Spruch
I419 2253832-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.12.2023, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 26.05.2023 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA einen Folgeantrag auf internationalen Schutz betreffend den Status des Asylberechtigten als unbegründet ab (als Spruchpunkt I bezeichnet).
2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe neue und wesentliche Beweismittel erlangt, so einen Militärführerschein in Kopie, ein Urteil des Ministeriums für innere Sicherheit und ein Schreiben der Verwaltung des Geheimdienstes im Original. Er fürchte im Fall einer Rückkehr als Deserteur und Unterstützer anderer Personen zur Desertion sowie aufgrund seiner Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen und der Anstiftung anderer Personen zur Demonstrationsteilnahme inhaftiert und getötet zu werden. Auch drohe ihm die Einziehung zum Reservedienst. Sein Herkunftsort befinde sich weniger als 1 km von der Frontlinie zum Regierungsgebiet. Damit könne er leicht vom Regime aufgegriffen werden.
Ihm drohe im Falle einer Rückkehr die Einziehung zum Reservedienst und damit, sich an menschenrechtswidrigen Handlungen zu beteiligen, sowie die exzessive Bestrafung als Deserteur.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, bald Mitte 30, Sunnit und Araber. Er spricht Arabisch, ist in XXXX ( XXXX ) geboren, das östlich des Euphrat liegt, im Unterbezirk XXXX des Bezirks XXXX im Gouvernement XXXX und etwa 90 km südöstlich der Stadt XXXX . Dort wuchs er auf, besuchte sechs Jahre lang die Schule und arbeitete als Berufskraftfahrer. Seit 2013 ist er mit einer ca. drei Jahre jüngeren Landsfrau aus seinem Geburtsort verheiratet; das Paar hat vier Töchter vom Kindergarten- bis zum Mittelschulalter.
Er verließ 2019 den Herkunftsstaat und gelangte über die Türkei nach Österreich, wo er am 22.09.2021 internationalen Schutz beantragte. Das BFA wies den Antrag betreffend den Status des Asylberechtigten ab, zuerkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung. Die Beschwerde gegen den abweisenden Spruchpunkt wies dieses Gericht als unbegründet ab. (31.01.2023, W182 2253832-1)
Der Beschwerdeführer ging im Inland nie einer angemeldeten Arbeit nach und bezieht Leistungen der Grundversorgung. In XXXX leben nach wie vor seine Mutter, seine zwei Brüder und eine Schwester, die Gattin und die Töchter. Zwei Stiefbrüder leben in Deutschland, wo sie nach seinen Angaben Asylstatus haben.
Das LGS XXXX hat den Beschwerdeführer am 07.09.2024 zu sechs Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen des Vergehens des schweren Betruges verurteilt, weil er und eine weitere Person am oder vor dem 11.12.2023 jeweils durch Zurverfügungstellung ihrer Kontodaten zur strafbaren Handlung unbekannter Täter beigetragen haben, die am 11.12.2023 mit Bereicherungsvorsatz, indem sie sich gegenüber einem Opfer als Bankmitarbeiter aus- und vorgaben, dass unbekannte Personen auf dessen Konto zugegriffen hätten, mithin durch Täuschung über Tatsachen, ihr Opfer zur Freigabe von neun Überweisungen in Höhe von insgesamt € 9.346,19 verleiteten und damit am Vermögen schädigten, wobei der Beschwerdeführer Überweisungen von insgesamt € 7.962,42 in Teilbeträgen auf sein Konto erhielt. Dabei wirkte der ordentliche Lebenswandel mildernd, erschwerend kein Umstand.
1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Syrien auf Stand 17.07.2023 zitiert. Derzeit steht ein am 08.05.2025 erschienenes zur Verfügung, welches betreffend die Herkunftsregion des Beschwerdeführers keine relevanten Neuerungen aufweist. Das Gericht berücksichtigt auch die „Interim Country Guidance: Syria“ der EUAA (unten 1.2.2).
