JudikaturBVwG

W294 2254993-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
09. Januar 2023

Spruch

W294 2254993-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Konstantin Köck, LL.M, MBA, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.4.2022, Zl. 1294151607/220222183, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 21.12.2022, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: „BF“) stellte am 2021 im österreichischen Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am erfolgte die Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass er schon immer Interesse an Männern gehabt habe und eines Tages mit seinem Partner Ferdous Ahmed Geschlechtsverkehr gehabt habe, jedoch von Dorfbewohnern erwischt und verfolgt worden sei. Im Falle einer Rückkehr gebe es eine Anzeige gegen seine Person, da Homosexualität in Bangladesch verboten und strafbar sei.

Zu seinen persönlichen Umständen befragt, gab der BF an, dass er der Religionszugehörigkeit des Islam und der Volksgruppe der Bengal angehöre. Er habe neun Jahre die Grundschule besucht, keine Berufsausbildung erhalten und sei vor seiner Ausreise keinen Beruf gehabt.

Am 22.3.2022 wurde der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er im Distrikt Chittagong geboren sei und einige Tage in Comilla gelebt habe. Seine Eltern sowie seine Schwester seien nach wie vor in Bangladesch aufhältig und der BF stehe nicht in Kontakt mit seiner Familie. Sein Verhältnis zu seiner Familie sei nicht gut. Die Fragen, ob er bislang eine Ehe geschlossen habe, Kinder habe oder Verwandte oder Familienangehörige in Österreich habe, wurden vom BF verneint. Er stehe mit keinen Freunden oder Bekannten in Bangladesch mehr in Kontakt. Der BF gehöre der Volksgruppe der Rohingya an und sei Muslim. Im Herkunftsstaat habe der BF neun Jahre die Schule besucht und sei arbeitslos gewesen. Sein Vater habe ihn finanziert.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er aufgrund seiner Homosexualität das Land verlassen habe. Er sei homosexuell, seit er 14 oder 15 Jahre alt sei und habe in seiner Heimat auch einen Partner gehabt. Auf Aufforderung, die Beziehungen zu den Männern zu schildern, die er in Bangladesch gehabt habe, erwiderte der BF, dass er mit einem namentlich genannten Mann Oralverkehr praktiziert habe. Nach mehrmaligen Wiederholungen der Fragen erklärte der BF, dass er mit Männern sexuelle Beziehungen gehabt habe. Auf Nachfrage, wie lange diese Beziehungen bestanden hätten, brachte der BF vor, dass er seit 14,15 Jahren mit verschiedenen Partnern körperliche Beziehungen eingegangen sei. Auf die Frage, wieso er aus dem Herkunftsstaat ausgereist sei, replizierte der BF, dass er beim Sex erwischt worden sei und daraufhin gejagt worden sei. Auf Vorhalt, dass er in der Erstbefragung erwähnt habe, dass gegen ihn eine Anzeige eingebracht worden sei und befragt, ob er diese vorweisen könne, replizierte der BF, dass er derzeit mit niemandem in Kontakt stehe, weshalb er es noch nicht geschafft habe, diese Anzeige zu beschaffen. Die Frage, wann der Vorfall genau passiert sei, der zu seiner Ausreise geführt habe, konnte der BF nicht beantworten. Auf weitere Nachfrage erklärte er, dass er am Nachmittag in einem Club gespielt habe und da alle Mitglieder zu spät gekommen sei, sei er beim Sex erwischt und in weiterer Folge gejagt worden. Da er vernommen habe, dass gegen ihn eine Anzeige eingebracht worden sei, habe er das Land verlassen. Die Fragen, ob er in seinem Herkunftsstaat oder in einem anderen Staat vorbestraft sei, wurden vom BF verneint. Er werde in seinem Herkunftsstaat gesucht. Die Frage, ob er in seiner Heimat von staatlicher Seite wegen seiner politischen Gesinnung oder seiner Religion verfolgt werde, wurde vom BF bejaht. Auf Aufforderung, genaue Details wiederzugeben, gab der BF an, dass die AWANI League derzeit gegen Mitglieder der BNP vorgehe und vor Kurzem auch der Führer der Todesstrafe ausgesetzt gewesen sei. Die Fragen, ob er aufgrund seiner Rasse oder politischen Gesinnung verfolgt worden sei oder in seiner Heimat wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt worden sei, wurden vom BF verneint. Sein Vater sei jedoch im Jahr 1980 nach Bangladesch gekommen und werde nicht als Bangladeschi qualifiziert, da sein Vater keinen Reisepass oder sonstige Ausweise habe.

Die Frage, ob er seit seiner Einreise einer legalen Beschäftigung nachgegangen sei, wurde vom BF verneint. Er beziehe Leistungen aus der Grundversorgung.

