Spruch
W266 2256719-2/16E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Andreas KARWAS und Mag. Wolfgang SCHIELER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RA Dr. Ingo RIß, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Arbeitsmarktservice Wien Währinger Gürtel vom 31.03.2022 nach Beschwerdevorentscheidung vom 08.06.2022, GZ: XXXX , betreffend Einstellung der Notstandshilfe ab dem 31.03.2022, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit einer als Bescheid benannten Erledigung des Arbeitsmarktservice Wien Währinger Gürtel (AMS oder belangte Behörde) vom 31.03.2022 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin (BF) für die Zeit ab dem 31.03.2022 keine Notstandshilfe erhalte.
Die Erledigung wurde elektronisch erstellt. Sie weist sowohl auf der im Verwaltungsakt enthaltenen Version als auch auf der an die BF ergangenen Ausfertigung die folgende Fertigung auf:
„Für den Leiter/die Leiterin
[Vor- und Nachname der/des Genehmigenden]“
Weder die im Akt enthaltene Version der Erledigung noch die an den Beschwerdeführer ergangene Ausfertigung weisen eine Unterschrift des Genehmigenden, eine Beglaubigung der Kanzlei oder eine Amtssignatur auf.
Die BF erhob gegen diese Erledigung Beschwerde, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.06.2022 abgewiesen wurde.
Daraufhin beantragte die BF, die Beschwerde dem Bundesveraltungsgericht vorzulegen.
Die Beschwerde samt bezugnehmendem Akt langten am 27.07.2022 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Beschluss vom 18.01.2023 wurde gemäß Art. 140 Abs. 1 lit. a iVm Art. 135 Abs. 4 sowie Art. 89 Abs. 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, den fünften Satz des § 47 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 - AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2017 („Ausfertigungen, die im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung erstellt wurden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.“), als verfassungswidrig aufzuheben.
In seinem Erkenntnis vom 09.03.2023, G 295/2022 ua., sprach der VfGH aus:
„I. § 47 Abs. 1 fünfter Satz des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609/1977, idF BGBl. I Nr. 38/2017 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. März 2024 in Kraft.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
IV. Die aufgehobene Bestimmung ist in den am 9. März 2023 beim Verwaltungsgerichtshof und beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.
V. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.“
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und dem zitierten Erkenntnis des VfGH und ist soweit verfahrensgegenständlich unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Anzuwendendes Recht:
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden gegen Bescheide (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG).
§ 18 AVG lautet:
„§ 18.
(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
[…]“
Daraus folgt im Gegenstand:
Da die als Bescheid bezeichnete Erledigung des AMS vom 31.03.2022, wie festgestellt, weder auf der nach außen ergangenen Ausfertigung noch auf dem im Akt einliegenden Exemplar eine Amtssignatur, eine Unterschrift der Genehmigenden oder eine Beglaubigung der Kanzlei aufweist, ist - da die Bestimmung des § 47 Abs. 1 fünfter Satz AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. I Nr. 38/2017 als verfassungswidrig aufgehoben wurde und im gegenständlichen Anlassfall nicht anzuwenden ist - der von der belangten Behörde damit intendierte Bescheid als nicht erlassen anzusehen (vgl. VwGH 28.2.2018, Ra 2015/06/0125; 22.4.2021, Ra 2020/18/0442).
Wird ein Bescheid nicht rechtswirksam erlassen, liegt kein tauglicher Anfechtungsgegenstand für eine Beschwerde vor (vgl. VwGH 27.04.2011, 2008/23/1027; 15.03.2018, Ra 2017/21/0254).
Es war daher die Beschwerde spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen, wobei, wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, ausgesprochen hat, der Beschluss an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt und eine Aufhebung derselben daher nicht erforderlich ist.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.