JudikaturBVwG

W217 2298372-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2024

Spruch

W217 2298372-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , vertreten durch deren gesetzliche Vertreterin, die Mutter XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 16.04.2024, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Bescheid vom 16.04.2024 wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die minderjährige Beschwerdeführerin beantragte, vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin (ihre Mutter), mit dem bei der belangten Behörde am 22.06.2023 eingelangten ausgefüllten Formularvordruck die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Rubrik „Sollte die Aktenlage die Vornahme von Zusatzeintragungen rechtfertigen, beantrage ich die Aufnahme der entsprechenden Zusatzeintragung in den Behindertenpass. Insbesondere: …." unter Punkt 3. dieses von der gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin ausgefüllten, unterfertigten und mit 12.06.2023 datierten Antragsformulars wurde nicht angekreuzt, blieb unausgefüllt und wurde daher keine Zusatzeintragung genannt und beantragt. In diesem ausgefüllten, unterfertigten und mit 12.06.2023 datierten Formular zur Antragstellung auf Ausstellung eines Behindertenpasses scheint daher kein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass auf.

2. Auf Grundlage der Stellung des Antrages vom 12.06.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage einer Ärztin für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung vom 12.07.2023 ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes ausgeführt:

„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

FLAG-GA 05/22:

Entwicklungsverzögerung, Intelligenzminderung, 70 %

2 Stufen über unterem Rahmensatz, da eine kognitive und motorische Einschränkung vorliegt, Skoliose ist in dieser Position miterfasst

Nachuntersuchung: mit Vollendung des 18. LJ.

Ambulatorium XXXX der VKKJ 01/23:

Leichte Intelligenzminderung F70.0

St.p. ESES

St.p. Epilepsie, derzeit ohne Medikamente

Skoliose, in Therapie

St.p. Calcaneus-Stoppschraube, Implantation im Sommer 2C22 bei Knick-plattfüßen

Sie benötigt Hilfe bei:

Körperpflege

Verrichtung der Notdurft

Mobilität

Nahrungsaufnahme: beim Zubereiten von Nahrungsmitteln ist sie auf die Hilfe der Eltern und der Bezugspersonen angewiesen. Sie kann zwar selbständig essen, aber die Mutter schneidet ihr das Essen bzw. bereitet alles vor.

An-und Auskleiden: vor allem beim Schließen von komplizierten Verschlüssen, Schuhbänder und ähnlichem braucht sie Hilfe

Verhaltensauffälligkeiten: Gefahreneinschätzung: sie ist zwar mobil, braucht aber wegen fehlender Gefahreneinschätzung und großen Ängsten ständige Aufsicht durch eine erwachsene Bezugsperson. Sonstiges: schulische Fertigkeiten (lesen) nicht möglich, sie schreibt ihren Namen. Addition im Zahlenraum 10 möglich.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Physiotherapie nach Schroth, Oleovit, Cheneau-Münster-Korsett

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

ein Leiden

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

---------

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

-------------

X Nachuntersuchung 07/2026 - Evaluierung von Leiden eins mit Vollendung des 18. LJ

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Trotz der kognitiven und motorischen Funktionseinschränkung sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400m, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet. Aufgrund der kognitiven Einschränkung und der Mobilitätseinschränkung ist eine Begleitperson erforderlich.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? Nein

[……]“

3. Mit Schreiben vom 13.07.2023 übermittelte die belangte Behörde der gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG das Ergebnis des ärztlichen Beweisverfahrens wie folgt:

„[….]

Das Sozialministeriumservice bringt Ihnen hiermit das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis.

Ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. kann ausgestellt werden.

Es besteht die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme einzubringen, sofern Sie Einwendungen zum Ergebnis haben. Diese muss begründet sein und es sind, wenn möglich, auch entsprechend neue Beweismittel beizulegen.

Sollte Ihre Stellungnahme bis zum angeführten Zeitpunkt nicht eingelangt sein, wird auf Grund des bisherigen Ermittlungsverfahrens entschieden werden. Falls Sie mit dem Ergebnis einverstanden sind, kann eine Stellungnahme unterbleiben.

Nach Ablauf der Frist erhalten Sie den entsprechenden Bescheid.“

4. Am 11.09.2023 langte bei der belangten Behörde ein Antrag der Beschwerdeführerin vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin (ihre Mutter) datiert mit 05.09.2023 auf „Neufestsetzung des Grades meiner Behinderung im Behindertenpass“ sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“.

5. In der Folge wurde von der belangten Behörde im Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein weiteres Sachverständigengutachten, nunmehr eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde, vom 08.03.2024, dies nunmehr auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der minderjährigen Beschwerdeführerin am 27.02.2024, eingeholt. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes ausgeführt:

„[….]