Im gegebenen Zusammenhang sind davon die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Politische Lage in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)
Die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (AANES), die von den Kurden häufig als Rojava oder „Westkurdistan“ bezeichnet wird, wurde auf der dritten Konferenz des Syrischen Demokratischen Rates (Syrian Democratic Council - SDC) am 16.7.2018 in 'Ain 'Issa gegründet. Vor der AANES hieß das lokale System Demokratische Föderation Nordsyrien (Democratic Federation of Northern Syria - DFNS), dessen Name 2016 übernommen wurde. Der Generalrat der Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) verabschiedete am 13.12.2023 einen Gesellschaftsvertrag, in dem die AANES in Demokratische Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) umbenannt wurde. Der Gesellschaftsvertrag gilt als de-facto-Verfassung. Im Zuge dieses Vertrags wurden die Verwaltungsgebiete zu einer einzigen Region unter dem Namen Nord- und Ostsyrien zusammengefasst (K24 13.12.2023). [...] Der politische Flügel der SDF, der Syrische Demokratische Rat (Syrian Democratic Council - SDC), beglückwünschte das syrische Volk am 8.12.2024 zum Ende des Assad-Regimes und versprach, mit verschiedenen Gruppen im Land zusammenzuarbeiten. In einer Erklärung heißt es: Wir werden mit allen nationalen, kulturellen und gesellschaftlichen Kräften Syriens zusammenarbeiten, indem wir uns am nationalen Dialog beteiligen und unsere Verantwortung wahrnehmen, um ein neues Syrien zu schaffen, das alle seine Bürger einschließt (Al-Monitor 8.12.2024). Nach dem Sturz al-Assads hissten die SDF als Geste gegenüber der neuen Regierung in Damaskus die Revolutions- und Unabhängigkeitsflagge der Rebellengruppen auf ihren Einrichtungen, was von Washington begrüßt wurde (AJ 9.1.2025a). Am 29.12.2024 erklärte ash-Shara' gegenüber dem Fernsehsender Al Arabiya, dass die SDF in die neue nationale Armee integriert werden sollten. Waffen dürfen nur in den Händen des Staates sein. Wer bewaffnet und qualifiziert ist, um dem Verteidigungsministerium beizutreten, ist bei uns willkommen, sagte er (AJ 31.12.2024a). [...]
1.2.2 „Interim Country Guidance: Syria“ der EUAA:
Dem Bericht „Interim Country Guidance: Syria“ der EUAA“ von März 2025 ist übersetzt zu entnehmen: Ende November 2024 starteten die syrischen Rebellen unter der Führung von Hay'at Tahrir al-Sham (HTS) eine bedeutende Offensive, die am 8. Dezember 2024 zum Sturz des Assad-Regimes führte. Die Rebellen eroberten rasch wichtige Städte, darunter Aleppo, Hama und Damaskus, was zum Ende der jahrzehntelangen Herrschaft der Assad-Familie führte, die daraufhin ins Ausland floh. [...] Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die syrische Verfassung von 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsbehörden der ehemaligen Regierung auf. [Übergangspräsident] Al-Sharaa kündigte die Einsetzung eines legislativen Übergangsrats an und verkündete eine Generalamnestie für die Soldaten der syrischen Armee, schaffte die Wehrpflicht ab und leitete einen Wiedereingliederungsprozess für ehemalige Regierungs- und Militärangehörige, einschließlich hochrangiger Beamter, ein. (S. 16)
Während des Aufstands stießen die SDF in Gebiete vor, die zuvor von den Assad-Truppen gehalten wurden. Im Februar und März 2025 umfassten die von den SDF gehaltenen Gebiete den größten Teil von Hasaka, etwa die Hälfte von Raqqa (einschließlich Raqqa-Stadt), Teile von XXXX und Aleppo östlich des Euphrat sowie einen schmalen Streifen am westlichen Euphratufer von Aleppo, südlich des Assad-Sees und in der Nähe des Tishreen-Damms. (S. 65)
1.3 Zum Fluchtvorbringen:
1.3.1 Im ersten Asylverfahren gab der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung an, er habe Syrien verlassen, weil er „abtrünniger Soldat“ sei. Er habe Angst vor dem Regime; falls sie ihn erwischten, würden sie ihn sofort töten. Im Fall der Rückkehr fürchte er um sein Leben und jenes seiner Familie. Er habe Angst vor dem Krieg und dem Regime.