Mit Bescheid vom 15.4.2022 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass dem BF im Rahmen der inhaltlichen Einvernahme keinesfalls möglich gewesen sei, ein lebensnahes Bild seiner Beziehung und seiner Probleme als Homosexueller in der Heimat zu schildern. Er sei die ganze Zeit vage und unkonkret geblieben und es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass es sich beim BF tatsächlich um einen Homosexuellen handle. Auch darauf mit Einzelheiten bezüglich Partner und die Beziehung urgiert, sei dieser der Forderung nicht im Geringsten nachgekommen. Andere asylrelevante Umstände habe der BF nicht vorgebracht und hätten sich in seinem Verfahren dementsprechend auch nicht ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die im Wege seiner Rechtsvertretung erhobene, fristgerechte Beschwerde vom 11.5.2022. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Bescheid angeführten Länderfeststellungen unvollständig seien. Im aktuellen Länderinformationsblatt werde festgehalten, dass Homosexuelle in Bangladesch einer enormen Verfolgung ausgesetzt seien. Ebenso zeige eine ACCORD Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2020, dass homosexuelle Personen als andersartig und somit als soziale Gruppe behandelt werden würden. Betont werde, dass aus allen Länderberichten hervorgehe, dass sich die Lage für Homosexuelle in den letzten Jahren weiterhin verschlechtert und nicht verbessert habe. Schon aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya wäre dem BF der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Eine Würdigung des Vorbringens des BF sei im belangten Bescheid aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens unterblieben. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 21.12.2022 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und im Beisein der Vertretung des BF eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer dem BF erneut die Gelegenheit gegeben wurde, sich zu seinen Fluchtgründen zu äußern.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde vom BF ein Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria über eine Gewerbeberechtigung für Hausbetreuung seit dem 2.5.2022 in Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Rohingya an und bekennt sich zur Religionszugehörigkeit des Islam.

Der BF ist in Bangladesch, Forkirhat, geboren und aufgewachsen. Er besuchte dort neun Jahre die Grundschule und absolvierte keine Berufsausbildung. Er ging vor seiner Ausreise aus Bangladesch keiner Erwerbstätigkeit nach und bestritt seinen Lebensunterhalt durch finanzielle Zuwendungen seines Vaters.

Der BF ist ledig und kinderlos. Die Eltern des BF sowie seine Schwester sind nach wie vor in Bangladesch wohnhaft.

Der BF hat in Österreich keine Familienangehörige und geht keiner legalen erwerbsmäßigen Beschäftigung nach. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Der BF ist strafrechtlich unbescholten und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er hat seit dem 2.5.2022 ein freies Gewerbe im Bereich der Hausbetreuung.

Der BF hat sowohl bei der Erstbefragung als auch bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.3.2022 und bei seiner mündlichen Verhandlung vor dem BvwG am 21.12.2022 als Fluchtgrund seine Homosexualität angegeben.

Es wird festgestellt, dass der BF homosexuell ist. Es wird weiters festgestellt, dass der BF in Bangladesch homosexuelle Kontakte hatte.

Das Vorbringen des BF zu seiner Homosexualität ist glaubhaft. Der BF bekennt sich zu seiner homosexuellen Orientierung, lebte diese aus und möchte dies auch weiterhin und offen und ohne Furcht vor Repressalien und Eingriffen in seine körperliche Integrität tun können.

Festgestellt wird, dass dem BF auf Grund seiner sexuellen Orientierung im Fall der Rückkehr nach Bangladesch eine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung droht.

Zur aktuellen Situation in Bangladesch

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 08.06.2021

Die Sicherheitslage in Bangladesch ist volatil und kann sich kurzfristig deutlich verschlechtern (EDA 27.5.201; vgl. DFAT 22.8.2019). Zwischen religiösen beziehungsweise ethnischen Gemeinschaften bestehen latente Spannungen, die sich teilweise ohne grosse Vorwarnung in lokalen, gewaltsamen Zusammenstössen entladen können (EDA 27.5.2021). Terroristische Anschläge islamistischer Extremistengruppen verfügen über ein Gefährdungspotential gegenüber dem Staat (DFAT 22.8.2019). 2017 kam es im Land zu mehreren Selbstmordattentaten (SATP 26.5.2021a). Der "Islamische Staat" ruft zu weiteren Attentaten auf (BMEIA 27.5.2021).

Die Regierungen Bangladeschs stehen vor der Herausforderung, mit extremistischen islamistischen Gruppen umzugehen, die Gewalt gegen eine Vielzahl von staatlichen und zivilen Zielen planen oder ausführen können. Von den Behörden wurde auf solche Angriffe stets robust reagiert. Wichtige militante Gruppen wurden verboten und Hunderte von Kämpfern verhaftet. Menschenrechtsgruppen berichten, dass Sicherheitsoperationen gegen militante Gruppen zu einer hohen Zahl von außergerichtlichen Tötungen führen (DFAT 22.8.2019).

Es wird davon ausgegangen, dass Operationen gegen terroristische Gruppen, zusammen mit der sich allmählich verbessernden Koordination der Regierung bei der Terrorismusbekämpfung, die Fähigkeiten militanter Gruppen verringert haben. Trotzdem kann das Risiko weiterer Anschläge nicht ausgeschlossen werden (DFAT 22.8.2019). Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2019 insgesamt 99 Vorfälle terrorismusrelevanter Gewalt im Land. Im Jahr 2020 wurden 88 solcher Vorfälle, bis zum 26.5.2021 wurden insgesamt 35 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 28.5.2021b).

