JudikaturBVwG

W158 2240383-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
03. August 2023

Spruch

W158 2240383-2/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL als Vorsitzende und die Richter Dr. Martin MORITZ und Mag. Volker NOWAK als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX GmbH, vertreten durch Helml Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 19.01.2021, GZ: FMA-UB XXXX 2020, nach Durchführung einer Verhandlung am 07.03.2023 zu Recht erkannt:

A)

I.) Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1. bis 3 wird stattgegeben und diese werden ersatzlos behoben.

II.) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 4. wird teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die FMA die Akteneinsicht in die ON 7 bis 13 und die ON 16 und 18 zu Unrecht verweigert hat.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Bescheid vom 19.01.2021 trug die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) auf, die unerlaubte Verwaltung eines alternativen Investmentfonds durch Beschreibung einer konkreten Tätigkeit zu unterlassen (Spruchpunkt 1.). Dies sei der FMA binnen sechs Wochen ab Zustellung des Bescheids durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen (Spruchpunkt 2.). Bei Nichtbefolgung werde über die BF eine Zwangsstrafe in Höhe von € 10.000,-- verhängen (Spruchpunkt 3.). Weiters wurde ein Antrag der BF auf Akteneinsicht in einen anderen Akt abgewiesen (Spruchpunkt 4.). Zuletzt schloss die FMA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aus (Spruchpunkt 5.).

Begründend wurde auf das Wesentlichste zusammengefasst ausgeführt, dass die BF Genussrechte ausgegeben habe, die alle Voraussetzungen eines AIF erfüllen würden. Auch wenn in den Genussrechtsbedingungen geregelt sei, dass das Genussrechtskapital der direkten operativen Unternehmensfinanzierung diene, sei das Genussrecht trotzdem als AIF zu qualifizieren, weil es sich bei Vorstreckung der Prozesskosten und Übernahme des Prozessrisikos um keinen allgemein-kommerziellen oder -industriellen Zweck handle. Vielmehr sei es eine finanzielle Dienstleistung. Die übrigen Tätigkeiten der BF, wie etwa die Vorabprüfung der Unterlagen, wären zwar isoliert betrachtet nicht als finanzielle Dienstleistungen anzusehen, allerdings seien diese Tätigkeiten nur untergeordnet. Dass der Vertrieb der Genussrechte beendet worden sei, ändere nichts daran, dass das bereits eingesammelte Kapital weiterhin verwaltet werde. Die bisher durch die BF vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, ein rechtmäßiges Verhalten nachzuweisen. Die BF sei daher bescheidmäßig aufzufordern, entsprechende Unterlagen vorzulegen. Die Höhe der angedrohten Zwangsstrafe sei aufgrund der Höhe der eingenommenen Kundengelder verhältnismäßig. Die Abweisung des Antrags auf Akteneinsicht wurde damit begründet, dass einerseits berechtigte Interessen Dritter beeinträchtigt werden würde und andererseits durch die Einsichtnahme der Zweck des Verfahrens beeinträchtigt werden würde, weil es sich dabei um die Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden handle.

I.2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Beschwerde vom 24.02.2021, in der beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid ersatzlos zu beheben und der FMA aufzutragen, die Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung sowie auf der Internetseite der FMA zu widerrufen, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die FMA zurückzuverweisen. Außerdem wird angeregt, eine Vorabentscheidung beim EuGH einzuholen.

Begründet wurde die Beschwerde auf das Wesentlichste zusammengefasst damit, dass die Prozesskostenfinanzierung und die dazu notwendigen Vorarbeiten entgegen der Ansicht der FMA sehr wohl eine operative Tätigkeit der BF darstellen würden. Außerdem würde damit keine festgelegte Anlagestrategie verfolgt werden. Darüber hinaus habe die BF bereits im Juli 2019 den verfahrensgegenständlichen Vertrieb eingestellt, das öffentliche Angebot zurückgenommen und keine Zeichnungsanträge mehr angenommen. Die FMA habe auch das Parteiengehör verletzt, indem sie die Stellungnahme der BF offensichtlich nicht beachtet habe. Sie wäre verpflichtet gewesen, der BF die Möglichkeit zu geben, zu konkreten Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. Dazu wird in der Beschwerde ausgeführt, was sie dann vorgebracht hätte. Als Beweis dafür wird die Einvernahme des Geschäftsführers der BF beantragt. Die FMA sei überdies befangen, was sich an der konstruierten Begründung zeige. Durch die teilweise Verweigerung der Akteneinsicht sei das kardinale Verfahrensprinzip des Parteiengehörs verletzt worden.

I.3. Am 12.03.2021 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.4. Mit Entscheidung vom 17.03.2021 zu W107 2240383-1/3E wurde die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

I.5. Am 02.03.2022 stellte die BF den Antrag, den angefochtenen Bescheid in eventu den oben genannten Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde, weil sich die Voraussetzungen geändert hätten.