Beim BFA legte er dann Kopien seines Militärführerscheins, des Familienregisterauszugs, der Heiratsurkunde, des Personalausweises seiner Gattin sowie des Familienbuchs seines Vaters vor, in dem er als Kind angeführt ist. Dazu gab er an, er werde vom Militär gesucht, von den Kurden und der Regierung. Im Grundwehrdienst sei er 2011 nach vier Monaten Fahrerausbildung Chauffeur für einen Offizier gewesen, aber nach einem Jahr und vier Monaten im April 2012 vom Militär desertiert, als sie gesagt hätten, er solle „auf Demonstranten schießen und auf Zivilisten“. Von etwa Mai 2012 bis 2019 sei er dann zuhause gewesen und habe dort gearbeitet. Dort sei die Freie Syrische Armee gewesen. Als die Kurden gekommen seien, „kam auch die Gefahr“, und ca. im Juli 2019 habe er sich zur Ausreise entschlossen. Am 10.07.2019 habe er Syrien verlassen. Für seine Frau und die Kinder würden im Herkunftsstaat sein Vater und sein Onkel mütterlicherseits sorgen.
In der Beschwerde gab er an, im Mai 2012 desertiert zu sein.In der Verhandlung gab er dann an, er sei nur ein Jahr beim Militär gewesen, von 2011 bis zum 05.01.2012, davon 45 Tage Fahrer und sechs Monate bei einer „Funkeinheit“. Ungefähr „im September, Oktober 2019 bzw. Ende 2019“ habe er Syrien verlassen.
1.3.2 Dazu hat dieses Gericht im Erkenntnis vom 31.01.2023 festgestellt, es bestehe keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Beschwerdeführer in seiner Heimatregion von Regierungskräften wegen Desertation bestraft, gegen seinen Willen zum Militärdienst in der syrischen Armee oder (pro-)kurdischen Einheiten herangezogen oder sonst einer Verfolgung wegen exilpolitischer Tätigkeit oder sonst wegen der Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung ausgesetzt zu werden. Dessen Heimatort werde wie auch der östliche Teil des Gouvernements XXXX von (pro-)kurdischen Kräften kontrolliert, die 2018 den Daesh („IS“) von dort vertrieben hätten.
Der Euphrat bilde als natürliche Barriere nach wie vor die Grenze zwischen dem Einflussgebiet der Regierungstruppen im Westen sowie der (pro-)kurdischen Kräfte im Osten. Die beschriebene Situation bestehe unverändert fort, wenngleich die syrische Armee 2019 bis ans Westufer vorgerückt sei. Für den Beschwerdeführer hätte sohin auch bei einem Verbleib in der Heimatregion, welche die syrische Regierung nach wie vor nicht unter ihre Kontrolle gebracht habe, keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine von ihm befürchtete Verfolgungshandlung durch Regierungskräfte bestanden. Da diese Situation auch seit der Ausreise des BF im Juli 2019 nunmehr schon deutlich über drei Jahre unverändert andauere, sei nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Lageänderung auszugehen. Konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Entwicklung seien nicht hervorgekommen.
Nach dem Wehrpflichtgesetz der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ würden nur Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) zum Wehrdienst verpflichtet, in der Regel von sechs Monaten bis zu einem Jahr. Laut Bericht der ÖB in Damaskus werde eine Verweigerung des Wehrdienstes seitens der Autonomiebehörde auch nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung angesehen.
1.3.3 Knapp vier Monate darauf stellte der Beschwerdeführer den Folgeantrag und erklärte erstbefragt, auf die Frage, was sich in dieser Zeit geändert habe, er habe einen Brief erhalten, weil er nicht zum Militärdienst in Syrien angetreten sei und an Demonstrationen teilgenommen habe. Er solle eine Haftstrafe antreten, und es gehe um Staatsverrat. Im Fall einer Rückkehr befürchte er eine langjährige Haft- oder die Todesstrafe.
