitpunkt, da sie die Zurückziehung der Berufung erklärte, anwaltlich vertreten war oder nicht, spielt keine Rolle (vgl. VwGH 18.11.2008, 2006/11/0150).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zu Berufungen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 63, Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Der BF war rechtsfreundlich vertreten. Mit Schreiben vom 28.08.2024 an das BVwG zog die Rechtsvertretung die gegenständliche Beschwerde ausdrücklich zurück. Es handelte sich dabei um eine eindeutige Erklärung (Arg.: „Mit dem vorliegenden Schriftsatz wird die Beschwerde vom 21.05.2024 zurückgezogen“). Am Willen die Beschwerde zurückzuziehen besteht somit kein Zweifel.
Da die gegenständliche Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde, ist das Verfahren rechtskräftig entschieden und war daher mit Beschluss einzustellen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.