JudikaturBVwG

W116 2273483-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2023

Spruch

W116 2273483-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Zöllner Zöllner Rechtsanwälte GesbR, gegen den Einleitungsbeschluss der Bundesdisziplinarbehörde Wien vom 02.05.2023, GZ: 2023-0.269.535, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer (BF) steht als Beamter der Verwendungsgruppe PT 5 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er befindet sich seit 07.03.1988 als Paketzusteller im Postdienst und wird seit 01.08.2009 im XXXX , in XXXX im XXXX verwendet.

2. Mit Schreiben vom 03.04.2023 erstattete das Personalamt Wien der österreichischen Post AG als Dienstbehörde eine Disziplinaranzeige gegen den BF. Darin wurde ihm zum Vorwurf gemacht, an konkret genannten Tagen, die beiden namentlich genannten Lehrlinge, in der Großkundenannahme (GKA), im XXXX der Österreichischen Post AG, in XXXX , wiederholt durch Worte sexuell belästigt zu haben, indem er

1. Li.Ma. fragte, ob sie müde sei und auf deren Bejahen entgegnete „kein Wunder, wenn du bei deinem Freund geschlafen hast“.

2. zu Li.Ma. sagte, dass sie für ihren Freund kochen, putzen, die Wäsche waschen und bügeln müsse. Zudem müsse sie hochdeutsch sprechen, da sie sonst nicht weiblich sei.

3. an einem der insgesamt drei näher angeführten Tage der Zusammenarbeit der Le.Mi. Komplimente zu deren Sommersprossen machte und sagte „Frauen sollen keinen Dialekt sprechen, das ist unweiblich.“

4. zu Le.Mi. sagte „Frauen sollen große Brüste haben, weil das sonst unweiblich aussieht.“ Darüber hinaus wird er beschuldigt, gegenüber Li.Ma. rassistische Äußerungen getätigt zu haben, indem er