I.6. Mit Stellungnahme vom 09.03.2022 bestritt die FMA die Zulässigkeit der Anträge der BF und führte aus, dass sich die Voraussetzungen hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung nicht geändert hätten.

I.7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache der erkennenden Gerichtsabteilung am 31.10.2022 neu zugewiesen und die bisher noch nicht übermittelte Stellungnahme der FMA vom 09.03.2022 an die BF übermittelt, auf welche diese am 09.12.2022 replizierte.

I.8. Am 07.03.2023 hielt der entscheidende Senat eine mündliche Verhandlung ab, in der neben dem Strafverfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer der BF zur GZ 2266457-1 auch die Verfahren 2245399-1, 2252667-1 und das gegenständliche Verfahren 2240383-2 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden.

In dieser Verhandlung wurden der ehemalige Geschäftsführer der BF als Beschuldigter, ein Zeuge sowie die belangte Behörde gehört. Die BF hielt im gegenständlichen Verfahren seine Beschwerde vollinhaltlich aufrecht. Sie verzichtete durch ihren RV auf eine sofortige mündliche Verkündung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der FMA, den Gerichtsakt und die Durchführung einer Verhandlung am 07.03.2023 vor dem BVwG.

II. Feststellungen

Die BF ist eine im Firmenbuch zu XXXX eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Wien. Sie verfügt über keine Konzession der FMA.

Im Kapitalmarktprospekt vom 05.07.2017 über das öffentliche Angebot von Genussrechten führt die BF aus, dass sie insbesondere in folgenden Bereichen tätig ist:

„- Prozesskostenfinanzierung (aktuell wurden/werden zB über 4.000 Anfragen im Bereich Rückabwicklung von Lebensversicherungen bearbeitet und an kooperierende Rechtsanwälte weitergeleitet)

- (eingeschränkte) Vorabprüfung relevanter Unterlagen und Sammlung/Aufbereitung für die jeweiligen kooperierenden Rechtsanwälte

- Zurverfügungstellung von Kontakten zu Rechtsanwälten / Weiterleitung der Aufträge an die jeweiligen kooperierenden Rechtsanwälte

- Marketingaktivitäten für die Bewerbung des Unternehmens (wie zB Onlinemarketing auf sozialen Medien und Suchmaschinen, Roadshows, klassische Werbekampagnen)

- Aufbau und Ausbildung der selbständigen Vertriebspartner (derzeit über 280 österreichweit)“

Auf der von der BF betriebenen Website wurde das Geschäftsmodell der Prozessfinanzierung zum Entscheidungszeitpunkt der FMA wie folgt beschrieben:

„Was ist Prozessfinanzierung?

Bei der Prozessfinanzierung (auch: Prozesskostenfinanzierung) handelt es sich um eine juristische Finanzdienstleistung. Der Prozessfinanzierer übernimmt im Falle einer positiven internen Vorprüfung die notwendigen Kosten einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfolgung privater oder gewerblicher Ansprüche auf Basis des Prozessfinanzierungsvertrages. Die XXXX übernimmt im Falle des Abschlusses eines Prozessfinanzierungsvertrages als Prozessfinanzierer das Prozesskostenrisiko inklusive Anwalts-, Begutachtungs- und Gerichtskosten.

Muss ich Kosten für ein verlorenes Verfahren tragen?

Entsprechend dem Prozessfinanzierungsvertrag wird das Prozessrisiko vom Prozessfinanzierer übernommen. Im Regelfall sind davon Honorarzahlungen an den beauftragten Rechtsanwalt, Kostenzahlungen an die Gegenpartei, Kosten für eingeholte Gutachten sowie allenfalls (vorprozessuale) Barauslagen (Sachverständigen- Zeugengebühren) umfasst.“

Die Genussrechtsbedingungen laut Kapitalmarktprospekt vom 05.07.2017 lauten auszugsweise wie folgt:

„GENUSSRECHTSBEDINGUNGEN

der [BF] (als ‚EMITTENTIN‘)

1. Präambel […]

1.2. Die EMIITENTIN beabsichtigt die Emission von Genussrechten (die ‚GENUSSRECHTE‘) im Gesamtnennbetrag von EUR 10.000.000,00 (das ‚GENUSSRECHTSKAPITAL‘). Die rechtliche Ausgestaltung der GENUSSRECHTE ist in diesen Genussrechtsbedingungen normiert.

1.3. Die GENUSSRECHTE stellen eine schuldrechtliche Vermögensbeteiligung der Genussrechtsberechtigten an der EMITTENTIN dar und gewähren eine nachrangige Beteiligung an deren Gewinn sowie an deren Unternehmenswert.

1.4. Genussrechtsberechtigte sind am wirtschaftlichen Erfolg der EMITTENTIN beteiligt (vgl. Punkt 6), Genussrechtsberechtigte tragen deshalb das unternehmerische Risiko der EMITTENTIN mit. Ausdrücklich festgehalten wird, dass die EMITTENTIN keinerlei Gewährleistung, Garantie oder sonstige Zusage abgibt. dass das Geschäftsmodell oder die Bemühungen der EMITTENTIN erfolgreich sein werden.