Bangladesch hat seine Ansprüche an den Seegrenzen zu Myanmar und Indien an den Internationalen Seegerichtshof herangetragen; der Besuch des indischen Premierministers Singh im September 2011 in Bangladesch führte zur Unterzeichnung eines Protokolls zum Landgrenzenabkommen zwischen Indien und Bangladesch von 1974, das die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht abgegrenzte Gebiete und den Austausch von territorialen Enklaven vorsah, aber nie umgesetzt wurde (CIA 4.5.2021). An der Grenze zu Indien kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsicherungsorganen. Regelmäßig werden dabei Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren oder sich im Nahbereich der Grenze befinden (DT 22.12.2020).

Der inter-ethnische Konflikt in Myanmar wirkt sich auf Bangladesch aus. Er hat politische und soziale Spannungen, insbesondere aufgrund der Ankunft von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen seit August 2017 verstärkt (EDA 27.5.2021; vgl. CIA 4.5.2021). Die Rohingya werden von den Behörden Bangladeschs als zusätzlichen Sicherheitsbedrohung in Cox's Bazar mit möglichen Auswirkungen auf kommunale Gewalt, Menschenschmuggel, Drogen- und Menschenhandel und einhergehenden möglichen Radikalisierungen wahrgenommen (DFAT 22.8.2019). Durch die myanmarischen Grenzbehörden wurde eine 200 km langer Drahtsperranlage, der illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll, errichtet (CIA 24.5.2021).

Potential für Bedrohungen mit Bezug auf die Sicherheitslage haben ebeno politisch motivierte Gewalt (insbesondere im Vorfeld von Wahlen) (DFAT 22.8.2019). Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere der Awami League (AL) und der Bangladesh Nationalist Party (BNP), ist für den größten Teil der Gewalt im Land verantwortlich. Die Animositäten zwischen den beiden Parteien sowie zwischen den Kadern der unteren Ebenen haben zu andauernder politischer Gewalt beigetragen (HRW 13.1.2021; vgl. ACLED 9.11.2018). Die regierende AL hat ihre politische Macht durch anhaltende Schikanen gegenüber der Opposition und den als mit ihr verbündet wahrgenommenen Personen sowie gegenüber kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft gefestigt (FH 3.3.2021). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018). Im Jahr 2020 wurden 73 Tote und 2.883 Verletzte aufgrund politischer Gewalt sowie 2.339 Verletzte bei innerparteilichen Zusammenstößen registriert. Gewaltsame politische Proteste und wahlbezogene Gewalt hielten auch 2020 an (HRW 13.1.2021; vgl. ODHIKAR 25.1.2021).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere der Opposition, Islamisten, Studenten) geht in vielen Fällen nach wie vor Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene "Studentenorganisationen". Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 21.6.2020).

Es kommt zu Fällen krimineller Gewalt, sowie zu sporadische Zusammenstößen in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern wegen Landbesitz und -nutzung (DFAT 22.8.2019). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden und sich in gewalttätige Auseinandersetzungen entladen (UKFCO 27.5.2021; vgl. AA 28.7.2020, AI 1.4.2021). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie etwa Racheakte oder Landraub, Grund für solche Vorfälle sind (AA 21.6.2020).

Die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden ist grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB 9.2020).

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Politisierung der Justiz und der Druck auf sie halten an (FH 3.3.2021). Seit die Awami-Liga (AL) im Jahr 2009 an die Macht kam, hat die von ihr geführte Regierung begonnen, erheblichen Einfluss auf die Justiz auszuüben (FIDH 25.1.2021). Vorwürfe des politischen Drucks auf Richter sind üblich, ebenso wie der Vorwurf, dass unqualifizierte AL-Loyalisten in Gerichtspositionen berufen werden (FH 3.3.2021). Wie die meisten Beobachter übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom Dezember 2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der Regierungspartei werden regelmäßig aus "politischer Rücksichtnahme" zurückgezogen (FH 3.3.2021).

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Die erstinstanzlichen Gerichte bestehen aus "Magistrates", die der Exekutive zuzurechnen sind, sowie Session und District Judges, die der Judikative angehören. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen alle übrigen Gerichte, einschließlich des High Court, binden. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 9.2020).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden. Dennoch wird diese Unabhängigkeit der Justiz durch Überlastung, überlange Verfahrensdauern, Korruption und politische Einflussnahme behindert (ÖB 9.2020). Die Einflussnahme der Regierungspartei auf Parlament und Justiz haben deren Unabhängigkeit inzwischen weitgehend beseitigt (AA 21.6.2020).