1.3.4 Beim BFA gab er sechs Monate später an, keine neuen Gründe zu haben. Er habe neue Beweismittel erhalten, die beweisen würden, was er gesagt habe. Dazu legte er wieder Kopien seines Militärführerscheins und des Familienregisterauszugs vor, zudem ein angebliches Schreiben des Geheimdienstes von 03.12.2012 in Ablichtung (wonach er desertiert sei, anderen dabei geholfen habe, demonstriert habe und andere dazu gebracht habe, zu demonstrieren) und einen angeblichen Auszug aus dem Strafregister (alsijilu aleadliu, السجل العدلي) mit Erteilungsdatum, (tarikh alminah, تاريخ المنح) 02.02.2023 (2023/02/02) betreffend Desertion und Beihilfe dazu. In Syrien habe er wie seine zwei Stiefbrüder an Demonstrationen teilgenommen; die beiden hätten jetzt Asylstatus in Deutschland.
1.3.5 In der Beschwerde ergänzte er dazu, er habe andere Personen angestiftet, gegen das Regime zu demonstrieren. Als illegal Ausgereister, Deserteur und Unterstützer anderer Deserteure sowie Teilnehmer an regimekritischen Demonstrationen, der auch andere Personen zur Demonstrationsteilnahme angestiftet habe, fürchte er in Anbetracht der drohenden Bestrafung mit lebenslanger Haft oder Todesstrafe im Fall der Rückkehr um sein Leben. Die vorgelegten Dokumente hätte seine verwitwete Mutter als Alleinstehende nicht beantragen können. Erst als der Onkel des Beschwerdeführers aus den VAE nach Syrien gekommen sei, habe dieser mit der Mutter einen Anwalt bevollmächtigt, die Dokumente zu beantragen.
1.3.6 Der Beschwerdeführer hat keinen Fluchtgrund behauptet, der seit der Entscheidung seines vorigen Asylverfahrens entstanden oder bekannt geworden wäre. Er hat kein substantiiertes neues Vorbringen und kein Vorbringen erstattet, von dem anzunehmen wäre, dass es zu einer erheblichen Wahrscheinlichkeit beitrüge, ihn als Person mit Anspruch auf einen über den subsidiären Schutz hinausreichenden internationalen Schutz anzuerkennen. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in seiner Herkunftsregion in Syrien ist seit der Entscheidung über den vorigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein Vorbringen bezogen.
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seinem nunmehrigen Folgeverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im hypothetischen Fall einer Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch weiterhin keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein wird.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister, dem Register der Versicherungszeiten und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt und die Entscheidungen sowie die Niederschrift der Beschwerdeverhandlung des vorigen Verfahrens eingesehen. Die Aktualität der Kontrolle der Herkunftsregion (wie sie auf S. 43 im Bescheid dargestellt ist) wurde anhand der Daten von Liveuamap (syria.liveuamap.com) sichergestellt.
2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seinem Herkunftsort, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers, die zur Vorstrafe auf den Protokolls- und Urteilsvermerk (OZ 4).
2.2 Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entstammen dem Länderinformationsblatt samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Bericht stützt sich auf Angaben verschiedener ausländischer Behörden, etwa die Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Das gilt ebenso für die in 1.2.2 genannte Publikation der EUAA.
Zu den Länderfeststellungen des Länderinformationsblattes gab der Beschwerdeführer beim BFA an, nicht Einsicht oder Stellung dazu nehmen zu wollen. (AS 44) Die Beschwerde verweist mehrmals auf das Länderinformationsblatt und die darin zitierte „Country Guidance: Syria“ von Februar 2023. Damit ist der Beschwerdeführer den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.