5. am näher genannten Tag Li.Ma. fragte, ob diese „eh reine Österreicherin“ sei. Zudem sagte er, die Kolleginnen mit Kopftüchern seien „dumm“ und „können nichts“ aber seien „eh alle lieb.“ Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Anschuldigungen gegen den BF auf eine Zusammenfassung der Gespräche mit Li.Ma. und Le.Mi. am 24. bzw. 25.01.2023, die niederschriftlichen Einvernahmen vom 20.02.2023 mit der Zeugin Li.Ma., die während der Einvernahme von Li.Ma. durch Herrn Ge.Ze. dargelegten Dienstaufzeichnungen der Zeugin und aus der niederschriftlichen Einvernahme vom 16.02.2023 mit der Zeugin Le.Mi., der niederschriftlichen Einvernahme des Beschuldigten durch den Erhebungsdienst Wien 106 vom 09.02.2023, sowie den am 21.03.2023 bei der Dienstbehörde eingelangten Aufzeichnungen zur Diensteinteilung der Le.Mi. stützen würden. Le.Mi. habe bei ihrer Einvernahme angegeben, dass sie bei beiden Äußerungen (Sommersprossen, Dialekt) alleine mit dem Beschuldigten gewesen sei. Im zweiten Lehrjahr sei für sie sehr unangenehm gewesen. Es habe in den ersten beiden Lehrjahren Momente gegeben, in welchen ihr der Beschuldigte auf ca. 30 cm nahegekommen sei. Dies sei immer bei Gesprächen gewesen. Sie sei dabei immer einen Schritt zurückgegangen. Im ersten Lehrjahr sei er ihr danach ein paar Mal wieder ein bisschen nähergekommen. Die Aussage des BF bei seiner Einvernahme am 09.02.2023, wonach er immer eine angemessene Distanz halten würde und sich nicht erinnern könnte, dass er Lehrlingen zu nahegekommen sei bzw. dass ein Lehrling zurückweichen habe müssen, habe die Zeugin als falsch bezeichnet. Li.Ma. habe bei ihrer Einvernahme am 20.02.2023 ebenfalls von näher angeführten Aussagen des BF und von Vorfällen berichtet, wo der BF ihr näher gekommen und letztlich ca. 10 bis 15 cm vor ihr gestanden sei. Als sie zurückgewichen sei, habe er sich rund sechs Meter von ihr entfernt. Der BF habe bei seiner Einvernahme dagegen betont, dass ihm die Brustgröße bei Frauen nicht wichtig sei, es würden ihm große und kleine Brüste gefallen. Lehrlinge würden ihn nicht interessieren, er sei zu alt für sie. Es könnte aber sein, dass Lehrlinge frauenfeindliche Witze, die bei Rauchpausen unter männlichen Kollegen erzählt werden, gehört hätten. Er habe Lehrlinge schon auch beispielsweise angeführte, private Dinge gefragt, und immer wieder positive Rückmeldungen erhalten, dass sie bei seiner Ausbildung etwas lernen. Sollten sich Lehrlinge von ihm sexuell, frauenfeindlich oder diskriminiert behandelt gefühlt haben, könnte dies nur unabsichtlich vorgefallen sein. Er habe niemanden in irgendeiner Form nahetreten wollen. Nach Zitat der Bestimmungen zur sexuellen Belästigung und zur Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bzw. der Definition eines zur sexuellen Sphäre gehörenden Verhaltens wird von in der Disziplinaranzeige im Wesentlichen ausgeführt, dass die obgenannten Äußerungen des Beamten gegenüber den beiden weiblichen Mitarbeiterinnen ein Ausmaß an sexuell orientierten Verhaltensweisen erreichen würden, welche – insbesondere unter Berücksichtigung des vom Beamten gegenüber den Lehrlingen an den Tag gelegten Gesamtverhaltens – geeignet seien, das zu akzeptierende Maß zu überschreiten. Beide Lehrlinge hätten das vom Beamten gesetzte Verhalten als unerwünscht und unangemessen empfunden. Derartig ungehörigen Annäherungsversuchen müsste im Interesse des Dienstes konsequent entgegengetreten werden, weil anderenfalls ein reibungsloses Zusammenarbeiten aller Bediensteten gefährdet wäre. Bezüglich seiner Aussagen gegenüber Li.Ma. („eh reine Österreicherin“, Kolleginnen mit Kopftüchern) sei aus Sicht der Dienstbehörde ein klar diskriminierendes Verhalten, in concreto eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft, Religion bzw. Weltanschauung zu erkennen. Laut Seite 6 des Verhaltens- und Ethikkodex könnte ein Verstoß dagegen zu Disziplinarmaßnahmen führen. Der BF habe durch sein Verhalten nicht nur gegen § 8 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes und gegen den Verhaltens – und Ethikkodex der Österreichischen Post AG sondern auch gegen die in den §§ 43a, 43 Abs. 1 und 2 und 44 Abs. 1 BDG 1979 enthaltenen Dienstpflichten verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldig gemacht.

3. Mit dem im Spruch genannten Beschluss leitete die belangte Behörde gegen den BF auf Grundlage der Disziplinaranzeige gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren ein, weil er im Verdacht stehe, als Beamter im XXXX (im Original, anonymisiert):

1. die Lehrlinge der Österreichischen Post AG Li.Ma. und Le.Mi. in der Großkundenannahme (GKA) im XXXX wiederholt durch Worte sexuell belästigt zu haben, indem er

a. am 11.01.2023 Li.Ma. fragte, ob sie müde sei und auf deren Bejahen entgegnete „kein Wunder, wenn du bei deinem Freund geschlafen hast";

b. am 11.01.2023 zu Li.Ma. sagte, dass sie für ihren Freund kochen, putzen, die Wäsche waschen und bügeln müsse; zudem müsse sie hochdeutsch sprechen, da sie sonst nicht weiblich sei;

c. an einem der insgesamt drei Tage der Zusammenarbeit (28.06.2021 bzw. 29.06.2021 zwischen 06:00 und 14:00 Uhr oder im zweiten Lehrjahr am 02.09.2022 zwischen 14:00 und 22:00 Uhr) der Le.Mi. Komplimente zu deren Sommersprossen machte und sagte „Frauen sollen keinen Dialekt sprechen, das ist unweiblich";

d. am 02.09.2022 zwischen 14:00 und 22:00 Uhr zu Le.Mi. sagte „Frauen sollen große Brüste haben, weil das sonst unweiblich aussieht";

