Spruch
G305 2292077-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde der serbischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die Dr. MAUHART Rechtsawalts GmbH in 4040 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , sowie den Vorlageantrag über die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .2024 betreffend die Erlassung einer Ausweisung nach einer am 20.06.2024 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt (A) und beschlossen (B):
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Bescheid vom XXXX .2024 sowie die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .2024 bestätigt.
B) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (BF) heiratete am XXXX .2020 in Serbien einen ungarischen Staatsangehörigen, der im Besitz einer Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer ist. Sie reiste in der Folge ins Bundesgebiet ein und stellte hier im Dezember 2020, gestützt auf diese Ehe, bei der Niederlassungsbehörde (Magistrat der Stadt XXXX ) einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte. Dieser Antrag wurde am XXXX .2021 abgewiesen.
2. Ob des Verdachts, eine Aufenthaltsehe eingegangen zu sein, wurden seitens der Niederlassungsbehörde Ermittlungsschritte durch die Landespolizeidirektion XXXX erbeten und folgten im März und April 2021 jeweils niederschriftliche Einvernahmen der BF und ihres damaligen Ehegatten vor der Niederlassungsbehörde und der Landespolizeidirektion XXXX .
3. Im April 2021 wurde ein von der Staatsanwaltschaft XXXX geführtes Ermittlungsverfahren wegen Eingehens einer Aufenthaltsehe nach § 117 FPG eingestellt.
4. Am 14.09.2021 stellte sie erneut einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Angehörige eines EWR-Bürgers, woraufhin ihr ein solcher Aufenthaltstitel mit Gültigkeit bis XXXX .2026 vom Magistrat der Stadt XXXX ausgestellt wurde.
5. Am XXXX .2023 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden. Mit Schreiben vom XXXX .2024 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden belangte Behörde oder kurz: BFA) gemäß § 55 NAG hierüber informiert.
6. Am 20.02.2024 wurde die BF niederschriftlich von einem Organ des BFA einvernommen.
7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX .2024, Zl. XXXX , sprach die belangte Behörde aus, dass die BF gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihr gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt werde (Spruchpunkt II.).
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen kurz zusammengefasst damit, dass die BF zwar die Voraussetzungen für die Eigenschaft als Arbeitnehmerin erfülle, ihre Ehe jedoch knapp weniger als drei Jahre angedauert hätte. Sie führe kein Familienleben im Bundesgebiet und lasse sich aus ihren Angaben auch kein herausragendes Privatleben erkennen, woran auch ihre unbestritten sehr guten Deutschkenntnisse nichts änderten. Soziale Bindungen in Form eines Freundeskreises hätten nicht festgestellt werden können. Unter Bedachtnahme dieser Überlegungen sei eine Ausweisung als verhältnismäßig zu betrachten.
8. Die gegen diesen, ihr am 26.02.2024 persönlich zugestellten Bescheid erhobene Beschwerde verband die BF mit den Anträgen., dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und das gegen sie eröffnete Verfahren eingestellt werden möge (gemeint wohl: beheben), in eventu der Bescheid aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen, eine mündliche Verhandlung anberaumt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden möge.
Ihre Beschwerde begründete sie im Wesentlichen kurz zusammengefasst damit, dass die belangte Behörde die auf sie ausgestellte Aufenthaltskarte falsch datiert und auch der falschen Niederlassungsbehörde zugeordnet hätte. Dies ließe darauf schließen, dass nicht der gesamte Akt der Entscheidung zugrunde gelegen habe. Es werde außer Streit gestellt, dass die gemeinsame Ehe mit XXXX gelöst worden sei und die Scheidung wenige Tage vor dem Ende der Dreitagesfrist erfolgt sei. Ein Hinwarten auf das Ende der Frist sei ob der Verfehlungen des Ex-Ehegatten nicht möglich gewesen und könne ihre daher nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es werde ausdrücklich bestritten, dass keine außergewöhnlichen Privatkontakte bestünden, schließlich könnten zahlreiche Zeugen stellig gemacht bzw. entsprechende Erklärungen vorgelegt werden, zudem führe sie eine Lebensgemeinschaft. Die BF sei zudem in den letzten Jahren lediglich fünf bis sechs Mal zu Urlaubszwecken im Heimatland gewesen und sei daher eine Verfestigung im Bundesgebiet anzunehmen, sodass eine Ausweisung nicht zulässig sei. Es bestehe keine schwerwiegende Gefahr für die Republik Österreich, eine solche werde im Bescheid zwar angeführt, nicht jedoch begründet.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .2024 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Begründung folgt weitestgehend jener des angefochtenen Bescheides. Hinsichtlich der Beschwerde wurde angeführt, dass sie keinerlei konkrete Angaben zu ihrem Freundeskreis gemacht habe, aus welchem sich ein außergewöhnliches Privatleben ableiten ließe. Auch habe die BF, trotz konkreter Frage danach, nicht erwähnt, dass sie eine Lebensbeziehung führen würde.
