JudikaturBVwG

W191 2278046-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
02. Januar 2024

Spruch

W191 2278046-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Bangladesch, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.08.2023, Zahl 1340356504/230133323, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.10.2023 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005, §§ 9 und 18 BFA-Verfahrensgesetz sowie §§ 46, 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 17.01.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.2. Der BF wurde am 17.01.2023 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Bengali, erstbefragt und gab im Wesentlichen an, dass er der Glaubensgemeinschaft des Islam angehöre, zwölf Jahre die Grundschule besucht habe und einer selbständigen Arbeit nachgegangen sei. Der BF stammt aus XXXX , Polizeiverwaltungsbezirk Raijor, Distrikt Madaripur, Bangladesch. Seine Eltern und seine Geschwister würden noch in Bangladesch leben.

Er habe Bangladesch im Februar 2022 zu Fuß verlassen und sei zunächst nach Indien ausgereist, wo er sich zwei Monate aufgehalten habe. Danach habe er sich zwölf Tage in der Türkei, vier Monate in Serbien, drei Tage in Rumänien und 13 Tage in Ungarn aufgehalten bevor er in Österreich einreiste. Ein Reisedokument habe er nicht besessen.

Als Fluchtgrund gab der BF zusammengefasst an, dass er homosexuell sei, einen Freund gehabt habe und von der „Gesellschaft“ erwischt worden sei. Während der Freund von seiner Familie zwangsverheiratet worden sei, sei der BF nach Dhaka (Bangladesch) geflüchtet und habe im Geschäft seines Bruders gearbeitet. Einige Monate später habe der BF einen neuen Freund gehabt und sei dabei erwischt worden. Der neue Freund sei getötet und der BF mit dem Tod bedroht worden.

1.3. Der BF wurde am 05.07.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Bengali, einvernommen. Dabei bestätigte der BF die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF im Wesentlichen an, dass er in Bangladesch aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werde. Er sei im Juli 2021 beim Geschlechtsverkehr mit XXXX , seinem damaligen Freund im Geschäft seines Vaters in XXXX , Distrikt Madaripur erwischt worden. Daraufhin sei er von seinem Vater verstoßen und von der Dorfgemeinschaft mit 100 Stockhieben bestraft worden. Er habe danach zwei bis drei Tage im Geschäft seines Vaters gearbeitet, aber keine Kundschaft gehabt, da er nicht akzeptiert worden sei. Daraufhin sei er nach Dhaka (Bangladesch) zu seinem Bruder gegangen, wo er im Geschäft seines Bruders gearbeitet habe. In Dhaka habe er eine homosexuelle Beziehung mit einem Mann namens XXXX unterhalten, mit dem er ungefähr sechs Monate in einem gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Allerdings habe am 10.02.2022 der Hausbesitzer die Tür des BF von außen aufgesperrt und diesen mit XXXX beim Geschlechtsverkehr erwischt. Der Hausbesitzer und andere muslimische Menschen seien gekommen und hätten den BF und XXXX geschlagen. Dieser sei dabei getötet worden. Der BF sei bewusstlos geworden und habe drei Tage im Krankenhaus verbracht. Direkt danach sei er nach Indien ausgereist.

1.4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 16.08.2023 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 17.01.2023 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat.

Zu seinem Fluchtvorbringen führte das BFA beweiswürdigend aus, dass das Vorbringen des BF nicht glaubhaft sei. Nicht nur der Vorfall vom 10.02.2022, sondern auch die Ausreiseumstände, nämlich nach einem dreitägigen Koma im Krankenhaus sofort nach Indien auszureisen, seien unglaubwürdig, zumal nach solch einer schweren Verletzung Wochen bzw. Monate notwendig wären, um vollständig zu genesen und eine beschwerliche schlepperunterstützte Reise antreten zu können. Außerdem spreche der Umstand, dass der BF keinerlei Kenntnisse um die Homosexuellenszene in seinem Heimatstaat oder in Österreich und somit kein Interesse an einem Anschluss zu Gleichgesinnten habe, gegen die Behauptung, einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein.

Weiters drohe dem BF im Falle der Rückkehr keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der BF würde auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG erfüllen, weshalb die gegenständliche Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden gewesen sei. Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergäbe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Bangladesch. Die Frist für die freiwillige Ausreise ergäbe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, nicht gegeben seien.

1.5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines Vertreters vom 11.09.2023 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ein.

In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass LGBTI Personen in Bangladesch staatlich verfolgt seien. Zwar seien homosexuelle Personen selten einer strafrechtlichen Verfolgung nach Artikel 377 des Strafgesetzbuches von Bangladesch, aber Schikanen seitens der Polizei in Form von Drohungen mit Verhaftung ausgesetzt. Der BF habe in der Einvernahme vor dem BFA keine „einschlägige Szene“ nennen können, weil er sich erst seit Kurzem im Bundesgebiet befinde und sich nach den traumatischen Ereignissen nicht traue, seine Sexualität offen zu leben. Zudem herrsche in Bangladesch eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung von Akten willkürlicher Gewalt betroffen sei und aus diesem Grund drohe dem BF im Falle einer Abschiebung eine reale Verletzung von Art. 3 EMRK.

Beantragt wurde unter anderem, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

1.6. Das BVwG führte am 20.10.2023 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Bengali durch, zu der der BF mit seinem Vertreter persönlich erschien. Das BFA verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an einer Beschwerdeverhandlung.

Der BF machte dabei auf richterliche Befragung Angaben, die im Wesentlichen mit seinen bisher im Verfahren gemachten Angaben über seine Herkunft und seine Lebensverhältnisse übereinstimmten. Er sei sunnitischer Moslem.

Befragt zu seiner derzeitigen Situation in Österreich gab er an, dass er keine engen Kontakte zu Österreichern habe. Zu seiner Familie im Herkunftsstaat habe er ebenso keinen Kontakt, mit seiner Mutter habe er zuletzt im März 2023 telefoniert. Derzeit helfe er ab und zu „bei den Zeitungsständen“. Er besuche zwar keinen Deutschkurs, habe sich aber für einen angemeldet.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, bestätigte er seine Angaben in der Einvernahme vor dem BFA und gab auf Nachfrage ergänzend an, dass er wegen des Geschlechtsverkehrs im Geschäft seines Vaters nur deshalb nicht geschlagen worden sei, weil sein Vater mächtig sei. Seinen damaligen Partner XXXX habe man hingegen vermutlich mehr geschlagen als den BF. Außerdem seien sowohl der BF als auch sein neuer Partner XXXX von dem Vermieter in Dhaka beim „Intimität machen“ mit offener bzw. halboffener Tür erwischt worden. „Bachelor-Menschen“ wie der BF sollten die Tür für gewöhnlich immer offenlassen. Der Vermieter habe geschrien und andere Menschen angerufen, die dann den BF und seinen Partner XXXX mit „Messer und so“ angegriffen hätten. Beide seien sehr stark geschlagen worden. XXXX sei dabei sogar gestorben und der BF ins Spital gebracht worden. Dort habe er einige Tage bewusstlos verbracht und sei dann in der Nacht ausgereist. Nachfragen zu unstimmigen Angaben konnte der BF nicht hinreichend beantworten und diese aufklären.

Das erkennende Gericht brachte aktuelle Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).

Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt. Es hat dazu keine Stellungnahme abgegeben.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 17.01.2022 und der Einvernahme vor dem BFA am 05.07.2023, den angefochtenen Bescheid vom 16.08.2023 sowie die gegenständliche Beschwerde vom 11.09.2023

Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA zu Bangladesch, Aktenseiten 128 bis 151)

Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 20.10.2023

Einsicht in folgende in der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 20.10.2023 zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:

o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat sowie zur Lage von Personen mit besonderer sexueller Orientierung (Auszüge aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA betreffend Bangladesch)

Einsicht in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 20.10.2023 vorgelegte Bescheinigungsmittel:

o Kopie einer ID Card (Ausstellungsdatum 25.01.2020, Ausstellungsort: XXXX )

o Kopie von vier Fotos, die den BF in Gesellschaft mit anderen Personen zeigen

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:

3.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX . Er ist Staatsangehöriger von Bangladesch, bekennt sich zur Religionsgemeinschaft des Islam, ist ledig und hat keine Kinder. Er ist in XXXX , Polizeiverwaltungsbezirk Raijor, Distrikt Madaripur, Bangladesch geboren und dort aufgewachsen. Er gehört der Volksgruppe der Bengalen an. Die Muttersprache des BF ist Bengali, er spricht auch etwas Englisch.

Er hat zehn Jahre lang die Grundschule besucht, die Lehre zum medizinischen Assistent abgeschlossen und als Verkäufer im Apothekengeschäft seines Vaters in XXXX , Polizeiverwaltungsbezirk Raijor, Distrikt Madaripur, Bangladesch gearbeitet. Seine Eltern und sein Bruder leben nach wie vor in seinem Heimatdorf, während seine fünf Schwestern in anderen Distrikten in Bangladesch leben.

Der BF verließ Bangladesch im Februar 2022 und reiste über Indien und weitere angeführte Länder bis nach Österreich, wo er am 17.01.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Der BF hat sein Vorbringen, dass er aufgrund seines gleichgeschlechtlichen Kontaktes mit Partnern und somit aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Homosexuellen in seinem Heimatland verfolgt werde, nicht glaubhaft gemacht.

3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass er im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat einer aufrechten Verfolgung ausgesetzt wäre.

Der BF kann in seinen Herkunftsstaat Bangladesch zurückkehren.

Da der BF – er ist im erwerbsfähigen Alter, männlich und arbeitsfähig und verfügt über Arbeitserfahrung – in Bangladesch ein Fortkommen hat, ist es ihm auch zumutbar, einer allfälligen Verfolgung durch die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Flucht- bzw. Schutzalternative zu entgehen. Etwaige Gründe, warum ihm eine Niederlassung in einem anderen Teil in Bangladesch nicht möglich wäre, hat der BF nicht vorgebracht.

3.4. Zur Integration des BF in Österreich:

Der BF ist seit Jänner 2023 in Österreich aufhältig. Ihm steht in Österreich kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechts zu, und er hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber in Österreich.

Der BF verfügt über keine familiären oder relevanten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen.

Der BF arbeitet nach seinen Angaben ab und zu „bei den Zeitungsständen“.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Eine Integration des BF in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.

Der BF hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich.

3.5. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

3.5.1. Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA zu Bangladesch (Schreibfehler teilweise korrigiert, Stand 14.06.2023):

„[...] 3 Politische Lage

Letzte Änderung 2023-06-14

Nach einem neunmonatigen Befreiungskrieg erklärte die Volksrepublik Bangladesch am 26.03.1971, unterstützt durch Indien, ihre Unabhängigkeit von Pakistan (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. BS 23.02.2022). Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anmerkung] Nationalismus als Ziele fest (ÖB New Delhi 11.2022). Die turbulente Geschichte der letzten fünf Jahrzehnte führte wegen Militärherrschaften und einer allmählichen Aushöhlung der Demokratie unter zivilen Regierungen zum derzeitigen hybriden Regime (BS 23.02.2022; vgl. CEIP 06.09.2022). 1991 kehrte das Land offiziell zu einem parlamentarischen System zurück, aber persönliches Charisma und verfassungsrechtliche Bestimmungen führten zur Konzentration der Macht in den Händen der jeweiligen Premierministerin, Khaleda Zia (1991-1996, 2001) und Sheikh Hasina (1996-2001, 2008 bis heute) (BS 23.02.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Persönliche Animosität zwischen diesen beiden Machthaberinnen und ein Vertrauensdefizit zwischen den zwei Parteien führte zu einer schädlichen politischen Kultur (BS 23.02.2022; vgl. DFAT 0.11.2022; FH 10.3.2023), während die demokratischen Institutionen entweder nicht vorhanden oder stark geschwächt blieben (BS 23.02.2022).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich organisiert (ÖB New Delhi 11.2022). Das Land ist in acht Regierungsbezirke (Divisions), 64 Landkreise (Districts), 492 Polizeibezirke (Thana/Upazila), über 4.500 Gemeindeverbände (Unions) und ca. 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (CHT) gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB New Delhi 11.2022).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt großteils zeremonielle Funktionen aus (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 10.03.2023). Präsident Abdul Hamid wurde 2018 ohne Gegenkandidaten für eine zweite Amtszeit gewählt (FH 10.03.2023). Die Macht liegt in den Händen des Regierungschefs, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Dieser Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 23.08.2022; BS 23.02.2022). Zudem untersteht das Militär, das zwar für die äußere Sicherheit zuständig ist, aber auch für interne Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden kann, dem Premierminister, der gleichzeitig Verteidigungsminister ist (AA 23.08.2022).

Das nationale Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer, die sich aus 350 Mitgliedern zusammensetzt, von denen 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählt werden. Die verbleibenden 50 Sitze sind für Frauen reserviert, die von den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Direkte Wahlen zum Einkammerparlament, an denen alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr teilnehmen können, finden in der Regel alle fünf Jahre statt (AA 23.08.2022).

Bangladesch hat ein Mehrparteiensystem (FH 10.03.2023). Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hatte in der Vergangenheit die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, der „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) und der „Awami League“ (AL), begünstigt (AA 23.08.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Traditionell wurde die Macht abwechselnd von AL- und BNP-geführten Koalition[en] ausgeübt. Andere Parteien haben es schwer, sich durchzusetzen (FH 10.03.2023). Aus der Auseinandersetzung mit der BNP ist die AL jüngst als klarer Sieger hervorgegangen. Sie führt seit 2009 (Wiederwahl 2014 und 2018) die im Übrigen aus sehr kleinen Parteien bestehende Regierungskoalition an (AA 23.08.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Während die BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der „Bangladesh Jamaat-e-Islami“ hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei (LDP), der national-sozialen Partei „Jatiyo Samajtantrik Dal“ (JSD) sowie von der Jatiya Partei, die vom mittlerweile verstorbenen ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad gegründet wurde (ÖB New Delhi 11.2022). Innerparteiliche Demokratie besteht in beiden Parteien nicht. Stark hierarchische Führungsstrukturen, in denen familiäre Bindungen, persönliche Loyalitäten und geschäftliche Verbindungen von großer Bedeutung sind, prägen alle Parteien. Das Führungspersonal von AL und BNP ist zudem deutlich überaltert (AA 23.08.2022; vgl. FH 10.03.2023). Des Weiteren schränken beide Parteien die politischen Möglichkeiten derjenigen ein, welche die jeweiligen internen Parteistrukturen in Frage stellen oder alternative Parteien gründen wollen (FH 10.03.2023). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, indem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden. Generell kann trotzdem gesagt werden, dass die BNP eher der konservativ-religiösen Seite zuneigt, wohingegen die AL eher links und laizistisch orientiert ist (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).

Auf lokaler Ebene üben die gewählten Volksvertreter die Regierungsgewalt sowohl durch die Verwaltung als auch durch nepotistische Netzwerke, welche eine Herausbildung starker Männer begünstigt, aus (BS 23.02.2022). Lokale Regierungen können ob ihrer Kompetenzen in kommunaler Entwicklung, Sozialfürsorge sowie Recht und Ordnung das tägliche Leben der Bürger erheblich beeinflussen. Da die bangladeschische Politik in hohem Maße auf Klientelismus beruht, ist Loyalität, vor allem gegenüber der Regierung, sehr wichtig. Gemäß lokalen Quellen sind persönliche Ergebenheiten zu lokalen Politikern oder anderen einflussreichen Personen entscheidend, um Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen (z. B. in Bezug auf Grund und Boden, Sozialhilfe, Arbeitsplätze) zu erhalten. Die Wahlen für die fünfjährigen Amtszeiten der lokalen Regierungen werden in Phasen durchgeführt (DFAT 30.11.2022).

Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 23.08.2022; vgl. FH 10.03.2023). Das Militär, das Beteiligungen an verschiedenen Infrastrukturentwicklungsprojekten und Wirtschaftsunternehmen besitzt, und Großunternehmen nutzen ihren erheblichen politischen Einfluss, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen. Derzeit sind 61% der Parlamentsabgeordneten Geschäftsleute, was deren Einfluss auf die Politik und Gesetzgebung widerspiegelt (BS 23.02.2022).

Die Parlamentswahlen vom 30.12.2018 brachten einen überwältigenden Sieg für die von der AL geführte Regierungskoalition (ÖB New Delhi 11.2022), die sogenannte „Große Allianz“. Bei einer Wahlbeteiligung von fast 80% (Dhaka Tribune 31.12.2018) erhielt sie 96% der Stimmen und gewann 288 der 298 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (GD 31.12.2018; vgl. BS 23.2.2022; Dhaka Tribune 31.12.2018; ÖB New Delhi 11.2022). Die stark geschwächte, jedoch noch immer wichtigste Oppositionsparte BNP nahm an den Wahlen als Teil des Parteibündnisses „Jatiya Oikya Front“ teil (AA 23.08.2022). Diese vereinte Opposition errang lediglich acht Mandate, während die restlichen vier Mandate von unabhängigen Kandidaten errungen wurden bzw. aus anderen Gründen (Todesfall, etc.) vakant blieben (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. Dhaka Tribune 31.12.2018). Nach der Wahl kam es zu zahlreichen Unruhen und Gewaltausbrüchen mit mindestens 18 Todesopfern und über tausend Verletzten (ÖB New Delhi 11.2022).

Lokale wie internationale Medien berichteten über massive Wahlmanipulationen durch AL-Kader. So wurde z. B. von Fällen berichtet, in denen die Kandidaten der Regierungspartei 100% der Stimmen erhielten (BS 23.02.2022). Während des Wahlkampfes gab es viele glaubwürdige Berichte über Schikanen, Einschüchterungen, willkürliche Verhaftungen und Gewalt, die es vielen Oppositionskandidaten und ihren Anhängern erschwerten, sich zu treffen, Kundgebungen abzuhalten oder ungehindert Wahlkampf zu betreiben (USDOS 20.03.2023; vgl. FH 10.03.2023). Vertreter der Opposition bestritten einhellig die Legitimität des Wahlergebnisses und sprachen von Berichten aus fast allen Wahlkreisen über Wahlbetrug und Unregelmäßigkeiten (ÖB New Delhi 11.2022). Die BNP behauptete auch, dass die Strafverfolgungsbehörden und die Armee in den Wahlbetrug verwickelt waren (FH 10.03.2023).

Laut einer Einschätzung der EU-Delegation in Dhaka bzw. von westlichen Diplomaten kam es tatsächlich zu massiven Manipulationen in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß (ÖB New Delhi 11.2022). Die Bertelsmann-Stiftung spricht von der am stärksten manipulierten Wahl der Landesgeschichte, weil die Wahlkommission, die Regierungspartei, die Verwaltung und die Strafverfolgungsbehörden inkl. des Militärs zusammenarbeiteten, um den Sieg der AL sicherzustellen. Aufgrund dieser gravierenden Defizite könne die Regierung laut der Bertelsmann-Stiftung auch nicht als demokratisch gewählt bezeichnet werden. Es mangelt sowohl an Transparenz als auch an Rechenschaftspflicht (BS 23.02.2022). Mehrere in- wie ausländische Wahlbeobachtungsmissionen konnten die Wahlen nicht beobachten, weil die Akkreditierung verzögert oder verweigert wurde (FH 10.03.2023; vgl. USDOS 20.03.2023). Durch diesen überragenden Sieg der AL ist die BNP mittlerweile auf der politischen Bühne de facto inexistent (ÖB New Delhi 11.2022). Die nächste Wahl findet voraussichtlich im Januar 2024 statt (DFAT 30.11.2022).

Regierung, Parlament, Verwaltung und weitere Institutionen sind fest in der Hand der AL, die mit einer verfassungsändernden Dreiviertelmehrheit regiert. Zudem werden Zivilgesellschaft, die Judikative und Medien immer weiter gleichgeschaltet (AA 23.08.2022). Die gesamte politische Linie wird ebenfalls von der AL vorgegeben, während die Schwächen der Landesinstitutionen eine Kontrolle ihrer Entscheidungen eingeschränkt haben. Der geringe Anteil an Oppositionellen im Parlament reduziert auch die Kontrollmöglichkeiten der Opposition in Hinblick auf Regierungspolitik, den Haushalt und die Gesetzesinitiativen signifikant (FH 10.03.2023).

Die zweite Amtszeit von Premierministerin Sheikh Hasina (2014-2018) war von islamistischen Terroranschlägen (Höhepunkt 2016) und einem extrem angespannten politischen Klima geprägt. Sie regierte ohne effektive Opposition und zeigte zunehmend autokratische Züge (u. a. verschärftes Vorgehen gegen Oppositionelle, regierungskritische Journalisten und NGOs) (ÖB New Delhi 11.2022). Durch Gewährung von weitreichenden wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten und Beförderungen hat Sheikh Hasina das Militär für sich gewonnen (AA 23.08.2022). Anfang 2019 begann ihre dritte Amtszeit als Premierministerin (FH 10.03.2023). Sheikh Hasina ist unangefochtene Führungsfigur, sie hat sich durch ein Geflecht von Begünstigungen und Abhängigkeiten fest verankert. Zunehmend macht die Regierung erhebliche Zugeständnisse an den weiter erstarkenden konservativen Islam, auch, weil sich das entstandene Vakuum auf Oppositionsseite als Nährboden für islamistischen Terrorismus erweist (AA 23.08.2022).

Bei den Bürgermeisterwahlen von Dhaka am 01.02.2020 (Dhaka-Nord und Dhaka-Süd) konnten die beiden AL-Kandidaten einen haushohen Sieg einfahren, wodurch die absolute Vormachtstellung der AL in Bangladesch weiter bestätigt wurde. Die Wahlbeteiligung lag allerdings bei nicht einmal 30% (ÖB New Delhi 11.2022).

Trotz der anhaltenden Versuche der AL, den Spielraum der Opposition durch Schikanen der Sicherheitsbehörden, Gerichtsverfahren, Verhaftung kritischer Stimmen, etc. weiter einzuengen, fuhren die Oppositionskandidaten bzw. abtrünnige AL-Anhänger bei den jüngsten Lokalwahlen (ausgetragen in mehreren Phasen zwischen Juni und Dezember 2021) unerwartete Erfolge ein, indem sie zumeist als Unabhängige antraten. Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Unterstützern einzelner Kandidaten kam es zu zahlreichen Toten und Verletzten (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 10.03.2023). 2022 waren mehrere Kommunalwahlen durch eine geringe Wahlbeteiligung, Einschüchterungen, Unregelmäßigkeiten und Gewalt während des Wahlkampfs wie der Abstimmung gekennzeichnet. Es wurden 479 Fälle politischer Gewalt, bei denen 70 Menschen starben und 6.914 verletzt wurden, festgestellt (USDOS 20.03.2023).

Die BNP konnte 2022 große Proteste abhalten (FH 10.03.2023). Seit einer offiziellen Ankündigung der BNP-Führung am 08.10.2022 hielt die Partei öffentliche Kundgebungen ab, die, trotz Behinderungsversuchen seitens der Regierung wie der Stilllegung der öffentlichen Verkehrsmittel an Protesttagen, von zahlreichen Bangladeschern besucht wurden (DIP 01.11.2022). Diese Demonstrationen kulminierten am 10.12.2022 in einer Großkundgebung, an welcher mehrere Zehntausend teilnahmen und den Rücktritt der Regierung sowie Neuwahlen forderten. Ausgelöst wurden die Proteste vornehmlich durch die schwere wirtschaftliche Lage inkl. Stromabschaltungen und Erhöhungen des Spritpreises (AJ 10.12.2022; vgl. FP 14.12.2022). Bei den Protesten sollen fünf Menschen getötet und mehr als 2.000 Personen verletzt worden sein. Am 12.12.2022 schossen Sicherheitskräfte in Dhaka auf BNP-Unterstützende bei einer Demonstration, die anlässlich der im nächsten Jahr stattfindenden Wahlen abgehalten worden ist. Eine Person wurde getötet und mehr als 60 Menschen verletzt. Im Zuge der Proteste kam es immer wieder zu strafrechtliche Verfolgungen von BNP-Mitgliedern [siehe auch Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition] (BAMF 23.01.2023).

Die amtierende Regierung versucht, ihren autoritären Kurs durch das Wirtschaftswachstum der letzten Jahre zu rechtfertigen (BS 23.02.2022). Das Land hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Erfolge in Wirtschaft sowie Entwicklung erreicht und wird 2026 offiziell den Status eines Landes mit mittlerem Einkommmen (middle income country) erhalten. Zuletzt ist, auch bedingt durch die COVID-19-Pandemie, die Armut jedoch wieder angestiegen (AA 23.08.2022). Laut der österreichischen Botschaft in New Delhi werden die anstehenden Parlamentswahlen, die vor dem Hintergrund einer schwieriger werdenden Wirtschaftslage bereits ihre Schatten vorauswerfen, ein wichtiger Gradmesser für das politische System des Landes sein (ÖB New Delhi 11.2022). Sie sind für Jänner 2024 angekündigt (VOA 09.12.2022). [...]

4 Sicherheitslage

Letzte Änderung 2023-06-14

Sicherheitsbedrohungen umfassen politisch motivierte Gewalt, unter anderem zwischen rivalisierenden politischen Gruppen, besonders vor Wahlen, Terroranschläge islamistischer Extremistengruppen, kriminelle Gewalt und vereinzelte Konflikte über Landbesitz in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern (DFAT 30.11.2022).

In verschiedenen Landesteilen Bangladeschs operieren Guerilla - sowie weitere, einheimische militante Gruppen (Crisis 24 15.04.2022). Eine erhöhte Terrorgefahr besteht zudem aufgrund des wachsenden islamistischen Radikalismus und der Präsenz transnationaler militanter Terrorgruppen (Crisis 24 15.04.2022; vgl. AA 02.03.2023, EDA 08.02.2023). Es gab sporadische Anschläge gegen Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten. So verzeichneten Dhaka, Khulna, Chittagong und Sylhet einige gegen Sicherheitskräfte gerichtete Bombenanschläge. Der Islamischen Staat (IS) bzw. Daesh hat seit 2015 einige terroristische Akte im Land für sich reklamiert. Neben dem IS agieren auch Gruppen, welche der „Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent“ (AQIS) nahestehen und ebenfalls verschiedene Angriffe für sich beanspruchen (FCDO 16.05.2023) wie z. B. der bengalische Zweig der Gruppe Harkat-ul-Jihad al-Islami (CIA 14.04.2023). Letztere ging wie weitere militante islamistische Gruppen 2019 in der Organisation Jamaat Ul-Ansar-Fil-Hind-Al-Sharqiya (JAFAR) auf (DIP 12.10.2022).

Den Höhepunkt des Terrors stellte im Juli 2016 ein Angriff auf eine Bäckerei in Dhaka dar, bei welchem 20 Geiseln und zwei Polizisten getötet wurden (DFAT 30.11.2022; vgl. AIIA 06.03.2023, FCDO 16.05.2023). 2017 kam es auch zu mehreren Selbstmordattentaten (BMEIA 09.03.2023; vgl. AA 02.03.2023). Die Behörden haben auf solche Angriffe stets mit harter Hand reagiert, u. a. durch Verbote militanter Gruppen oder Verhaftungen von Hunderten Kämpfern (DFAT 30.11.2022). Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe (AA 23.08.2022).

Durch das harte Durchgreifen der Sicherheitskräfte gab es seitdem keine Anschläge im Ausmaß des Angriffes auf die Holey Bakery mehr. Während ein (Gewalt-) Risiko im gesamten Land weiterhin besteht, ist die Zahl der Terroranschläge in den letzten Jahren zurückgegangen (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.08.2022). Die Sicherheitslage hat sich inzwischen stabilisiert (AA 23.08.2022). Die Behörden befinden sich dennoch in höchster Alarmbereitschaft. Kurzfristig kann die Präsenz der Sicherheitskräfte erhöht und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden (FCDO 16.05.2023). Es finden auch immer wieder Razzien durch die Spezialeinheiten der Polizei statt (AA 02.03.2023). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet für 2023 (Stand: 25.04.2023) 80 Vorfälle im Zusammenhang mit islamistischen Terrorismus, bei welchen 36 Personen, darunter 29 Zivilisten und ein Mitglied der Sicherheitskräfte, starben. Im gesamten Jahr 2022 waren es 64 Fälle mit 22 Toten, davon 19 Zivilisten (SATP 25.04.2023).

In jüngster Zeit haben sich die meisten terroristischen Aktivitäten in die Grenzgebiete der CHT, welche JAFAR als Rückzugsort dienen, verlagert. Gemäß des Australian Institute of International Affairs (AIIA) stellt die Gruppe im Jahr 2023 eine der größten terroristischen Bedrohungen für Bangladesch dar (AIIA 06.03.2023).

Weiters bestehen Sicherheitsbedrohungen vor allem in politisch motivierter Gewalt, einschließlich gewaltsamer Zusammenstöße rivalisierender Gruppen, insbesondere im Vorfeld von Wahlen (DFAT 30.11.2022). Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) Rivalitäten, wobei eine Aufklärung selten erfolgt (AA 23.08.2022). Animositäten zwischen den beiden Großparteien - „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP), deren Vorsitzenden Sheik Hasina bzw. Khaleda Zia sowie zwischen Kadern der unteren Ebenen haben zu anhaltender politischer Gewalt geführt (FH 10.03.2023; vgl. DFAT 30.11.2022). Beide Großparteien verfügen über eigene, ihnen nahestehende „Studentenorganisationen“: Die Bangladesh Chattra League (BCL) sowie die (Bangladesh Awami) Jubo League stehen der AL nahe, die Bangladesh Chattra Dal (BCD) der BNP. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der jeweiligen Mutterpartei fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 23.08.2022). Im Jahr 2022 wurden 121 Tote und 7.467 Verletzte aufgrund politischer Gewalt erfasst (ODHIKAR 30.01.2023).Hierbei ist die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB New Delhi 11.2022).

Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu Bürger- und Arbeiterprotesten, vor allem in Dhaka und anderen Großstädten. Das Risiko eines Gewaltausbruchs während solchen Demonstrationen wird vom Sicherheitsdienstleister Crisis 24 als mäßig bis hoch eingeschätzt, hauptsächlich wenn Sicherheitskräfte eingreifen (Crisis 24 15.04.2022; vgl. AA 02.03.2023, EDA 08.02.2023). Gewaltsame Zusammenstöße und Demonstrationen mit politischen, ethnischen oder religiösen Motiven fordern immer wieder auch Todesopfer und Verletzte [siehe Kapitel Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Opposition]. Entführungen zwecks Lösegelderpressung kommen vor; sie richten sich hauptsächlich gegen Personen bangladeschischen Ursprungs (EDA 08.02.2023).

Im Gebiet der CHT kommt es zu sporadischen Zusammenstößen zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern um Landbesitz (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 02.03.2023, AIIA 06.03.2023, BMEIA 09.03.2023, EDA 08.02.2023). Auch die Spannungen zwischen indigenen Gruppen und der Regierung in den CHT nehmen zu (Crisis 24 15.04.2022); ein Konflikt niedriger Intensität dauert im Gebiet an, weil die versprochene Autonomie nie verwirklicht wurde [siehe dazu auch Kapitel Ethnische Minderheiten] (BS 23.02.2022). Betroffen von Übergriffen sind prinzipiell alle Minderheitengruppen. Zudem ist in vielen Fällen nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für Unruhen sind (AA 23.08.2022). Das Militär unterhält weiterhin eine starke Präsenz in der Region, wo es bis Ende der 1990er-Jahre Operationen zur Aufstandsbekämpfung gegen Stammesguerillas durchführte (CIA 14.04.2023).