2. gegenüber Li.Ma. rassistische Äußerungen getätigt zu haben, indem er am 11.01.2023 Li.Ma. fragte, ob diese „eh reine Österreicherin" sei, und sagte, die Kolleginnen mit Kopftüchern seien „dumm" und „können nichts", aber seien „eh alle lieb".

(Der BF) steht im Verdacht, dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 iVm. §§ 8 und 9 B-GIBG sowie §§ 43 Abs. 2, 43a und 44 Abs. 1 BDG 1979 schuldhaft verletzt und damit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 Abs. 1 BDG 1979 begangen zu haben.“

Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aufgrund der vorliegenden Beweismittel im Verdacht stehe, die oben im Spruch näher beschriebenen Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben. Die Verdachtslage gründe sich im Wesentlichen auf die Angaben der betroffenen Lehrlinge gegenüber Mag. Ma.Wi.-Pe. (vgl. Zusammenfassung der Gespräche, als Beilage I zur Disziplinaranzeige) sowie vor der Dienstbehörde (vgl. Niederschrift mit Le.Mi. vom 16.02.2023, als Beilage III sowie mit Li.Ma. vom 20.02.2023, als Beilage IV zur Disziplinaranzeige). Die Verantwortung des Beschuldigten vor der Dienstbehörde (vgl. Niederschrift vom 09.02.2023, als Beilage II zur Disziplinaranzeige) sei im Stadium des Einleitungsbeschlusses nicht geeignet, den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen zu entkräften. Rechtlich wurde nach Darstellung des § 123 BDG 1979 und der dazu einschlägigen Judikatur des VwGH ausgeführt, dass ein ausreichender Verdacht von schuldhaften Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 iVm. §§ 8 und 9 B-GIBG sowie §§ 43 Abs. 2, 43a und 44 Abs. 1 BDG 1979 zu bejahen sei. Offenkundige Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs 1 Z 1 bis 4 BDG 1979 würden nicht vorliegen. Zur Prüfung einer allfälligen Verjährung sei anzumerken, dass sich die Vorfälle zwischen 28.06.2021 und 11.01.2023 ereignet haben sollen und dass die Dienstbehörde am 27.01.2023 davon Kenntnis erlangt habe, weshalb die Verjährungsfristen nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 jedenfalls noch nicht abgelaufen seien.

Das Disziplinarverfahren sei daher einzuleiten gewesen. Die Klärung der Rechts- und Schuldfrage bleibe dem Disziplinarverfahren vorbehalten.