2. Erwerb und Ausgabe der Genussrechte, Einzahlung

Die GENUSSRECHTE können durch natürliche oder juristische erworben werden. Ein Angebot auf Erwerb eines GENUSSRECHTES kann durch Unterzeichnung eines entsprechenden Zeichnungsscheins/Angebotsschreibens und dessen Übermittlung an die EMITTENTIN (Angebot) an deren Geschäftsadresse gestellt werden. Ebenso ist es möglich, über eine bestimmte, von der EMITTENTIN auszuwählende Crowdfunding-Plattform (kurz ‚Plattform‘ oder ‚Website‘) ein Angebot auf Erwerb) eines solchen GENUSSRECHTES an die EMITTENT'N zu stellen. […]

2.2. Die Annahme durch die EMITTENTIN erfolgt durch Übermittlung einer Annahmeerklärung (per Brief oder E-Mail an die vom Genussberechtigten bekanntgegebene Adresse) binnen 14 Tagen ab Einlangen des Angebots des Genussberechtigten bei der EMITTENTIN. Die Annahme steht im freien Ermessen der EMITTENTIN. […]

2.3. Interessenten können während der Gültigkeit des Kapitalmarktprospektes bzw. während der auf der jeweiligen Website angezeigten Frist Angebote zum Erwerb von GENUSSRECHTEN abgeben. […]

2.4. Der vom Genussrechtsinhaber gezeichnete Beteiligungsbetrag muss mindestens EUR 1.000,00 betragen.

2.5. Die Ausgabe der GENUSSRECHTE erfolgt zum Nennbetrag (100 %). Auf die ausgegebenen GENUSSRECHTE wird von der EMITTENTIN kein Agio erhoben.

2.6. Die Einzahlung des Genussrechtsbetrags hat innerhalb von 14 Kalendertagen nach Einlangen der Annahmeerklärung gemäß Punkt 2.2. beim Genussrechtsberechtigten auf das Konto der EMITTENTIN zur Gänze frei von Bankgebühren, Kosten und Spesen zu erfolgen, widrigenfalls die EMITTENTIN die Annahmeerklärung widerrufen kann. Sofern die Zahlungsmodalität auf der Plattform anders geregelt ist, kommen im Falle der online-Zeichnung die dort genannten Bestimmungen zur Anwendung. […]

3. Art der Genussrechte, Genussrechtsregister

3.1. Die GENUSSRECHTE werden nicht verbrieft, sind unbesichert und nachrangig.

3.2. Die EMITTENTIN wird die Genussrechtsberechtigten in einem nicht öffentlichen Genussrechtsregister erfassen. In das Datenregister werden folgende Daten des Genussrechtsberechtigten eingetragen: […]

4. Laufzeit

Die Laufzeit der GENUSSRECHTE ist befristet bis zum 31.12.2023.

5. Fixe (Mindest-)Verzinsung der Genussrechte

5.1. Jeder Genussrechtsberechtigte erhält jedenfalls zumindest die Mindestverzinsung in Höhe von 4% p.a. des gezeichneten Beteiligungsbetrages.

5.2. Die Zinsen sind grundsätzlich endfällig. Dies bedeutet, dass es erst im Fall jeder Vertragsbeendigung zu einer rechnerischen Ermittlung und Auszahlung der bis dahin vereinbarungsgemäß aufgelaufenen Zinsen kommt, wobei auch Zineszinsen gewährt werden. Die Zinsen sind als Teil des Rückzahlungsbetrages gemeinsam mit der Rückzahlung des Beteiligungsbetrages, der Auszahlung einer allfälligen Gewinnbeteiligung und Unternehmenswertbeteiligung zur Zahlung fällig (vgl. Punkt 7.5.). […]

6. Gewinnbeteiligung

6.1. Die GENUSSRECHTE verkörpern eine Beteiligung am Gewinn der EMITTENTIN. […]

7. Rückzahlung des Genussrechtskapitals, Auszahlung, Unternehmenswertbeteiligung

7.1. Bei Ablauf der Laufzeit der GENUSSRECHTE, im Falle der Auflösung und Liquidation der EMITTENTIN oder für den Fall, dass das Genussrechtskapital aus sonstigen Gründen vor Ablauf der in Punkt 4. festgelegten Laufzeit zurückgezahlt wird, haben die Genussrechtsberechtigten Anspruch auf Rückzahlung des GENUSSRECHTSKAPITALS zum Buchwert zuzüglich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen (Punkt 5.), einer Gewinnbeteiligung (Punkt 6.) und einer Unternehmenswertbeteiligung (Punkt 7.4) (gesamt kurz ‚Rückzahlungsbetrag‘) […]

