Spruch
W269 2291455-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und Peter STATTMANN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas MAJOROS, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 11.03.2024, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 18.04.2024, Zl. XXXX , betreffend den Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum von 42 Tagen ab 29.02.2024 gemäß § 38 iVm § 10 AlVG zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 3 AlVG stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung in Gewährung der gänzlichen Nachsicht vom Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe im Zeitraum von 42 Tagen ab 29.02.2024 ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stand zuletzt vom 06.04.2020 bis 14.07.2021 in einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis. Vom 16.07.2021 bis 30.06.2024 stand sie mit zwischenzeitigen Unterbrechungen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Seit dem 01.07.2024 steht sie in einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis.
2. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS oder belangte Behörde) vom 11.03.2024 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für 42 Tage ab 29.02.2024 verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, das AMS habe am 29.02.2024 Kenntnis darüber erlangt, dass die Beschwerdeführerin das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen Beschäftigung bei der Firma XXXX ohne triftigen Grund nicht angenommen habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte darin aus, sie habe ordnungsgemäß bei der potentiellen Dienstgeberin angerufen, um einen Termin für ein Vorstellungsgespräch zu vereinbaren. Die potentielle Dienstgeberin habe ein Vorstellungsgespräch für den nächsten Tag vorgeschlagen, doch habe sie geantwortet, dass es an diesem Tag leider nicht möglich sei. Die potentielle Dienstgeberin habe daraufhin mitgeteilt, dass sie sich bewerben müsse und auf einer Vorstellung am nächsten Tag beharrt. Die Beschwerdeführerin habe sich in weiterer Folge um eine Terminvereinbarung für die darauffolgende Woche bemüht, doch sei die potentielle Dienstgeberin ungehalten gewesen und habe diese das Gespräch mit der Ankündigung beendet, dass beim AMS ihre Arbeitsunwilligkeit vermerkt werde. Es liege gegenständlich keine sanktionierbare Vereitelungshandlung vor, da sie sich während des gesamten Telefonats um einen Termin für ein Vorstellungsgespräch bemüht habe.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.04.2024 wies das AMS die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.03.2024 ab. Begründend führte das AMS aus, im Rahmen der freien Beweiswürdigung seien die Angaben der potentiellen Dienstgeberin glaubwürdiger als jene der Beschwerdeführerin. Demnach habe die Beschwerdeführerin im Zuge des Telefongesprächs mit der potentiellen Dienstgeberin deutlich erkennen lassen, kein Interesse an der angebotenen Stelle zu haben und damit das mögliche Zustandekommen eines Dienstverhältnisses vereitelt.
5. Die Beschwerdeführerin beantragte fristgerecht die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht und führte aus, dass sie bereits umfassende Vorbereitungslehrgänge für eine Tätigkeit in einem Schönheitsberuf abgeschlossen habe und demnach eine Vereitelung ihrerseits keinen Sinn ergebe. Sie sei bemüht, ihre Arbeitslosigkeit schnellstmöglich zu beenden und habe sie sich bereits für eine Stelle als freizeitpädagogische Assistentin bei der XXXX beworben. Sie habe nach dem erfolgreichen Bewerbungsgespräch sofort eine Zusage erhalten, als konkreter Arbeitsbeginn stehe nun der 01.07.2024 fest. Da sie innerhalb der Sanktionsfrist ernsthafte und konsequente Bemühungen zur Beschäftigungsaufnahme gesetzt habe, seien diese als berücksichtigungswürdiger Nachsichtsgrund zu würdigen.
6. Am 06.05.2024 wurde die gegenständliche Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlageschreiben verwies das AMS im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung und führte ergänzend aus, dass nach Ansicht des AMS selbst bei Zustandekommen eines Dienstverhältnisses ab 01.07.2024 eine Nachsichtsgewährung nicht in Betracht komme.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.05.2024 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, den Schriftverkehr zur Bewerbung für die Stelle als freizeitpädagogische Assistentin bei der XXXX vorzulegen. Zudem wurde der Beschwerdeführerin das Vorlageschreiben der belangten Behörde zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.
In weiterer Folge wurden seitens der Beschwerdeführerin Ausdrucke über den Bewerbungsverlauf für die Stelle als Assistenz der Freizeitpädagogik beim Unternehmen XXXX vorgelegt.