Auf Grundlage des "Public Safety Act", des „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, “Women and Children Repression Prevention Act” sowie des "Special Powers Act" wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen – es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Speedy Trial Tribunals haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zu Tode verurteilt (ÖB 9.2020).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden (ÖB 9.2020). In ländlichen Gebieten kommt es zu Verurteilungen durch unbefugte Dorfälteste oder Geistliche nach traditionellem, islamischem "Scharia Recht". Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 9.2020). Nicht immer greifen die Behörden ein (AA 21.6.2020). Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch (ÖB 9.2020).

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 16.06.2021

Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch die Verfassung und Gesetze verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste (USDOS 30.3.2021). Im Fokus der Kritik bezüglich Folter wie auch extralegaler Tötungen stehen dabei insbesondere die Angehörigen der Rapid Action Battalions (RAB) (ÖB 9.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, ODHIKAR 25.1.2021, OMTC 7.2019). Die Zahl der Todesopfer soll laut Angaben diverser NGOs in die Hunderte gehen, die meisten davon im Zuge von vorgeblichen Feuergefechten, bei denen es sich jedoch zumeist um Hinrichtungen handelt (ÖB 9.2020). Die Behörden gehen entsprechenden Anzeigen nur selten nach (USDOS 30.3.2021). Das Gesetz zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam (Torture and Custodial Death Prevention Act) aus dem Jahr 2013 wird aufgrund mangelnden politischen Willens und Unkenntnis der Strafvollzugsbehörden unzureichend umgesetzt (ODHIKAR 25.1.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Missbrauch durch staatliche Akteure bleibt weitgehend straflos (USDOS 30.3.2021; vgl. AHRC 10.12.2020).

Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während dieser Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschenrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Sicherheitsbehörden wenden Drohungen, Schläge und verschiedenste Foltermethoden, manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen (USDOS 30.3.2021). Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert (ÖB 9.2020), Sicherheitskräfte sollen Methoden von Folter - gelegentlich mit Todesfolge - anwenden, um Schmiergelder oder Geständnisse zu erpressen und Informationen von mutmaßlichen Militanten und Mitgliedern politischer Oppositionsparteien zu erhalten (USDOS 30.3.2021). Auch auch vulnerable Gruppen sind von Folter betroffen (OMCT 14.8.2019).

Sicherheitskräfte begehen ungestraft Verschleppungen, außergerichtliche Tötungen und Folter (AHRC 10.12.2020). Im Jahr 2020 wurden mutmaßlich 19 Personen zu Tode gefoltert. 17 Tötungen erfolgten durch die Polizei, eine durch Kräfte der RAB und eine von den Gefängnisbehörden. Etwa 225 Personen wurden 2020 in Bangladesch außergerichtlich getötet, zwei Personen waren Frauen (ODHIKAR 25.1.2021; vgl AI 7.4.2021), mindestens 45 Rohingya-Flüchtlinge wurden 2020 meist bei Einsätzen im Rahmen des "Kriegs gegen Drogen", einer 2018 gestarteten Regierungskampagne, offenbar von Angehörigen verschiedener Strafverfolgungsbehörden außergerichtlich hingerichtet (AI 7.4.2021; vgl. ODHIKAR 25.1.2021).

Von Jänner bis Dezember 2020 wurden landesweit 31 Personen verschleppt. Sechs von ihnen wurden bisher tot aufgefunden, 22 tauchten wieder auf, der Verbleib der restlichen Personen ist unklar (ODHIKAR 25.1.2021). Die meisten Opfer des Verschwindenlassens wurden als Oppositionsführer und Dissidenten identifiziert (TDPA 2.1.2021). Es wird behauptet, dass staatliche Sicherheitskräfte in diese Verschleppungen involviert sind, in einigen Fällen wurden Beweise dafür sichergestellt. Auch gibt es Vorwürfe, dass Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden ihre eigene Identität verheimlichten und Menschen unter der Identität anderer Kräfte oder Behörden verschleppen (ODHIKAR 25.1.2021).

Die Regierung verfolgt Andersdenkende mit dem Digital Security Act-2018 (DSA), dem Special Powers Act-1974 und anderen Gesetzen (AHRC 10.12.2020) und ignoriert wichtige Empfehlungen der Vereinten Nationen und anderer Organisationen, bzw. weist zurück. Insbesondere im Hinblick auf das harte Durchgreifen gegen die freie Meinungsäußerung unter dem DSA und den zunehmenden Fällen von Verschleppungen und Tötungen (HRW 13.1.2021).

Trotz internationaler Verpflichtungen hat Bangladesch bisher keine Schritte zur Etablierung eines effektiven Opfer- und Zeugenschutzes getätigt und auch keine Prozeduren eingeleitet, die es Opfern ermöglicht, ihr Beschwerderecht ohne Angst vor Vergeltung wahrzunehmen. Folteropfer und deren Familien werden nach Anzeigen gegen Sicherheitsbeamte häufig bedroht und in vielen Fällen wird ihnen Geld angeboten, damit sie die Beschwerde zurückziehen. In den wenigen Fällen, die vor Gericht gelangen, sind die Opfer mit einem dysfunktionalen und parteiischem Justizsystem konfrontiert (OMCT 26.6.2018). Laut einer Studie der Organisation "The Death Penalty Project" seien selbst Richter in Bangladesch größtenteils der Ansicht, dass Folter ein legitimes Mittel sein könne, um zu Geständnissen zu gelangen. Lediglich in Einzelfällen kommt es aber zu Verurteilungen nach bewiesener Folter (AA 21.6.2020). Maßnahmen zur Verfolgung von Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen sind als gering zu bezeichnen (OMCT 7.2019).

