Spruch
W265 2264159-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 25.10.2022, betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist seit 12.03.2018 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. und darüber hinaus verfügt er seit 27.04.2021 über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“.
In dem von der belangten Behörde im Rahmen der Überprüfung eines früheren Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses eingeholten Vorgutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 29.05.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.05.2018, stellte der Sachverständige beim Beschwerdeführer „Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen fortgeschrittenen Grades“, „leichtes Asthma bronchiale ab dem vollendeten 18. Lebensjahr“ und „Affektive Störungen; Manische, depressive und bipolare Störungen leichten Grades“ als Dauerzustand und einen Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. fest.
In dem von der belangten Behörde im Rahmen der Überprüfung des Antrages auf Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ eingeholten Vorgutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Innere Medizin vom 26.04.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 26.04.2021, stellte der Sachverständige eine Verschlechterung der „degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit peripherer neuropathischer Beschwerdesymptomatik“ und der „psychischen Situation“ fest.
Am 20.05.2022 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und schloss eine Reihe von medizinischen Befunden an.
Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein.
In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung vom 02.08.2022 erstatteten Gutachten vom 23.08.2022 des Arztes für Allgemeinmedizin wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:
„Anamnese:
Bezüglich der Anamnese darf auf ein Vorgutachten aus dem Mai 2018 sowie dem April 2021 hingewiesen werden. Aktuell habe er ein Problem mit der Impfung und es bestünde ein Verfahren nach dem Impfschadengesetz. Die Symptomatik sei 3 Tage nach der Impfung aufgetreten.
Derzeitige Beschwerden:
Er leide unter Tagesmüdigkeit, Muskelschmerzen, Müdigkeit, er sei eigentlich immer fertig. Er lebe eigentlich in einer Trance, wie wenn er Strom täglich durch den Körper bekomme. Den ganzen Winter hätte er alle Ärzte besucht, damit man andere Dinge als Ursache für seine Störung ausschließen könne. Er sei nicht nur der Meinung, dass die Beschwerden von der Impfung sind, er sei sich da ganz sicher, da gebe es keinerlei Zweifel, dass die Beschwerden und alle seine Leiden auf einen Impfschaden zurückzuführen sind. Das Kreuzleiden und das andere zähle er gar nicht mehr mit.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Keine Liste
Sozialanamnese:
57-jähriger Antragsteller, vor 30 Jahren geschieden, 2 Kinder (Zwillinge mit 16 Jahren). Schulbildung: 4 Klassen Volksschule, 4 Klassen Hauptschule, Steinmetzlehre abgeschlossen. Zum 6. Mal Antrag auf Invaliditätspension. Führerschein vorhanden, Auto hätte er keines.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Allgemeinmedizinisches Gutachten mit Untersuchung vom 29.05.2018:
1) Generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates, generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen fortgeschrittenen Grades. Degenerative Veränderungen mit schmerzhafter, steifer Beweglichkeitseinschränkung der Wirbelsäule sowie der großen Gelenke, analgetische Dauertherapie, kein sensomotorisches Defizit. 02.02.03. 50%
2) Asthma bronchiale ab dem vollendeten 18. Lebensjahr Oberer Rahmensatz, da inhalative Dauer- und Bedarfsmedikation, Atemnot bei körperlicher Belastung. Berücksichtigt Z.n. Pulmonalembolie, orale Antikoagulation. 06.05.02. 40%
3) Affektive Störung, manische, depressive und bipolare Störungen, depressive Störung-Dysthymie – leichten Grades, Manische Störung – Hypomanie – leichten Grades. Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da orale Dauertherapie, soziale Integration erhalten. 03.06.01. 20%
Gesamtgrad: 60 v.H.
Allgemein medizinisches Sachverständigengutachten mit Untersuchung vom 26.4.2021:
1) Generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates, generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen fortgeschrittenen Grades.
2) Asthma bronchiale ab dem 18. Lebensjahr, leichtes Asthma.