4. Mit Schriftsatz vom 26.05.2023 brachte der BF über seinen bevollmächtigten rechtlichen Vertreter dagegen rechtzeitig eine Beschwerde bei der Bundesdisziplinarbehörde ein, worin der Einleitungsbeschluss seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten wird. Begründend wird unter Anführung zahlreicher Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vorgebacht, dass der BF die inkriminierten Handlungen nicht zu verantworten habe und dass die belangte Behörde angehalten gewesen wäre, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens abzulehnen und das Verfahren zur Einstellung zu bringen. Bereits beim Tatvorwurf würden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bestrafung nicht vorliegen. Der BF habe nämlich kein systematisches, über einen längeren Zeitraum vorliegendes, feindseliges oder demütigendes Verhalten und/oder eine Diskriminierung zu verantworten. Ein objektiver Empfänger seiner Äußerungen, deren Wortlaut ohnehin bestritten würde, könnte sich keinesfalls diskriminiert fühlen. Außerdem würden milieubedingte Unmutsäußerungen nach der ständigen Rechtsprechung keine Strafbarkeit zur Folge haben. Auch sei es zu begrüßen, wenn ein Mitarbeiter auf die Artikulation der Lehrlinge achtet („hochdeutsch sprechen“) bzw. sich nach dem Wohlbefinden eines Lehrlings erkundigt. Li.Ma. könnte sich ebenfalls nicht als diskriminiert erachten, zumal sich die vorgeworfene Äußerung nicht auf deren Herkunft beziehen würde. Es könnte ihm auch deshalb kein Vorwurf gemacht werden, weil er nicht für die Ausbildung von Lehrlingen unterrichtet worden sei (vgl. Dienstbeschreibung). Schließlich habe es die Behörde unterlassen, Feststellungen zu treffen, dass eine räumliche Nähe zwischen Kollegen aufgrund der Ausrichtung des Arbeitsplatzes, sowie der im näheren Umfeld des Arbeitsplatzes befindlichen Gefahrenquellen zeitweise erforderlich sei (vgl. Lichtbildkonvolut, Beilage ./II). Eine allfällige Unterschreitung eines etwaigen Mindestabstandes könnte ihm daher nicht vorgeworfen werden. Aufgrund des verstrichenen Zeitraumes (erstmalige Begehung vermeintlich im Jahr 2021!) sei ersichtlich, dass nicht einmal das vermeintliche Opfer eine Diskriminierung verspürt habe, da es andernfalls bereits zum damaligen Zeitpunkt bei ihrem Vorgesetzten vorgesprochen hätte. Abschließend werden die Einvernahme von vier näher genannten Zeugen zum Beweis, dass der BF selbst Freunde mit ausländischer Herkunft habe, und die Vornahme eines Lokalaugenscheines in Hinblick auf die räumliche Nähe aufgrund des Arbeitsortes beantragt.

5. Mit Schreiben vom 09.06.2023 legte die Bundesdisziplinarbehörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakten zur Entscheidung vor (eingelangt am 14.06.2023).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF steht als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen, wo er seit 01.08.2009 im XXXX im XXXX verwendet wird.

Es besteht ein hinreichend begründeter Verdacht, dass der BF die ihm im Spruch des beschwerdebezogenen Einleitungsbeschlusses zum Vorwurf gemachten Tathandlungen (siehe oben unter Punkt I.3.) tatsächlich begangen hat.

Es besteht darüber hinaus der ausreichend begründete Verdacht, dass der BF mit dem ihm zum Vorwurf gemachten Verhalten schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß §§ 43a, 43 Abs. 1 und 2 sowie 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen und damit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG 1979 begangen hat.

Der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden. Ebenso haben sich keine Anhaltspunkte für das offenkundige Vorliegen von Einstellungsgründen nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der vorgelegten lückenlosen und ausreichend dokumentierten Aktenlage, insbesondere aus der Disziplinaranzeige des Personalamts der Österreichischen Post AG vom 03.04.2023 und den dieser beigelegten Beweismittel, darunter insbesondere die Zusammenfassung der Gespräche mit Li.Ma. und Le.Mi. am 24.01.2023 bzw. am 25.01.2023, die niederschriftlichen Einvernahmen der beiden Zeuginnen am 16.02.2023 bzw. am 20.02.2023 und des Beschuldigten am 09.02.2023.