Trotzdem fällte im September 2020 ein Gericht in Dhaka erstmals ein Urteil nach dem "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" (Gesetz zur Verhinderung von Folter und Gefangenentod) und verurteilte drei Polizeibeamte zu lebenslanger Haft und zwei weitere zu sieben Jahren Gefängnis wegen Todesfolge in Gewahrsam eines Festgenommenen im Jahre 2014 (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 21.6.2020). Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 9.2020; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 9.2020). Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist nicht ausreichend (AA 21.6.2020).

Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen sowie Folter (USDOS 30.3.2021). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2.000 Mitglieder der RABs (Rapid Action Battalion (RAB), Spezialkräfte für u.a. den Antiterrorkampf wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keinen diesbezüglichen Verurteilungen wegen diverser Vergehen (ÖB 9.2020).

Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Frauen, Kinder, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 30.3.2021).

Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen. Die Regierung von Bangladesch versäumt es, einen angeforderten Folgebericht zur Überprüfung ihrer Praktiken durch den Ausschuss gegen Folter vorzulegen (HRW 13.1.2021).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Nichtsdestotrotz stellt eine wissenschaftliche Studie vom Mai 2020 fest, dass 2,2 Millionen Strafverfahren gegen Menschen mit Behinderungen anhängig sind. So wird resümiert, dass Menschen mit Behinderungen "die am meisten gefährdeten unter den Gefährdeten" sind. Über Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und andere Minderheiten, insbesondere im privaten Bereich, wird berichtet (USDOS 30.3.2021).

Die Regierung nutzt weiterhin den Digital Security Act (DSA) 2018, um das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Trotz wiederholter Aufrufe der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen, die umstrittenen und strafenden Bestimmungen des DSA aufzuheben, wurde das Gesetz nicht abgeändert. Offiziellen Statistiken zufolge wurden zwischen Januar und Dezember 2020 mehr als 900 Fälle unter dem DSA eingereicht. Etwa 1.000 Personen wurden angeklagt und 353 inhaftiert (AI 7.4.2021).

Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 3.3.2021). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt sind. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von "Wegschauen" über Annahme von Bestechungsgeldern für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern, bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 30.3.2021).

Haftbedingungen

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Bedingungen in den staatlichen Haftanstalten bleiben hart und können bisweilen, wegen Überbelegung der Zellen und mangelhafter Sanitäranlagen, lebensbedrohlich sein (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 21.6.2020, ÖB 9.2020). Bis zu 200 Inhaftierte müssen auf ca. 40 m² zusammen leben. Dies führt zu Gewaltakten zwischen den Inhaftierten und es besteht zudem die Gefahr religiöser Radikalisierung (AA 21.6.2020). Die offizielle Gesamtkapazität aller 68 Gefängnisse in Bangladesch liegt etwa bei 42.450 Personen (WPB 3.2021). Im Dezember 2020 betrug die Gesamtanzahl der landesweit Inhaftierten 83.107 Personen (WPB 3.2021). Im Mai 2019 waren 81,3 Prozent aller Inhaftierten Untersuchungshäftlinge (WPB 3.2021), 3,9 Prozent der Häftlinge sind weiblich (WPB 3.2021). Die Haftanstalten des Landes waren zu etwa 196 Prozent der offiziellen Kapazität belegt, viele Gefangene sind gezwungen, in Schichten zu schlafen (WPB 3.2021; vgl. DFAT 22.8.2019).

Offiziellen Berichten zufolge versorgen nur elf Gefängnisärzte die 89.000 Insassen, was die Gefängnisse dazu veranlasst, Krankenschwester oder Apotheker für die medizinische Versorgung der Insassen einzusetzen (USDOS 30.3.2021).

Gefängnisinsassen sind oft mangelernährt und verstärkt Infektionskrankheiten ausgesetzt. Die medizinische Versorgung ist teilweise gegeben. Auch weibliche Gefangene werden von ausschließlich männlichen Ärzten untersucht (ÖB 9.2020). Gemäß der Menschenrechtsorganisation ODHIKAR sind im Jahr 2020 ingesamt 67 Personen in Haftanstalten verstorben (ODHIKAR 25.1.2021). Es wird berichtet, dass in einigen Fällen, in welchen festgenommene Personen in der Haft aufgrund von Folter umgekommen sind, dies als "Selbstmord" veröffentlicht wurde, um die Tat zu vertuschen (ODHIKAR 8.2.2020).