8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.07.2024 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, ihren Dienstvertrag über die Beschäftigung als Assistenz der Freizeitpädagogik sowie eine Bestätigung des Arbeitgebers über ihren Dienstantritt mit 01.07.2024 vorzulegen.
In weiterer Folge wurden seitens der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin der entsprechende Dienstvertrag vom 24.05.2024, eine Bestätigung über die Anmeldung zur Sozialversicherung sowie eine vom Dienstgeber unterfertigte Bestätigung über den Dienstantritt mit 01.07.2024 in Vorlage gebracht.
9. Die vorgelegten Unterlagen wurden der belangten Behörde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2024 zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
Mit Stellungnahme vom 03.10.2024 sprach sich das AMS angesichts der Bewerbungsbemühungen bereits innerhalb der Ausschlussfrist für die Gewährung einer Nachsicht aus.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführerin stand zuletzt vom 06.04.2020 bis 14.07.2021 in einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis. Seit dem 16.07.2021 bezieht sie Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, seit dem 07.08.2023 steht sie mit zwischenzeitigen Unterbrechungen im Bezug von Notstandshilfe.
Am 21.02.2024 wurde der Beschwerdeführerin das verfahrensgegenständliche Stellenangebot als Friseurin beim Unternehmen XXXX übermittelt. Die Beschwerdeführerin meldete sich entsprechend der Stellenzuweisung telefonisch bei der potentiellen Dienstgeberin, doch ergaben sich beim Telefongespräch Differenzen hinsichtlich der Terminfindung für ein Vorstellungsgespräch. Das Telefonat endete daraufhin ergebnislos.
Mit Bescheid des AMS vom 11.03.2024 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Notstandshilfe für 42 Tage ab dem 29.02.2024 verloren habe, da sie die zugewiesene Beschäftigung ohne triftigen Grund nicht angenommen habe.
Die Beschwerdeführerin bewarb sich am 05.03.2024 für eine Stelle als Assistenz der Freizeitpädagogik beim Unternehmen XXXX . Am 14.03.2024 erhielt die Beschwerdeführerin diesbezüglich die Rückmeldung, dass das Bewerbungsverfahren aufgrund der hohen Anzahl von Bewerbungen bis Ende des Monats dauern werde. Am 28.03.204 wurde der Beschwerdeführerin eine Einladung zum Vorauswahlverfahren am 10.04.2024 übermittelt. In weiterer Folge erhielt die Beschwerdeführerin am 16.04.2024 die Rückmeldung, dass sie beim Auswahlverfahren überzeugt habe und daher eine Zusage für die Stelle ausgesprochen werden könne. Am 29.04.2024 erging die Mitteilung an die Beschwerdeführerin, dass die Ausbildung zur „Assistenz der Freizeitpädagogik“ am 01.07.2024 starten werde. Schließlich wurde der Beschwerdeführerin am 08.05.2024 der Dienstvertrag für ein unbefristetes Dienstverhältnis im Ausmaß von 32 Wochenstunden übermittelt.
Am 01.07.2024 nahm die Beschwerdeführerin schließlich das – bis dato aufrechte – vollversicherte Dienstverhältnis beim Unternehmen XXXX auf.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und den nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakt.
Die Feststellungen zum letzten Beschäftigungsverhältnis der Beschwerdeführerin und zum Bezug der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergeben sich aus dem Versicherungsverlauf sowie dem Datenauszug des AMS.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin am 21.02.2024 das verfahrensgegenständliche Stellenangebot übermittelt wurde, ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt und wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin telefonisch bei der potentiellen Dienstgeberin gemeldet hat, dieses Telefonat jedoch wegen Differenzen hinsichtlich der Terminfindung für ein Vorstellungsgespräch ergebnislos endete, beruht ebenfalls auf dem vorliegenden Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Bewerbungsablauf für die Stelle als Assistenz der Freizeitpädagogik beim Unternehmen XXXX und der Beschäftigungsaufnahme mit 01.07.2024 ergeben sich aus den von der Beschwerdeführerin in Vorlage gebrachten Ausdrucken über den elektronischen Schriftverkehr. Dass dieses Beschäftigungsverhältnis aktuell aufrecht ist, ergibt sich durch Einsicht in die Versicherungsdaten der Beschwerdeführerin.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten auszugsweise:
„Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) – (8) …
§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. …
3. …
4. …
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) …
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) …
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
3.3. Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an (wie etwa Sorgepflichten, vgl. VwGH 16.05.1995, 94/08/0150; 20.10.2010, 2007/08/0231; 12.09.2012, 2009/08/0247; 04.09.2013, 2011/08/0201).