10. In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag moniert die Rechtsvertretung der BF, dass die Erstbehörde den ehemaligen Ehegatten der BF hätte einvernehmen müssen, weshalb nunmehr dessen Einvernahme im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG beantragt werde. Sie sei zudem in einer aufrechten Ausbildung und beabsichtige sie, eine Ausbildung zur Hochbautechnikerin abzuschließen.
11. Am 13.05.2024 brachte die belangte Behörde den Bescheid vom 21.02.2024, die dagegen erhobene Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .2024 und den dagegen erhobenen Vorlageantrag sowie die Bezug habenden Akten des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens zur Vorlage und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
12. Am 20.06.2024 fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt, bei der die BF im Beisein ihres Rechtsvertreters als Partei befragt wurde. Ein Behördenvertreter blieb der Verhandlung fern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF wurde am XXXX in der serbischen Stadt XXXX geboren und ist serbische Staatsangehörige. Ihre Muttersprache ist Serbisch. Sie weist sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Englischkenntnisse auf.
In ihrer Heimat besuchte sie die 12 Jahre die Schule, welche sie mit der Matura abschloss, und studierte sie im Anschluss daran sechs Semester Innenarchitektur in XXXX . Ihr Studium wurde von ihren Eltern finanziert. In Serbien war die BF zu keinem Zeitpunkt erwerbstätig.
1.2. Am XXXX .2020 heiratete sie in der serbischen Stadt XXXX , den ungarischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX . Ihm wurde am XXXX .2017 eine unbefristete Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer ausgestellt.
Der Ehe entstammen keine Kinder und ist die BF daher frei von Sorgepflichten.
Die Ehe wurde am XXXX .2023 rechtskräftig geschieden, nachdem sich das Paar wegen unterschiedlicher Zukunftspläne auseinandergelebt hatte. Die Ehe hat weniger als drei Jahre angedauert.
Der nunmehrige Ex-Ehegatte der BF lebt getrennt von ihr in der Nähe von XXXX .
1.3. Gestützt auf die seinerzeit mit ihm geschlossene Ehe beantragte die BF erstmals am 22.12.2020 bei beim Magistrat der Stadt XXXX die Erteilung einer Aufenthaltskarte als Angehörige eines EWR-Bürgers.
Nachdem ein wegen des Verdachtes des Eingehens einer Aufenthaltsehe geführtes Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft XXXX im April 2021 eingestellt worden war, beantragte die BF im September 2021 erneut die Erteilung einer Aufenthaltskarte als Angehörige eines EWR-Bürgers, woraufhin ihr ein solcher Aufenthaltstitel am XXXX .2021 mit Gültigkeit bis XXXX .2026 vom Magistrat der Stadt XXXX ausgestellt wurde.
Nachdem die Niederlassungsbehörde Kenntnis von der Ehescheidung erhalten hatte, wurde ein dementsprechendes Verfahren zur Aberkennung des Aufenthaltstitels eingeleitet, da sie die Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt nicht erfüllt.
1.4. Die BF ist im Besitz eines bis XXXX .2030 gültigen serbischen Reisepasses zur Nummer XXXX .
1.5. Seit Dezember 2020 scheint eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet bei ihr auf.
1.6. Die Eltern der BF und zwei Brüder leben in Serbien, in Österreich hat sie keine nahen Verwandten oder engere Bindungen. Zuletzt hielt sie sich im März 2024 in ihrem Heimatort auf. Ihr Vater und ihre beiden Brüder sind jeweils berufstätig, ihre Mutter ist Hausfrau. Zu ihren Familienmitgliedern steht sie über soziale Medien und Besuche in Serbien in Kontakt.
Sie hat keine nennenswerten privaten Bindungen im Bundesgebiet, ist jedoch Mitglied in einem Tierschutzverein und beim Samariterbund
1.7. Die BF ist weitestgehend gesund und arbeitsfähig.
Erstmals im September 2021 war sie in Österreich erwerbstätig. Von XXXX .2021 bis XXXX .2021, XXXX .2021 bis XXXX .2021, XXXX .2021 bis XXXX .2022, XXXX .2022 bis XXXX .2022, XXXX .2022 bis XXXX .2022 sowie von XXXX .2022 bis XXXX .2023 und zuletzt von XXXX .2024 bis XXXX .2024 war sie vollversichert erwerbstätig. Von XXXX .2021 bis XXXX .2021, von XXXX .2021 bis XXXX .2022, am XXXX .2022 und am XXXX .2022, von XXXX .2022 bis XXXX .2022, von XXXX .2023 bis XXXX .2023, von XXXX .2023 bis XXXX .2024 und von XXXX .2024 bis zuletzt XXXX .2024 war sie geringfügig erwerbstätig. In dazwischenliegenden Zeiträumen bezog sie Arbeitslosengeld, Notstands- und Überbrückungshilfe. Seit dem XXXX .2024 ist sie im Bezug von Notstands- und Überbrückungshilfe gestanden.