2.3 Zum Fluchtvorbringen:
2.3.1 Die Feststellungen betreffend das vom Beschwerdeführer jeweils Vorgebrachte folgen der Aktenlage. Im Folgeverfahren hat der Beschwerdeführer angegeben, den Antrag gestellt zu haben, weil er neue Beweismittel habe. Vorgelegt wurden dazu (außer den schon im letzten Verfahren vorgelegenen) zwei Schriftstücke, das ältere datiert 2012, mit dem Inhalt, dem Beschwerdeführer werde vorgeworfen, er sei desertiert, habe anderen Desertierten dabei geholfen, habe gegen den syrischen Staat demonstriert und andere Personen dazu gebracht, ebenso zu demonstrieren. (AS 41) Laut Beschwerde habe es sich um regimekritische Demonstrationen bzw. solche gegen das Regime gehandelt.
2.3.2 Damit hat er Fluchtgründe geltend gemacht, die bereits im vorigen Verfahren vorgelegen hätten, und eine Verfolgung, die der bisher behaupteten im Wesentlichen entspricht, nämlich durch das syrische Regime Assad, nun nicht mehr nur wegen der Desertion aus der syrischen Armee, sondern auch wegen Beihilfe zur Desertion und Demonstrierens gegen das syrische Regime (jenes von 2012 oder davor).
2.3.3 Die beiden Schriftstücke sind auch dann, wenn man ihre inhaltliche Richtigkeit annähme, nicht geeignet, eine im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen früheren Asylverfahren wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände aufzuzeigen.
Ohne auf die Überlegungen des BFA betreffend die Echtheit der Dokumente und den Umstand, dass diese erst jetzt vorgelegt wurden, weiter einzugehen, gilt nämlich, dass das Vorbringen an sich bereits nicht geeignet ist, eine wesentliche Sachverhaltsänderung betreffend die Verfolgungsgefahr darzutun, weil die Herkunftsregion des Beschwerdeführers wie seit 2018 auch weiterhin zum kurdischen Herrschaftsbereich, also dem der SDF, gehört und demnach weder das frühere Regime noch die Übergangsregierung dort Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer setzen konnte oder kann, egal aus welchem Grund.
2.3.4 Aus der gleichgebliebenen Zugehörigkeit der Herkunftsregion zum kurdischen Selbstverwaltungsgebiet folgt, dass dem Beschwerdeführer wie schon bisher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Rekrutierung bevorstünde, würde er zurückkehren, da er dem Lauf des Lebens entsprechend nicht mehr in das dort wehrpflichtige Alter zurückgelangen wird.
2.3.5 Eine Änderung der Situation in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist also wie dargelegt nicht eingetreten.
2.3.6 Dem BFA ist zuzustimmen (S. 90, AS 134), dass es dem Beschwerdeführer damit nicht gelungen ist, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Damit schließt sich das Verwaltungsgericht – zumal die Beschwerde daran keine Zweifel hervorruft – der Beweiswürdigung des BFA an.
Für einen geänderten relevanten Sachverhalt lag damit auch im Beschwerdeverfahren kein neuer Hinweis vor. Damit ist aber auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Sachverhaltselemente vorgebracht hätte, die zu einer erheblichen Wahrscheinlichkeit beitrügen, ihn als Person mit Anspruch auf (über den subsidiären Schutz hinausgehenden) internationalen Schutz anzuerkennen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1 Beim vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz handelt es sich um den zweiten diesbezüglichen Antrag. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen. Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde erhoben.
3.2 Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.
Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.
„Sache“ ist im vorliegenden Fall der vom Beschwerdeführer eingebrachte Folgeantrag auf internationalen Schutz. Ob dieser Folgeantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, war Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und ist es damit auch im nunmehrigen Verfahren vor dem BVwG. (VwGH 22.02.2021, Ra 2020/18/0537, Rz 13)
3.3 Im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt. (VwGH 29.11.2023, Ra 2023/14/0355, Rz 11, mwN)
Ein Folgeantrag auf internationalen Schutz darf nicht allein deshalb wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden, weil der nunmehr vorgebrachte Sachverhalt von der Rechtskraft einer früheren Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz erfasst sei, ohne dass die Prüfung im Sinn des Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) vorgenommen worden wäre, ob „neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist“. (VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0344, mwN)
3.4 Wie festgestellt, stützt der Beschwerdeführer seinen Folgeantrag auf die Gründe, die er bereits im vorigen Verfahren geltend machte, und führt für die behauptete Verfolgung durch die syrische Regierung weitere, zeitlich lange vor der Ausreise gelegene, Sachverhaltselemente ohne nähere Konkretisierung an. Damit hat er aber festgestellter maßen kein substantiiertes neues Vorbringen und kein Vorbringen erstattet, von dem anzunehmen wäre, dass es zu einer erheblichen Wahrscheinlichkeit beitrüge, ihn als Person mit Anspruch auf einen über den subsidiären Schutz hinausreichenden internationalen Schutz anzuerkennen.