Die Richtigkeit des von der Disziplinarkommission festgestellten Sachverhalts wird im Übrigen auch vom BF im Wesentlichen nicht bestritten, vielmehr bringt er in der Beschwerde näher genannte Umstände vor, die seiner Auffassung nach geeignet wären, die Rechtswidrigkeit bzw. disziplinarrechtliche Relevanz seines Verhaltens auszuschließen (vgl. Beschwerde vom 26.05.2023: „Der Beschwerdeführer hat kein systematisches, über einen längeren Zeitraum vorliegendes, feindseliges oder demütigendes Verhalten und/oder eine Diskriminierung zu verantworten. Ein objektiver Empfänger der Äußerungen des Beschwerdeführers, deren Wortlaut ohnehin bestritten wird, kann sich keinesfalls diskriminiert fühlen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass milieubedingte Unmutsäußerungen keine Strafbarkeit zur Folge haben.“) bzw. sein Verhalten zu entschuldigen (vgl. Beschwerde vom 26.05.2023: „[…], als der Beschwerdeführer nicht für die Ausbildung von Lehrlingen eigens unterrichtet wurde. […] […], als dem Beschwerdeführer eine allfällige Unterschreitung eines etwaigen Mindestabstandes nicht vorgeworfen werden kann.“). So bestreitet der BF grundsätzlich nicht, dass zumindest einzelne seiner Aussagen gegenüber seinen Kolleginnen unpassend bzw. geeignet gewesen sein könnten, deren menschliche Würde zu verletzen oder sonst diskriminierend zu sein, bzw. kann er offenbar auch nicht völlig ausschließen, dass er seinen Kolleginnen fallweise doch in irgendeiner Form zu nahe getreten ist (vgl. Einvernahme des BF am 09.02.2023: „Sollten sich Lehrlinge von mir sexuell, frauenfeindlich oder diskriminiert behandelt gefühlt haben, war das sicher nicht meine Absicht, es kann nur unabsichtlich wie oben beschrieben vorgefallen sein. Ich werde zukünftig mit meinen Äußerungen bei meinen Kollegen achtgeben, dass keine Lehrlinge anwesend sind, auch werde ich zukünftig mehr Wert auf die Umgangsformen achten. Ich möchte nochmals betonen, dass ich weder einem Lehrling aber auch keinen Kollegen*innen in irgendeiner Form zu nahetreten wollte bzw. möchte. “). Er habe Lehrlinge zwar auch private Dinge gefragt, diesbezüglich aber meist positive Rückmeldungen erhalten (vgl. Einvernahme des BF am 09.02.2023: „[…] viele haben mir gesagt, dass es bei mir ‚leiwond‘ ist.“). Außerdem sei es zu begrüßen, wenn ein Mitarbeiter auf die Artikulation von Lehrlingen achte bzw. sich nach deren Wohlbefinden erkundige. Die Äußerung gegenüber der Zeugin Li.Ma. habe sich nicht auf deren Herkunft bezogen. Schließlich sei der BF für die Ausbildung von Lehrlingen gar nicht geschult worden. Auf diese Argumente wird im Einzelnen im Zuge der rechtlichen Beurteilung bzw. im folgenden Disziplinarverfahren einzugehen sein.

Zu den Einwendungen in der Beschwerde, wonach bei den, dem BF zum Vorwurf gemachten Tathandlungen, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bestrafung nicht vorliegen würden, bzw. dass er die inkriminierte(n) Tat(en) nicht zu verantworten habe, bzw. dass sich ein objektiver Empfänger seiner Äußerungen, deren Wortlaut ohnehin bestritten würde, keinesfalls diskriminiert fühlen würde, sodass keine disziplinär zu ahndenden Dienstpflichtverletzungen vorliegen würden, und zur Feststellung, dass ein ausreichend begründeter Verdacht besteht, dass der BF damit schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2, 43a sowie 44 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen hat, ist auf die folgenden rechtlichen Ausführungen unter Punkt 3. zu verweisen.

Zudem haben sich weder aus dem Akt noch aus dem Beschwerdevorbringen irgendwelche Anhaltspunkte für das Vorliegen offenkundiger Gründe für eine Einstellung des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl 1930/1 (WV) idF. BGBl I 2012/51 (Verwaltungsgerichts-Novelle 2012) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt.

Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid einer Bundesbehörde in einer Angelegenheit der unmittelbaren Bundesverwaltung und wurde rechtzeitig innerhalb der Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG eingebracht. Sie ist damit zulässig.