3) Affektive Störung, manische, depressive und bipolare Störungen, depressive Störung mittleren Grades, manische Störung mittleren Grades.
Die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist gegeben. Er ist im Alltag mit einer Gehhilfe links über kurze Strecken mobil, der maximale Bewegungsradius beträgt etwa 100-150 m, danach starke nach peripher ausstrahlende Schmerzen, welche ihn zu einer Pause zwingen. Zudem liegt derzeit eine maßgebliche psychische Beeinträchtigung vor, die sozialen Kontakte sind eingeengt
Befundbericht vom 4.11.2021: Nicht lesbar. Gering bis mittelgradige Strukturalteration intrazerebral v.a. im Marklager im Bereich der Großhirnhemisphären in erster Linie mikroangiopathisch. Pinealiszyste.
Internistischer Befund vom 2.11.2021 nicht lesbar
Befundbericht vom 8.11.2021 nicht lesbar
Spirometrie vom 5.11.2021.
Schädel-MRT vom 5.11.2021: Gering bis mittelgradige Strukturalteration intrazerebral im Sinne einer Mikroangiopathie. 11 mm große Pinealiszyste.
Laborbefund vom 27.1.2022
Myokardszintigrafie vom 19.1.2022: V.a. irreversible Perfusionsstörung im posterolateralen Segment. Eine relevante belastungsinduzierte Ischämie findet sich kein sicherer Nachweis.
Herz CT vom 15.2.2022: Mäßiggradige Koronarsklerose in der LAD mit einem Stenosegrad von 25% und einer einzelnen Stenose von 25-50%.
Labor vom 9.3.2022
MRT der LWS vom 23. 03.2022: Foramenstenose und nur Nervenwurzelreizung L5 bds. Mäßig ausgeprägte Protrusionen und Spinalkanalstenose ohne Nervenwurzelirritation.
Szintigrafie Befund vom 4.3.2022: Kein Hinweis auf rezentes pulmonalembolisches Ereignis.
Neuropsychiatrischer Befundbericht vom 25.3.2022: Diagnose: Zunehmende soziale Phobien mit Panikattacken, allogene Depression, chronische Lumboischialgie, Foramenstenosen L5/S1 bds., multisegmentale lumbale Stenosen-absolut L3/4, L4/5 und relativer L5/1, peronaeus-und tibialis Parese links, Z.n. CMV Infektion mit persistierender Fatigue 2007, Anticardiolipin Antikörper positiv.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: Gut
Harn und Stuhl unauffällig, Nikotin und Alkohol negiert.
Ernährungszustand: Adipositas
Größe: 174,00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput: bland
Collum: bland, Schilddrüse o.B.
Cor: HT rein, rhythmisch, normofrequent
Thorax: unauffällig
Pulmo: VA, sonorer Klopfschall
Abdomen: Hepar und Milz n.p., keine Defence oder Druckdolenz.
OE: Schulter-, Ellenbogen, Handgelenke und Finger frei beweglich, Faustschluss bds möglich.
Wirbelsäule: im Lot, FBA 50cm, SN und RT bland, Lasegue negativ, Zehen- und Fersengang sei links nicht möglich, Beine können von der UL gehoben werden. Einbeinstand sei links nicht möglich.
Hüftgelenke: bds bland
Kniegelenke: bds bland
Sprunggelenke: Flexion/Extension normal, keine Schwellung
Haut: keine Auffälligkeiten
Neurologisch: grob unauffällig
Sonstiges: keine Auffälligkeiten
Gesamtmobilität – Gangbild:
Der Antragsteller ist in gutem AZ und adipösen EZ, kommt sauber und adäquat gekleidet pünktlich in Begleitung zur Untersuchung, keine Einschränkung der Mobilität. Gangbild durchaus sicher, raumgreifend, Stock als Gehhilfe.
Status Psychicus:
Voll orientiert, Antrieb leicht gesteigert, Affizierbarkeit lediglich im neg. Bereich, ausbreitend, fordernd. Stimmung gespannt, klagend. Hinweise für Persönlichkeitsakzentuierung, Somatisierungstendenzen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 bis 4 nicht erhöht, da keine wechselseitige negative Leidensbeeinflussung besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Angabe eines Impfschadens. Kein diesbezüglicher Befund vorliegend.