3.5 Von einer relevanten, wesentlichen Änderung des Sachverhalts seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag kann daher diesbezüglich nicht gesprochen werden. Es liegt vielmehr entschiedene Sache vor.
3.6 Auf dem Boden der Rechtsprechung hat auch das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. (VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, Rz 49, mwN)
Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ist in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht ab-, sondern zurückzuweisen, weshalb die Beschwerde in diesem Umfang mit der Maßgabe abzuweisen war, dass der Antrag zurückgewiesen wird.
3.7 Die UNHCR-Position von Dezember 2024 beinhaltet die Empfehlung: „Angesichts der derzeit unsicheren Lage in Syrien fordert das UNHCR die Asylstaaten auf, die Ausstellung negativer Bescheide über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen oder staatenlosen Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, auszusetzen.“
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Asylbehörden (und dementsprechend auch das Bundesverwaltungsgericht) sich mit den Stellungnahmen, Positionen und Empfehlungen in den Richtlinien des UNHCR und der EUAA auseinanderzusetzen und, wenn sie diesen nicht folgen, begründet darzulegen, warum und gestützt auf welche entgegenstehenden Berichte sie zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat gekommen sind. (VwGH 22.07.2024, Ra 2023/14/0460, Rz. 15, mwN)
3.8 Vorliegend hat der Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Das UNHCR zählt zu den Personen, die internationalen Schutz benötigen, die folgendermaßen (übersetzt) definierten Flüchtlinge („refugees“): „Als Flüchtlinge gelten im weitesten Sinne alle Personen, die sich außerhalb ihres Herkunftslandes befinden und aufgrund einer ernsthaften Bedrohung ihres Lebens, ihrer körperlichen Unversehrtheit oder ihrer Freiheit in ihrem Herkunftsland infolge von Verfolgung, bewaffneten Konflikten, Gewalt oder schweren öffentlichen Unruhen internationalen Schutzes bedürfen.“ (UNHCR: Persons in need of international protection, Juni 2017, 1 f; www.refworld.org/policy/legalguidance/unhcr/2017/en/121440)
Demnach unterfallen auch die im Sinn des § 8 AsylG 2005 subsidiär Schutzberechtigten (deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß dieser Bestimmung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde) dieser Gruppe, womit dieser Status als Form des vom UNHCR angesprochenen internationalen Schutzes anzusehen ist.
Der Aufforderung des UNHCR, keine negativen Bescheide über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen zu erlassen, wird damit auch in Fällen Rechnung getragen, in denen derartigen Anträgen (lediglich) durch Zuerkennung subsidiären Schutzes entsprochen wird.
3.9 Die Aufforderung des UNHCR steht vorliegend daher einer Erledigung auch dann nicht entgegen, wenn deren Inhalt die Zurückweisung des Antrags in Bezug auf den Asylstatus ist. Aus diesem Grund ist die Rechtssache entscheidungsreif und die unbegründete Beschwerde ohne Zuwarten abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu übereinstimmenden Fluchtvorbringen und Neuerungen in der Beschwerde oder im Folgeantrag sowie zu den Voraussetzungen der Zurückweisung nach § 68 Abs. 1 AVG. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.
Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt weist auch – zumal die teils neuen Umstände das Ergebnis nicht tangieren – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.
Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist. (Vgl. VwGH 07.03.2019 Ra 2019/21/0001; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422, mwN)
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.