Seit März 2024 absolviert sie eine Ausbildung an der XXXX . Diese dauert etwa zwei Jahre. Zudem hat sie im Oktober 2024 mit einer zusätzlichen Ausbildung als Hochbautechnikerin begonnen. Bei den Ausbildungen handelt es sich um teilgeblockte Veranstaltungen.
Zusätzlich steht sie dem österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung.
1.8. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.
Abgesehen davon liegen bei ihr keine rechtskräftigen Bestrafungen wegen einer Verwaltungsübertretung vor.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und dem Gerichtsakt des BVwG.
Die Personalia der BF (sohin deren Namen, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) waren auf Grund ihrer konsistenten Angaben zu ihrer Person im Verwaltungsakt, vor der Niederlassungsbehörde und dem BVwG festzustellen. Ihre Personalia sind auch den öffentlichen Registern, mit denen sie im Einklang stehen, zu entnehmen, sowie ihrem als Datenblattkopie vorliegenden Reisepass.
Die Konstatierungen zur Schul- und Berufsausbildung der Beschwerdeführerin ergeben sich, ebenso wie jene zu ihren Sprachkenntnissen, aus ihren plausiblen Angaben vor dem BVwG. Ein ÖSD-Zertifikat liegt dem Verwaltungsakt zwar nicht ein, jedoch konnten ob der Verständigung auf Deutsch während der mündlichen Verhandlung gute Deutschkenntnisse festgestellt werden.
Die familiären Bindungen in Serbien konnten ob der nachvollziehbaren und glaubhaften Abgaben der BF vor dem BVwG festgestellt werden, hieraus ergibt sich auch der regelmäßige Kontakt und der letzte Aufenthalt in Serbien im März 2024. Die in der Beschwerde vorgebrachte Lebensbeziehung wurde von ihr aber auch ihrer Rechtsvertretung vor dem BVwG nicht erwähnt, weshalb Feststellungen diesbezüglich unterbleiben konnten.
Die BF selbst hatte vor dem BVwG angegeben, keine nennenswerten beruflichen und privaten Bindungen in und zu Österreich zu haben, weshalb dementsprechende Feststellungen getroffen werden konnten. Ihre Vereinsmitgliedschaften sind durch dementsprechende Bestätigungen belegt.
Die Meldedaten der BF sind dem ZMR entnommen. Hieraus ergibt sich auch ihr durchgehender Inlandsaufenthalt der BF seit Dezember 2020.
Ihre Erwerbstätigkeit ist durch ihre Versicherungsdaten belegt. Die Tatsache, dass sie derzeit im Bezug von Notstands- und Überbrückungshilfe steht belegt, dass sie dem österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Gleiches ist auch durch ihre in Kopie vorliegende Aufenthaltskarte belegt, aus welcher ihr Zugang zum Arbeitsmarkt hervorgeht.
Die Ausbildungen im Bauwesen ergeben sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Anmeldebestätigungen des XXXX und der XXXX (Beilagen ./B bis ./E zum VH-Protokoll vom 20.06.2024 sowie Seite 11 Mitte und AS 131). Aus diesen Bestätigungen geht auch hervor, dass es sich hier um teilgeblockte Ausbildungen handelt.
Die Heiratsurkunde der BF liegt, so wie das Scheidungsurteil, dem Akt ein (AS 13 und 93). Aus beiden ergibt, sich, dass die Ehe kürzer als drei Jahre angedauert hat.
Die ihrem Ex-Ehegatten ausgestellte Anmeldebescheidnigung ist im IZR dokumentiert und liegt als Kopie dem Akt ein (AS 18). Aus dem IZR ergeben sich zudem der zunächst erfolglose Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitel durch die BF sowie die Ausstellung eines solchen durch das Magistrat XXXX im August 2021.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF geht aus dem Strafregister hervor.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A.): Abweisung der Beschwerde
3.1.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Die BF ist Staatsangehörige von Serbien und damit Fremde gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Trotz ihrer Scheidung gilt sie jedoch weiterhin als begünstigte Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zumal noch kein Ausspruch nach § 54 Abs. 7 NAG vorliegt.
