JudikaturBVwG

W156 2297377-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
03. Oktober 2024

Spruch

W156 2297377-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Alexander Wirth als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX in XXXX Wien (Beschwerdeführerin), gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 29.05.2024, ABB-Nr. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2024, ABB-Nr: XXXX , wegen Abweisung des Antrags von XXXX , StA. China, geb. XXXX (Mitbeteiligter), auf Zulassung als Fachkraft in Mangelberufen gemäß § 12a AuslBG, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Mitbeteiligte beantragte am 26.04.2024 bei der zuständigen Niederlassungsbehörde eine Rot-Weiß-Rot-Karte Fachkraft in Mangelberufen für die Tätigkeit als „Economist – Clean Energy“ im Unternehmen der Beschwerdeführerin.

2. Mit Schreiben vom 10.05.2024 wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass nach derzeitiger Aktenlage die Mindestpunkteanzahl nicht erreicht werde. Es sei zu beachten, dass Sprachzertifikate dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen entsprechen müssten.

3. Mit Bescheid vom 29.05.2024 wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die Mindestpunkteanzahl gemäß Anlage B nicht erreicht werde. Es sei lediglich Punkte für die Qualifikation, das Alter sowie für die Berufserfahrung anzurechnen.

4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass der Mitbeteiligte die Mindestpunkteanzahl erreiche und für Englisch als Unternehmenssprache 5 Zusatzpunkte zu vergeben seien.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2024 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Mitbeteiligte die Mindestpunkteanzahl nicht erreiche. Vergeben werden könnten Punkte für das Alter (5, für die Qualifikation (30) und für die Berufserfahrung (17 Punkte), insgesamt 52 Punkte. Der Nachweis, dass Englisch Unternehmenssprache sei, sei nicht gelungen.

6. Mit Schreiben vom 07.08.2024 beantragte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.

7. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Am 26.04.2024 beantragte der Mitbeteiligte bei der zuständigen Niederlassungsbehörde eine Rot-Weiß-Rot-Karte Fachkraft in Mangelberufen für die Tätigkeit als „Economist – Clean Energy“ im Unternehmen der Beschwerdeführerin.

Laut Arbeitgebererklärung soll der Mitbeteiligte als „Economist – Clean Energy“ im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden mit einem monatlichen Bruttogehalt von € 3.400,00 beschäftigt werden. Es wurde von der Beschwerdeführerin die Eingliederung laut Kollektivvertrag Angestellte in Information und Consulting, Verwendungsgruppe III, mit der Beschwerde Lohngruppe II/b, nachgereicht.

Der Mitbeteiligte war zum Zeitpunkt der Antragstellung 41 Jahre alt.

Der Mitbeteiligte hat ein abgeschlossenes Studium als Bachelor of Economics und weist 8 Jahre Berufserfahrung auf.

Der Antragsteller konnte keine Sprachkenntnisse nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen nachweisen.

Der Antragsteller erreicht insgesamt nicht die Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten nach Anlage B.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich unbestritten aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt.

Die Feststellungen zur Person des Mitbeteiligten, zum gegenständlichen Antrag und der beabsichtigten Beschäftigung ergeben sich aus dem aktenkundigen Antrag samt Arbeitgebererklärung.

Die Feststellungen zum Studium und der Berufserfahrung ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und werden auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.

Dass der Mitbeteiligte trotz Information der belangten Behörde keine Sprachzertifikate nach den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen vorgelegt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

Der vorgelegte Sprachnachweis, der den Abschluss der nationalen Hochschulenglischprüfung Stufe 6 im Juni 2003 bestätigt, entspricht nicht dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen und stammt von der Abteilung für Hochschulbildung des Bildungsministeriums.

Dass der Mitbeteiligte keine weiteren Sprachkenntnisse nachgewiesen hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Wie unten in der rechtlichen Beurteilung ersichtlich, erreicht der Mitbeteiligte aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten nach Anlage B.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Strittig ist, ob die in § 12a AuslBG normierten Kriterien zur Erlangung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft in einem Mangelberuf erfüllt und die dafür erforderliche Mindestpunkteanzahl der in Anlage B angeführten Kriterien erreicht sind, oder nicht.

3.1. Maßgebliche Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG)

Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie 1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können, 2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen, 3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und

sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

BGBl. Nr. 218/1975 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2023

Anlage B

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Fachkräfteverordnung 2024:

§ 1 Abs. 1 Z 90: Für das Jahr 2024 werden folgende Mangelberufe festgelegt, in denen Ausländerinnen und Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet zugelassen werden können: Sozial-, Wirtschaftswissenschafter/innen, wissenschaftliche Statistiker/innen.

3.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Damit Ausländer in einem in der Fachkräfteverordnung festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen werden können, müssen sie unter anderem eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können und die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B zum AuslBG angeführten Kriterien erreichen (§ 12a AuslBG).

Der Gesetzgeber hat als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vorgesehen (vgl. VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068; vergleiche auch VwGH 26.02.2021, Ra 2020/09/0046).

Der Mitbeteiligte weist eine abgeschlossene Ausbildung als Bachelor of Economics nach und ist somit die Ausbildung unter das Berufsbild „Sozial-, Wirtschaftswissenschafter/innen, wissenschaftliche Statistiker/innen“ einzureihen.

