Spruch
I403 2298533-1/3Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch: RA Mag. Doris EINWALLNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Traiskirchen (BFA-N-ASt Traiskirchen) vom 06.08.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) heiratete am 22.12.2015 in der Türkei den österreichischen Staatsbürger XXXX und stellte erstmals am 19.02.2016 einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel als Familienangehörige eines Österreichers bei der Magistratsabteilung 35 des Amtes der Wiener Landesregierung (kurz MA35). Am 01.07.2016 erhielt die Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel als Familienangehörige eines Österreichers. Der Aufenthaltstitel wurde am 06.06.2017 und am 02.07.2018 verlängert.
Die Ehe wurde am 14.11.2018 rechtskräftig geschieden.
Am 21.12.2018 brachte die Beschwerdeführerin einen Zweckänderungsantrag auf eine „Rot-Weiß-Rot-Karte“ plus bei der Magistratsabteilung 35 des Amtes der Wiener Landesregierung ein.
Mit Bescheid des Amts der MA 35 vom 16.07.2019 GZ.: XXXX wurden die Verfahren zu allen angeführten Erteilungen und Verlängerungen der Aufenthaltstitel als Familienangehörige nach § 69 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) wiederaufgenommen und alle Anträge abgewiesen. Auch der damals anhängige Zweckänderungsantrag wurde abgewiesen. Die Begründung für diese Entscheidung der Behörde lag in der am 22.12.2015 geschlossenen Aufenthaltsehe.
Die Beschwerde gegen den Bescheid der MA35 vom 16.07.2019 wurde vom Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 08.11.2019 GZ.: VGW-151/082/11321/2019-22 in allen Spruchpunkten abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 13.11.2019 in Rechtskraft. Eine dagegen erhobene Revision wurde am 02.02.2023 vom Verwaltungsgerichtshof (Ra 2019/22/0235-15) mittels Beschluss zurückgewiesen.
Am 07.09.2023 brachte die Beschwerdeführerin erneut einen Erstantrag als Familienangehörige eines Österreichers bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX ein, welcher mit Bescheid vom 07.05.2024 abgewiesen wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde ist beim Landesverwaltungsgericht XXXX anhängig.
Am 08.09.2023 befasste die Bezirkshauptmannschaft XXXX das Bundesamt, welches am 11.09.2023 das gegenständliche Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einleitete. Auf Wunsch der Beschwerdeführerin wurde auf eine Einvernahme verzichtet und ein schriftliches Parteiengehör übermittelt. Am 17.04.2024 langte die Stellungnahme der Rechtsvertretung beim Bundesamt ein.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid erteilte das Bundesamt keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG wurde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für eine freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wird gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin sich jahrelang unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe und sich beim Eingehen der nunmehrigen Ehe ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war. Das Einreiseverbot wurde mit dem Eingehen einer Aufenthaltsehe begründet und die aufschiebende Wirkung aberkannt, da die sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Diesbezüglich wurde auf die Erwägungen zu den vorangegangenen Spruchpunkten verwiesen.
Dagegen wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie infolge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften erhoben.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Gericht am 04.09.2024 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unbescholtene Beschwerdeführerin ist seit 28.06.2016 durchgehend im Bundesgebiet mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. Die Beschwerdeführerin heiratete am 22.12.2015 den österreichischen Staatsbürger XXXX , einen Verwandten von ihr, alleine zu dem Zweck, einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet zu erlangen. Die Aufenthaltsehe wurde am 14.11.2018 rechtskräftig geschieden.
Am 28.07.2023 heiratete die Beschwerdeführerin den österreichischen Staatsbürger XXXX .
Die Beschwerdeführerin war von 31.08.2016 bis 11.06.2018 als Arbeiterin bei der XXXX , parallel dazu vom 13.10.2017 bis 05.01.2018 und vom 02.02.2018 bis 07.03.2018 geringfügig beschäftigt. Von 26.04.2018 bis 11.03.2023 war sie als Angestellte bei der XXXX Aktiengesellschaft und zeitgleich am 11.07.2020, am 24.07.2020 und von 06.10.2021 bis 31.10.2021 geringfügig beschäftigt. Gegenwärtig ist die Beschwerdeführerin nicht erwerbstätig, aber bei ihrem Ehegatten mitversichert.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde unter Spruchpunkt VI. gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt. Nach dieser Bestimmung ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es nicht, zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. VwGH, 04.04.2019, Ra 2019/21/0053 mwN).
Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind. Derartige Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat die belangte Behörde gegenständlich nicht aufgezeigt. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme wurde in erster Linie mit der von der Beschwerdeführerin geschlossenen Aufenthaltsehe begründet; warum sich daraus die Notwendigkeit ergibt, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar das Bundesgebiet verlassen muss und nicht den Ausgang des Verfahrens hier abwarten kann, wurde von der belangten Behörde nicht dargelegt. Das Eingehen einer erneuten Aufenthaltsehe nach Beschwerdeerhebung kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden, da die Beschwerdeführerin verheiratet ist.
Es war daher spruchgemäß vorzugehen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.