Obwohl das Gesetz eine gemeinsame Inhaftierung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern verbietet, waren viele Minderjährige zusammen mit Erwachsenen inhaftiert (USDOS 30.3.2021; vgl. DFAT 22.8.2019). Trotz entsprechenden Gesetzen und Gerichtsurteilen wurden Kinder manchmal – gelegentlich zusammen mit ihren Müttern – inhaftiert. Die Behörden hielten weibliche und männliche Gefangene getrennt voneinander fest (USDOS 30.3.2021).

Die Bedingungen in den Gefängnissen, oft auch innerhalb eines Gefängniskomplexes, stellen sich zumeist sehr unterschiedlich dar. Das Gesetz erlaubt Personen, die von den Gefängnisbeamten als "sehr wichtige Personen" (VIP) bezeichnet werden, den Zugang zu "Abteilung A"-Gefängnissen mit besseren Lebensbedingungen und besserem Essen, häufigeren Besuchsrechten für die Familie und der Bereitstellung eines anderen Gefangenen ohne VIP-Status als Helfer in der Zelle. Andere Gefangene werden in Bereichen mit hohen Temperaturen, schlechter Belüftung und Überbelegung untergebracht (USDOS 30.3.2021). Oft werden Untersuchungshäftlinge mit verurteilten Gefangenen in einzelne Hafträume zusammengelegt (USDOS 30.3.2021).

Die Regierung von Bangladesch erlaubt keine Haftbesuche des "International Committee of the Red Cross" oder anderer Menschenrechtsorganisationen (ÖB 9.2020; vgl. DFAT 22.8.2019). Inspektionen werden durch Regierungsbehörden sowie NGOs, die der Regierungspartei nahe stehen, durchgeführt, jedoch werden keine Berichte veröffentlicht (DFAT 22.8.2019).

2020 wurden in den Gefängnissen und Jugendstrafanstalten weiterhin Menschenrechtsverletzungen begangen, darunter verschiedene Formen der Folter. Es wird berichtet, dass viele Menschen aufgrund des dysfunktionalen Strafrechtssystems in Bangladesch ohne Gerichtsverfahren inhaftiert werden. Vorwürfe verschiedener Unregelmäßigkeiten und Korruption wurden auch gegen Beamte und Angestellte fast aller Gefängnisse im Land erhoben (ODHIKAR 25.1.2021).

Das Gesetz ermöglicht es den Gefangenen, aus religiösen Gründen zu fasten, garantiert jedoch keinen Zugang zu Geistlichen oder religiösen Dienstleistungen. Nur vor der Vollstreckung der Todesstrafe sind die Gefängnisbehörden verpflichtet, Zugang zu einem Geistlichen zu ermöglichen (USDOS 12.5.2021). Als ab März 2020 die ersten COVID-19-Fälle im Land registrirt wurden, leiteten die Bundesbehörden eine Richtlinie ein, die von den Gefängnisbehörden verlangte, alle ankommenden Insassen auf Symptome zu untersuchen und sie in einer kurzen Quarantäne zu halten. Die Gefängnisdirektoren vor Ort verfügten jedoch über keine Kapazitäten, um COVID-19 infizierte Insassen zu isolieren (USDOS 30.3.2021).

Nach wie vor problematisch ist die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Nach den letzten verfügbaren Zahlen waren circa zwei Millionen Zivil- und Strafverfahren ausständig (ÖB 9.2020).

Ethnische Minderheiten

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die bengalische Bevölkerungsgruppe macht mindestens 98 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, 1,1 Prozent sind andere ethnische Gruppen. Die Regierung von Bangladesch erkennt 27 ethnische Gruppen an (CIA 4.5.2021). Artikel 28 der Verfassung schützt Bürger vor jeglicher Art der Diskriminierung durch den Staat aufgrund von Religion, Rasse/Ethnie, Kaste, Geschlecht oder Geburtsort (MoLJP 2010). Eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung existiert nicht. Es bestehen keine gezielten und systematischen staatlichen Repressionen aufgrund von Ethnie oder Nationalität, allerdings sind Repressionen staatlicher Organe gegen Einzelpersonen zu verzeichnen (AA 21.6.2020).

Indigene ethnische Minderheiten wie Vedas, Haridschaner, Kayaputras, Dalits, Rishis, Mundas, Garos, Menschen aus den Plantagengemeinschaften, Bihari und andere ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen wie etwa SexarbeiterInnen, Angehörige der LGBTIQ Gemeinschaft, Bede, Bonojibi, Putzfrauen und Straßenkehrer sind bisher nicht genügend als Zielgruppen von Unterstützungsmaßnahmen erfasst worden, um diese in Anspruch nehmen zu können (UNEGEEW 5.2020).

Religiöse und ethnische Minderheiten überschneiden sich häufig und leben weitgehend regional konzentriert in den Chittagong Hill Tracts und im Nordosten (ÖB 9.2020). Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien (ÖB 9.2020).

In Bangladesch halten sich bis zu einer Million Flüchtlinge aus Myanmar, Mitglieder der Volksgruppe der Rohingya, auf (HRW 14.1.2020).