Zudem wirkt sich der interethnische Konflikt in Myanmar auch auf Bangladesch aus. Er hat politische, soziale und ethnisch-religiöse Spannungen verstärkt, insbesondere aufgrund der Anwesenheit von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen (EDA 08.02.2023; vgl. AIIA 06.03.2023, CIA 14.04.2023). Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Proteste und einige Gewaltausbrüche in diesen Gebieten (FCDO 16.05.2023). Solche kurzfristigen, lokalen Gewaltausbrüche haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 08.02.2023; vgl. FCDO 16.05.2023). Die Regierung reguliert den Zugang zum südlichen Teil des Distrikts Cox’s Bazar, in welchem die Rohingya untergebracht werden (FCDO 16.05.2023). In Teknaf, einem Unterdistrikt von Cox’s Bazar, kommt es außerdem häufig zu Morden und Schießereien zwischen Drogenbanden und den Strafverfolgungsbehörden(FCDO 16.05.2023; vgl. AIIA 06.03.2023).

Außerdem fanden die zunehmenden Kämpfe zwischen dem myanmarischen Militär und der bewaffneten ethnischen Gruppe Arakan Army im myanmarischen Bundesstaat Rakhine über der Grenze Niederschlag und gefährdeten Rohingya-Flüchtlinge und Zivilisten (HRW 12.01.2023). Bangladesch gab dazu im September 2022 eine Erklärung ab, in der es seine „tiefe Besorgnis über den Einschlag von Mörsergranaten auf bangladeschischem Territorium, den wahllosen Luftbeschuss durch Myanmar in angrenzenden Gebieten und die Verletzung des Luftraums durch Myanmar“ zum Ausdruck brachte (REU 17.09.2022). Die Grenzbehörden Myanmars errichteten eine 200 km lange Drahtsperranlage, die illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll (CIA 14.04.2023).

Bangladesch hat seine Seegrenzansprüche gegenüber Myanmar (Birma) und Indien vor dem Internationalen Seegerichtshof geltend gemacht. Im September 2011 unterzeichneten Indien und Bangladesch ein Protokoll zum Land Boundary Agreement von 1974, welches die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht demarkierte Gebiete und den Austausch territorialer Enklaven vorsah. Bis dato wurde es allerdings noch nicht umgesetzt (CIA 14.04.2023). Es gibt regelmäßig Berichte über Personen, die getötet wurden, weil sie die Grenze zu Indien illegal überquert hatten (FCDO 16.05.2023). 2022 wurden 18 Bangladescher von der indischen Border Security Force (BSF) getötet, 21 wurden verletzt (ODHIKAR 30.01.2023). Gelegentlich kommt es auch zu Zusammenstößen inkl. Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsoldaten (FCDO 16.05.2023; vgl. EDA 08.02.2023). Beide Länder haben jedoch bereits mehrere Schritte zur Verbesserung der Grenzinfrastrukturen unternommen. Gemeinsam führen sie Militärübungen und Patrouillen der Küstenwache sowie regelmäßige Treffen zwischen Strafverfolgungsbeamten in den Grenzregionen durch (BS 23.02.2022).

Trotz der Herausforderungen ist das Gewaltmonopol des Staates auf dem gesamten Staatsgebiet fest etabliert (BS 23.02.2022). [...]

5 Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung 2023-06-14

Die Gesetzgebung sieht die Unabhängigkeit der Justiz vor (AA 23.08.2022; vgl. BS 23.02.2022). Diese wird jedoch durch Überlastung, überlange Verfahrensdauern mit dem damit verbundenen gewaltigen Rückstau an offenen Fällen, Ineffizienz, Korruption und politische Einflussnahme behindert (AA 23.08.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Die verfassungsmäßig vorgesehene Gewaltenteilung ist durch die Machtkonzentration auf die Premierministerin in der Realität nicht gegeben. Die Justiz ist an die Exekutive gebunden (BS 23.02.2022). Die Ernennung der Richter ist auf allen Ebenen stark politisiert, und der politische Druck bei der Entscheidungsfindung ist groß (FH 10.03.2023; vgl. FIDH 12.2021). Das Justizministerium kontrolliert Beförderungen, Entsendungen und Versetzungen von untergeordneten Richtern (FH 10.03.2023). Es wird berichtet, dass Richter, die Entscheidungen zuungunsten der Regierung treffen, Gefahr laufen, an andere Gerichte verwiesen zu werden (USDOS 21.03.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Menschenrechtsbeobachtervermuten, dass untere Gerichte manchmal aufgrund des Einflusses politischer Klientelnetzwerke oder in Loyalität zu diesen entscheiden, insbesondere in Fällen, die gegen Anhänger der Oppositionspartei angestrengt werden (USDOS 20.03.2023). Strafverfahren gegen Aktivisten der Awami League (AL) werden hingegen regelmäßig aus „politischer Rücksichtnahme“ eingestellt, wodurch Gerichtsverfahren untergraben und eine Kultur der Straflosigkeit gefestigt werden (FH 10.03.2023). Auch sollen Richter in einigen Fällen Bestechungsgelder von Anwälten oder anderen Gerichtsbeamten für Kautionen oder Freisprüche in Strafsachen angenommen haben (USDOS 20.03.2023). Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz ist gesunken (BS 23.02.2022). Auch gezielte Gewalt gegen Richter stellt - wie die meisten Beobachter übereinstimmend angeben - ein Problem dar (ÖB New Delhi 11.2022). Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofs haben hingegen des öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 11.2022).

Gerichtswesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court) (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Beide Instanzen verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen (ÖB New Delhi 11.2022). Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Die erstinstanzlichen Gerichte bestehen aus richterlichen Beamten (Magistrates), die der Exekutive zuzurechnen sind, sowie den Sitzungs- und Distriktrichtern (Session-, District Judges), die der Judikative angehören. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen alle übrigen Gerichte, einschließlich des High Court, binden. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 11.2022).

Auf Grundlage des „Public Safety Act“, des „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, „Women and Children Repression Prevention Act” sowie des „Special Powers Act“ wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen - es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Speedy Trial Tribunals haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zu Tode verurteilt (ÖB New Delhi 11.2022).

Die Gerichtsverfahren sind weitgehend papiergestützt, die Bürokratie ist langsam, und Beamte verlangen Bestechungsgelder allein für die Weiterleitung von Dokumenten zwischen den Büros oder für einfache Vorgänge. Die Gerichtsinfrastruktur (Gebäude, Ausrüstung) ist oft in schlechtem Zustand, was zu schlechter Aufbewahrung und Zugang zu den Akten führt (DFAT 30.11.2022). Es gibt nicht genügend Richter, um die anhängigen Fälle zeitnah zu bearbeiten (USDOS 20.03.2023).

Strafverfahren, Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis

Gemäß den gesetzlichen Vorgaben dürfen Verhaftungen nur bei vorliegendem Haftbefehl vorgenommen werden. In der Praxis gibt es jedoch viele Ausnahmen von dieser Regel (DFAT 30.11.2022). Das Sonderermächtigungsgesetz von 1974 erlaubt die Inhaftierung ohne Anklage, und die Strafprozessordnung erlaubt die Inhaftierung ohne Haftbefehl (FH 10.03.2023). Festnahmen ohne Angabe von Gründen sind für bis zu 30 Tage zur Verhinderung von Taten erlaubt, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Die Festgenommenen haben kein Recht auf einen Verteidiger. Hauptsächlich Betroffene sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 11.2022). In vielen Fällen wird eine unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft verhängt (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 10.03.2023). Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Es gibt Hinweise auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen (ÖB New Delhi 11.2022).

In Bangladesch wurde vielfach festgestellt, dass Zeugen, insbesondere in Strafsachen, von den Angeklagten bedroht, eingeschüchtert und sogar körperlich angegriffen werden. In vielen Fällen ziehen sich Zeugen zurück oder verweigern die Aussage, weil sie um die Sicherheit ihrer Person und ihrer Familie fürchten. Bisher wurden keine Zeugenschutzgesetze oder -programme in Kraft gesetzt (TDS 07.04.2023).

Es werden wiederholt Bedenken geäußert, dass die Verfahren und Urteile des Internationalen Strafgerichtshofs, ein nationales Regierungsgremium, das Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskriegs in Bangladesch untersucht, den internationalen Standards in Bezug auf Opfer- und Zeugenschutz, Unschuldsvermutung, Zugang zu einem Rechtsbeistand und Recht auf Kaution nicht entsprechen. Zudem wurden in den letzten Jahren wiederholt Todesurteile verhängt (FH 10.03.2023).

Die Korruption und ein erheblicher Rückstau von Fällen behinderten das Gerichtssystem, und die Gewährung langer Vertagungen verhinderte, dass viele Angeklagte ein faires Verfahren erhielten. In den Medien wurde berichtet, dass während der Pandemie viele Gerichte geschlossen waren und nur sehr wenige virtuell operierten, was die Fallrückstände verschärfte (USDOS 20.03.2023).

Rechtsschutz

Der Zugang der Bürger zum Justizsystem wird durch die weitverbreitete Korruption innerhalb der Gerichte und den erheblichen Rückstand bei der Bearbeitung von Fällen beeinträchtigt (FH 10.03.2023). Aufgrund der hohen Kosten und der Notwendigkeit, Bestechungsgelder zu zahlen, haben die Armen kaum Zugang zu den Gerichten (DFAT 30.11.2022). Den Armen steht theoretisch Prozesskostenhilfe zur Verfügung. Diese wird von der Regierung durch Rechtshilfebeamte in jedem Bezirksgericht gewährt. Nichtregierungsorganisationen bieten ebenfalls Rechtsbeistand an. Aufgrund von Finanzierungsengpässen oder anderen praktischen Schwierigkeiten steht es jedoch möglicherweise nicht allen Angeklagten zur Verfügung (DFAT 30.11.2022). Bedürftige Angeklagte haben das Recht auf einen Pflichtverteidiger, in vielen Fällen waren die Pflichtverteidiger allerdings nicht gut vorbereitet (USDOS 20.03.2023).

Die National Legal Aid Services Organization bietet einige Dienstleistungen für Angeklagte an, die sich keine privaten Anwälte leisten können, jedoch erfordert der Zugang zu diesen Dienstleistungen oft umständliche Formalitäten und lange Wartezeiten. Viele Angeklagte wussten nichts von diesen Dienstleistungen (USDOS 20.03.2023).

Sharia und informelles Justizsystem

Die Verfassung umfasst sowohl den Säkularismus als auch den Islam als die Staatsreligion. Die Gesetze müssen der Scharia entsprechen (BS 23.02.2022). Die islamische Scharia ist jedoch nicht formell als Gesetz eingeführt (ÖB New Delhi 11.2022). Religiöse Gesetze gelten nur für Fragen der Ehe und des Eigentums (BS 23.02.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Obwohl das säkulare Common Law, das während der Kolonialzeit verfasst und in den letzten 50 Jahren geändert wurde, die Grundlage des Rechtssystems bildet, hat die amtierende Regierungspartei zunehmend gezeigt, dass sie dazu neigt, konservative Versionen des islamischen Denkens und der Praktiken zu berücksichtigen (BS 23.02.2022). Die zunehmend enge Beziehung zwischen den ultra-konservativen Hefazat-e-Islam und der Awami League (AL) schafft ein Umfeld, das für den Einfluss von religiösem Dogma auf Politik und Verwaltung günstig ist. Die Premierministerin hat wiederholt betont, dass ihre Regierung keine „anti-islamischen“ Aktivitäten zulassen wird (BS 23.02.2022).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formale Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden (ÖB New Delhi 11.2022). In ländlichen Gebieten kommt es zu Verurteilungen durch Dorfälteste oder Geistliche nach traditionellem, islamischem „Scharia Recht“. Nicht immer greifen die Behörden ein (AA 23.08.2022). Es gibt in Bangladesch Hunderte von „Dorfgerichten“, die nach dem Dorfgerichtsgesetz von 1976 arbeiten. Diese Gerichte wenden eine breite Palette von traditionellen Regeln an, die oft stark von traditionellem religiösem Recht oder Gewohnheitsrecht beeinflusst werden und unterliegen traditionellen Machtstrukturen in Gemeinden (DFAT 30.11.2022). Obwohl diese „Gerichte“ eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch (ÖB New Delhi 11.2022).

Doppelbestrafung

Es sind keine Fälle von Doppelbestrafung bekannt. Die Gesetze, einschließlich der Verfassung, verbieten die Doppelbestrafung (DFAT 30.11.2022). [...]

6 Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung 2023-06-07

Die Sicherheitskräfte sind für die innere Sicherheit sowie die Sicherheit an den Grenzen zuständig. Zu den Sicherheitskräften gehören die nationale Polizei, Grenzwachen und Terrorismusbekämpfungseinheiten, darunter das Rapid Action Bataillon. Die Sicherheitskräfte sind dem Innenministerium unterstellt. Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 20.03.2023). Es ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für Bereiche der inneren Sicherheit eingesetzt werden. Es unterhält ein starkes Kontingent an Sicherheitskräften in den Chittagong Hills Tracts, wo es ein Wiederaufflammen der Konflikte zwischen Indigenen und zugewanderten Bangladeschis verhindern soll. Die Streitkräfte sind mit UN-Einsätzen sowie lukrativen Wirtschaftsverflechtungen zufriedengestellt (AA 23.08.2022). Zivilbehörden üben effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus (USDOS 20.03.2023).

Die Polizei ist die wichtigste Gesetzesvollzugsbehörde des Landes. Die Professionalität der Polizei variiert. Höherrangige Polizeibeamte sind relativ gut ausgebildet und gut bezahlt. Hingegen sind Polizeibeamte, die niedrigere Dienstgrade führen, schlecht ausgebildet und schlecht ausgerüstet. Niedrige Einkommen fördern Korruption, und Bestechungsgelder sind weitverbreitet. Vorschriften zur Gewährleistung der Rechenschaftspflicht und der Redlichkeit werden nicht immer befolgt. Das Polizeiwesen ist hochbürokratisch (DFAT 30.11.2022). Die Tätigkeit der Polizei ist durch einen Ressourcenmangel gekennzeichnet. Beispielsweise herrschen Infrastrukturmängel, Mangel an Personal/Ausbildung und Arbeitsmaterialien sowie Ineffizienz (AA 23.08.2022).

Gemäß Berichten begehen Mitglieder der Sicherheitskräfte zahlreiche Missbrauchshandlungen. Korruption, missbräuchliche Handlungen sowie Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte bleiben größtenteils straffrei (USDOS 20.03.2023). Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, sorgt die politische Ebene für Nachbesserungen, und die zuständigen Polizisten werden oft bestraft (AA 23.08.2022). In der Praxis finden Verhaftungen - entgegen den gesetzlichen Bestimmungen - oft ohne Haftbefehl statt (DFAT 30.11.2022). Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Strafverfahren, die mit sehr langer Untersuchungshaft rechnen müssen, sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden anzuzeigen (AA 23.08.2022). Die Polizei wendet unnötige oder übermäßige Gewalt an, um Proteste niederzuschlagen (AI 27.03.2023). Die meisten Menschen bringen der Polizei kein Vertrauen entgegen. Mehrere religiöse Minderheiten profitieren allerdings von der Polizeipräsenz (DFAT 30.11.2022).

Die Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und Spionage abzuwehren. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 23.08.2022).

Das Rapid Action Bataillon (RAB) ist u. a. für Terrorabwehr, Drogendelikte und andere schwere Verbrechen zuständig (AA 23.08.2022). Das RAB besteht aus 15 Einheiten, ist gut ausgebildet und modern ausgerüstet. Die RABs sind hauptsächlich in den städtischen Zentren des Landes stationiert und rekrutieren sich zumeist aus Polizei und Armee. Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete Gang-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt (ÖB New Delhi 11.2022). Dem RAB werden demnach auch schwere menschenrechtliche Verstöße zugeschrieben (AA 23.08.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).

Die Bangladesh Ansar sind dem Innenministerium unterstellt. Sie werden zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt und übernehmen auch Zivilschutzaufgaben (ÖB New Delhi 11.2022).