Anamnese:

Entsprechend dem Vorgutachten 07/2023 und den vorgelegten Befunden besteht bei XXXX eine Intelligenzminderung mit Defiziten im Sprachausdruck und Sprachverständnis bei eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit. Gefahren kann sie keine einschätzen.

Alleine kann sie nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und ist auf eine Begleitung angewiesen. Mit dem Fahrtendienst kommt sie in die Schule. Von orthopädischer Seite hat XXXX eine Skoliose, die mit Korsett behandelt wird. Laut dem letzten Wirbelsäulenröntgen von April 2023 besteht eine rechtskonvexe Deviation von Th2Th9 mit einem Cobb-Winkel von 17,8 Grad sowie eine linkskonvexe Deviation von Th9-L5 mit einem Cobb-Winkel von 29,1 Grad. Zusätzlich weist sie Knick-Plattfüße bei Z. n. Calcaneus-Stoppschrauben-Implantation 2022 auf. Das Gangbild ist laut Rehabilitation unauffällig, symmetrisch und koordiniert ohne Sturzgefahr. Nebenbefundlich leidet sie an einer Hyperandrogenämie.

Derzeitige Beschwerden:

Siehe Anamnese.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Z. n. Rehabilitation, Oleovit, Tardyferon, Korsett-Behandlung, macht regelmäßig Sport.

Sozialanamnese:

XXXX kommt mit ihrer Mutter zum Untersuchungstermin. Sie besucht die 1. Klasse einer berufsvorbereitenden Schule. Sie lebt mit ihrem Bruder und ihrer Mutter im gemeinsamen Familienverband.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

20.10.2023 Ambulatorium XXXX der VKKJ, Zentrum für Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, XXXX

Befundbericht

Diagnosen:

Leichte Intelligenzminderung

Z. n. ESES

Z. n. Epilepsie, derzeit ohne Medikamente

Skoliose in Therapie

Z. n. Calcaneus-Stoppschraube, Implantation im Sommer 2022 bei Knick-Plattfüßen

Gefahreneinschätzung: Sie ist zwar mobil, braucht aber wegen fehlender Gefahreneinschätzung und großen Ängsten ständige Aufsicht durch eine erwachsene Bezugsperson.

14.09.2023 Klinik XXXX , Kinder- und Jugendlichenrehabilitation, XXXX

Abschlussbericht

Diagnosen:

Skoliose

Calcaneusstopper Schraube bds.

Leichte Intelligenzminderung

Z. n. Epilepsie

Hyperandrogenämie

Zusammenfassung: XXXX ist 15 Jahre alt geht noch in die Schule, ist ein sehr ruhiges zurückhaltendes Mädchen. Soweit anamnestisch erhebbar hat sich die Skoliose in den letzten 2 Jahren stark verändert. Laut dem letzten Wirbelsäulenröntgen von April 2023 besteht eine rechtskonvexe Deviation von Th2-Th9 mit einem Cobb-Winkel von 17,8° sowie eine linkskonvexe Deviation von Th9 bis L5 mit einem Cobb-Winkel von 29,1°. Das Korsett wird regelmäßig getragen, auch erst verschrieben seit 1 Jahr laut Mama. Sie macht nicht regelmäßig Sport. Sie leidet aktuell auch unter einer Hyperandrogenämie mit einer Hypermenorrhoe. Z. n. Epilepsie jedoch ohne Dauermedikation (Genaueres ist nicht mehr erhebbar). Z. n. Calcaneus Stopp Schrauben bds. (OP vor 1 1/2 Jahren) - 2022), Befunde nicht vorliegend aufgrund von Knick-Senkfuß hat jedoch keine Beschwerden mehr, erhält im VKKJ regelmäßig Therapien.

Gangbild: Unauffällig, symmetrisch, wohl koordiniert.

12.07.2023 Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX

Ärztliches PASS-Sachverständigengutachten: GdB 70% (Entwicklungsverzögerung, Intelligenzminderung)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 155,00 cm Gewicht: 37,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

15 Jahre alte Jugendliche, kein Meningismus, Haut: bland, HNO: bland, Cor: rein, rhythmisch, normofrequent, Pulmo: VA bds., kein Giemen, keine Einziehungen, grobneurologisch unauffällig, Abdomen: weich, kein Druckschmerz, Darmgeräusch normal.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Gangbild und Gesamtmobilität unauffällig, keine erheblichen Einschränkungen vorliegend.