Relevante Bevölkerungsgruppen

SOGI - SEXUELLE ORIENTIERUNG UND GENDERIDENTITÄT

Letzte Änderung: 16.06.2021

Frauen führen beide großen politischen Parteien an. Nichtsdestotrotz schränkt die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen, wie auch von LGBTI Personen, ihre Beteiligung an der Politik in der Praxis ein. Marginalisierte Gruppen sind in der Politik und in staatlichen Behörden weiterhin unterrepräsentiert. Für Transgender-Personen gibt es eine gewisse rechtliche Anerkennung, obwohl sie in der Praxis stark diskriminiert werden. Im Jahr 2019 bewarben sich mehrere Transgender-Frauen um die für Frauen reservierten Sitze im Parlament. Keine wurde gewählt (FH 3.3.2021). Zwar wurde 2019 erstmals eine Vertreterin der Hijras ins Parlament gewählt (AA 21.6.2020), aus der indischen Perspektive gesehen, sind Hijras jedoch keine Transgender , sondern Cisgender (Syed, R. o.D.)

Homosexuelle Handlungen sind illegal und können wegen "Geschlechtsverkehr entgegen der natürlichen Ordnung" nach § 377 des "Bangladesh Penal Code, 1860" (BPC) mit lebenslangem Freiheitsentzug (HRW 13.1.2021; vgl. ILGA 12.2020), mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe, bestraft werden (ILGA 12.2020; vgl. AA 21.6.2020). Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ (ÖB 9.2020). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 3.3.2021).

Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft (Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersex) erhielten Drohbotschaften per Telefon, SMS und über soziale Medien, und berichten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 21.6.2020).

Homosexualität ist gesellschaftlich absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen (ÖB 9.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Ein strafrechtliches Verbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen wird selten durchgesetzt, aber gesellschaftliche Diskriminierung bleibt die Norm, und jedes Jahr werden Dutzende von Angriffen auf LGBTI Personen gemeldet. Nach der Ermordung von Xulhaz Mannan, einem prominenten LGBTI Aktivisten, durch militante Islamisten im Jahr 2016 befinden sich einige LGBTI Personen im Exil (FH 3.3.2021).

Bei einem durch das Human Rights Forum Bangladesh (HRFB) eingereichten Bericht beim UN-Ausschuss gegen Folter vom 29.6.2019 wurden für den Zeitraum 2013 bis 2018 insgesamt 434 Beschwerden wegen schikanöser Behandlungen oder Misshandlungen angeführt. Davon betrafen 294 Fälle Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten (HRFB 22.6.2019).

Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten "Hijras", Eunuchen und Personen mit unterentwickelten oder missgebildeten Geschlechtsorganen. Diese Gruppe ist aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und massiver gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 21.6.2020). Obwohl die Regierung mit der Anerkennung von Hijras als drittes Geschlecht einen wichtigen Schritt getan hat, blieb es in der Praxis für Hijras schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen staatlichen Dienstleistungen zu erhalten, ein Problem, das sich während der Covid-19-Pandemie noch verschärfte (HRW 13.1.2021). Auch wenn sie eine anerkannte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben und viele Hijras in klar definierten und organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 22.8.2019; vgl AA 21.6.2020). Die Regierung verabsäumte es, den Schutz der Rechte von Hijras ordnungsgemäß durchzusetzen (HRW 13.1.2021).

LGBT-Organisationen, insbesondere für Lesben, sind selten (USDOS 11.3.2020). Es gibt keine NGO für sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität in Bangladesch, dafür aber NGOs wie "Boys of Bangladesh", die "Bhandu Social Welfare Society" und Online-Gemeinschaften wie "Roopbaan", das lesbische Netzwerk "Shambhab" und "Vivid Rainbow" (ILGA 3.2019).

Die Nationale Menschenrechtskommission bildete ein Komitee, das sich mit Fragen für marginalisierte Gruppen, einschließlich Transgender, befasst, und der Nationale Lehrplan- und Schulbuchausschuss von Bangladesch stimmte zu, Fragen des dritten Geschlechts in den Lehrplan der Sekundarschule aufzunehmen (HRW 13.1.2021). Im September 2020 kündigte das staatliche Statistikamt Bangladesch an, dass die Volkszählung 2021 Hijra als Kategorie des "dritten Geschlechts" einschließen wird (USDOS 30.3.2021).

Rückkehr

Letzte Änderung: 16.06.2021

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 21.6.2020) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 21.6.2020). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr, auch wenn es keine Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt. Politisch motivierte Gewalt beschränkt sich in den meisten Fällen auf Einschüchterungen. Während des Ausnahmezustandes verweigerte die Regierung jedoch temporär einigen Parteiführern die Wiedereinreise nach Bangladesch. Durch den neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima im Land merklich verschlechtert (ÖB 9.2020).