8. Gesellschafter- und Mitwirkungsrechte

8.1. Das GENUSSRECHT gewährt keinen Anteil am Kapital der EMITTENTIN und keinerlei Verwaltungsrechte im Hinblick auf die EMITTENTIN, insbesondere kein Recht auf Teilnahme und kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der EMITTENTIN sowie keine über diese GENUSSRECHTSBEDINGUNGEN hinausgehenden Informationsrechte. […]

9. Rangrücktritt, Nachrangigkeit

9.1. Bei diesen GENUSSRECHTEN handelt es sich um eine nicht besicherte, nachrangige Verbindlichkeit (Schuld) der [BF] […]

9.2. Vereinbarung qualifizierter Nachrangigkeit

Der Genussrechtsberechtigte erklärt hiermit ausdrücklich und unwiderruflich die uneingeschränkte qualifizierte Nachrangigkeit aller seiner Forderungen gegenüber der EMITTENTIN aus diesem Genussrechtsvertrag mit der Maßgabe, dass der Genussberechtigte den von ihm geleisteten Beteiligungsbetrag, eine Verzinsung, eine allfällige Gewinnbeteiligung und eine Unternehmenswertbeteiligung so lange nicht, auch nicht teilweise, fordern kann, als

- dies bei der EMITTENTIN einen Grund zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens darstellen würde; und/oder

- ein negatives Eigenkapital bei der EMITTENTIN gegeben ist oder die (teilweise) Auszahlung an den Genussberechtigten dazu führen würde. Sofern eine Auszahlung des Rückzahlungsbetrages aus den in diesem Punkt 9. genannten Gründen (Nachrangigkeit) nicht erfolgt, ist die Auszahlung zur nächstmöglichen Gelegenheit, an dem die Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, zu leisten und wird der Rückzahlungsbetrag bis dahin mit dem Zinssatz gemäß Punkt 5. verzinst.

9.3. Rangfolge der Forderungsbefriedigung

Forderungen gegen die EMITTENTIN werden daher in folgender Rangfolge beglichen – Gläubiger des zweiten oder dritten Ranges können nur bedient werden, wenn die Gläubiger der jeweils vorhergehenden Gruppe vollständig befriedigt wurden:

- Allgemeine Gläubiger – erster Rang: Da die EMITTENTIN eine Nachrangigkeitsvereinbarung nur mit den Genussrechtsberechtigten abgeschlossen hat, bedeutet dies, dass alle übrigen Gläubiger der EMITTENTIN gegenüber den Genussberechtigten (siehe ‚zweiter Rang‘) und Gesellschaftern/Eigenkapitalgeber (siehe ‚dritter Rang‘) vorrangig bedient werden.

- Genussrechtsberechtigte – zweiter Rang: Die Forderungen von Genussrechtsberechtigten gegen die EMITTENTIN werden gegenüber den Forderungen der Gesellschafter/Eigenkapitalgeber (siehe ‚dritter Rang‘) vorrangig befriedigt. Innerhalb der Gruppe der Genussrechtsberechtigten besteht Gleichrangigkeit.

- Gesellschafter/Eigenkapitalgeber – dritter Rang: Sollten Gesellschafter der EMITTENTIN oder sonstige Eigenkapitalgeber gegen die Gesellschaft Forderungen (zum Beispiel Gesellschafterdarlehen, etc.) haben, so sind diese Forderungen gegenüber jenen allgemeiner Gläubiger und der Genussrechtsberechtigten nachrangig gestellt.

9.4. Konsequenzen der qualifizierten Nachrangigkeit

Kommt es somit – aus welchen Gründen auch immer – zu einer Insolvenz oder Liquidation der EMITTENTIN, erfolgt eine Befriedigung des Genussrechtsberechtigten erst dann, wenn sämtliche andere Gläubiger der EMITTENTIN, denen gegenüber seitens der Gesellschaft keine Nachrangigkeit besteht, zuvor vollständig befriedigt worden sind. Im Falle einer Insolvenz der EMITTENTIN ist der Totalverlust der Investition des Genussberechtigten daher der Regelfall.

9.5. Keine Beantragung eines Insolvenzverfahrens

Der Genussrechtsberechtigte erklärt hiermit gemäß und im Hinblick auf § 67 Abs. 3 Insolvenzordnung, dass er eine Befriedigung seiner Forderungen aus diesem Genussrechtsvertrag erst nach Beseitigung eines negativen Eigenkapitals (§ 225 Abs. 1 UGB) oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller – nicht nachrangig gestellten – Gläubiger begehrt und dass wegen dieser Verbindlichkeiten kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht.

9.6. Risiko-/Chancenausgleich

Die qualifizierte Nachrangigkeit dieses Genussrechts ist wesentlicher Bestandteil dieses Genussrechtsvertrags und somit dieser Emission. Die Genussberechtigten erhalten zum Ausgleich dafür eine angemessene Verzinsung gemäß Punkt 5. bzw. einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung gemäß Punkt 6. sowie zusätzlich eine Unternehmenswertbeteiligung gemäß Punkt 7.4.“

Laut Kapitalmarktprospekt dient das Genussrechtskapital der direkten operativen Unternehmensfinanzierung. Als Anlageziel wird „allgemeine Unternehmensfinanzierung“ definiert. Ausdrücklich wird festgehalten, dass eine ordentliche Kündigung des Genussrechtsvertrags vor Ende der Laufzeit nicht möglich ist.