Border Guard Bangladesh (BGB - ehemalige Bangladesh Rifles): Diese paramilitärische Truppe untersteht ebenfalls dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BGB ist auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 11.2022). Mitglieder der BGB werden der Folter beschuldigt (ODHIKAR 30.01.2023).

Village Defence Parties (VDP) dienen der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der Zivilbehörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen. In Städten gibt es analog dazu Town Defence Parties (ÖB New Delhi 11.2022).

Die Nationale Menschenrechtskommission hat keine Befugnis, Menschenrechtsverletzungen, die von Polizei oder Militär begangen wurden, zu untersuchen. Im Falle einer Beschwerde darf die Kommission die Polizei um einen Bericht bitten (DFAT 30.11.2022). [...]

7 Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung 2023-06-07

Obwohl die Verfassung und das Gesetz Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung verbieten, berichten lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen und Medien, dass Sicherheitskräfte, einschließlich des Geheimdienstes, der Polizei und der zur zivilen Strafverfolgung abgeordneten Soldaten, Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung anwenden (USDOS 20.03.2023; vgl. TDS 23.01.2023) bzw. das Verschwindenlassen (ODHIKAR 31.01.2023), vor allem im Zusammenhang mit der Erlangung von Informationen von mutmaßlichen Aufständischen oder Oppositionellen bzw. Mitgliedern politischer Oppositionsparteien. Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, währenddessen Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschenrechtsorganisationen finden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt (USDOS 20.03.2023).

Die Befehlshaber der Sicherheitskräfte sind außerdem in weitere schwere Menschenrechtsverletzungen wie Verschleppungen und außergerichtliche Tötungen verwickelt (HRW 05.10.2022).

Im Fokus der Kritik bezüglich außergerichtlicher Tötungen stehen dabei insbesondere die Mitglieder der Rapid Action Battalions (RAB). Die Zahl der Todesopfer soll laut Angaben diverser NGOs in die Hunderte gehen. Im Jahr 2020 waren dies laut der Menschenrechtsorganisation Odhikar 225 Personen (ÖB New Delhi 11.2022). Allerdings sind diese Art von Tötungen im Vergleich zum Vorjahr drastisch zurückgegangen (USDOS 20.03.2023). Eine im März 2022 vom Centre for Governance Studies, einem bangladeschischen ThinkTank, durchgeführte Analyse ergab, dass die Detective Branch der bangladeschischen Polizei an mehr als der Hälfte aller außergerichtlichen Tötungen zwischen 2019 und 2021 beteiligt war, weit mehr als die RAB (Eurasia News 21.03.2023).

Trotz eines vorübergehenden Rückgangs der Übergriffe nach der Ankündigung von US-Sank- tionen zeigen die Sicherheitskräfte Anzeichen für eine Rückkehr zu alten Praktiken (HRW 12.1.2023). Vorwürfe von Folter werden in Bangladesch selten untersucht oder strafrechtlich verfolgt (HRW 03.02.2023). Die Polizei ist zwar verpflichtet, bei allen schwerwiegenden Übergriffen interne Ermittlungen durchzuführen, aber zivilgesellschaftliche Organisationen behaupten, die Ermittlungsmechanismen seien nicht unabhängig und führten nicht zur Gerechtigkeit für die Opfer (USDOS 20.03.2023). Laut Berichten verstößt die Polizei gegen das Gesetz zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam (Torture and Custodial Death Prevention Act) aus dem Jahr 2013 und das UN-Übereinkommen gegen Folter (ODIHKAR 31.01.2023; vgl. TDS 23.01.2023). Die Regierung unternimmt begrenzte Anstrengungen zur Verhinderung, Untersuchung oder Bestrafung solcher Taten (ÖB 11.2022). Laut einer Studie der Organisation „The Death Penalty Project“ sind selbst Richter in Bangladesch größtenteils der Ansicht, dass Folter ein legitimes Mittel sein könne, um zu Geständnissen zu gelangen. Lediglich in Einzelfällen kommt es zu Verurteilungen nach bewiesener Folter (AA 23.08.2022).

Medienberichten zufolge wurde in Bangladesch seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam vor zehn Jahren nur ein einziger Fall von Folter nach diesem Gesetz rechtskräftig entschieden (HRW 03.02.2023). Hierbei hat ein Gericht in Dhaka im September 2020 drei Polizeibeamte zu lebenslanger Haft und zwei weitere zu sieben Jahren Gefängnis wegen Todesfolge in Gewahrsam eines Festgenommenen im Jahre 2014 verurteilt (USDOS 30.03.2021). [...]

8 Korruption

Letzte Änderung 2023-06-14

Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 23.08.2022; vgl. ODHIKAR 30.01.2023, FH 10.03.2023). Die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung werden durch eine politisierte Durchsetzung und die Untergrabung der Gerichtsverfahren geschwächt. Endemische Korruption und Kriminalität, schwache Rechtsstaatlichkeit, begrenzte bürokratische Transparenz und politische Polarisierung haben lange Zeit die staatliche Rechenschaftspflicht untergraben (FH 10.03.2023).

Bangladesch schneidet in fast allen glaubwürdigen internationalen Indizes zur Regierungsführung und Korruption nach wie vor schlecht ab (DAST 29.12.2022). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2022 den 147. Rang unter 180 Staaten (TI 31.01.2023). Im Jahr 2020 belegt es noch den 146. Platz (TI 28.01.2021).

Das Gesetz sieht strafrechtliche Maßnahmen vor, wenn Beamte aufgrund von Korruption verurteilt werden, doch die Regierung setzt dieses nicht effektiv um. Es gibt zahlreiche Berichte über die weitverbreitete Straflosigkeit bei Korruption durch die Sicherheitskräfte. Die Regierung ergreift wenige Maßnahmen, um Beamte oder Mitglieder der Sicherheitskräfte, die Korruption begangen haben, zu ermitteln und strafrechtlich zu belangen (USDOS 20.03.2023).

Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden, die Polizei sowie die Rechtspflege genannt. NGOs und Militär genießen den besten Ruf (AA 23.08.2022).

Aufgrund der weitverbreiteten Korruption in Justiz und Polizei ist es eine naheliegende Vermutung, dass es auch zu ungerechtfertigten Anschuldigungen kommt, nicht notwendiger Weise auf staatliches Betreiben, sondern von Privatpersonen mit wirtschaftlichen oder persönlichen Motiven. Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weitverbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können (ÖB New Delhi 11.2022).

Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird jedoch als „eher zahnloser Papiertiger“ sowie „reines Aushängeschild“ beurteilt (ÖB New Delhi 11.2022). Die ACC darf der Korruption verdächtigte Staatsbedienstete nur mit Erlaubnis der Regierung anklagen. Faktisch ist sie machtlos (AA 23.08.2022). Sie ist somit ineffektiv. Außerdem unterliegt sie offener politischer Einflussnahme (FH 10.03.2023). Die ACC hat sich zu einem untergeordneten Organ der amtierenden Regierung entwickelt (ODHIKAR 30.01.2023, vgl. NA 01.03.2023).

Die Medien des Landes und die Zivilgesellschaft sehen sich mit restriktiven Maßnahmen konfrontiert und sind daher immer weniger in der Lage, die Korruption der Regierung aufzudecken. Allerdings schreibt der Right to Information Act (Gesetz zum Recht auf Information) aus dem Jahr 2009 einen öffentlichen Zugang zu allen Informationen vor, die sich im Besitz von öffentlichen Einrichtungen befinden, und hebt die Geheimhaltungsvorschriften auf. Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft hatten einigen Erfolg bei seiner Nutzung zur Erlangung von Informationen, auch wenn es nicht einheitlich umgesetzt wird (FH 10.03.2023). [...]

9 NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung 2023-06-14

Bangladesch verfügt über eine große, wachsende Zahl an regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisationen. Die Schwerpunkte dieser Organisationen liegen eher im Bereich des sozialen Engagements, insbesondere der Bildungsarbeit und Gesundheitsversorgung der armen Landbevölkerung. Weit entwickelt sind auch Mikrokreditinstitutionen, deren Hauptzielgruppe der weibliche Teil der armen Bevölkerungsschichten ist. NGOs spielen ebenso eine wichtige Rolle für die Durchsetzung der Grundrechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen (ÖB New Delhi 11.2022).

Viele NGOs arbeiten ohne übermäßige Auflagen (FH 10.03.2023). NGOs, die in den Bereichen Menschenrechte, gute Regierungsführung oder Demokratie tätig sind, sehen sich mit umfassenden staatlichen Kontrollen und Restriktionen konfrontiert, bzw. werden in ihren Tätigkeiten teilweise stark behindert (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. USDOS 20.03.2023). NGOs in diesem Bereich wird regelmäßig die Genehmigung für geplante Projekte verweigert, und es wird über Schikanen berichtet (FH 10.03.2023). Auch NGOs, die sich mit anderen sensiblen Themen oder Gruppen befassen, z. B. mit Missbrauch durch Sicherheitskräfte, religiösen Angelegenheiten, indigenen Völkern, LGBTQI+ Personen, Rohingya-Flüchtlingen oder Arbeitnehmerrechten, sind mit formellen und informellen Einschränkungen konfrontiert (USDOS 20.03.2023).

Nichtsdestotrotz üben Menschenrechts-NGOs oft harsche Kritik an der Regierung (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. USDOS 20.03.2023) und sind deswegen nicht generell staatlichen Repressionen ausgesetzt (ÖB New Delhi 11.2022). Mehrere inländische und internationale Menschenrechtsgruppen untersuchen und veröffentlichen ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle, auch wenn sie unter den erheblichen Einschränkungen der Regierung arbeiten (USDOS 20.03.2023). Einerseits hat sich somit im Allgemeinen die Situation in den letzten Jahren stark verbessert (ÖB New Delhi 11.2022).

Andererseits ist der Druck auf die Zivilgesellschaft durch die Regierung hoch (AA 23.08.2022). NGOs üben so auch oft Selbstzensur. Regierungsbeamte sind selten kooperativ und kaum empfänglich für ihre Berichte. Gelegentlich greifen sie kritische Organisationen und Aktivisten verbal an. Viele NGOs berichten von zunehmender Kontrolle und bürokratischem Aufwand. Das Gesetz sieht außerdem Strafen von NGOs vor, die sich abfällig über die Verfassung oder verfassungsmäßige Institutionen äußern. Alle NGOs müssen sich beim Ministerium für soziale Wohlfahrt registrieren lassen. (USDOS 20.03.2023). Das NGO Affairs Bureau, das für die Registrierung der NGOs und die Genehmigung der Projektanträge zuständig ist, lässt regierungskritische Menschenrechtsprojekte nur mit Einschränkungen zu (AA 23.08.2022). Die Regierung verfügt außerdem über weitreichende Befugnisse zum Entzug der Genehmigung von NGOs (FH 10.03.2023).

Es gibt Berichte über Vergeltungsmaßnahmen bangladeschischer Behörden gegenüber Menschenrechtsverteidiger, deren Angehörige bzw. Überlebende oder Hinterbliebene von Menschenrechtsverletzungen der Rapid Action Battallions, die die US-Regierung 2021 mit Sanktionen belegt hat (FH 10.03.2023; vgl. HRW 12.01.2023). So sollen in Folge der Sanktionen Angehörige unter Drohungen gezwungen worden sein, ihre Aussage zum Verschwindenlassen zu widerrufen, und die Überwachung von Menschenrechtsaktivisten und Schikanen an Menschenrechtsorganisationen zugenommen haben (HRW 12.01.2023). Im Juni 2022 wurde der Menschenrechts-NGO Odhikar die Registrierung entzogen (FH 10.03.2023; vgl. HRW 12.01.2023). Odhikar war bereits Trägerin des deutsch-französischen Menschenrechtspreises und macht insbesondere auf zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen und extralegalen Tötungen aufmerksam (AA 23.08.2022).

Einige Beobachter meinen, die Regierung hat die Effektivität und die Aktivitäten der Zivilgesellschaft durch Restriktionen strategisch geschwächt, was durch die sich verfestigende Vormacht der führenden politischen Partei verstärkt wird. Zusätzlich verschärfen Drohungen von Extremisten die Situation (USDOS 20.03.2023). So schränkt die Einschüchterung durch islamistische Gruppen die Aktivitäten von NGOs zu bestimmten Themen wie LGBQT+ Rechte und Schutz religiöser Minderheiten ein (FH 10.03.2023).

Die Verwendung ausländischer Gelder wird streng kontrolliert (FH 10.03.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Durch eine Straffung der Vorschriften für die Annahme von Projektgeldern und Spenden aus dem Ausland wird die Arbeit vieler NGOs durch zusätzlichen bürokratischen Aufwand erschwert. Gleichzeitig sorgen die Richtlinien für stärkere Eingriffs- und Überwachungsmöglichkeiten durch die Regierung (AA 23.08.2022). Das staatliche Büro für NGO Angelegenheiten verweigert oder verzögert häufig die Genehmigung ausländischer Finanzmittel für NGOs, insbesondere für solche, die sich mit Themen befassen, die das Büro für sensibel hält, wie Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Rechte indigener Völker, Rechte von LGBTQI+ oder Rohingya-Flüchtlinge (USDOS 20.03.2023).

Viele Menschenrechtsorganisationen lassen sich den jeweiligen politischen Lagern zuordnen, wodurch Partikularinteressen und Rivalitäten auch im Verhältnis der Menschrechtsverteidiger untereinander eine Rolle spielen (AA 23.08.2022). [...]

10 Wehrdienst und Rekrutierungen

Letzte Änderung 2023-06-07

Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee und hat seit seiner Unabhängigkeit keinen verpflichtenden Wehrdienst (ÖB 11.2022; vgl. 24/7 Wall St. 04.04.2023). Die bangladeschische Armee besteht aus ca. 260.000 Streitkräften und ca. 472.000 Reservisten (AA 23.08.2022).

Bangladeschische Staatsangehörige können im Alter von 16 bis 19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten (AA 23.08.2022). Die Homepage des amerikanischen CIA gibt dazu eine Altersgruppe von 16 bis 21 Jahren an (CIA 11.04.2023). Bedingung ist, dass der Abschluss der 10. Schulstufe nachgewiesen wird (AA 23.08.2022; vgl. CIA 11.04.2023). Personen unter 18 Jahren kommen nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB 11.2022). Seit dem Jahr 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten (AA 21.06.2020).

Deserteuren droht im Kriegsfall nach den Vorschriften des bangladeschischen Armeegesetzes („Army Act 1952“) die Todesstrafe. Die Beherbergung von Deserteuren kann ebenfalls ein strafrechtlich relevantes Vergehen darstellen, das nach § 136 des Strafgesetzbuches 1860 geahndet werden kann (AA 23.08.2022; vgl. ÖB 11.2022).

Es gibt keine Hinweise auf Zwangsrekrutierung (ÖB 11.2022) bzw. eine Verpflichtung von Kindersoldaten (AA 23.08.2022). [...]

11 Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung 2023-06-07

Die Menschenrechte werden gemäß der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 23.08.2022). Bangladesch ist bisher mehreren UN- Menschenrechtskonventionen beigetreten bzw. hat diese ratifiziert (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. OHCHR o. D., AA 23.08.2022). Die Verfassung von Bangladesch listet in ihrem Teil III einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Es kommt allerdings zu groben Menschenrechtsverletzungen, wie z. B. das Verschwindenlassen von Personen, Folter und außergerichtlicher Tötungen, Fälle grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung oder willkürliche Verhaftungen (ODHIKAR 30.01.2023; vgl. AI 27.03.2023, USDOS 20.03.2023). So berichtet die in Bangladesch ansäßige Menschenrechtsorganisation Odhikar, dass im Jahr 2022 insgesamt 31 Personen mutmaßlich außergerichtlich getötet wurden (ODHIKAR 30.01.2023).