Schädel-MRT vom 5.11.2021: Gering bis mittelgradige Strukturalteration intrazerebral im Sinne einer Mikroangiopathie. 11 mm große Pinealiszyste - keine Funktionsstörung ableitbar.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zu dem Vorgutachten aus dem Mai 2018 bzw. April 2021 ist bezüglich Leiden 1 eine Besserung der Einschränkungen aus dem aktuellen Status ableitbar. Im MRT der LWS vom 23.03.2022 zeigen sich lediglich degenerative Veränderung ohne maßgebliche Pathologie, in der Untersuchung wird ein wechselhafter Status präsentiert. Leiden 1 wird um eine Stufe reduziert. Bezüglich Leiden 2 (Asthma) werden in der letzten Lungenfunktion die Lungenfunktionsparameter im Normbereich beschrieben, als Diagnose ein Schlafapnoesyndrom bei Rückenlagen angeführt. Bezüglich Leiden 3 bestehen im Längsschnitt wie in der aktuellen Querschnittsuntersuchung Hinweise auf eine Persönlichkeitsakzentuierung und Somatisierungsstörung. Eine erhebliche affektive Störung ist nicht abgrenzbar. Ergänzt wurde Leiden 4 (leichte Koronarsklerose)
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Da Leiden 1 um eine Stufe reduziert wurde, Leiden 2 Leiden 1 nicht mehr erhöht, Leiden 3 gleichgeblieben ist und das neue Leiden 4 Leiden 1 nicht erhöht, besteht ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H..
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Keine. Aus der aktuellen Querschnittsuntersuchung und den vorliegenden Befunden ist keine erhebliche Einschränkung der Mobilität oder der körperlichen Belastbarkeit mehr ableitbar. Die Verwendung von Hilfsmittel wie geeignetes Schuhwerk und Walkingstöcke ist möglich. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind dem Antragsteller zumutbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? Nein
…“
Mit Schreiben vom 23.08.2022 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Da der Gesamtgrad weniger als 50 v.H. betrage, würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses und eines Parkausweises nicht mehr vorliegen.
Mit Schreiben vom 08.09.2022, eingegangen am 09.09.2022, gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab und führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Untersuchung sehr kurz abgelaufen sei. Der Sachverständige habe ein paar Fragen gestellt, dann hätte sich der Beschwerdeführer hinlegen müssen und beide Füße nacheinander heben müssen, wobei er beim linken Fuß dazu gesagt habe, dass ihm sein Kreuz wehtun würde. Danach hätte er ca. 1,5 Meter gehen sollen, was ihm mit Unterstützung durch eine Gehhilfe schwergefallen sei. Die Untersuchungen, wie im Gutachten dargestellt, hätten nicht stattgefunden. Seine körperlichen Einschränkungen hätten sich verschlechtert. Er legte weitere medizinische Unterlagen vor.