Die BF als Prozesskostenfinanzierer übernimmt die notwendigen Kosten einer (außer-) gerichtlichen Verfolgung privater oder gewerblicher Ansprüche und trägt das volle Prozesskostenrisiko der geführten Verfahren. Im Erfolgsfall erhält die BF einen Teil des erzielten Erlöses in Form einer Beteiligungsquote. Zum Entscheidungszeitpunkt der FMA unterstützte die BF Konsumenten bei der Durchsetzung ihrer Rechte, insbesondere gegen Versicherungsunternehmen.

Die BF prüft die eingereichten Fälle (eingeschränkt) vorab, stellt die relevanten Unterlagen zusammen, bereitet diese auf und instruiert die beauftragten Rechtsanwälte. Außerdem bewirbt sie das Unternehmen, bildet ihre Mitarbeiter aus und weiter und schafft Arbeitsmittel an.

Die Genussrechte wurden von 05.07.2017 bis 15.07.2019 in Österreich angeboten und im Umfang von insgesamt € 2,8 Millionen tatsächlich eingeworben. Seit dem 15.07.2019 vertreibt die BF die Genussrechte nicht mehr, was sie auch im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlichte.

III. Beweiswürdigung

Die Feststellungen hat allesamt bereits die FMA getroffen. Diese beruhen entweder auf unbedenklichen Dokumenten oder den Angaben der BF selbst. Die BF bekämpft die Sachverhaltsannahmen der BF in der Beschwerde auch nicht. Soweit sie teilweise (etwa Punkt 6.2. der Beschwerde) ausführt, die FMA habe unrichtige Feststellungen, etwa zur festgelegten Anlagestrategie oder ob das Kapital der operativen Tätigkeit dient, getroffen, handelt es sich nämlich entgegen ihrer eigenen Annahme nicht um Feststellungen, sondern um rechtliche Beurteilungen.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Es ist daher gemäß § 22 Abs. 2a FMABG ein Senat zur Entscheidung berufen.

IV.1. Zu Spruchpunkt A)

IV.1.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 22d Abs. 1 FMABG hat die FMA bei einem Verdacht der Übertretung unter anderem des § 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens die den verdächtigen Geschäftsbetrieb ausübenden Unternehmen mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der FMA zu bestimmenden Frist aufzufordern. Kommt ein aufgefordertes Unternehmen dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die FMA mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

§ 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG regelt, dass eine Verwaltungsübertretung begeht, wer gegen das Erfordernis einer Konzession gemäß § 4 Abs. 1 oder das Erfordernis einer Registrierung gemäß § 1 Abs. 5 AIFMG verstößt. Es ist daher zu prüfen, ob die BF einen AIF verwaltet und einer entsprechenden Konzessionierungs- oder Registrierungspflicht unterliegt.

Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG ist ein AIF jeder Organismus für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Teilfonds, der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, ohne dass das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient (lit. a), und keine Genehmigung gemäß Art. 5 der Richtlinie 2009/65/EG benötigt (lit. b).

Die BF führt aus, keine feste Anlagestrategie zu verfolgen. Betrachtet man aber Punkt 2.4. des Kapitalmarktprospektes der Gesellschaft wird klargestellt, dass das Kapital den dort genannten Zwecken zugeführt wird:

2.4.1 Prozesskostenfinanzierung;

2.4.2 Investitionen im Bereich Datenverarbeitung;

2.4.3 Verwaltung und Administration;

2.4.4 Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb;

2.4.5 Marketingaktivitäten; 2.4.6 Expansion;

2.4.7 Sonstige Ausgaben.

Die Gesellschaft ist also keineswegs frei in ihrer Verwendung des Genussrechtskapitals. Den Anlegern wurde vielmehr verbindlich und klar offengelegt, zu welchen Zwecken das eingesammelte Kapital verwendet wird und welche Zwecke damit verfolgt werden sollen. Das Kapital wurde eindeutig zum Zwecke klar definierter Ziele eingesammelt.

Jedoch erkennt der zuständige Senat damit auch, dass das eingesammelte Kapital entsprechend dem Kapitalmarktprospekt zur direkten operativen Unternehmensfinanzierung verwendet wurde, weswegen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 lit a AIFMG letztlich keine Qualifikation als AIF vorliegt.

Die FMA geht nämlich unter Bezugnahme auf die ESMA Leitlinien ESMA/2013/611 davon aus, dass zur Annahme dieser Ausnahme das eingesammelte Kapital unmittelbar und zu einem überwiegenden Anteil für Tätigkeiten mit allgemein-kommerziellem oder -industriellem Zweck verwendet werden müsse. Bei der Tätigkeit der Prozessfinanzierung handle es sich nach ihrer Ansicht weder um das eine noch das andere.