Darüber hinaus ist im konkreten Fall die erforderliche Mindestpunkteanzahlt von 55 Punkten der Anlage B zum AuslBG jedoch nicht erreicht, da aufgrund der vorgelegten Unterlagen dem Mitbeteiligten 30 Punkte für die Qualifikation, 5 Punkte für das Alter und zum Entscheidungszeitpunkt 18 Punkte für die Berufserfahrung, insgesamt somit 53 Punkte, anzurechnen sind.

Die erforderlichen Nachweise der Sprachkenntnisse für die Vergabe von Punkten orientieren sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen. Kenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau entsprechen der Stufe A1, Kenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung der Stufe A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Nachweis von Sprachkenntnissen ist gemäß § 9 NAG-DV durch entsprechende international anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse zu erbringen. Zum Nachweis von Deutschkenntnissen kommen insbesondere Sprachdiplome oder Kurszeugnisse folgender Einrichtungen in Betracht, in den das entsprechende Sprachniveau gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen dokumentiert ist:

ÖSD,

Goethe-Institut,

Telc GmbH,

Österreichischer Integrationsfonds.

Englischkenntnisse können insbesondere durch folgende Sprachdiplome oder Zertifikate nachgewiesen werden:

Cambridge Certificate (KET, PET, FCE, CAE, CPE),

TELC-Zertifikat,

IELTS-Sprachdiplom, TOEIC-Sprachdiplom,

TOEFL-Sprachdiplom.

Diese Diplome und Zertifikate stellen nur teilweise auf die verschiedenen Sprachkompetenzstufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen ab. Nach dessen Systematik werden mit dem Cambridge Certificate KET (Key English Test) und PET (Preliminary English Test) Englischkenntnisse auf A1-Niveau des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen nachgewiesen. Im TELC-Zertifikat ist das jeweilige, dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen entsprechende Sprachniveau angegeben. Mit allen anderen genannten Sprachdiplomen gelten zumindest Englischkenntnisse auf A2-Niveau als nachgewiesen.

Im Sinne der NAG-DV und in Anlehnung an die Vorgaben für die NAG-Behörden in § 21a NAG verlangt § 20d Abs. 6 AuslBG zum Nachweis von Deutsch- oder Englischkenntnissen Sprachdiplome und Kurszeugnisse, die nicht älter als fünf Jahre sein dürfen. Eine Bestätigung über die bloße Teilnahme an einem Sprachkurs (ohne Abschluss) reicht nicht aus. Maßgeblich ist ein anerkanntes Sprachdiplom (das auch ohne Absolvierung eines Sprachkurses nach Absolvierung eines Sprachtests ausgestellt werden kann) oder ein Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss eines Sprachkurses im entsprechenden Niveau. Der Nachweis von Deutsch- oder Englischkenntnissen allein über ein Schulzeugnis, das in der Regel schon älter sein wird, reicht nicht aus. Ebenso wenig wird die Absolvierung einer Schule/Universität in einem deutsch-/englischsprachigen Land automatisch als Nachweis der erforderlichen Sprachkenntnisse anerkannt werden.

Gemäß Erkenntnis des VwGH vom 31. Mai 2012, Zl 2012/09/0025, obliegt es dem Antragsteller, Sprachkenntnisse durch Vorlage eines anerkannten Sprachzeugnisses iS des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens nachzuweisen, um dafür Punkte zu erlangen. Auf nicht derartig zertifizierte Sprachkenntnisse kann sich der Antragsteller daher nicht berufen und es sind dafür im Rahmen der Prüfung auch keine Punkte zu vergeben.

Derartige Nachweise hat der Mitbeteiligte jedoch nicht erbracht. Weder entspricht die vorgelegte Sprachbestätigung des Bildungsministeriums den Kriterien des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, noch ist es jünger als 5 Jahre, stammt es doch aus dem Jahr 2003.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, es seien dem Mitbeteiligten 5 Zusatzpunkte anzurechnen, da die vorherrschende Unternehmenssprache Englisch sei, ist folgendes entgegenzuhalten:

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1528 der Beilagen XXVII. GP) fürhern dazu aus: „Zudem sollen die Englischkenntnisse als Nachweis von Sprachkenntnissen im Punktesystem besser bewertet und Deutschkenntnissen gleichgestellt werden, sofern im Unternehmen, in dem die Beschäftigung beabsichtigt ist, Englisch die vorherrschende Sprache ist. Dies erfolgt durch die Vergabe von Zusatzpunkten. Dabei wird der potenzielle Arbeitgeber glaubhaft zu machen haben, dass Englisch die vorherrschende Sprache der internen und externen Kommunikation im Unternehmen ist. Die Zusatzpunkte können allerdings nur vergeben werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller aufgrund eines gültigen Sprachnachweises die regulären Punkte für Englisch erhalten kann.“

Daraus ergibt sich, dass diese Zusatzpunkte im gegenständlichen Fall schon allein deshalb nicht vergeben werden können, da dem Mitbeteiligten mangels eines gültigen Sprachnachweises keine regulären Punkte für Englisch vergeben werden konnten. Ob der Nachweis gelungen ist, dass Englisch die vorherrschende Unternehmenssprache ist, kann daher dahingestellt bleiben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern zwar beantragt, sie konnte aber unterbleiben, da sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt. Es ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit erforderlich. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nich zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die herangezogene Judikatur wurde zitiert.

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