§ 10 Abs. 3 AlVG nennt die Aufnahme einer anderen Beschäftigung ausdrücklich als Beispiel für einen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Nachsichterteilung. Dass eine solche Beschäftigung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – etwa bis zum Ablauf von acht Wochen ab Beginn des Anspruchsverlusts – aufgenommen worden sein muss, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Grundsätzlich kann daher jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der endgültigen Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist, werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit – allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen – noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann.
Die Überprüfung des Vorliegens von Nachsichtsgründen und die Gewährung von Nachsicht setzt nicht zwingend die zweifelsfreie Feststellung voraus, dass einer der Tatbestände des § 10 Abs. 1 AlVG tatsächlich verwirklicht worden ist. Kommt die Regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice oder das Bundesverwaltungsgericht zur Überzeugung, dass der Ausspruch eines Anspruchsverlusts schon deswegen nicht in Betracht käme, weil gemäß § 10 Abs. 3 AlVG jedenfalls die gänzliche Nachsicht zu erteilen wäre, so kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn von einer abschließenden Beurteilung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 AlVG abgesehen wird (VwGH 17. 12. 2015, Ro 2015/08/0026-4, vgl. Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz (21. Lfg 2023) § 10 AlVG, Rz 288).
3.4. Gegenständlich wurde der Beschwerdeführerin am 21.02.2024 vom AMS eine Stelle als Friseurin zugewiesen und nach dem Nichtzustandekommen der Beschäftigung der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für 42 Tage ab dem 29.02.2024 ausgesprochen.
Zwar liegt zwischen der vorgeworfenen Vereitelungshandlung und der tatsächlichen Beschäftigungsaufnahme ein Zeitraum von vier Monaten, jedoch konnte die Beschwerdeführerin im Vorfeld der Beschäftigungsaufnahme ernsthafte und konsequent weiterverfolgte Bemühungen glaubhaft machen, um ihre Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Bewerbung für die Stelle als Assistenz der Freizeitpädagogik beim Unternehmen XXXX erfolgte am 05.03.2024, sohin wenige Tage nach der vorgeworfenen Vereitelungshandlung. Die Zusage für diese Stelle erfolgte am 16.04.2024 und liegt dieser Zeitpunkt lediglich wenige Tage nach dem Ende des ausgesprochenen (sechswöchigen) Anspruchsverlusts. Die tatsächliche Beschäftigungsaufnahme erfolgte schließlich am 01.07.2024, doch konnte die Beschwerdeführerin – wie dargelegt – beginnend mit März 2024 ernsthafte und schlussendlich auch erfolgreiche Bemühungen zur Erlangung dieser Stelle nachweisen.
Aus Sicht des erkennenden Senats konnte das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin – auch unter Bedachtnahme auf die Eigeninitiative bei ihren Bemühungen, ihre Arbeitslosigkeit zu beenden – als berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG gewertet werden. Auch ist zu beachten, dass gegen die Beschwerdeführerin in ihrer gesamten Bezugszeit – mit Ausnahme der gegenständlichen Sanktion – bislang keine einzige Sanktion nach § 10 AlVG verhängt wurde.
Aus den genannten Gründen war daher gemäß § 10 Abs. 3 AlVG zur Gänze Nachsicht vom Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für 42 Tage ab dem 29.02.2024 zu erteilen.
3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat die beschwerdeführende Partei die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt schien. Die belangte Behörde hat diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Dass die Beschwerdeführerin unmittelbar nach der vorgeworfenen Vereitelungshandlung ernsthaft und konsequent bemüht war, eine vollversicherte Beschäftigung aufzunehmen, ergibt sich eindeutig aus dem vorgelegten Schriftverkehr zum Bewerbungsablauf hinsichtlich der Stelle als Assistenz der Freizeitpädagogik und führten diese Bemühungen schließlich auch zur Aufnahme einer vollversicherten Beschäftigung. Demgemäß sprach sich auch die belangte Behörde für die Gewährung einer Nachsicht aus. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Im Ergebnis stehen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.