Die von der FMA dabei argumentativ herangezogenen ESMA Leitlinien beziehen sich allerdings nicht auf das Wort „operativ“. Nach der unionsrechtlichen Definition in Art. 4 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (im Folgenden AIFMD) ist ein AIF nämlich „jeder Organismus für gemeinsame Anlagen einschließlich seiner Teilfonds, der

i) von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, und

ii) keine Genehmigung gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2009/65/EG benötigt.“

In der Legaldefinition der AIFMD ist damit das Wort „operativ“ im Gegensatz zur Legaldefinition im AIFMG nicht enthalten und auch nicht umschrieben. Dementsprechend enthalten die ESMA/2013/611 auch keine Ausführungen dazu, wann etwas nach Ansicht der ESMA als „operativ“ zu gelten habe oder nicht. Vielmehr führt die ESMA den von der FMA herangezogenen allgemein-kommerziellen oder -industriellen Zweck bei der grundsätzlichen Definition als Organismus für gemeinsame Anlagen (Punkt VI. der Leitlinien) an. Die ESMA Leitlinien können daher für die Interpretation der „operativen Tätigkeit“ im AIFMG nicht herangezogen werden.

Es ist vielmehr, da das AIFMG nicht weiter regelt, was operative Tätigkeiten sind, entsprechend der allgemeinen Interpretationsregeln (§§ 6f ABGB) nach dem allgemeinen Wortsinn zu fragen, wonach operativ bedeutet, „konkrete Maßnahmen zu treffen, sie unmittelbar wirksam werden lassend“ (Duden). Ob es sich dabei um eine überwiegend finanzielle oder nicht-finanzielle Dienstleistung handelt, ist entgegen der im Straferkenntnis geäußerten Rechtsansicht der FMA unerheblich, wie sie letztlich selbst in ihrer Stellungnahme vom 23.02.2023 unterstreicht:

Unter Berufung auf ein Auslegungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Anwendungsbereich des deutschen KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“ (GZ Q 31-Wp 21372013/0006) argumentierte der ehemalige Geschäftsführer der BF in seiner zu 2266457-1 anhängigen Beschwerde nämlich, dass ausschließlich Investitionen in Dienstleistungen des Finanzsektors für die Qualifikation eines AIF relevant seien.

Wie die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 23.02.2023 im zu 2266457-1 verbundenen Verfahren ausführt, weicht das dKAGB jedoch in einem wesentlichen Teil von der Richtlinie 2011/61/EU („AIFMD“), und damit auch vom österreichischen AIFMG, welches sich ihrer Ansicht nach näher an der Richtlinie orientiert, ab. § 1 Abs. 1 Satz 1 dKAGB normiert, dass es sich bei dem gegenständlichen Unternehmen nicht um ein „operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors“ handeln darf. Diese Einschränkung basiert jedoch, wie auch die FMA ausführt, nicht auf der Richtlinie 2011/61/EU („AIFMD“) und findet sich folglich auch nicht im AIFMG. Das dKAGB hat hierbei nach Ansicht der belangten Behörde sprachlich ungenau die ESMA-Leitlinien zum „allgemein-kommerziellen oder -industriellen Zweck“ direkt in Gesetzesrang inkorporiert. Wie die FMA betont, ist der vorliegende Fall nicht vor dem Hintergrund der deutschen, sondern selbstverständlich der österreichischen Rechtslage (AIFMG) zu interpretieren.

Wie bereits erläutert, lässt sich mit Bezug auf die Richtlinie 2011/61/EU („AIFMD“) und der ESMA-Leitlinien jedoch nicht das von der belangten Behörde erwünschte Ergebnis erzielen. Nach Ansicht der FMA stellt die Wendung „nicht-finanziell“ auf den „allgemein-kommerziellen oder –industriellen Zweck“ ab, sie zieht dazu ausdrücklich die Begriffsbestimmungen der ESMA-Leitlinien heran. Über die Definition „operativ“ ist damit aber – wie oben ausgeführt- nichts gesagt.

Dass das eingesammelte Kapital von der Gesellschaft nicht (ausschließlich) zu kommerziellen oder industriellen Zwecken eingesammelt wurde, ist daher ebenso irrelevant wie die rechtliche Beurteilung der belangen Behörde, dass die zum Zeitpunkt der Emission geplanten Dienstleistungen, in welche das Genussrechtskapital investiert werden sollte, eindeutig „finanzielle Dienstleistungen“ iSd AIFMG und der AIFMD bzw. der ESMA-Leitlinien darstellen. Daher ändert auch der Umstand, dass die Gesellschaft die von ihr erbrachte Prozessfinanzierung selbst als juristische Finanzdienstleistung bezeichnet (siehe die FAQ auf ihrer Homepage) nichts an der Qualifikation der Kapitalverwendung zur unmittelbaren operativer Tätigkeit. Mit anderen Worten, das Kapital, das seitens der Gesellschaft eingesammelt wurde, mag überwiegend zum Zweck der Erbringung einer finanziellen Dienstleistung verwendet werden, dies steht nach Ansicht des erkennenden Senats aber dem Wortlaut des AIFMG folgend nicht einer operativen Tätigkeit durch die Gesellschaft im Wege. Der österreichische Gesetzgeber hat gerade nicht wie der deutsche seine Ausnahme ausschließlich auf Unternehmen außerhalb des Finanzsektors beschränkt, wie auch die FMA hervorhebt. Sofern das Kapital operativ verwendet wird, stößt sich der österreichische Gesetzgeber offenbar nicht an deren Verwendung für finanzielle Dienstleistungen, zumindest gibt das der Gesetzestext nicht her.

