W198 2277887-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie Mag. Gabriele STRASSEGGER als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Michael CELAR, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 16.02.2023, VSNR XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2023, GZ: XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.04.2024, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (in der Folge: AMS) vom 16.02.2023, VSNR XXXX , wurde gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum 01.02.2020 bis 31.12.2022 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und wurde XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 22.927,59 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass mit mehreren Bescheiden der PVA festgestellt worden sei, dass die Beschwerdeführerin originär arbeitsunfähig sei. Sie beziehe seit 2014 erhöhte Familienbeihilfe. Mit Bescheid der PVA vom 14.11.2018 sei der Beschwerdeführerin Waisenpension ab 07.08.2018 zuerkannt worden. Die Beschwerdeführerin habe in den für den Leistungsbezug ab 01.02.2020 maßgebenden Anträgen auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung die Frage nach einem Einkommen jeglicher Art unbeantwortet gelassen bzw. verneint und habe sie dadurch wesentliche Tatsachen verschwiegen.
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.02.2023 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte sie zusammengefasst aus, dass es richtig sei, dass sie eine Waisenpension und erhöhte Familienbeihilfe beziehe. Ihr sei eine 50% Behinderung bestätigt worden und sei sie sich sicher, dass sie dies gegenüber der belangten Behörde erwähnt hätte. Für die Beschwerdeführerin sei nicht nachvollziehbar, was originäre Arbeitsunfähigkeit bedeute. Die Waisenpension und die Familienbeihilfe würden ihr ohnehin auf die Mindestsicherung angerechnet werden. Es handle sich dabei zudem um ein Einkommen, welches unter der Geringfügigkeitsgrenze liege. Richtig sei wahrscheinlich, dass sie dies nicht in den Anträgen angegeben habe. Sie habe diese Anträge trotz Ihrer 50% Behinderung immer selbst gestellt und sei ihr nicht bewusst gewesen, wo sie das hätte angeben sollen. Die Waisenpension sei ihr mit 37 Jahren zuerkannt worden und hätte die belangte Behörde nachfragen müssen. Die Beschwerdeführerin sei davon ausgegangen, dass es selbst bei Angabe der Waisenpension dennoch zu keiner Anrechnung auf die Notstandshilfe oder zu einer Einstellung gekommen wäre, da sie davon ausgegangen sei, dass die Behörde dies bereits gemacht hätte, als der Beschwerdeführerin die Waisenpension zuerkannt worden war. Ihr sei nicht klar gewesen, dass sie die erhaltenen Leistungen beim AMS angeben hätte müssen und sei ihr auch nicht bewusst gewesen, dass sie originär arbeitsunfähig war und welche Konsequenzen dies habe. Keinesfalls habe sie die Leistung vorsätzlich falsch bezogen und dazu unwahre Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen. Sie habe nicht erkennen können, dass ihr die Leistung nicht gebührt und sei die Rückforderung daher keinesfalls gerechtfertigt.
3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 17.05.2023 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass aufgrund des Vorliegens originärer Invalidität bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung im verfahrensrelevanten Zeitraum nicht vorlagen und sei der Bezug der Notstandshilfe daher zu widerrufen. Die Beschwerdeführerin habe in den Anträgen auf Zuerkennung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ihr zusätzliches Einkommen durch den Erhalt einer Waisenpension bzw. erhöhter Familienbeihilfe verschwiegen und damit unwahre Angaben gemacht, sodass der Notstandshilfebezug auch rückzufordern sei.
4. Mit Schreiben vom 02.06.2023 stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Vorlage. Darin wiederholte sie im Wesentlichen ihr Beschwerdevorbringen.
5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 11.09.2023 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
6. Am 14.09.2023 langte – nach entsprechender Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht – eine Äußerung der belangten Behörde beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Am 09.04.2024 langte eine mit 08.04.2024 datierte Replik der nunmehrigen Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 10.04.2024 der belangten Behörde die Replik der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 08.04.2024 übermittelt.
9. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 12.04.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der die Beschwerdeführerin im Beisein ihrer Rechtsvertretung sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin hat seit dem Jahr 2014 einen Behindertenausweis (Grad der Behinderung 50%). Sie bezieht seit 2014 erhöhte Familienbeihilfe für sich selbst und seit 2018 Waisenpension. Im verfahrensrelevanten Zeitraum hat die Beschwerdeführerin in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils € 379,40 monatlich an erhöhter Familienbeihilfe erhalten. Zusätzlich hat sie im Jahr 2020 Waisenpension in Höhe von € 310,38, im Jahr 2021 in Höhe von € 321,24 sowie im Jahr 2022 in Höhe von € 330,88 monatlich erhalten.
Die Beschwerdeführerin hat im verfahrensrelevanten Zeitraum von 01.02.2020 bis 31.12.2022 Notstandshilfe in der Höhe von insgesamt € 22.927,59 bezogen.
Während des Bezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hat die Beschwerdeführerin wiederholt die Zuerkennung einer Invaliditätspension bei der PVA beantragt. Mit Bescheiden der PVA vom 30.10.2015, vom 26.11.2018 sowie vom 05.05.2022 wurden diese Anträge jeweils abgelehnt und das Vorliegen originärer Invalidität zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung anerkannt.
Trotz Einlangen dieser Bescheide der PVA vom 30.10.2015, vom 26.11.2018 sowie vom 05.05.2022 beim AMS wurden der Beschwerdeführerin weiterhin Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zuerkannt und der Leistungsbezug (zunächst) irrtümlich nicht eingestellt.
Im Zuge der (weiteren) Beantragungen von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hat die Beschwerdeführerin dabei in ihren Anträgen vom 18.08.2020 sowie vom 05.08.2022 die Frage 4 des Antragsformulars („Ich habe einen Antrag auf Gewährung einer Pension gestellt“) jeweils mit „nein“ beantwortet.
Im Antrag vom 16.08.2021 hat die Beschwerdeführerin die Frage 4 des Antragsformulars zwar mit „ja“ beantwortet, aber bei der Frage, ob das Pensionsverfahren bereits abgeschlossen ist, hat sie „nein“ angekreuzt, obwohl dieses Verfahren mit Bescheid vom 05.05.2022 abgeschlossen wurde (siehe Anhang 22 des vorgelegten Verwaltungsaktes).
Weiters hat die Beschwerdeführerin in den Anträgen vom 18.08.2020, vom 16.08.2021 und vom 05.08.2022 die Frage 9 des Antragsformulars, ob sie ein eigenes Einkommen habe, verneint. Sie hat in diesen Anträgen sohin die ihr zuerkannte Waisenpension sowie den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe nicht angegeben.
In weiterer Folge bemerkte das AMS das Nichtgebühren von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung im Januar 2023 und stellte den Leistungsbezug der Beschwerdeführerin ab 01.01.2023 ein.
Mit Bescheid der PVA vom 02.03.2023 hat die Beschwerdeführerin rückwirkend ab 01.02.2020 eine Ausgleichszulage in der Höhe von monatlich € 375,60 zuerkannt bekommen.
2. Beweiswürdigung:
Der Behindertenausweis der Beschwerdeführerin liegt im Akt ein (Anhang 60 des vorgelegten Verwaltungsaktes).
Der Bezug der Waisenpension und der erhöhten Familienbeihilfe ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit dem Vermerk des AMS über eine Rückfrage beim Finanzamt (Anhang 40 des vorgelegten Verwaltungsaktes).
Der Bezug von Notstandhilfe im verfahrensrelevanten Zeitraum ergibt sich aus dem Bezugsverlauf und ist unstrittig.
Die Bescheide der PVA vom 30.10.2015, vom 26.11.2018 sowie vom 05.05.2022, mit welchen das Vorliegen originärer Invalidität zum Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung anerkannt wurde, liegen im Akt ein (Anhang 14, 18 und 22 des vorgelegten Verwaltungsaktes).
Es ist unstrittig, dass trotz Einlangen dieser Bescheide der PVA vom 30.10.2015, vom 26.11.2018 sowie vom 05.05.2022 beim AMS der Beschwerdeführerin weiterhin Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zuerkannt wurden.