§ 66 FPG („Ausweisung“) lautet:
„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“
§ 54 NAG („Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“) lautet:
(1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
[…]
(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und
1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;
4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder
5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.
(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.
(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.
§ 55 NAG („Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate“) lautet:
„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."
Die BF befindet sich seit Dezember 2020 im Bundesgebiet und ist bereits am XXXX .2020 eine Ehe mit einem ungarischen Staatsangehörigen eingegangen. Die Scheidung erfolgte am XXXX .2023, also wenige Wochen, bevor die Ehe die gesetzlich geforderten drei Jahre angedauert hätte. Die belangte Behörde hat der BF zu Recht die Eigenschaft als Arbeitnehmerin zugesprochen, zumal sie derzeit zwar arbeitssuchend ist und Notstands- und Überbrückungshilfe bezieht, der Arbeitsvermittlung jedoch zur Verfügung steht. Auch ist der Behörde beizupflichten, dass die Ehe nachweislich weniger als drei Jahre angedauert hat.
Es begegnet folglich keinen Bedenken, dass von Seiten der belangten Behörde festgestellt wurde, dass das Aufenthaltsrecht der BF nicht aufrecht bleibt, da die gesetzlich determinierten kumulierten Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft UND der drei Jahre andauernden Ehe nicht erfüllt sind.
Gemäß § 9 BFA-VG ist eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben einer Fremden eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Gemäß § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 NAG in der Regel nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird gemäß § 53a Abs. 2 NAG nicht unterbrochen von Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr (Z 1), Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten (Z 2) oder durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung (Z 3).
3.1.2. Das BVwG hat sich nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH an die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu halten (vgl. VwGH vom 27.07.2017, Ra 2016/22/0066).
3.1.3. Sie befindet sich seit Dezember 2020 durchgehend im Bundesgebiet und hält sich demnach nicht länger als fünf Jahre im Bundesgebiet auf und kann gemäß § 66 Abs. 1 FPG ausgewiesen werden, wenn ihr aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt und die nach Art 8 EMRK iVm § 9 BFA-VG vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung ihr persönliches Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.
3.1.4. Die BF verfügt nach eigener Angabe zwar über eigene Mittel zur Bestreitung ihres Aufenthalts, steht allerdings seit August 2024 wieder im Bezug von Notstands- und Überbrückungshilfe. Sie hat nach eigenen Angaben keine nennenswerten privaten oder beruflichen Bindungen im Bundesgebiet, die einen weiteren Verbleib notwendig machen würden. Nach der Ehescheidung sind auch keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte mehr zu erkennen, die für einen Verbleib im Bundegebiet sprechen könnten. Dem gegenüber steht ihr nach wie vor gegebener, starker Bezug zu Serbien, wo ihre Familie lebt und sie sich bis vor ihrem Umzug nach Österreich aufgehalten hatte. Zusätzlich ist sie in regelmäßigem Kontakt mittels sozialer Medien aber auch Besuchen bei der Familie. Es wird nicht übersehen, dass sie in der kurzen Zeit ihres Aufenthalts sehr gute Deutschkenntnisse erworben hat und sich im Bundesgebiet in Ausbildung befindet sowie Mitglied zweier Vereine ist. Diese kann sie jedoch auch unter Einhaltung ihres visumfreien Aufenthalts fortsetzen und ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsverhältnisse erst nach Beendigung der Ehe eingegangen wurden und sie sich daher auch deren ungewissen Ausganges bewusst sein musste. Zudem ist es ihr möglich, von Serbien aus eine Legalisierung ihres Aufenthalts im Bundegebiet anzustreben.
Die BF hat im Bundesgebiet keine familiären oder wesentlichen sozialen Bindungen. Es liegen auch keine Hinweise auf eine tiefgehende Integration oder Verfestigung des Lebensmittelpunktes vor, weshalb eine Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr Privat- oder Familienleben darstellt, zumal eine Wiedereinreise – auch zur Absolvierung ihrer Ausbildungen – nicht ausgeschlossen ist.
Da keinerlei Normen einer Ausweisung der BF im Weg stehen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.
Damit einhergehend begegnet es auch keinen Bedenken, dass der BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat nach Rechtskraft der Entscheidung gewährt wurde.
3.2. Zu Spruchteil B.):
Da der Beschwerde zu keinem Zeitpunkt die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, sondern der BF vielmehr ein Durchsetzungsaufschub gewährt, ist die Beschwerde diesbezüglich als unzulässig zurückzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil C.): Unzulässigkeit der Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erlassung von Einreiseverboten und zur Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.