Die belangte Behörde holte aufgrund der Vorbringen des Beschwerdeführers eine Stellungnahme des Sachverständigen vom 24.10.2022 ein, in welcher dieser Folgendes ausführte:
„Antwort(en):
Stellungnahme zu den Einwendungen des AS vom 8. September 2022: Es werden folgende Befunde vorgelegt: MRT der Lendenwirbelsäule vom 23.3.2022 (war bei der Untersuchung am 02.08.2022 schon vorliegend und ist berücksichtigt worden). Neuropsychiatrischer Befundbericht vom 25.3.2022 (war bei der Untersuchung am 02.08.2022 schon vorliegend und ist berücksichtigt worden). Handschriftliche Medikamentenliste vermutlich vom Antragsteller ohne Datum. Der Antragsteller hatte ausreichend Gelegenheit, seine Beschwerden darzulegen. Insgesamt beinhaltet das nachgereichte Schreiben keine neuerlichen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht berücksichtigter, behinderungswirksamer Gesundheitsschäden. Die vom Antragsteller eingebrachten Angaben sind bei der Untersuchung berichtet und in das aktuelle Gutachten aufgenommen worden. Es besteht ein hoher Leidensdruck. Die im aktuellen medizinischen Status objektivierten Einschränkungen wurden in der Auswahl der Positionsnummern und des entsprechenden Rahmensatzes ausreichend abgebildet und führen zu keiner Erweiterung. Es werden keine neuen Befunde vorgelegt. In Beziehung zum Gesamtgrad der Behinderung bzw. im Hinblick auf die Unzumutbarkeit ergibt sich keine Änderung.“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.10.2022 setzte die belangte Behörde den Grad der Behinderung mit 40 v.H. neu fest. Im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten eingeholt worden, nach welchem der Grad der Behinderung 40 v. H. betrage. Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 23.08.2022 Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Die vorgebrachten Einwendungen hätten keine Änderung der ursprünglichen Entscheidung erwirken können. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Gutachten vom 23.08.2022 und die Stellungnahme vom 24.10.2022 übermittelt.
Mit Schreiben vom 07.12.2022 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass er einen Gehstock bzw. an schlechten Tagen einen Rollator benötige und maximal 100 bis 150 Meter ohne starke Schmerzen gehen könne. Er leide auch unter Atemnot aufgrund einer COVID-19 Impfung. Seine Söhne müssten ihm bei der Erledigung der Alltagstätigkeiten helfen. Sein Gesamtzustand sowie seine Mobilität habe sich nicht geändert.
Mit Schreiben vom 15.12.2022 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo diese am selben Tag einlangten.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.12.2022 wurde dem Beschwerdeführer ein Mängelbehebungsauftrag übermittelt. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte den Auftrag, dass die Mängel in der Beschwerde vom 07.12.2022 (Bezeichnung des Bescheides und der belangten Behörde, Angaben des Datums des Erhalts des Bescheides, einen begründeten Beschwerdeantrag und eine allfällige Vorlage neuer Befunde) bis längstens 11.01.2023, beim Bundesverwaltungsgericht einlangend, zu verbessern seien.
Mit Schreiben vom 03.01.2023, eingelangt am 10.01.2023, kam der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag nach und führte des Weiteren aus, dass es für ihn nicht nachvollziehbar sei, dass seine Stellungnahme vom 08.09.2022 von demselben Gutachter neuerlich begutachtet worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zum Mängelbehebungsauftrag:
Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) genannten Inhaltserfordernissen und ist deren Behebung notwendig, sind die Mängel gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (in der Folge AVG) zu verbessern. Wird der Mangel rechtzeitig, daher innerhalb der vorgegebenen Frist, behoben, gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Zu Spruchteil A)
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Der Beschwerdeführer leidet unter anderem auch an psychischen/psychiatrischen Erkrankungen, welche von einem Arzt für Allgemeinmedizin beurteilt wurden.
Der Sachverständige für Allgemeinmedizin stellte in seinem Gutachten vom 23.08.2022, welches auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.08.2022 basiert, „Angst und eine depressive Störung, gemischt“ eine „Persönlichkeitsakzentuierung“ und eine „Somatisierungsstörung“ fest und schätzte diese unter der Positionsnummer 03.06.01 eine Stufe über dem unteren Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. ein, da eine Dauermedikation, aber kein psychotherapeutisches, stationäres, ambulantes oder rehabilitatives Setting erforderlich sei. Dazu verwies er darauf, dass im Längsschnitt in der aktuellen Querschnittsuntersuchung Hinweise auf eine Persönlichkeitsakzentuierung und Somatisierungsstörung bestehen würden, aber eine erhebliche affektive Störung nicht abgrenzbar sei.