Der Rapid Action Batallion (RAB), einer paramilitärischen Truppe in Bangladesch, werden seit ihrer Gründung im April 2004 schwere Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch vorgeworfen (AJ 03.02.2021). Im Dezember 2021 belegten die USA die RAB sowie deren wichtigste Kommandanten mit Sanktionen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. HRW 12.01.2023). Nach diesen Menschenrechtssanktionen gingen außergerichtliche Tötungen und das Verschwindenlassen von Personen drastisch zurück (HRW 12.01.2023). Die Regierung in Bangladesch ging neueren Berichten zufolge vereinzelt gegen Mitglieder der RABs vor. Obwohl die RABs in den letzten Jahren Hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB New Delhi 11.2022).

Unter dem international stark kritisierten Digital Security Act (DSA) wurden bisher mehrere Hundert Menschen verhaftet, unter ihnen auch zahlreiche Menschenrechtsverteidiger, Blogger und Journalisten (AA 23.08.2022). Er erlaubt es der Regierung, Durchsuchungen durchzuführen oder Personen ohne Haftbefehl zu verhaften und kriminalisiert verschiedene Formen der Meinungsäußerung (FH 10.03.2023).

Die Rechte von Arbeitnehmern und ethnischen und religiösen Minderheiten in Bangladesch sind bedroht. Die Wahrung der Menschenrechte der Rohingya-Flüchtlinge im größten Flüchtlingslager der Welt stellt weiterhin eine große Herausforderung dar (AI 27.03.2023). Im März 2022 forderten die Vereinten Nationen die Regierung von Bangladesch nachdrücklich auf, Informationen über die Umsetzung der Empfehlungen bezüglich der Foltervorwürfe zu übermitteln, die bei einer Überprüfung der Verpflichtungen des Landes im Rahmen des Übereinkommens gegen Folter im Jahr 2019 vorgebracht wurden und die das Land seit über zwei Jahren ignoriert (HRW 12.01.2023).

Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiges Herkunfts- und Transitland für Opfer des Menschenhandels. Frauen und Kinder werden sowohl ins Ausland als auch innerhalb des Landes zum Zwecke der häuslichen Sklaverei und sexuellen Ausbeutung, Männer vor allem als Arbeitskräfte ins Ausland, gehandelt. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 10.03.2023). Hinzukommt, dass laut internationalen Organisationen einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte in den Handel mit Rohingya-Frauen und -Kindern involviert sind (USDOS 20.03.2023). Im Jahr 2022 stellte das US- Außenministerium fest, dass die Regierung ihre Bemühungen zur Durchsetzung der Gesetze insgesamt zwar verstärkt hat, die Schutzmaßnahmen allerdings eingeschränkt blieben (USDOS 07.2022). Die Rechenschaftspflicht für alle Verbrechen, einschließlich des Menschenhandels, ist nach wie vor ein Problem (USDOS 20.03.2023)

Obwohl das Gesetz eine Ombudsperson zur Korruptionsbekämpfung vorsieht, wurde diese nicht eingerichtet. Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC) (ÖB New Delhi 11.2022). Lokale Menschenrechtsorganisationen stellen die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der ACC in Frage (USDOS 20.03.2023).

Artikel 102 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Eine National Human Rights Commission (NHRC) wurde im Dezember 2007 eingerichtet und hat mittlerweile sieben Mitglieder, davon fünf ehrenamtlich (ÖB New Delhi 11.2022). Die NHRC kann Gefängnisse und Haftanstalten besichtigen, Mediationen durchführen und von staatlichen Stellen die Vorlage von Dokumenten verlangen (DFAT 30.11.2022). Die NHRC ist bei der Global Alliance of National Human Rights Institution (GANHRI) akkreditiert. Die GANHRI bewertet die NHRC mit dem Status „B“, was einer teilweisen Übereinstimmung mit den Pariser Grundsätzen entspricht (GANHRI 29.11.2022). Die bewusste Nichtbereitstellung finanzieller und personeller Ressourcen schränkt die Tätigkeit und Unabhängigkeit der Kommission ein (ÖB New Delhi 11.2022). Die Menschenrechts-NGO Odhikar wirft der NHRC demnach auch vor, dass sie den Opfern der Menschenrechtsverletzungen keine Unterstützung bietet (ODHIKAR 30.01.2023).

Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist demnach nicht ausreichend. Grundsatzurteile des Obersten Gerichtshofs zu Menschenrechtsgarantien werden von Regierung und Behörden nicht ausreichend umgesetzt bzw. ignoriert (AA 23.08.2022). [...]

12 Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung 2023-06-14

Meinungs- und Pressefreiheit sind laut Verfassung garantiert, werden aber gleichzeitig von der Regierung häufig eingeschränkt (USDOS 20.03.2023). Auch die freie Meinungsäußerung bleibt eingeschränkt (AI 27.03.2023). Seit Jahren ist zu beobachten, dass die zunehmend autoritär handelnde Regierung diese Rechte zur eigenen Machtsicherung in immer größerem Maße verletzt (AA 23.08.2023).

Bangladesch verfügt über eine lebhafte Medienlandschaft, vor allem im Bereich der Printpresse. Der einzige terrestrische staatliche TV-Sender (BTV) sowie das staatliche Radio berichten hauptsächlich aus Sicht der jeweiligen Regierung (ÖB New Delhi 11.2022) und fungieren damit als staatliche Propagandaanstalten (RSF 03.05.2022). Die dicht besiedelte Medienlandschaft des privaten Sektors umfasst 3.000 Printmedien, 30 Radiosender, 30 Fernsehkanäle und mehrere Hundert Nachrichten-Websites (RSF 03.05.2022). Die unabhängigen Online- und Print-Medien sind aktiv und drücken eine Vielzahl von Ansichten aus, sind allerdings Druck seitens der Regierung ausgesetzt, wenn sie diese kritisieren. Aus Angst vor Belästigung und Repressalien kommt es weiterhin vor, dass sich Journalisten auch selbst zensieren (USDOS 20.03.2023; vgl. RSF 03.05.2022). Den beiden führenden Tageszeitungen, der bengalischsprachigen Prothom Alo und der englischsprachigen The Daily Star, gelingt es, eine gewisse redaktionelle Unabhängigkeit zu wahren (RSF 03.05.2022).

Die Verfassung setzt Kritik an der Verfassung mit Verhetzung gleich. Die Strafe für Verhetzung reicht von drei Jahren bis zu lebenslanger Haft (USDOS 20.03.2023). Auch Hassreden sind verboten. Allerdings ermöglicht die fehlende Definition im Gesetz der Regierung einen breiten Interpretationsspielraum (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. USDOS 20.03.2023). Die Regierung kann die Redefreiheit einschränken, wenn sie als gegen die Sicherheit des Staates gerichtet, gegen freundschaftliche Beziehungen mit ausländischen Staaten, gegen die öffentliche Ordnung, Anstand oder Moral oder wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung oder Anstiftung zu einer Straftat erachtet wird (USDOS 20.03.2023). Das Gesetz von 2009 über das Recht auf Information (Right to Information Act, RIA) schreibt den öffentlichen Zugang zu allen Informationen vor, die sich im Besitz von öffentlichen Einrichtungen befinden (FH 10.03.2023). Alle anderen Gesetze werden laut RTI hierdurch ersetzt oder außer Kraft gesetzt. Somit hat mit dem Inkrafttreten des RTI auch der noch aus Kolonialzeiten stammende „Official Secrets Act“ (OSA) als veraltetes, koloniales Anti-Spionage-Gesetz seine Bedeutung verloren, wenngleich noch 2021 eine Journalistin in einem aufsehenerregenden Prozess auf dessen Grundlage verurteilt wurde (The Daily Star 25.05.2021).

Journalisten und Medienunternehmen sind vielen Formen von Druck ausgesetzt. Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen und auch gewalttätigen Angriffen ausgesetzt, die mitunter zum Tode führen. Neben Sicherheitskräften stellen auch Parteiaktivisten und islamisch-fundamentalistische Gruppen eine potenzielle Gefahrenquelle für Medien und deren Vertretung dar. In den letzten Jahren wurden immer wieder Blogger, die für ihre säkulare oder anti-islamische Haltung bekannt waren, von Extremisten getötet (ÖB New Delhi 11.2022). Laut der Menschenrechtsorganisation Odhikar wurden im Jahr 2022 zwei Journalisten getötet, 103 verletzt, 52 attackiert, fünf verhaftet und 21 bedroht. Neun Journalisten wurden im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit verklagt (ODHIKAR 30.01.2023). Es mehrten sich zuletzt wieder Medienberichte über angegriffene oder verschwundene Journalisten. Einige von ihnen blieben vermisst (ÖB New Delhi 11.2022). Ein Klima der Straffreiheit für Angriffe auf Medienschaffende ist nach wie vor die Norm, und es wurden kaum Fortschritte bei der Gewährleistung von Gerechtigkeit für eine Reihe von Blogger-Morden seit 2015 erzielt. Dutzende Blogger sind weiterhin untergetaucht oder im Exil (FH 10.03.2023).

Der DSA, der „Digital Security Act“, der vorgeblich zur Eindämmung der Internetkriminalität verabschiedet wurde, sieht Strafen von bis zu lebenslanger Haft für die Verbreitung von „Propaganda“ gegen den Befreiungskrieg in Bangladesch, die Nationalhymne oder die Nationalflagge vor (USDOS 20.03.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Der DSA erlaubt Durchsuchungen und Verhaftungen ohne jede Form von Durchsuchungsbefehl sowie die Verletzung der Vertraulichkeit der Quellen von Journalisten aus willkürlichen Gründen (RSF 03.05.2022). Laut Menschenrechtsorganisationen wird [er] dazu eingesetzt, um abweichende Meinungen und Kritik an der Regierung zu unterdrücken (AI 27.03.2023; vgl. HRW 12.01.2023). Der DSA gibt den Behörden - nicht zuletzt aufgrund seiner sehr vagen Bestimmungen - die Freiheit, gegen praktisch jedes unerwünschte Verhalten im Bereich der sozialen Medien vorzugehen (ÖB New Delhi 11.02.2022). Das Gesetz wurde zunehmend gegen Äußerungen in sozialen Medien, auf Websites und anderen digitalen Plattformen zur Anwendung gebracht, auch gegen Kommentatoren, die außerhalb des Landes leben. Während des gesamten Jahres 2022 hat die Regierung den DSA in großem Umfang gegen Kritiker eingesetzt. Dies betraf z. B. auch Personen, die den Umgang der Regierung mit der Pandemie in Frage stellten (USDOS 20.02.2023). Auch die Äußerung von Kritik an der Erhöhung der Preise für Treibstoff und für Güter des täglichen Bedarfs in den sozialen Medien konnte dazu führen, dass betreffende Personen in Polizeigewahrsam genommen wurden (ODHIKAR 30.01.2023). Im April 2022 veröffentlichte das Centre for Governance Studies einen Bericht, aus dem hervorging, dass zwischen Januar 2020 und Februar 2022 in 890 DSA-Fällen mindestens 2.244 Personen angeklagt wurden. Die meisten der Beschuldigten waren Politiker, gefolgt von Journalisten. Dabei wurden auch Klagen gegen mindestens 20 Kinder im Alter zwischen 13 und 17 Jahren eingereicht (USDOS 20.02.2023).

Die „Bangladesh Telecommunication Regulatory Commission“ (BTRC) ist mit der Regulierung der Telekommunikation beauftragt, beschränkt den Internetzugang und filtert Internetinhalte, die die Regierung als schädlich für die „nationale Einheit und den religiösen Glauben“ erachtet (USDOS 20.03.2023).

Im Weltpressefreiheitsindex 2022 ist Bangladesh im Vergleich zu 2021 um zehn Plätze zurückgefallen und rangiert nun auf Platz 162 von 180 Ländern (RSF 03.05.2022). [...]

13 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Letzte Änderung 2023-06-14

In der bangladeschischen Verfassung ist das Versammlungs- und Vereinigungsrecht festgehalten. Dies wird allerdings nicht konsequent eingehalten (FH 10.03.2023; vgl. USDOS 20.03.2023). Seit Jahren ist zu beobachten, dass die zunehmend autoritär handelnde Regierung diese Rechte zur eigenen Machtsicherung in wachsendem Ausmaß verletzt (AA 23.08.2022). Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden, und die Regierung darf ex lege Versammlungen von mehr als vier Personen verbieten (USDOS 20.03.2023).

Unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Strafprozessgesetz wurden im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 vermehrt Oppositionsproteste durch Aufhebung der Versammlungsfreiheit verboten (AA 23.08.2022). Ebenfalls wurden im Zuge des Wahlkampfes Anhängerschaft und Kandidierende der größten Oppositionspartei „Bangladesh National Party“ (BNP) durch die Sicherheitsbehörden mit falschen Anzeigen, vornehmlich wegen öffentlichen Aufruhrs, eingedeckt [vgl. hierzu auch Kap. 3 Politische Lage] (ÖB New Delhi 11.2022).

Die Regierung löste in der Vergangenheit verbotene Versammlungen auch gewaltsam auf (AA 23.08.2022). In jüngster Vergangenheit sind Sicherheitskräfte sowohl bei parteipolitischen Demonstrationen als auch bei islamistischen oder gewerkschaftlichen Protesten mit Brutalität vorgegangen(ÖB New Delhi 11.2022). Bei Zusammenstößen mit der Polizei werden Demonstranten auch häufig verletzt, gelegentlich kommt es zu Todesopfern (FH 10.03.2023). Bei politischen Versammlungen oder Demonstrationen kann es außerdem zu gewalttätigen Übergriffen seitens rivalisierender Parteiaktivisten kommen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AI 27.03.2023a, USDOS 20.03.2023). z. B. durch die „Bangladesh Chattra League“ (BCL), eine von der regierenden „Awami League“ (AL) unterstützte Studentenorganisation (ODHIKAR 30.01.2023). Die BNP wirft dem Sicherheitsapparat mangelnde Neutralität und unzureichenden Schutz vor Angriffen von Unterstützenden der AL auf die Proteste vor (BAMF 23.01.2023).

Der Raum für Proteste dehnte sich 2022 aus (FH 10.03.2023). Kundgebungen wurden zugelassen bzw. von den Sicherheitskräften nicht aufgelöst, auch von der BNP, vermutlich, weil von diesen Versammlungen keine nachhaltige Gefahr für die Regierung ausging (ÖB New Delhi 11.2022).Dennoch waren im Jahr 2022 Repressionen der Regierung gegen Führungskräfte und Aktivisten sowohl der BNP als auch anderer Oppositionsparteien weitverbreitet (ODHIKAR 30.01.2023).

Zwischen September und Dezember 2022 wurden mehrere Tausend Anhänger der Opposition im Zuge von Protesten verhaftet (USDOS 20.03.2023). Laut eigenen Angaben wurden mehr als 4.000 BNP-Mitglieder nach landesweiten Protesten [vgl. hierzu auch Kap. 3 Politische Lage] zwischen dem 20.08.2022 und dem 17.10.2022 angeklagt (BAMF 23.01.2023). Es gibt außerdem Vorwürfe des Verschwindenlassens von Mitgliedern der Opposition (USDOS 20.03.2023).

Die Mitgliedschaft in oder die Unterstützung einer Oppositionspartei an sich führen nicht zu einer Verfolgung durch die Regierung. Vertreter der Parteien können ungehindert Kontakte zum diplomatischen Korps sowie anderen politischen Akteuren pflegen. Die politischen Parteien haben in den Medien die Möglichkeit zur Meinungsäußerung. Allerdings hat die Regierung schon seit dem Wahlboykott der BNP 2014 bis zu den Vorwahlmonaten 2018 viele Oppositionspolitiker verhaften lassen (AA 23.08.2022). Laut der Einschätzung der österreichischen Botschaft dürften Repressionen mangels politischer Relevanz der BNP wesentlich geringer geworden sein, als es noch während Wahlen im Dezember 2018 war (ÖB New Delhi 11.2022).