Ob die Einführung eines Ausschlusstatbestands bei einer Kapitalverwendung zur „unmittelbaren operativen Tätigkeit“ durch § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a AIFMG durch den österreichischen Gesetzgeber unionsrechtswidrig sein könnte, braucht jedoch nicht endgültig geklärt werden. Die unmittelbare Anwendung der AIFMD würde nämlich zu Lasten der Einzelnen gehen, weil damit strengere Anforderungen gelten würden. In einem solchen Fall scheidet eine unmittelbare Anwendung aus. Ist eine unionsrechtliche Regelung nicht unmittelbar anwendbar, lässt sich ihre Anwendung auch nicht im Weg der unionsrechtskonformen Interpretation erreichen, wenn sich dieses Ergebnis bei Auslegung des nationalen Rechts nicht erzielen lässt. Das Unionsrecht fordert keine contra legem Auslegung (VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006). Eine unionsrechtskonforme Auslegung ist aber bei einer Auslegung des nationalen Rechts nicht zu erzielen, weil der Gesetzgeber ein zusätzliches, so in der AIFMD nicht vorgesehenes Wort, eingefügt hat. Daran ändert auch nichts, dass der Gesetzgeber ausweislich der Materialien grundsätzlich mit der Einführung des AIFMG die AIFMD umsetzen wollte (ErläutRV 2401 BlgNR, 24. GP, 12). Entgegen den Ausführungen in den Erläuterungen werden nämlich nicht nur die Definitionen des Art. 4 AIFMD übernommen, sondern diese ergänzt. Darüber hinaus ist in den Erläuterungen zum AIFMG ausdrücklich festgehalten, dass „europarechtlich keine generellen Leitlinien vorgegeben werden, wann es sich bei einem verwalteten Vermögen um einen AIF handelt“ (ErläutRV 2401 BlgNR, 24. GP, 12). Der Gesetzgeber war sich damit der Unvollständigkeit der unionsrechtlichen Regelungen durchaus bewusst, sodass auch die Annahme gerechtfertigt ist, dass er (zumindest) teils andere Definitionen wählte. Darüber hinaus hat der Richtliniengesetzgeber in Erwägungsgrund 10 ausdrücklich festgehalten: „Diese Richtlinie enthält keine Regelung für AIF. Die Regelung für AIF und ihre Beaufsichtigung sollten daher weiterhin auf nationaler Ebene erfolgen.“ Diese Erwägung spricht gegen die Annahme einer Unionsrechtswidrigkeit. Dass innerhalb der Union unterschiedliche Definitionen eines AIF existieren, zeigt etwa auch die von der BF erwähnte deutsche Regelung in § 1 Abs. 1 dKAGB, die Unternehmen „außerhalb des Finanzsektors“ ausnimmt.

Dass das eingesammelte Kapital aber entsprechend dem Kapitalmarktprospekt tatsächlich der direkten operativen Unternehmensfinanzierung diente, wurde von der FMA nicht in Zweifel gezogen, sondern vielmehr betont (siehe dazu auch S.7 des Straferkenntnisses zu 2266457-1). Dementsprechend ist der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Z 1 lit. a AIFMG erfüllt und das AIFMG auf die Gesellschaft nicht anzuwenden.

Aus diesem Grund ist der Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1. bis 3. stattzugeben. Zu den Anträgen in der Beschwerde, der FMA die Kundmachung auf der Internetseite und im Amtsblatt der Wiener Zeitung aufzutragen ist auszuführen, dass eine solche Anordnung in den Spruch nicht aufgenommen werden kann, weil dem Verwaltungsgericht gegenüber der FMA keine Weisungsbefugnis zukommt. Die Verpflichtung zur Veröffentlichung ergibt sich aber aus § 28 Abs. 5 VwGVG (VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026).

Da nunmehr inhaltlich über die Beschwerde entschieden worden ist, verliert die BF ihr rechtliches Interesse an einer aufschiebenden Wirkung. Es braucht daher über die Zulässigkeit und Begründetheit des diesbezüglichen Antrags nicht (mehr) gesondert entschieden zu werden (VwGH 05.01.2022, Ra 2021/03/0313).

IV.1.2. Zu Spruchpunkt II.