Im Abschnitt 03.06 werden die Kriterien für affektive Störungen, wozu manische, depressive und bipolare Störungen zählen, definiert. Die Einschätzungsverordnung regelt unter Abschnitt 03 sehr differenziert die Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung für psychische Störungen. Es wird jeweils das Krankheitsbild beschrieben und entsprechend der Schwere der Funktionsbeeinträchtigung eine Zuordnung zu Positionen festgelegt. Innerhalb der Positionen wird ausgeführt, welche Merkmale für die Wahl eines Rahmensatzes als maßgebend zu erachten sind.
Im Vorgutachten vom 29.05.2018 stellte der damalige Sachverständige für Allgemeinmedizin eine „Affektive Störung“ und „Manische, depressive und bipolare Störungen leichten Grades“ fest und ordnete diese unter der Positionsnummer 03.06.01 eine Stufe über dem unteren Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. ein. Begründend führte er aus, dass eine orale Dauertherapie erfolge und die soziale Integration noch erhalten sei. Derselbe Sachverständige stellte im Vorgutachten vom 26.04.2021 eine „Affektive Störung“ und „Manische, depressive und bipolare Störungen mittleren Grades“ fest. Folglich ging er unter anderem von einer Verschlechterung der psychischen Situation aus und hielt fest, dass eine maßgebliche psychische Beeinträchtigung vorliege und die sozialen Kontakte eingeengt seien. Hierbei ging der Sachverständige von einem Dauerzustand aus.
Ebenso geht aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Befund vom 28.03.2022 eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.03.2022, hervor, dass dieser an einer zunehmenden Soziophobie mit Panikattacken und einer algogenen Depression leide. Dazu wies der Facharzt daraufhin, dass die Stimmung durch Schmerzen, einer verminderten Belastbarkeit und der finanziellen Situation gedrückt sei und es beim Beschwerdeführer zu einem deutlichen sozialen Rückzug komme.
Zudem brachte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 08.09.2022 vor, dass die Untersuchung am 02.08.2022 sehr kurz abgelaufen sei. Der Sachverständige des Gutachtens vom 23.08.2022 hätte nur ein paar Fragen gestellt und die Mobilität des Beschwerdeführers überprüft. Auch wenn der Sachverständige in der Stellungnahme vom 24.10.2022 entgegnete, dass der Beschwerdeführer ausreichend Zeit gehabt habe, seine Beschwerden darzulegen und aufgrund der vorgelegten Unterlagen keine neuerlichen Erkenntnisse hinsichtlich nicht berücksichtigter, behinderungswirksamer Gesundheitsschäden vorliegen würden, setzte sich der Sachverständige für Allgemeinmedizin nicht hinreichend mit den psychischen Erkrankungen und der wechselseitigen Leidensbeeinflussung dieser mit den anderen Leiden sowie den dazu vorgelegten medizinischen Befunden, insbesondere mit dem Befundbericht vom 28.03.2022, auseinander.
Es besteht zwar kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes, es kommt jedoch auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an. Das Vorbringen und die vorgelegten Beweismittel enthalten konkrete Anhaltspunkte, dass die Einholung eines Gutachtens der Fachrichtung Psychiatrie/Neurologie erforderlich ist, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung zu gewährleisten.
Im fortgesetzten Verfahren wird von der belangten Behörde im ergänzenden Ermittlungsverfahren ein psychiatrisches/neurologisches Sachverständigengutachten einzuholen sein, wobei die Gutachtenerstellung auf Grundlage einer eingehenden persönlichen psychiatrischen/neurologischen Untersuchung des Beschwerdeführers zu erfolgen haben wird.
Auch die weiteren Leiden des Beschwerdeführers werden unter Berücksichtigung der Ausführungen im Rahmen der Stellungnahme und der Beschwerde durch geeignete medizinische Sachverständige zu beurteilen sein. Es wird sodann ein Gesamtgutachten zu erstellen sein, in welchem der Gesamtgrad der Behinderung unter Berücksichtigung der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen festzustellen sein wird.
Dabei wird auf alle Leidenszustände des Beschwerdeführers in nachvollziehbarer Weise einzugehen sein, und werden diese entsprechend der Einschätzungsverordnung zu beurteilen und einzuschätzen sein.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat, und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.