Bei einer Inhaftierung oder strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern der Oppositionsparteien scheint die politische Zugehörigkeit ein Faktor zu sein, auch bei fadenscheinig wirkenden Anklagen unter dem Vorwand, auf Bedrohungen der nationalen Sicherheit zu reagieren. Menschenrechtsaktivisten berichten, dass die Polizei Fälle gegen Führer und Mitglieder der Opposition konstruiert und die Regierung die Rechtsdurchsetzung auch benutzt, um gegen politische Rivalen vorzugehen (USDOS 20.03.2023).

Aufgrund der hohen Verbreitung der Korruption in der Politik sind die Grenzen zwischen begründeter Strafverfolgung und politisch motivierter Verfolgung fließend (ÖB New Delhi 11.2022).So beruhen viele der Anklagen wegen Korruption gegen Oppositionspolitiker vermutlich auf Fakten. Spitzenrepräsentanten der BNP-Partei wurden verhaftet bzw. mussten ins Ausland fliehen, wodurch die BNP derzeit über keine glaubwürdige Parteiführung verfügt und weiterhin zersplittert bleibt (AA 23.08.2022; vgl. BS 23.02.2022, USDOS 20.03.2023, ÖB New Delhi 11.2022). Diese starke Schwächung der politischen Opposition führte schrittweise zu einer Einschränkung des pluralistischen Meinungsbildes und zur Entwicklung in Richtung eines Einparteienstaats (AA 23.08.2022). In der Regierungszeit der BNP wurden umgekehrt viele AL Politiker wegen Korruption inhaftiert (AA 23.08.2022).

Gewerkschaften

Im Rahmen von Gesetzesreformen wurden 2015 die Beschränkungen für die Gründung von Gewerkschaften gelockert. Allerdings sind Gewerkschaftsführer, die versuchen, Beschäftigte gewerkschaftlich zu organisieren, weiterhin Entlassungen sowie körperlicher Gewalt ausgesetzt. Arbeitsrechtsorganisationen werden ebenfalls schikaniert. Die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer führt zu Unruhen in den Fabriken, insbesondere in der Bekleidungsindustrie, wo Proteste gegen Löhne und Arbeitsbedingungen an der Tagesordnung sind. Diese Protestierenden sind häufig mit Gewalt, Verhaftung und Entlassung konfrontiert (FH 10.03.2023). Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht (ÖB New Delhi 11.2022).

Das Gesetz erlaubt den Bürgern die Gründung von Vereinigungen, sofern „angemessene Einschränkungen“ im Interesse der Sittlichkeit und öffentlichen Ordnung eingehalten werden. Die Regierung achtet dieses Recht im Allgemeinen (USDOS 20.03.2023). [...]

14 Haftbedingungen

Letzte Änderung 2023-06-07

Die Bedingungen in den staatlichen Haftanstalten bleiben hart und können gelegentlich durch Überbelegung der Zellen, unzureichender Ausstattung, Gewalt sowie mangelhafter Sanitäranlagen lebensbedrohlich sein (USDOS 20.03.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Die offizielle Gesamtkapazität aller 68 Gefängnisse in Bangladesch liegt etwa bei 42.626 Personen. Mit Stand November 2022 betrug die Gesamtanzahl der landesweit Inhaftierten 81.156 Personen. Die Haftanstalten des Landes waren zu etwa 190% der offiziellen Kapazität belegt. 75,6% aller Inhaftierten waren Untersuchungshäftlinge (WPB 11.2022). Oft werden Untersuchungshäftlinge mit verurteilten Gefangenen zusammengelegt (USDOS 20.03.2023).

Viele Gefangene sind gezwungen, in Schichten zu schlafen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 22.08.2019). Bis zu 200 Inhaftierte müssen auf ca. 40 m2 zusammenleben. Dies führt zu Gewaltakten zwischen den Inhaftierten, und es besteht zudem die Gefahr der religiösen Radikalisierung und der Verbreitung von Krankheiten (AA 23.08.2022). Gefängnisinsaßen sind oft mangelernährt. Die medizinische Versorgung ist teilweise gegeben. Auch weibliche Gefangene werden ausschließlich von männlichen Ärzten untersucht (ÖB New Delhi 11.2022). Die Statistiken der Gefängnisdirektion haben ergeben, dass im August 2022 43 von 141 Stellen für Gefängnisärzte unbesetzt waren und nur fünf Ärzte Vollzeit in Gefängnissen tätig waren (USDOS 20.03.2023). Gemäß der Menschenrechtsorganisation ODHIKAR sind im Jahr 2022 insgesamt 68 Personen in Haftanstalten verstorben (ODHIKAR 30.01.2023).

Obwohl das Gesetz eine gemeinsame Inhaftierung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern verbietet, waren viele Minderjährige zusammen mit Erwachsenen inhaftiert (USDOS 20.03.2023; vgl. DFAT 22.08.2019). Trotz entsprechenden Gesetzen und Gerichtsurteilen wurden Kinder manchmal inhaftiert, gelegentlich befanden sich Kinder zusammen mit ihren Müttern in den Haftanstalten. Die Behörden hielten weibliche und männliche Gefangene getrennt voneinander fest (USDOS 20.03.2023). In einigen Gefängnissen werden Gefangene mit gegensätzlichen politischen Ansichten getrennt, um die Gewalt zu reduzieren (DFAT 30.11.2022).

Das Bangladesh Prisons Directorate versuchte, die Überbelegung zu lösen, indem sie an mehreren Gefängnisstandorten zusätzliche Wohneinheiten errichtete und diese renovierte. Außerdem hat die BPD Modernisierungsprojekte an 32 Einrichtungen durchgeführt, um die Sicherheit zu erhöhen und eine sicherere Wohnumgebung für Häftlinge und Personal zu schaffen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz unterstützte weiterhin die Bangladesh Prisons Directorate und half in 68 Gefängnissen im ganzen Land durch die Bereitstellung von Schutzausrüstung sowie bei der Einrichtung von Isolationszentren zur Reduktion der Ausbreitung von COVID-19 (USDOS 20.03.2023).

Es gibt einige neue Modellgefängnisse, die in den letzten fünf bis acht Jahren eröffnet wurden und über bessere Einrichtungen verfügen. Einige dieser Modellgefängnisse bieten Rehabilitationsmöglichkeiten, Zugang zu Bildung, einen regelmäßigeren Zugang zu medizinischer Versorgung und die Möglichkeit für die Gefangenen, etwas Geld zu verdienen. Unter anderem werden gewöhnlich ehemalige Politiker und hochrangige Persönlichkeiten in diesen Gefängnissen untergebracht (DFAT 30.11.2022).

Die Bedingungen in den Gefängnissen, oft auch innerhalb eines Gefängniskomplexes, stellen sich zumeist sehr unterschiedlich dar (USDOS 20.03.2023). Vermögende Inhaftierte können sich bestimmte Privilegien sichern. Dieses soziale Ungleichgewicht innerhalb der Gefängnisse wurde mit der Verabschiedung des sogenannten „Bangladesh Jail Code“ seitens der bangladeschischen Regierung gestattet (AA 23.08.2022). Das Gesetz erlaubt Personen, die von den Gefängnisbeamten als „sehr wichtige Personen“ bezeichnet werden, den Zugang zu „Abteilung A“-Gefängnissen u. a. mit besseren Lebensbedingungen und besserem Essen und häufigeren Besuchsrechten für die Familie (USDOS 12.04.2022).

Inspektionen werden durch Regierungsbehörden sowie nicht-staatliche Beobachter, die der Regierungspartei nahestehen, durchgeführt, jedoch werden keine Berichte veröffentlicht (USDOS 20.03.2023; vgl. DFAT 22.08.2019).

Den Sicherheitsbehörden werden die Nutzung von Geheimgefängnissen, willkürliche Verhaftungen und Folter vorgeworfen (FH 2023). Es gibt Vorwürfe, dass in einigen Fällen, in welchen festgenommene Personen in der Haft aufgrund von Folter umgekommen sind, dies als „Selbstmord“ veröffentlicht wurde. Auch Vorwürfe bezüglich Korruption wurden gegen einige Beamte in fast allen Gefängnissen im Land erhoben (ODHIKAR 30.01.2023).

Das Gesetz erlaubt Gefangenen u. a. das Fasten aus religiösen Gründen, garantiert jedoch keinen Zugang zu Geistlichen oder regelmäßigen Gottesdiensten. Die Gefängnisbehörden können jedoch spezielle religiöse Programme für Gefangene organisieren. Nur vor der Vollstreckung der Todesstrafe sind die Gefängnisbehörden verpflichtet, Zugang zu einem Geistlichen zu ermöglichen (USDOS 02.06.2022). [...]

15 Todesstrafe

Letzte Änderung 2023-06-07

Für 33 Straftatbestände ist die Todesstrafe vorgesehen, u. a. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, Volksverhetzung und Hochverrat (AA 23.08.2022; vgl. DFAT 30.11.2022), aber auch für Falschmünzerei und Schmuggel. Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt weiterhin jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe, ein Zusatzgesetz von 2012 auch deren Finanzierung (AA 23.08.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Insbesondere aus einer weiten gesetzlichen Definition des Terrorismusbegriffs kann eine missbräuchliche Anwendung resultieren (AA 23.08.2022). Laut Angaben bangladeschischer NGOs bestehe aufgrund der weitverbreiteten Korruption ein hohes Risiko, dass Unschuldige zum Tode verurteilt werden (ÖB New Delhi 11.2022). Verurteilungen in Abwesenheit sind zulässig und kommen vor (AA 23.08.2022).

Zum Tode Verurteilte haben automatisch das Recht auf Berufung beim „High Court“ sowie anschließend auf ein Gnadengesuch an den Präsidenten. Hinrichtungen werden nur nach Ausschöpfung aller Instanzen vorgenommen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 23.08.2022). Todesurteile werden oft durch den Obersten Gerichtshof in lange Haftstrafen umgewandelt. Unterinstanzlich verurteilte Todeskandidaten müssen grundsätzlich mit jahrelangen Wartezeiten rechnen, bis ihr Fall endgültig entschieden ist, es sei denn, es besteht ein politisches bzw. öffentliches Interesse an einem schnellen Verfahren (AA 23.08.2022).

2022 wurden in Bangladesch 338 Angeklagte zum Tode verurteilt (ODHIKAR 30.01.2023). Im Jahr 2021 waren dies 181. Darunter fand sich auch ein Todesurteil gegen eine Frau (AI 5.2022). Vollstreckt wurden im Jahr 2022 vier Hinrichtungen (ODHIKAR 30.01.2023). Im Jahr 2021 waren es fünf (AI 5.2022; vgl. ODHIKAR 31.01.2022). Zwei Menschen wurden 2020 hingerichtet (ODHIKAR 25.01.2021; vgl. AI 4.2021). Insgesamt wurden seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen im Jahr 2001 mehr als hundert Personen hingerichtet (ÖB New Delhi 11.2022).

Gesellschaftlich besteht eine breite Unterstützung für die Todesstrafe, besonders im Zusammenhang mit Terrorismus. So gab eine Reihe ehemaliger Richter in einer Studie der Organisation „The Death Penalty Project“ zu bedenken, dass lebenslange Haft keine Alternative zur Todesstrafe biete, da ungewiss sei, ob die Verurteilten beim nächsten Regierungswechsel nicht freigelassen würden (AA 23.08.2022). Bangladesch hat im Dezember 2012 in der UN-Vollversammlung gegen das weltweite Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe gestimmt (ÖB New Delhi 11.2022). [...]

18.3 LGBTQ+

Letzte Änderung 2023-06-13

In der durch islamisch-patriarchalische Traditionen geprägten Gesellschaft Bangladeschs sind LGBTQ+ diskreditiert (AA 23.08.2022) und Homosexualität ein Tabuthema (AA 23.08.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Weibliche Homosexualität ist ein absolutes „Nicht-Thema“ (AA 23.08.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Homosexuelle Handlungen stehen gemäß § 377 Strafgesetzbuch unter Strafe (AA 23.08.2022; vgl. DFAT 30.11.2022, HRW 12.01.2023). Die Strafen dafür reichen von zehn Jahren bis lebenslänglich (HRW 12.01.2023; vgl. ILGA 12.2020). Die Anwendung des § 377 Strafgesetzbuch wird angedroht, um Homosexuelle zu erpressen, regierungskritische Meinungsäußerungen zu verhindern oder die Anpassung an heterosexuelle Normen zu erzwingen (AA 23.08.2022). So berichten Mitglieder der LGBTI+-Gemeinschaft, dass die Polizei das Gesetz benutzt, um sie - oder aber auch Personen, die unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung als LGBTQ+ wahrgenommen werden - zu schikanieren (USDOS 20.03.2023). Die strafrechtliche Durchsetzung des Verbots gelangt tatsächlich allerdings nur selten zur Anwendung (FH 10.03.2023; vgl. AA 23.08.2022, DFAT 30.11.2022). Vermutlich weil die LGBTQ+-Gemeinschaft verborgen agiert (DFAT 30.11.2022).

Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ. Homosexualität ist absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt (ÖB New Delhi 11.2022). Fast alle LGBTQ+-Personen in Bangladesch halten ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität geheim. Die sozialen und kulturellen Möglichkeiten für LGBTQ+-Personen in Bangladesch sind stark eingeschränkt, weshalb viele LGBTQ+-Personen ins Ausland fliehen. Diejenigen, die bleiben, verwenden aufgrund kultureller Tabus, die offene Diskussionen über LGBTQ+-Themen untersagen, eine eigene Slang-Sprache (DFAT 30.11.2022). Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zu Mord (insbesondere vor dem Hintergrund steigender Islamisierung) zu rechnen (ÖB New Delhi 11.2022). Schwule Männer und Lesben stehen unter starkem familiären und sozialen Druck, heterosexuelle Ehen einzugehen (DFAT 30.11.2022). Aktivisten berichten, dass sogenannte Konversionstherapien weit verbreitet sind. Laut Aussagen lesbischer Frauen und schwuler Männer wurden sie z. B. von ihren Eltern in Drogenrehabilitationszentren oder zu Beruhigungsmitteln gezwungen. Die Regierung verurteilt diese Praktiken nicht (USDOS 20.03.2023).

LGBTQ+-Personen werden regelmäßig angegriffen (FH 10.03.2023; vgl. AA 23.08.2022). Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen sowie ihre Fürsprecher sehen sich Gewalt und Drohungen ausgesetzt, ohne angemessenen Schutz durch die Polizei (HRW 12.01.2023). Drohbotschaften erfolgen z. B. auch per Telefon, SMS und über soziale Medien (USDOS 20.03.2023). Derartige Drohungen gehen auch von religiöse Extremisten aus. Homophobe Hassreden sind in den sozialen Medien verbreitet (DFAT 30.11.2022). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 10.03.2023). Es gibt nur sehr wenige LGBTQI+-Organisationen, insbesondere für Lesben (USDOS 20.03.2023).

Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten Hijras, nämlich Eunuchen, Transsexuellen und Intersexuellen (AA 23.08.2022). Mitglieder der Hirja Commuinity identifizieren sich weder als männlich noch als weiblich und sind als eigene Geschlechtsidentität in Bangladesch klassifiziert (FH 10.03.2023). Aus der Perspektive des indischen Subkontinents sind Hijras keine Transgender, sondern Cisgender (Syed, R. o. D.). Der Begriff „Hijra“ ist somit nicht gleichbedeutend mit dem Begriff „Transgender“. Es ist möglich, eine Transgender-Frau zu sein, die nicht Teil der Hijra-Kultur oder Gemeinschaft ist (DFAT 30.11.2022). Einige Transgender- Frauen im Land identifizieren sich als Hijra, weil sie sich der Hijra-Subkultur verbunden fühlen oder mehr sozialen Schutz wünschen. Einige konservative Geistliche verurteilen die Transgender-Gemeinschaft, aber unterscheiden sie deutlich von der Hijra-Identität, wobei letztere für sie tolerierbar ist, während ersteres inakzeptabel bleibt (USDOS 20.03.2023).