Status Psychicus:

XXXX ist eine auffällige Jugendliche, die kognitiv eingeschränkt ist, kein Wort sagt, keine Fragen beantworten kann, sich aber ruhig und angepasst verhält und kaum bewegt.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da das Leiden 2 schwerwiegend ist.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Hyperandrogenämie

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Erstgutachten im BBG.

X Nachuntersuchung 07/2026 - Evaluierung des weiteren Krankheitsverlaufes nach Vollendung des 18. Lebensjahres.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Es besteht keine Einschränkung der Mobilität. Der sichere Transport, das Ein- und Aussteigen sowie das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist möglich. Trotz der Intelligenzminderung ist eine Teilhabe am öffentlichen Leben möglich und somit besteht auch keine Einschränkung in Bezug auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?

Keine erhebliche Einschränkung der Funktion des Immunsystems dokumentiert.

(…)

Begründung:

Das Erfordernis einer Begleitperson kann aufgrund der fehlenden Gefahreneinschätzung begründet werden.“

6. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12.03.2024 wurde der Beschwerdeführerin im Wege ihrer gesetzlichen Vertreterin mitgeteilt, dass auf Grund ihres Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem BBG laut ärztlichem Sachverständigengutachten ein Grad der Behinderung von 70 v.H. bestehe und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen „Orthese“, „Ostheosynthesematerial“, „Begleitperson“ und „Fahrpreisermäßigung“ vorliegen würden. Ein Behindertenpass könne ausgestellt werden.

7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16.04.2024 wurde der Beschwerdeführerin im Wege ihrer gesetzlichen Vertreterin abermals mitgeteilt, dass auf Grund ihres Antrages vom 22.06.2023 laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 70% festgestellt worden sei. Die Voraussetzung für die (wenngleich nach dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes nicht beantragten) Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes bedarf einer Begleitperson“, „Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“, „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Orthese“ sowie „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial“ würden vorliegen. Der Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt werden. Der Behindertenpass werde mit 31.10.2026 befristet, weil nach diesem Zeitpunkt eine Überprüfung des Gesundheitszustandes erforderlich sei.

8. Mit weiterem Bescheid vom 16.04.2024, OB: XXXX , wies die belangte Behörde spruchgemäß den „am 22.06.2023 eingelangten“ Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. Die belangte Behörde führte begründend aus, die Beschwerdeführerin hätte am 22.06.2023 die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass beantragt. Sie stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 08.03.2024, das einen Bestandteil der Bescheidbegründung darstelle. Daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden, weshalb der Antrag der Beschwerdeführerin abzuweisen sei.

9. Gegen diesen Bescheid erhob die gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.05.2024 fristgerecht Beschwerde.

10. In seiner Stellungnahme vom 31.05.2024 hielt der bereits befasste Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde fest:

„Antwort(en):

Frau XXXX ist mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens (siehe Gutachten von 27.02.2024) nicht einverstanden und erhebt am 07.05.2024 Einspruch im Rahmen des Parteiengehörs. Vorgebracht wird, dass sie mit der Ablehnung des Zusatzeintrages „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht einverstanden ist. Es wurden zwei neue Befunde vorgelegt: Stellungnahme von der Physiotherapeutin XXXX (07.05.2024): Darin wird bestätigt, dass XXXX eine Skoliose hat und dadurch mit einem Mieder versorgt ist. Nach einer Operation mit einer Kalkaneusstoppschraube empfindet sie beim Gehen nach mehr als 15 Minuten Schmerzen in den Füßen. Eine Schmerztherapie wird aber nicht benötigt. Weiters wird ein älterer ärztlicher Befundbericht von Dr. XXXX (Ambulatorium XXXX der VKKJ, 25.04.2023) vorgelegt, welche bestätigt, dass XXXX zwar mobil ist, aber wegen der fehlenden Gefahreneinschätzung und großer Ängste eine ständige Aufsicht durch eine erwachsene Bezugsperson braucht. Im vorliegenden Gutachten wurde daher der Zusatzeintrag "Bedarf einer Begleitperson" gewährt. Es kann auch nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher Befunde, des Untersuchungsergebnisses, der angeführten Befunde und der im Beschwerdeschreiben angeführten Einwendungen zu keiner Gewährung des Zusatzantrages „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" kommen.

11. In einem weiteren Gutachten aufgrund der Aktenlage vom 20.06.2024 führt der bereits befasste Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde und Arzt für Allgemeinmedizin aus:

„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

07.05.2024 Praxis, XXXX , Physiotherapeutin, Ambulatorium XXXX der VKKJ

Bestätigung

Diagnose: Skoliose

Zusammenfassung: Die Patientin ist seit März 2022 bei mir in Physiotherapie. Sie ist mit einem Mieder versorgt. Zudem ist XXXX an beiden unteren Extremitäten aufgrund starker Fußfehlstellungen im Rahmen einer Operation mit einer Calcaneus Stopp Schraube versorgt. Beim Gehen über längere Strecken (15 Minuten plus), klagt XXXX über Schmerzen in den Füßen.