Die BF begehrte Akteneinsicht in das Verfahren FMA-UB0001.300/0004-BUG/2019. Die FMA gewährte ihr Akteneinsicht nur in die ON 1, 2, 4-6, 17 und 19. Der weitergehende Antrag der BF, ihr vollumfänglich Akteneinsicht zu gewähren, wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass zwischen den Parteien zu Recht nicht strittig ist, dass die BF auch in diesem Verfahren Partei oder zumindest Beteiligte im Sinne des § 8 AVG ist und ihr daher grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht nach § 17 AVG zukommt. Nach Abs. 3 leg.cit. sind von der Akteneinsicht Aktenbestandteile nur ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

Die FMA begründet die Ausnahme der ON 3 damit, dass berechtigte Interessen Dritter beeinträchtigt werden würden, weil darin die Zusammenarbeit eines Vermittlers mit einer Reihe weiterer Unternehmen, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien, dargestellt werde. Die ON 7 bis 16 und 18 seien von der Akteneinsicht ausgenommen worden, weil diese die Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden beinhalte und eine Einsichtnahme den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

Damit ist die FMA teilweise im Recht: Die ON 3 beinhaltet die Zuführung von Geschäftspartner an die BF aber auch an zahlreiche andere Unternehmer. Außerdem ist darin das Geschäftsmodell eines Unternehmens beschrieben. Insoweit erfolgte die Ausnahme von der Akteneinsicht daher zu Recht. Auch hinsichtlich eines Aktenvermerks, dem auch Inhaltliches in der Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden zu entnehmen ist (ON 14), wurde die Einsicht zu Recht verweigert.

Zu Unrecht wurde der BF dagegen in die anderen Ordnungsnummern (mit Ausnahme der ON 14) die Akteneinsicht verwehrt. Wie oben bereits ausgeführt stützt sich die FMA dabei darauf, dass eine Einsicht den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde. Um diese Ausnahme zu erfüllen müssen der Einsichtnahme also öffentliche Interessen entgegenstehen. Als Grund für die Einsichtsverweigerung kommt daher etwa eine Beeinträchtigung der Aufgaben der Staatspolizei durch Preisgabe von Informationsquellen oder eine Beeinträchtigung des Zwecks eines Verwaltungsstrafverfahrens dadurch in Betracht, dass der Einsicht nehmende Beschuldigte vorzeitig über Verdachtsmomente oder Beweismittel informiert würde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 17, Rz 10). Keiner dieser oder ein ähnlicher Grund liegt hier vor.

Eine Ausnahme dazu stellt die ON 14 dar: hier wird Inhaltliches zum Strafverfahren ausgeführt, das den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen könnte.

Ansonsten handelt es sich im Wesentlichen es sich nur um Aktenvermerke der FMA über Gespräche mit den verfahrensführenden Staatsanwaltschaften, ohne dass inhaltlich zu den Verfahren ausgeführt wird (ON 9, 10, 12, 13, 15, 16, 18). Es ist bei diesen Schriftstücken nicht ersichtlich, wie durch eine Einsichtnahme in diese Dokumente der Zweck irgendeines Verfahrens beeinträchtigt werden sollte. Gleiches gilt auch für die Amtshilfeersuchen. In diesen wird nur sehr grob der Sachverhalt geschildert und ausgeführt, dass gegen den Geschäftsführer geprüft werde, ob er eine Verwaltungsübertretung nach § 60 Abs. 1 Z 1 AIFMG begangen habe (ON 8, 11). Diesem Verdacht liegt aber derselbe Sachverhalt zugrunde wie im gegenständlichen Verfahren. Da dieses zumindest erstinstanzlich bereits abgeschlossen ist, kann damit kein Zweck eines Verfahrens gegen die BF gefährdet sein. Auch der Zweck eines (allfälligen) Verfahrens gegen den Geschäftsführer kann durch eine Einsichtnahme nicht beeinträchtigt werden, weil dieser im gerichtlichen Strafverfahren sobald als möglich über das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren informiert werden muss (§ 50 Abs. 1 StPO). Auch das verwaltungsrechtliche Strafverfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer kann nicht beeinträchtigt werden, weil diesem aufgrund des Untersagungsverfahrens gegenüber seiner Gesellschaft ohnehin der Sachverhalt bekannt ist. Hinsichtlich der ON 7 handelt es sich lediglich um Mitteilungen über Rückabtretungen an andere Staatsanwaltschaften.

Die Verweigerung der Akteneinsicht erfolgte damit hinsichtlich der ON 7 bis 13 und 16 und 18 zu Unrecht, sodass der Beschwerde insofern stattzugeben war. Das hat gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG zur Folge, dass die FMA der BF auch insoweit die Akteneinsicht zu ermöglichen hat.

IV.2. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Regelungen des § 2 Abs. 1 Z 1 AIFMG sind klar und eindeutig, weswegen die Revision nicht zulässig ist und zwar selbst dann nicht, wenn zur anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (VwGH 20.10.2022, Ra 2022/06/0226).

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