3.2. Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 3 Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2020 hat das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden, wenn gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung oder der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde oder wenn die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Da hier keine dieser Voraussetzungen zutrifft, ist im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, zu deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde. Darüber hinaus liegen im Hinblick auf den Spruchinhalt auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Gegenstand dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen könnten. So hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 21.04.2015, Zl. 2014/09/0042, im Zusammenhang mit Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG 1979 folgendes ausgeführt:

„Mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art. 6 Abs. 1 MRK getroffen (vgl. E 9. September 2014, Ro 2014/09/0049; E 14. Oktober 2011, 2008/09/0125). Bei der Entscheidung über einen Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG 1979 wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis jedoch noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der den Eintritt der Verjährung verhindert, und eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen.“

Es konnte daher von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchteil A):

3.3.1. Zu der in der Beschwerde geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Bescheides:

Der BF machte in seiner Beschwerde geltend, dass die Disziplinarkommission zu Unrecht festgestellt hätte, dass er mit dem ihm im Spruch des Einleitungsbeschlusses vorgeworfenen Verhalten im Verdacht stehe, schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 91 BDG 1979 begangen zu haben.

3.3.2. Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979 idF. BGBl. I Nr. 153/2020 lauten:

„Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Achtungsvoller Umgang (Mobbingverbot)

§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organ walter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt, 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Bundesdisziplinarbehörde die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Bundesdisziplinarbehörde, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein.“

Die hier maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung im Bereich des Bundes (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz – B-GlBG) lautet:

Sexuelle Belästigung

§ 8. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer im Zusammenhang mit ihrem oder seinem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis

1. von der Vertreterin oder vom Vertreter des Dienstgebers selbst sexuell belästigt wird,

2. durch die Vertreterin oder den Vertreter des Dienstgebers dadurch diskriminiert wird, indem sie oder er es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte eine angemessene Abhilfe zu schaffen oder 3. durch Dritte sexuell belästigt wird.

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und

1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder

2. bei dem der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens einer Vertreterin oder eines Vertreters des Dienstgebers oder einer Kollegin oder eines Kollegen zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Aus- und Weiterbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung über das Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemacht wird.

(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur sexuellen Belästigung einer Person vor.

Diskriminierung als Dienstpflichtverletzung

§ 9. Jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nach den §§ 4, 5, 6 und 7 bis 8a durch eine Bedienstete oder einen Bediensteten verletzt die Verpflichtungen, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben, und ist nach den dienst- und disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen.

3.3.3. Zur Auslegung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

In seiner Entscheidung vom 17.02.2015, Zl. 2014/09/0007, hat der VwGH zum Einleitungsbeschluss weiter Folgendes ausgeführt: Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist aber jedenfalls zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind (§ 118 Abs. 1 BDG 1979). Stellt sich nämlich nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2011 heraus, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahren nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, so darf das Disziplinarverfahren nicht mehr gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 eingestellt werden, in einem solchen Fall ist der Beschuldigte hingegen von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen (vor der Dienstrechts-Novelle 2011 trat diese Wirkung erst nach dem Verhandlungsbeschluss ein: vgl. E 18. Februar 1998, 95/09/0112; E 18. Dezember 2012, 2010/09/0180, dessen Funktion nunmehr vom Einleitungsbeschluss übernommen wird).

Da es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt, muss die darin enthaltene rechtliche Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens noch keine abschließende sein (VwGH vom 31.01.2001, Zl. 2000/09/0144).

Die Begründung des Einleitungsbeschlusses ist auf die Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Darlegung der für die getroffene Entscheidung im jeweiligen Gegenstand maßgeblichen Gründe beschränkt; beim Einleitungsbeschluss geht es um die Frage, ob in Bezug auf einen konkret umschriebenen Sachverhalt ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung gegeben ist, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für die sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (VwGH vom 01.07.1998, Zl. 97/09/0095 mit Hinweis auf E 25.6.1992, 91/09/0190).

Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).