So ist das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel schwierig und durch notwendige Pausen das Zielerreichen sehr langwierig.

27.02.2024 Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX

Ärztliches PASS-Sachverständigengutachten: GdB 70% (Intelligenzminderung)

Mobilität: Keine Einschränkungen vorliegend.

Psychologischer Status: XXXX ist eine auffällige Jugendliche, die kognitiv eingeschränkt ist, kein Wort sagt, keine Fragen beantworten kann, sich aber ruhig und angepasst verhält und kaum bewegt.

Klinik: Defizite im Sprachausdruck und Sprachverständnis. Eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit. Kann keine Gefahren einschätzen. Knick-Plattfüße. Hyperandrogenämie.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Z. n. Rehabilitation, Oleovit, Tardyferon, Korsett-Behandlung, macht regelmäßig Sport, Physiotherapie.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Im Vergleich zum Vorgutachten von 27.02.2024 kann keine maßgebliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes festgestellt werden.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es besteht keine Einschränkung der Mobilität. Der sichere Transport, das Ein- und Aussteigen sowie das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist auch mit Schmerzen möglich. Trotz der Intelligenzminderung ist eine Teilhabe am öffentlichen Leben möglich und somit besteht auch keine Einschränkung in Bezug auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? Keine erhebliche Einschränkung der Funktion des Immunsystems dokumentiert.

Gutachterliche Stellungnahme:

Entsprechend dem Vorgutachten 02/2024 und dem Physiotherapie-Befundbericht von Frau XXXX 05/2024 besteht bei XXXX eine Intelligenzminderung mit Defiziten im Sprachausdruck und Sprachverständnis bei eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit sowie Knick-Plattfüßen beidseits bei Z. n. Calcaneus-Stoppschrauben-Implantation und Schmerzen in den Füßen beim längeren Gehen. Es liegt keine signifikante Mobilitätseinschränkung vor. Daher kann der Zusatzeintrag ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel‘ nicht gewährt werden.“

12. Mit Schreiben vom 02.07.2024 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im Wege ihrer gesetzlichen Vertreterin mit, dass die beantragte Zusatzeintragung *Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel*nach ärztlicher Stellungnahme nicht vorliegen würde. Es bestehe die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens eine schriftliche Stellungnahme einzubringen, sofern sie Einwendungen zum Ergebnis habe. Diese müsse begründet sein und es seien, wenn möglich, auch entsprechend neue Beweismittel beizulegen. Falls sie mit dem Ergebnis einverstanden sei, könne eine Stellungnahme unterbleiben.

Sollte keine Stellungnahme einlangen, werde sie in ca. fünf bis sechs Wochen nach Erhalt des Schreibens den entsprechenden Bescheid erhalten.

13. Am 02.09.2024 wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde die Beschwerde samt dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt mit der Anmerkung, die Rechtsmittelfrist sei abgelaufen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die minderjährige Beschwerdeführerin brachte, vertreten durch ihre gesetzliche Vertreterin, am 22.06.2023 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Im Rahmen dieser Antragstellung wurde kein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gestellt. Auch sonst ist kein solcher am 22.06.2023 gestellter Antrag auf Vornahme einer solchen Zusatzeintragung im von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt aktenkundig. Festgestellt wird daher, dass von der Beschwerdeführerin am 22.06.2023 kein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gestellt wurde.

Die belangte Behörde versendete am 18.04.2024 an die Beschwerdeführerin im Wege deren gesetzlicher Vertreterin einen befristet bis zum 31.10.2026 ausgestellten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H.

Hingegen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 16.04.2024 spruchgemäß einen am 22.06.2023 eingelangten - tatsächlich aber nicht an diesem Tag gestellten und nicht eingelangten - Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab („Ihr am 22.06.2023 eingelangter Antrag auf Vornahme nachstehender Zusatzeintragung in den Behindertenpass wird abgewiesen: "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung").

Gegen diesen Bescheid vom 16.04.2024 erhob die gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.05.2024 Beschwerde, welche dem Bundesverwaltungsgericht am 02.09.2024 von der belangten Behörde samt dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur gegenständlichen Antragstellung auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 22.06.2023 und zum befristet ausgestellten Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass von der Beschwerdeführerin am 22.06.2023 kein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gestellt wurde, gründet sich ebenfalls auf den Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes, der eine solche Antragstellung nicht beinhaltet. Weder ist dem im vorgelegten Verwaltungsakt aufliegenden Antragsformular vom 22.06.2023 noch sonst ein solcher Antrag – etwa in Form einer eigenständigen Antragstellung - an diesem Tag zu entnehmen.