Die Anträge der Beschwerdeführerin auf Leistung aus der Arbeitslosenversicherung vom 18.08.2020, vom 16.08.2021 und vom 05.08.2022 liegen im Akt ein (Anhang 20, 21 und 23 des vorgelegten Verwaltungsaktes) und ergeben sich daraus eindeutig die Antworten der Beschwerdeführerin auf die darin gestellten Fragen. Die Beschwerdeführerin bestreitet auch nicht, dass sie den Bezug der Waisenpension und Familienbeihilfe in den Leistungsanträgen nicht angegeben hat. So führte sie im Vorlageantrag wörtlich an: „Richtig ist wahrscheinlich, dass ich die Waisenpension und die Familienbeihilfe nicht im Antrag angegeben habe.“
Festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführerin widersprüchliche Angaben zum Ausfüllen der Anträge tätigte. So gab sie im Vorlageantrag bezogen darauf, dass sie den Bezug der Familienbeihilfe und Waisenpension im Antrag nicht angegeben habe, an: „Ich habe meine Anträge, trotz meiner 50% Behinderung, aber immer alleine gestellt und ist mir nicht bewusst, wo ich dies hätte angeben sollen.“ In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab sie widersprüchlich dazu an, dass sie Hilfe beim Ausfüllen der Anträge gehabt habe. Dem entsprechenden Vorhalt dieses Widerspruchs konnte die Beschwerdeführerin nicht substanziiert entgegentreten.
Beweiswürdigend ist weiters auszuführen, dass die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen insofern gesteigert hat, als sie im Vorlageantrag erstmals vorgebracht hat, dass sie sich sicher sei, dass sie den Umstand, dass sie Waisenpension und erhöhte Familienbeihilfe bezöge, gegenüber dem AMS erwähnt hätte. Auf die Frage in der Verhandlung, wieso sie diesen Umstand nicht schon in der Beschwerde vorgebracht habe, gab sie völlig unsubstanziiert an, dass sie dies vergessen habe. Sie gab in der Verhandlung schließlich erneut widersprüchlich zu ihrem Vorbringen im Vorlageantrag an, dass sie dem AMS über die Waisenpension nichts gesagt habe, weil sie nicht gewusst habe, dass sie das sagen müsse. Weiters gab sie in der Verhandlung an, dass sie dem AMS jedoch den Bescheid über die Familienbeihilfe sehr wohl vorgelegt habe; sie konnte jedoch keinerlei Beweise für dieses Vorbringen vorlegen.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie dem AMS über die Waisenpension nichts gesagt habe, weil sie nicht gewusst habe, dass sie das sagen müsse, ist ergänzend auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung zu verweisen.
Unstrittig ist weiters, dass das AMS den Leistungsbezug der Beschwerdeführerin ab 01.01.2023 einstellte.
Der Bescheid der PVA vom 02.03.2023, mit welchem die Ausgleichszulage zuerkannt wurde, liegt im Akt ein.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien Esteplatz.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Einleitend ist festzuhalten, dass der maximale Berichtigungszeitraum gemäß § 24 Abs. 2 AlVG – unstrittig - auf drei Jahre beschränkt ist. Dies betrifft sowohl den Widerrufszeitraum als den Rückforderungszeitraum.
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung der Notstandshilfe zu widerrufen, wenn die Zuerkennung gesetzlich nicht begründet war.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.
Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Im gegenständlichen Fall lagen die Voraussetzungen für den Bezug der Notstandshilfe nicht vor, weil die Beschwerdeführerin aufgrund des Vorliegens originärer Invalidität nicht arbeitsfähig war und sie daher der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand.
Die Zuerkennung der Notstandshilfe war daher für den verfahrensrelevanten Zeitraum 01.02.2020 bis 31.12.2022 zu widerrufen.
Zu Rückforderung der Leistung ist wie folgt auszuführen:
Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Wie festgestellt, hat die Beschwerdeführerin in ihren Leistungsanträgen vom 18.08.2020 sowie vom 05.08.2022 die Frage 4 des Antragsformulars („Ich habe einen Antrag auf Gewährung einer Pension gestellt“) jeweils mit „nein“ beantwortet. Im Antrag vom 16.08.2021 hat die Beschwerdeführerin die Frage 4 des Antragsformulars zwar mit „ja“ beantwortet, aber bei der Frage, ob das Pensionsverfahren bereits abgeschlossen ist, hat sie „nein“ angekreuzt, obwohl dieses Verfahren mit Bescheid vom 05.05.2022 abgeschlossen wurde.