Hijras sind aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 23.08.2022). Für Transgender-Personen sind einige rechtliche Anerkennungen vorhanden, jedoch werden sie in der Praxis stark diskriminiert (FH 10.03.2023). So anerkennt die Regierung Hijras als drittes Geschlecht, allerdings bleibt es in der Praxis für diese schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen staatlichen Dienstleistungen zu erhalten, ein Problem, das sich während der Covid-19-Pandemie weiter verschärfte (ÖB New Delhi 11.2022). Laut Transgender Aktivisten führt die Regierung in einigen Fällen Genitaluntersuchungen bei Hijra durch, bevor sie ihnen Zugang zu Dienstleistungen gewährt (USDOS 20.03.2023). Auch wenn sie eine akzeptierte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben und viele Hijras in organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 30.11.2022). Die Akzeptanz von Hijras innerhalb der Familie ist im Allgemeinen gering, und sie haben keine Erbrechte gemäß den Bestimmungen der Scharia (DFAT 30.11.2022).

Pässe und Ausweisdokumente, einschließlich Wählerregistrierungsformularen, enthalten die Möglichkeit, „X“ oder „Hijra“ als drittes Geschlecht auszuwählen. Die nationale Volkszählung, die im Laufe des Jahres durchgeführt wurde, enthielt eine Kategorie für das „dritte Geschlecht“. Obwohl die Regierung einige Fortschritte bei der Förderung der sozialen Akzeptanz von Hijra-Personen gemacht hat, unternimmt sie nur begrenzte Anstrengungen, um die Rechte anderer in der LGBTQI+-Gemeinschaft zu fördern, und bietet für diese keine rechtliche Anerkennung an (USDOS 20.03.2023).

Die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen, wie auch von LGBTQ+-Personen, schränkt die Beteiligung an der Politik in der Praxis ein (FH 10.03.2023). 2019 wurde erstmals eine Vertreterin der Hijras ins Parlament gewählt (AA 23.08.2022). Die Stadt Trilochanpur wählte Ende 2021 einen Bürgermeister aus der Hijra-Community (FH 10.03.2023). [...]

19 Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung 2023-06-13

Die Verfassung garantiert den Bürgern das Recht, sich im gesamten Staatsgebiet frei zu bewegen, sich an jedem beliebigen Ort in Bangladesch aufzuhalten und niederzulassen sowie das Land zu verlassen bzw. wieder zurückzukehren (DFAT 30.11.2022; vgl. USDOS 20.03.2023, FH 10.03.2023). Ausnahmen bestehen jedoch für folgende sensible Gebiete: die Chittagong Hill Tracts (CHT), die Rohingya-Flüchtlingslager in Cox’s Bazar (USDOS 20.03.2023; vgl. AA 23.08.2023, FH 10.03.2023) und die Insel Bhasan Char im Golf von Bengalen (USDOS 20.03.2023).

Die CHT-Distrikte sind ein stark militarisiertes Gebiet, und der Zugang zu großen Teilen ist eingeschränkt. Militärische Kontrollpunkte verhindern die freie Bewegung selbst für die lokale Bevölkerung (DFAT 30.11.2022). Hinsichtlich der Wahl der Ausbildung oder des Arbeitsplatzes gibt es nur wenige gesetzliche Beschränkungen (FH 10.03.2023). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Großstädte wie Dhaka und Chittagong. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde, und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden. Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 23.08.2022). Das DFAT geht davon aus, dass Frauen ohne Zugang zu Familie oder anderen Unterstützungsnetzwerken mehr Schwierigkeiten bei der Umsiedlung haben als Männer, insbesondere wenn sie arm oder alleinstehend sind oder geschlechtsspezifische Gewalt erlitten haben (DFAT 30.11.2022).

Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars. Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe ausgestellt, die für wenige Monate gültig sind. Ein Ausreiseverbot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB New Delhi 11.2022).

Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister gibt es nicht (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 23.08.2022).

Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. UKHO 3.2022). Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien (ÖB New Delhi 11.2022). Dasselbe gilt im Falle von Verfolgung und/oder ernsthaftem Schaden durch den Staat (UKHO 03.2022). Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung (ÖB New Delhi 11.2022) sowie bei Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein. Für Atheisten bzw. Personen, die beschuldigt wurden, „die religiösen Gefühle verletzt“ zu haben, ist eine Ausweichmöglichkeit in der Einschätzung des britischen Innenministeriums allerdings wiederum unwahrscheinlich (UKHO 03.2022). [...]

21 Grundversorgung

Letzte Änderung 2023-06-13

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 23.08.2022). Bangladesch hat in den letzten Jahren ein beträchtliches Wirtschaftswachstum erzielt und die Armut im Land erheblich reduzieren können (GIZ 31.12.2022). Den Rückschlag durch die Corona-Pandemie konnte Bangladesch sehr schnell wieder aufholen (BMZ 14.02.2023a; vgl. WB 06.04.2023). Im Durchschnitt ist die Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten jährlich um etwa 6% gewachsen (CIA 14.04.2023; vgl. WB 06.04.2023). Laut Weltbank erreichte Bangladesch 2015 den Status eines Landes mit niedrigem mittlerem Einkommen, und es ist am Weg, 2026 von der UN-Liste der am wenigsten entwickelten Länder gestrichen zu werden (WB 06.04.2023).

Die Armutsbekämpfung bleibt jedoch eine der wichtigsten Aufgaben für die Regierung. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 20,5% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (BMZ 14.02.2023a). Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft. Die Bevölkerung ist auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen (ÖB 11.2022). Gemäß Welthunger-Index 2022 (WHI) belegt Bangladesch Platz 84 von 121 Ländern, und mit einem Wert von 19,6 auf dem WHI fällt es in die Schweregradkategorie „mäßig“ (WHI 10.2022).

Bei der Grundversorgung der Bevölkerung sind somit noch große Defizite zu verzeichnen. Nur 59% der Menschen in Bangladesch [haben] Zugang zu einer sicher betriebenen Trinkwasserversorgung. Etwa ein Viertel der Erwachsenen kann nicht lesen und schreiben, etwa 25% der Bevölkerung nutzen das Internet (BMZ 14.02.2023a). Zur Stromnachfrage hat sich seit 2009 die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss auf rund 43 Millionen fast vervierfacht - womit etwa 77% der rund 170 Millionen Einwohner Zugang zu Strom haben. Vor allem in den ländlichen Regionen sind aber viele Haushalte noch nicht an das Stromnetz angeschlossen (GTAI 28.06.2022).

2017 trugen die Landwirtschaft, Industrie und der Dienstleistungssektor jeweils geschätzt 14,2%, 29,3% und 56,5% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (CIA 14.04.2023). Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2022 laut der Internationalen Arbeitsorganisation bei lediglich 4,7% (ILO 11.2022). Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es allerdings lediglich im staatlichen Bereich sowie bei größeren Unternehmen. 85% der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Millionen gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht (ÖB 11.2022).

Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt (AA 23.08.2022; vgl. CIA 14.04.2023) und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland (AA 23.08.2022). Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 400.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten). Nach Schätzungen des Germany Trade Invest dürften die für den privaten Konsum wichtigen Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden bangladeschischen Staatsbürgern im Jahr 2022 rund 21 Milliarden USD betragen (GTAI 16.12.2022). Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z. B. „BRAC“, „Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees“, „Bangladesh Migrant Centre“, „Bangladesh Women Migrants Association“). Dachverband ist das „Bangladesh Migration Development Forum“. Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 23.08.2022).

Zunehmend ziehen mehr Menschen in die Städte. Die rasche Urbanisierung setzt die Städte unter Druck. Zugleich ist das Land vom Klimawandel betroffen. Überschwemmungen und Wirbelstürme treten öfter und stärker auf (GIZ 31.12.2022). Insbesondere informelle urbane Siedlungsgebiete (Slums) sind überschwemmungsgefährdet und es fehlt an Wohn- und Versorgungsinfrastruktur (BMZ 14.02.2023b). Darüber hinaus führen der Klimawandel und die Übernutzung von Ökosystemen zum Verlust der Artenvielfalt und zur Degradierung der Biotope. Der Nutzungsdruck auf die Land- und Meeresflächen steigt (GIZ 31.12.2022). [...]

21.1 Sozialbeihilfen

Letzte Änderung 2023-06-13 14:23

Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen bzw. subventionierte Lebensmittel ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 23.08.2022). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 11.2022). Nicht-staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 23.08.2022).

Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 4 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 6 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100% für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100% des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.074 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019). 85% der Beschäftigten arbeiten allerdings im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung (ÖB 11.2022). [...]

23 Rückkehr

Letzte Änderung 2023-06-14

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 23.08.2023). Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 23.08.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, DFAT 30.11.2022).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z. B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt (AA 23.08.2022). Auch dem DFAT sind keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer an den Grenzen des Landes wegen politischer Aktivitäten im Ausland inhaftiert wurden. Allenfalls könnte die Einreise nach Bangladesch bei Vorliegen eines bestimmten politischen Profils des Rückkehrers vermerkt werden (DFAT 30.11.2022). Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für deren eventuelle Rückkehr. Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt es jedoch nicht. Durch den massiven neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima allerdings merklich verschlechtert. In diesem Sinne wurden zahlreiche Oppositionelle, die sich im Ausland aufhalten, zu hohen - teilweise lebenslangen - Haftstrafen bzw. sogar zum Tode verurteilt. Im Zuge einer Rückkehr würden diese Strafen freilich vollstreckt werden. Grundsätzlich kommt es bei oppositioneller Betätigung innerhalb Bangladeschs darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von der Regierung oder von der Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition, wobei in letzter Zeit mit Stand November 2022 aufgrund der mangelnden Relevanz kaum mehr Berichte über eine politische Verfolgung der Oppositionsanhängerschaft auftauchen (ÖB New Delhi 11.2022).

Die „International Organization for Migration“ (IOM) kennt keine Fälle, in denen eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten „General Diary“ gebeten. Nach lOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist (AA 23.08.2022). Da Bangladesch ein Land mit einer sehr großen Diaspora und einer ausgeprägten Abwanderungskultur ist und Zehntausende jedes Jahr das Land verlassen oder wieder einreisen, hat die Regierung weder die Kapazität noch das Interesse, jede einzelne dieser Personen zu kontrollieren oder zu überwachen (DFAT 22.11.2022).

Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können diese nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (ÖB New Delhi 11.2022).

Auch wenn „erfolglose Rückkehrer“ von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden (ÖB New Delhi 11.2022), sind familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung andererseits für die Rückkehrer maßgeblich und dienen als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase. Rückkehrer sind aufgrund der großen Familien, enger, weitverzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt. IOM spricht in diesem Zusammenhang von der wichtigen Rolle der „social networks of family and neighbourhoods“, denen eine wichtige inoffizielle Schutzfunktion zukomme (AA 23.08.2022).

Für freiwillige Rückkehrer bieten die Joint Reintegration Services (JRS) von FRONTEX Reintegrationsunterstützung. Diese umfasst ein post-arrival-Paket im Wert von € 615, das der unmittelbaren Unterstützung nach der Ankunft im Heimatland dient und u. a. eine temporäre Unterkunft bis zu drei Tagen sowie unmittelbare medizinische Unterstützung beinhaltet. Sofern keine oder weniger Sofortleistungen in Anspruch genommen werden, wird der anteilige Betrag von € 615 vom lokalen Partner in bar ausbezahlt. Darüber hinaus wird im Rahmen einer längerfristigen Reintegrationsunterstützung ein Post-Return Paket in der Höhe von € 2.000 ausgegeben. Die Rückkehrwilligen erhalten Sachleistungen auf Grundlage eines Reintegrationsplans, der mithilfe der lokalen Partnerorganisation in den ersten sechs Monaten nach der Rückkehr erstellt wird. Sie umfassen unter anderem Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens, Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt sowie bei der Einschulung mitausreisender Kinder, weiters Bildungsmaßnahmen und Trainings, rechtliche administrative Beratungsleistungen, Familienzusammenführung, medizinische und psychosoziale Unterstützung sowie Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Haushalt (BMI o. D.).

Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF)

Es gibt staatliche Aufnahmeeinrichtungen/Waisenhäuser für Minderjährige. Hierbei muss eine finanzielle Unterstützung für die Unterbringung, Verpflegung, Schulgeld, Kleidung etc. der Jugendlichen von dritter Seite bereitgestellt werden. Zuständig ist das „Ministry of Women and Children Affairs“. Nach Auskunft von IOM können auch über die Organisation „Bangladesh National Womens Lawyers Association“ (BNWLA) Aufnahmeeinrichtungen vermittelt werden (AA 23.08.2022) [Anmerkung: Zur allgemeinen Lage von Kindern/Minderjährigen, inkl. Hilfsprogramme siehe Kapitel Kinder]. [...]

24 Dokumente

Letzte Änderung 2023-06-13

Die Registrierung von Geburten ist zwar obligatorisch, dennoch werden nicht alle Geburten registriert. Die Ausstellung erfolgt außerdem nicht nach festgelegten Verfahren, und die Zuverlässigkeit der Bescheinigungen ist gering. Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden werden in verschiedenen Teilen des Landes in Papierform aufbewahrt und sind nur sehr schwer zu verifizieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in Dokumenten, die sich auf ein und dieselbe Person beziehen, z. B. eine Geburts- und eine Heiratsurkunde derselben Person, unterschiedliche Angaben eingetragen sind, z. B. eine andere Schreibweise eines Namens oder ein anderes Geburtsdatum. Dies kann auf Betrug zurückzuführen sein, aber auch auf mangelhafte Aufzeichnungspraktiken oder Schreibfehler wie Tipp- oder Transkriptionsfehler (DFAT 30.11.2022).

Alle Bürger über 18 Jahre müssen eine von der Wahlkommission von Bangladesch (BEC) ausgestellte nationale Identitätskarte (NIC) besitzen. Seit 2016 werden „Smart NICs“ ausgestellt. Die Karten sind maschinenlesbar und enthalten verschiedene biometrische Informationen über einen Bürger, die in einen Mikrochip eingebettet sind. Viele ältere Karten ohne Sicherheitsmerkmale sind allerdings ebenfalls noch in Gebrauch (DFAT 30.11.2022).

Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 23.08.2022). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 11.2022). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 23.08.2022).

Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 23.08.2022; vgl. ÖB 11.2022). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-) beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage (AA 23.08.2022).

Mit der Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen (AA 23.08.2022). Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen (AA 23.08.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).

Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen (ÖB 11.2022).

In vielen Fällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z. B. „First Information Report“, „Charge Sheet“ oder Haftbefehl vor. In der Vergangenheit haben sich die vorgelegten Dokumente in fast allen Fällen als gefälscht erwiesen (AA 23.08.2022). [...]

24.1 Staatbürgerschaft

Letzte Änderung 2023-06-05

Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister gibt es in Bangladesch nicht (ÖB 11.2022; vgl. AA 23.08.2022). Auch ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit ist inexistent. Die „Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Order“ aus 1972 regelt die Staatsangehörigkeitsfrage seit der Unabhängigkeit des Landes (ÖB 11.2022).

Personen, deren Eltern Staatsbürger Bangladeschs sind, besitzen die Staatsbürgerschaft sowie auch Kinder, bei welchen die Nationalität der Eltern unbekannt ist, und die auf bangladeschischem Territorium geboren wurden (USDOS 20.03.2023).