Die Feststellung, dass die belangte Behörde bescheidmäßig und spruchgemäß über einen am 22.06.2023 eingelangten, aber an diesem Tag weder eingelangten noch gestellten Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgesprochen hat, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt, insbesondere aus Spruch und Inhalt des angefochtenen Bescheides vom 16.04.2024.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Wie sich aus der Bestimmung des § 45 Abs. 1 BBG ergibt, ist für die Gewährung der Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass ein entsprechender Antrag beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr: Sozialministeriumservice) einzubringen und ist ein solcher Antrag Grundvoraussetzung für die Führung eines entsprechenden Verfahrens über die Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass. Zu diesen Zusatzeintragungen zählt auch die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Auch aus § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen geht hervor, dass erst auf Grund eines Antrages des Menschen mit Behinderung die Feststellung einzutragen ist, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteienerklärungen und Anbringen der Parteien nach dem objektiven Erklärungswert auszulegen (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; 3.10.2013, 2012/06/0185; 23.5.2014, 2012/02/0188). Unter Anwendung dieses Interpretationsmaßstabes umfasst der im Spruch des angefochtenen Bescheides vom 16.04.2024 ausdrücklich genannte und abgewiesene Antrag der durch ihre gesetzliche Vertreterin vertretenen Beschwerdeführerin, der bei der belangten Behörde am 22.06.2023 eingelangt ist, aber keinen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, sondern es handelt sich bei diesem Antrag vom 22.06.2023 ausschließlich um einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Ein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass wurde in dem von der Beschwerdeführerin im Wege ihrer gesetzlichen Vertreterin eingebrachten und mit 12.06.2023 datierten Antragsformular auch nicht in der dafür vorgesehenen Rubrik unter Punkt 3. angeführt. Im gesamten Antrag vom 12.06.2023 scheint kein Begehren auf Vornahme einer solchen Zusatzeintragung auf. Auch sonst findet sich im von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt kein Anhaltspunkt für einen am 22.06.2023 eingelangten Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Die belangte Behörde hat im nun bekämpften Bescheid vom 16.04.2024 sowohl im Spruch als auch in der Begründung ausdrücklich über einen bei der belangten Behörde „am 22.06.2023 eingelangten“ Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgesprochen und einen solchen Antrag abgewiesen, obwohl eine solcher Antrag am 22.06.2023 nicht gestellt wurde.

Da die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 45 Abs. 1 BBG an einen entsprechenden verfahrenseinleitenden Antrag gebunden ist, es sich daher um ein antragsbedürftiges Verfahren handelt, es aber in der gegenständlichen Fallkonstellation im von der gesetzlichen Vertreterin ausgefüllten, bei der belangten Behörde am 22.06.2023 eingelangten Formular betreffend Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses an einem solchen Antrag mangelt und ein solcher am 22.06.2023 auch sonst nicht aktenkundig ist, ist der einen Antrag vom 22.06.2023 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abweisende, mit 16.04.2024 datierte Bescheid der belangten Behörde mit Rechtswidrigkeit belastet.

Die belangte Behörde hat in einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren ohne einen diesbezüglichen zu Grunde liegenden Antrag eine behördliche Entscheidung getroffen. In dieser Fallkonstellation ist von einer mangelnden Zuständigkeit der Behörde auszugehen. Eine Behörde, welche einen antragsbedürftigen Bescheid erlässt, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorliegt, verletzt nämlich auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (vgl. VwGH 16.11.1983, 83/01/0243; 9.7.1985, 83/07/022725; 23.2.1996, 93/17/0200), auf Verfassungsebene das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (vgl. VfGH 20. 6. 1964, Slg. Nr. 4730, 19. 3 1968, Slg. Nr. 5685).

Nach § 27 VwGVG hat das Bundesverwaltungsgericht unabhängig vom Beschwerdevorbringen die Unzuständigkeit der Behörde aufzugreifen. Damit erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die vorliegende Beschwerde und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt ist. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 2. September 2004, 68.087/01 [Hofbauer/Österreich ], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung [im Originaltext "any hearing at all"] erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat (vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 29.April 2015, Zl. Ro 20015/08/0005). In der gegenständlichen Fallkonstellation war der Sachverhalt zur Beurteilung der (Un)Rechtmäßigkeit des Bescheides jedenfalls aus der Aktenlage geklärt.

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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