Weiters hat die Beschwerdeführerin in den Anträgen vom 18.08.2020, vom 16.08.2021 und vom 05.08.2022 die Frage 9 des Antragsformulars, ob sie ein eigenes Einkommen habe, dezidiert verneint. Sie hat in diesen Anträgen sohin die ihr zuerkannte Waisenpension sowie den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe nicht angegeben.
Die Verletzung der Meldepflicht gemäß § 50 AlVG rechtfertigt die Annahme einer Verschweigung maßgeblicher Tatsachen und somit die Rückforderung des unberechtigten Empfangenen (VwGH 03.10.2002, 97/08/0611). Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist der Leistungsbezieher verpflichtet, jede für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruchs maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Verzug, spätestens binnen einer Woche, der regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen, wobei es keine Rolle spielt, ob die Meldung nach Auffassung des Arbeitslosen den Leistungsanspruch zu beeinflussen mag oder nicht. Die diesbezügliche Beurteilung der Tatsachen obliegt dem Arbeitsmarktservice (Seitz in Sdoutz/ Zechner (Hrsg), Arbeitslosenversicherungsgesetz, 22. Lfg (Dezember 2023), § 25 AlVG, RZ 521). Demnach kommt es auch auf das Motiv für die Unterlassung oder sonstige in der Sphäre des Meldepflichtigen liegende Gründe, aus denen die Meldung unterblieben ist, nicht an (vgl. VwGH vom 23.4.2003, Zl. 2002/08/0284).
Nicht maßgeblich ist, ob die Beschwerdeführerin der Ansicht ist, dass eine derartige Leistung Einfluss auf das Gebühren oder Nichtgebühren einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung hat und zwar dann, wenn eine derart rechtserhebliche Frage – ob sie über ein Einkommen verfügt – in einem Antragsformular gestellt wird. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie dem AMS über die Waisenpension nichts gesagt habe, weil sie nicht gewusst habe, dass sie das sagen müsse, geht daher ins Leere, zumal es auf die Beurteilung durch die Beschwerdeführerin nicht ankommt.
Ebenso geht daher das Vorbringen im Vorlagentrag, wonach es sich bei der Waisenpension und der Familienbeihilfe um ein Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze gehandelt habe und die Beschwerdeführerin daher nicht gewusst habe, dass sie dies dem AMS gegenüber angeben müsse, ins Leere, da es auch diesbezüglich nicht auf die Beurteilung durch die Beschwerdeführerin ankommt. Abgesehen davon ist festzuhalten, dass das Einkommen aus der Waisenpension und der Familienbeihilfe zusammengerechnet die monatliche Geringfügigkeitsgrenze im verfahrensrelevanten Zeitraum – entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin – deutlich überstieg.
Nach dem offenkundigen Zweck der Widerrufs- und Rückforderungsnorm kommt es auch nicht darauf an, dass ein die Leistung beeinflussender Umstand zu einem früheren Zeitpunkt bereits aktenkundig wurde oder von der Behörde leicht hätte festgestellt werden können. Ein Mitverschulden der Behörde am Überbezug ist bei Verwirklichung dieses Tatbestandes überhaupt ohne Belang (vgl. Seitz in Sdoutz/ Zechner (Hrsg), Arbeitslosenversicherungsgesetz, 22. Lfg (Dezember 2023), § 25 AlVG, Rz 524). Daher spielt es auch keine Rolle, ob die Angaben des Arbeitslosen in einem früheren Antragsformular die Behörde zu einem späteren Zeitpunkt und aus Anlass einer späteren Geltendmachung (zB von Notstandshilfe) zu Rückfragen hätten veranlassen sollen (VwGH 23.2.2000, 99/08/0141).
Die Verpflichtung zum Rückersatz der im verfahrensrelevanten Zeitraum zu Unrecht empfangenen Notstandshilfe gemäß § 25 Abs. 1 AlVG erfolgte daher zu Recht.
Das AMS legte seine Berechnungen betreffend die Höhe des Rückforderungsbetrages nachvollziehbar offen und waren diese nicht zu beanstanden (vgl. auch VwGH 26.05.2004, 2001/08/0124).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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