Laut Artikel 2 der „Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Order“ aus 1972 gilt jeder als bangladeschischer Staatsangehöriger, der in diesem Territorium oder dessen Vater oder Großvater dort geboren wurde, und der am 25.03.1971 und später dort seinen ordentlichen Wohnsitz und Aufenthalt hatte (ÖB 11.2022; vgl. USDOS 20.03.2023). Inwieweit dies auch für in Bangladesch geborene Kinder von Flüchtlingen gelten soll, ist jedoch unklar und wird in den Medien seit Einsetzen der jüngsten Rohingya-Flüchtlingswelle 2017 regelmäßig thematisiert (ÖB 11.2022). Derzeit wendet die Regierung die Bestimmung bei Rohingyas nicht an. Weder registriert die Regierung die Geburten von Rohingya-Flüchtlingen, die im Land geboren werden, noch verleiht sie ihnen die Staatsbürgerschaft. Ein Zusatz aus 2009 zur Staatsbürgerschaftsverordnung spricht auch jedem, der im Land geboren wurde, auch wenn nur ein Elternteil die Staatsbürgerschaft innehält, das Recht auf die Staatsbürgerschaft zu. Einige Rohingya Kindern mit einem bangladeschischen Elternteil wurden trotz dieser Bestimmung nicht als Staatsbürger anerkannt, ebenso gilt der Zusatz nicht rückwirkend für die vor 2009 geborenen (USDOS 20.03.2023).

Der oberste Gerichtshof stellte im Jahr 2008 fest, dass in Bangladesch geborene Biharis bangladeschische Staatsangehörige sind, sie Anspruch auf Ausstellung von Identitätspapieren haben und ihnen das Wahlrecht zusteht [siehe dazu Kapitel Ethnische Minderheiten Biharis] (AA 23.02.2023).

Laut „Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Rules“ aus 1978 kann die Regierung die Staatsangehörigkeit auf Antrag an ausländische Frauen verleihen, die mit bangladeschischen Staatsangehörigen verheiratet und seit mindestens zwei Jahren in Bangladesch wohnhaft sind (ÖB 11.2022).

Eine Geburtsregistrierung ist erforderlich, um einen nationalen Personalausweis oder Reisepass zu erhalten (USDOS 20.03.2023). [...]“

4. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

4.1. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA, im Beschwerdeverfahren, in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie aus der vorgelegten ID Card im Zuge der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF in Bangladesch, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Verfahren vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Bengali sowie die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Bangladeschs.

Die Identität des BF steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

4.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Die Feststellungen zu den Gründen des BF für das Verlassen seines Herkunftsstaates stützen sich auf die vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG getroffenen Aussagen und vorgelegten Bescheinigungsmittel (Fotos, die den BF mit anderen Personen zeigen).

Als fluchtauslösendes Ereignis brachte der BF vor, dass er beim Geschlechtsverkehr mit seinem Freund XXXX von seinem Vermieter in Dhaka erwischt und daraufhin von mehreren Menschen bewusstlos geschlagen worden sei. Außerdem habe sich Monate vor dem fluchtauslösenden Ereignis ein sehr ähnlicher Vorfall ereignet: Der BF sei mit seinem damaligen Freund XXXX beim geschlechtlichen Verkehr ertappt und daraufhin von der Dorfgemeinschaft mit 100 Stockhieben bestraft worden.

Mag auch ein solches Vorbringen nicht grundsätzlich denkunmöglich sein, so blieben diesbezügliche Angaben des BF äußerst widersprüchlich und somit unglaubhaft. Hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist, dass die Angaben hinsichtlich des fluchtauslösenden Ereignisses divergieren. In der Einvernahme vor dem BFA behauptete der BF, dass der Vermieter die Tür der Wohnung von außen aufgesperrt und den BF mit seinem Partner beim Geschlechtsverkehr erwischt habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG führte der BF jedoch aus, die Tür selber offengelassen zu haben, weil „Bachelor-Menschen“ wie der BF das so tun. Außerdem hat sich der BF bezüglich des Vorfalles vom Juli 2021 in Widersprüche verwickelt: So führte er im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA aus, dass er nicht geschlagen, sondern mit 100 Stockhieben „gestreichelt“ worden sei. Demgegenüber behauptete er in der mündlichen Verhandlung, dass er gar nicht geschlagen worden sei, da er einen einflussreichen Vater habe. Auf richterliche Nachfrage gab der BF an, „ein bisschen“ geschlagen worden zu sein.

Festzuhalten ist, dass diese Verfolgungsgründe weder bewiesen noch hinreichend belegt worden sind. Daher ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit des BF und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des BF hat vor allem zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 3 AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen.

Es obliegt dem BF, die in seiner Sphäre gelegenen Umstände seiner Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Wie sich aus der Erstbefragung ergibt, hatte der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, seine Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen.

Der BF machte mehrfach widersprüchliche Angaben zu seinen Fluchtgründen und konnte sein Vorbringen weder schlüssig darlegen noch durch hinreichende Beweis- oder Bescheinigungsmittel glaubhaft machen. Die vom BF vorgelegten Fotos, die den BF in Gesellschaft von anderen Personen zeigen, sind nicht geeignet, sein Vorbringen zu stützen. Es ist nicht erkenntlich, welche Personen darauf abgebildet sind bzw. in welchem Verhältnis der BF zu diesen Personen steht. Daraus lässt sich eine damit einhergehende Verfolgungsgefahr des BF nicht schließen.

Aus einer Gesamtschau der oben angeführten Angaben des BF im gesamten Verfahren ergibt sich somit, dass der BF mit dem genannten Vorbringen eine Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Bangladesch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht glaubhaft gemacht hat. Es konnte weder eine konkret gegen die Person des BF gerichtete Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.

In einer Gesamtbetrachtung ist den Ausführungen der Behörde sohin beizupflichten, dass der BF sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht hat.

Der Ermittlungspflicht der Behörden steht eine Mitwirkungspflicht des BF gegenüber. Der Verwaltungsgerichtshof (in der Folge VwGH) hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben erforderlich ist, dass der BF die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert, und dass diese Gründe objektivierbar sind, wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des „Glaubhaft-Seins“ der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt. Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen und für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 11.11.1991, 91/12/0143, VwGH 13.04.1988, 86/01/0268). Der Antragsteller hat daher das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (u. a. VwGH 26.06.2997, 95/18/1291, VwGH 17.07.1997, 97/18/0336, VwGH 05.04.1995, 93/180289). Die Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Das Verwaltungsverfahren im Asylverfahren sieht neben der allgemeinen Manuduktionspflicht des AVG (§ 13a leg. cit.) eine Reihe weiterer verfahrenssichernder Maßnahmen vor, um einerseits der Verpflichtung nach § 37 AVG nachhaltig Rechnung zu tragen, sowie andererseits um die in einem solchen Verfahren oft schwierigen Beweisfragen zu klären. Daher ist die erkennende Behörde auch auf die Verwertung allgemeiner Erfahrungssätze angewiesen. Die Bildung von solchen Erfahrungssätzen ist aber nicht nur zu Gunsten des Asylwerbers möglich, sondern sie können auch gegen ein Asylvorbringen sprechen.

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens – niederschriftlichen Einvernahmen – unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

Die Behörde ist nicht dazu verpflichtet, die mangelhaften und bereits als objektiv unglaubhaft einzustufenden Angaben durch weitere Erhebungen zu überprüfen. Insgesamt war in Bezug auf die Fluchtgründe von bloßen Behauptungen auszugehen, sodass sich eine nähere Überprüfung dieser Angaben im Heimatland des BF somit erübrigte.

Da weitere relevante Fluchtgründe weder behauptet wurden, noch von Amts wegen hervorgekommen sind, konnte eine Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden.

4.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Dass dem BF eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat möglich ist, ergibt sich aus der aktuellen Länderinformation der Staatendokumentation des BFA sowie seinen eigenen Angaben.

Der BF wurde in Bangladesch geboren und ist dort aufgewachsen. Er spricht Bengali als Muttersprache, ist im erwerbsfähigen Alter, arbeitsfähig und verfügt über Arbeitserfahrung. Auch Familienangehörige des BF leben nach wie vor in Bangladesch.

Die diesem Erkenntnis zugrundegelegten Länderfeststellungen (siehe oben Punkt 3.5.) gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Bangladesch ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben.

Dass sich seit der Erlassung des bekämpften Bescheides des BFA in Bangladesch allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall verneint werden. Die Lage in Bangladesch stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u. a. durch Einschau etwa in die aktuelle Länderinformation der Staatendokumentation) versichert hat.

Die im Bescheid angeführten Berichte hat der BF in seiner Beschwerde nicht substantiiert bestritten.

4.4. Zu den Feststellungen des (Privat-) Lebens des BF in Österreich:

Die Feststellungen zum Leben der BF in Österreich stützen sich auf die Angaben der BF vor dem BFA und in der Beschwerdeverhandlung sowie auf die eingeholten Registerabfragen des BVwG (Strafregister, Zentrales Melderegister, Fremdenregister, GVS-Auszug).

Dass der BF nicht in einem besonderen Ausmaß integriert ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass er sich erst seit Jänner 2023 in Österreich aufhält und keine maßgeblichen Integrationsschritte gesetzt hat. Der BF besucht keine Deutschkurse. Darüber hinaus hat er weder belegt, einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein, kulturelle Aktivitäten gesetzt zu haben oder über maßgebliche soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet zu verfügen, noch haben sich solche integrativen Schritte im Verfahren ergeben.

5. Rechtliche Beurteilung:

5.1. Anzuwendendes Recht:

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

5.2. Rechtlich folgt daraus:

Zu Spruchteil A):

5.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 11.09.2023 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 14.09.2023 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

5.2.2. Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde.

Dem BF wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahmen vor dem BFA – jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher – ausreichend rechtliches Gehör gewährt.

Die belangte Behörde befragte den BF insbesondere zu der von ihm behaupteten Gefahrensituation in Bangladesch und legte ihrer Entscheidung umfangreiche Berichte unbedenklicher Stellen über die Situation in Bangladesch zu Grunde.

5.2.3. Zur Beschwerde:

Dem Vorbringen in der Beschwerde des BF war mangels Glaubhaftmachung seines Vorbringens kein Erfolg beschieden.

5.2.4. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:

5.2.4.1. Zu § 3 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

5.2.4.1.1. Gemäß § 3 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes; Neufassung) verweist.

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z. B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; VwGH 28.05.2009; 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; VwGH 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, 98/01/0503 und 98/01/0648).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, 94/18/0263; VwGH 01.02.1995, 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des VwGH keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 14.03.1995, 94/20/0789; 17.06.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529 u. a.). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gewinnung – zusammenhängt. Derartiges hat der BF jedoch nicht behauptet.

Innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative:

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. z. B. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; VwGH 15.03.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen – mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates – im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer „inländischen Flucht- oder Schutzalternative“ (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539).

Zur Frage der Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe hat der VwGH ausgesprochen:

„Bei der in der zitierten Bestimmung der Konvention genannten ‚Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe‘ handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der sich in weiten Bereichen mit den Gründen ‚Rasse, Religion und Nationalität‘ überschneidet, jedoch weiter gefasst ist als diese (Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I, 1966, Seite 219; Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999) RZ 406). Kälin (Grundriss des Asylverfahrens, 1990, Seite 96 f) versteht unter Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe eine – nicht sachlich gerechtfertigte – Repression, die nur Personen trifft, die sich durch ein gemeinsames soziales Merkmal auszeichnen, die also nicht verfolgt würden, wenn sie dieses Merkmal nicht hätten.“ (VwGH 20.10.1999, 99/01/0197) und weiters:

„Wären allerdings, wie hier vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren behauptet, die staatlichen Behörden vom ‚organisierten Verbrechen‘ unterwandert bzw. mit ‚der Mafia verflochten‘, so bekäme ein spezifisch dagegen gerichtetes Vorgehen insoweit eine politische Komponente, als es sich nicht mehr schlichtweg auf Kriminalitätsbekämpfung reduzieren ließe, sondern gleichzeitig die konkrete ‚staatliche Ordnung‘ (und zwar in ihrer Ausprägung als von Kriminellen beherrschte Gesellschaft) in Frage stellte. Damit wird (was der eingangs dargestellten Judikatur des VwGH widerspräche) nicht jeder zum Flüchtling, der in so strukturierten Staaten Verbrechen zum Opfer fällt oder in der Zukunft kriminelle Handlungen zu seinem Nachteil zu befürchten hat. Entscheidend ist, dass der Betreffende ein Verhalten gesetzt oder eine Äußerung abgegeben hat, welche(s) als Widerstand gegen die besagte ‚staatliche Ordnung‘ verstanden werden kann und der auch deshalb - und nicht etwa allein aus dem Grund, weil der Verübung von Verbrechen nichts ‚in den Weg gelegt‘ werden soll - mit dem Unterbleiben staatlichen Schutzes gegenüber Verfolgungshandlungen in asylrelevanter Intensität rechnen muss.“ (VwGH 13.11.2001, 2000/01/0098).

5.2.4.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine diesbezügliche Verfolgung im vorliegenden Fall der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Homosexuellen konnte vom BF jedoch nicht glaubhaft gemacht werden. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen stellt keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

Da der BF die behaupteten Fluchtgründe nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, nicht vor. Soweit er eine Verfolgung durch Private behauptet, fehlt es überdies an einem ausreichenden Zusammenhang mit einem Konventionsgrund.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

5.2.4.2. Zu § 8 AsylG (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

5.2.4.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG ist der Asylantrag bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Asylantrag auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Für das Vorliegen einer realen Gefahr („real risk“) reicht es nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist; es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte – EGMR und des Europäischen Gerichtshofes – EuGH).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) zur Verfügung steht (§ 8 Abs. 3 AsylG). Dies ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 11 AsylG, K15).

Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, muss es dem Asylwerber möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154 mit Verweis auf VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN).

Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; VwGH 17.07.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG in Erledigung des Eventualantrages auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bescheidmäßig festzustellen, ob dem Antragsteller der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Dieser ist dann zuzuerkennen, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat nicht zulässig ist.

5.2.4.2.2. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat der BF weder glaubhaft gemacht, noch ist diese von Amts wegen hervorgekommen oder der Behörde bekannt. Selbiges gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Somit sind keine Umstände hervorgetreten, die zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention führen könnten.

Wie schon unter Punkt 5.2.4.1. zu Spruchpunkt I. ausgeführt, haben sich im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte gefunden, die zu einem anderen Ergebnis als im erstbehördlichen Bescheid führen würden. Daher war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

5.2.4.3. Zu den Spruchpunkten III., VI. (Rückkehrentscheidung) und V. (Zulässigkeit der Abschiebung) des angefochtenen Bescheides:

5.2.4.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in der geltenden Fassung ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 des § 10 Abs. 1 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur nachvollziehbar behauptet wurde. Der BF befindet sich erst seit Jänner 2023 im Bundesgebiet, und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der BF ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).

Bei der Abwägung, die durch Art. 8 EMRK vorgeschrieben wird, stehen die Interessen des Fremden an seinem Verbleib im Inland, die durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt sind, dem öffentlichen Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z. B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der VwGH feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva u. a. gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Der VwGH hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 u. a. mwN). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Der Aspekt der Bindungen zum Heimatstaat steht in direkter Beziehung zur Integration im Bundesgebiet: Je länger der Aufenthalt im Gastland, desto stärker wird der Verlust an Bindungen zum Heimatland sein. Mit der Abnahme von Bindungen zum Herkunftsstaat wird in der Regel auch der Integrationsgrad im Bundesgebiet zunehmen. […] (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 858 f.).

5.2.4.3.2. Der BF hat keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens.

Die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet seit Jänner 2023 ist als sehr kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem BF bewusst gewesen sein.

Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen hat der BF im Verfahren nicht dargetan. Es ist davon auszugehen, dass im Falle des BF ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist.

Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene BF den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat und dort sozialisiert wurde, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort weiterhin seine Verwandten leben und der BF auch eine Verkehrssprache des Herkunftsstaates als Muttersprache beherrscht.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof (in der Folge VfGH) und der VwGH haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Daher ist davon auszugehen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Daher war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG sowie §§ 46 und 52 FPG als unbegründet abzuweisen.

5.2.4.4. Zum Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Frist zur freiwilligen Ausreise):

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zur Glaubhaftmachung asylrelevanter Verfolgungsgründe, den Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz und zu Rückkehrentscheidungen auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen sowie eine Interessenabwägung maßgeblich für die zu treffende Entscheidung waren.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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