3.3.4. Zur Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt:

Auf Grundlage des in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde dargestellten und durch entsprechende Beweismittel gestützten Sachverhalts, kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass die belangte Behörde deswegen ein Disziplinarverfahren gegen den BF eingeleitet hat. Wie sich aus den oben zitierten Gesetzesstellen im Hinblick auf die dem BF zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen unmissverständlich ergibt, haben Vorgesetzte und Mitarbeiter anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und gegenüber diesen Verhaltensweisen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder sonst diskriminierend sind (§ 43a BDG 1979) bzw. sind Beamte verpflichtet, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43. Abs. 1 BDG 1979), in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 leg.cit.) sowie ihre Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Zeugenaussagen besteht der begründete Verdacht, dass der BF die ihm zum Vorwurf gemachten Tathandlungen gesetzt und damit auch schuldhaft gegen die oben angeführten Dienstpflichten verstoßen hat. Denn es ist jedenfalls anzuzweifeln, dass ein solches Verhalten der vom Gesetz geforderten notwendigen Achtung im Umgang mit MitarbeiterInnen entspricht. Ebenso ist es durchaus nachvollziehbar, wenn Aussagen, wie sie dem Beschwerdeführer hier Vorwurf gemacht werden, von jungen Mitarbeiterinnen als sexuelle Belästigung bzw. Diskriminierung aufgefasst werden, weshalb solche Aussagen an der Dienststelle jedenfalls unangebracht sind. Die beiden Zeuginnen habe in ihren Aussagen schlüssig und lebensnah dargelegt, dass sie diese als unerwünscht und unangemessen empfunden haben (vgl. zeugenschaftliche Einvernahme von Le.Mi. am 16.02.2023: „Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte, ich habe einfach nichts darauf gesagt. Für mich war das sehr unangenehm. […] Da hat er aber keine Anspielungen gemacht, er ist einfach nur ein bisschen näher gekommen. Ich fand das einfach aufdringlich, hatte ein unwohles Gefühl.“, zeugenschaftliche Einvernahme von Li.Ma. am 20.02.2023: „Da dachte ich mir noch vielleicht weiß er es halt nicht besser, manche Menschen wissen nicht welchen Abstand man halten soll. […] Ich glaube er hat es mal irgendwo mitgehört als ich mit den Kolleginnen geredet habe, dass ich einen Freund habe.“). Bezüglich der Aussagen, dass der BF den Zeuginnen fallweise auch körperlich sehr gekommen sei, kann eine weitere Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Rechtfertigungen des Beschwerdeführers schon deshalb unterbleiben, weil ihm dies im beschwerdegegenständlichen Einleitungsbeschluss nicht zum Vorwurf gemacht wurde.

Es kann vor dem Hintergrund der vorliegenden Beweismittel jedenfalls in diesem Verfahrensstadium noch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der BF die ihm angelasteten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich begangen hat. Weder liegen konkrete Gründe oder Umstände vor, welche die beiden Zeuginnen bzw. deren zeugenschaftlichen Aussagen bereits im Vorhinein unglaubwürdig, zweifelhaft oder böswillig erscheinen ließen. Die oben dargestellten Einwände des Beschwerdeführers sind insgesamt nicht geeignet, den gegen ihn bestehenden Verdacht bereits im Vorfeld restlos auszuräumen. Es liegt damit der ausreichend begründete Verdacht vor, dass der Beschwerdeführer die genannten Dienstpflichten tatsächlich verletzt haben könnte.

Zusammengefasst haben sich weder aus den vorliegenden Akten noch aus dem Beschwerdevorbringen konkrete Anhaltspunkte für das offenkundige Vorliegen von Einstellungsgründen gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben. Die vom BF ins Treffen geführten Umstände, welche nach seiner Auffassung eine Rechtfertigung bzw. Entschuldigung des ihm vorgeworfenen Verhaltens darstellen bzw. eine disziplinarrechtliche Strafwürdigkeit ausschließen würden, werden von der Bundesdisziplinarbehörde im Rahmen des nun weiter zu führenden Disziplinarverfahrens in einer mündlichen Verhandlung entsprechend zu erheben und zu würdigen sein (vgl. VwGH vom 05.07.1993, 91/10/0130 und vom 21.06.2000, 97/09/0143).

Der von der belangten Behörde verfügte Einleitungsbeschluss betreffend Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen im Verdachtsbereich ist zu Recht erfolgt, weshalb die Beschwerde letztlich als unbegründet abzuweisen war.

3.4. Zu Spruchteil B): Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen würde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben umfassend dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich zudem auf den konkreten Fall.

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