Auch ergeben sich im Zusammenhang wegen des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs und einer damit einhergehenden Rücksendung vieler tausender ArbeiterInnen in ihre Heimat Probleme für das Land. Auf Grund der beengten Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ihren Gastländern sind diese ArbeiterInnen besonders vom Virus betroffen und bringen das Virus auf ihrem Heimweg mit nach Hause (ÖB 9.2020). Berichten zufolge verhafteten die Regierungsbehörden zwischen Juli und September [2020] zwischen 250 und 370 rückkehrende Wanderarbeiter aus Südostasien und dem Nahen Osten unter dem Vorwurf, "das Ansehen (Bangladeschs) beschädigt zu haben" (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 30.9.2020). Anfang Oktober wurde durch das Oberste Gericht eine Polizeistation in Dhaka angewiesen, vor Gericht die rechtlichen Grund für die Inhaftierung der Migranten zu erklären. Etwa 80 der inhaftierte Arbeitsmigranten wurden im Oktober 2020 gegen Kaution freigelassen (USDOS 30.3.2021).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der "International Organization for Migration" (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 21.6.2020). Bei oppositioneller Betätigung kommt es darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von Regierung oder Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition (ÖB 9.2020).

IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 21.6.2020).

2. Beweiswürdigung

2.1 Zur Person des BF

Die Feststellungen basieren auf dem vorliegenden Akteninhalt iZm dem Beschwerdevorbringen. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Fremdenregister sowie der Sozialversicherung eingeholt.

Der Verfahrensgang und Feststellungen zu Person sowie den integrativen Schritten des BF ergaben sich aus dem Akteninhalt und den Ausführungen des BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 21.12.2022 in Verbindung mit den vom BF vorgelegten Unterlagen im Verfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit sowie die Lebensumstände des BF sowie seiner Familie in Bangladesch beruhen auf den Angaben des BF im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA vom 22.3.2022 sowie im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 21.12.2022.

Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung geht aus einem aktuellen Auszug aus dem GVS hervor. Die Feststellung der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF geht aus einem aktuell eingeholten Auszug aus dem Strafregister hervor.

2.2 Zum Fluchtgrund des BF

Der BF stützt sein Fluchtvorbringen im Kern darauf, dass er homosexuell orientiert sei, er in Bangladesch aufgrund des Bekanntwerdens seiner Homosexualität beschimpft sowie bedroht worden sei und im Fall einer Rückkehr aufgrund seiner Homosexualität verfolgt werden würde.

Der BF stützt sein Fluchtvorbringen im Kern darauf, dass er homosexuell orientiert und in Bangladesch nach Bekanntwerden seiner Homosexualität aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung beschimpft und bedroht worden sei und im Fall einer Rückkehr aufgrund seiner Homosexualität verfolgt werden würde.

Dem Fluchtvorbringen des BF, aufgrund seiner homosexuellen Neigung in Bangladesch verfolgt worden zu sein, sprach das BFA die Glaubhaftigkeit ab. Diese Beurteilung des BFA, dass dem Fluchtvorbringen des BF keine Glaubhaftigkeit zukommt, ist nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens zu beanstanden, weil die fluchtauslösenden Elemente vom BF hinsichtlich einer Verfolgung aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung im Laufe des Verfahrens konsistent, schlüssig und gleichlautend dargelegt wurden, weshalb seinen Ausführungen, dass er wegen seiner Homosexualität Drohungen und Misshandlungen ausgesetzt war, nicht entgegenzutreten war. Bereits bei der Erstbefragung führte der BF seine Homosexualität an und konkretisierte in der Folge seine Probleme in Bangladesch im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Eine für die behauptete Verfolgung ausreichende Begründung hat der BF letztlich durch die jahrelange Homosexualität, die er auch im Herkunftsstaat offen auslebte, dargelegt.

An der sexuellen Orientierung des BF haben sich im Verfahren keine Zweifel ergeben. Der BF gab glaubhaft an, dass er beim Sex mit Männern erwischt wurde und daraufhin aufgrund erheblicher Diskriminierungen das Land verlassen musste.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung konnte der persönliche Eindruck, dass der BF homosexuell ist, auf Grund seiner Ausführungen nicht widerlegt werden.

Dass der BF in Österreich seine Homosexualität auslebt, war auf Grund seiner Schilderungen glaubhaft.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wiederholte der BF sein Vorbringen und legte seine Probleme in Übereinstimmung mit den vorherigen Angaben selbständig und flüssig dar. Die dem BF dargelegten Vorfälle stehen auch in Einklang mit den Länderfeststellungen, wonach Homosexuelle, wenn sie als solche erkannt werden, mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen zu haben, und jedes Jahr über dutzende Angriffe auf Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichtet wird.

Die Sorgen des BF vor Verfolgung wegen seiner homosexuellen Orientierung sind unter Zugrundelegung der Länderberichte in Verbindung mit den Ausführungen einer ACCORD Anfragebeantwortung zur Lage homosexueller Männer in Bangladesch vom 20.02.2020 berechtigt. Unbestritten ist, dass dem BF auf Grund seiner sexuellen Orientierung im Fall der Rückkehr nach Bangladesch eine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung droht.

Schwule Männer würden allgemein berichten, dass es für sie nicht möglich sei, die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen, wenn sie zu Opfern von Kriminalität würden, weil es wahrscheinlich sei, dass sie zur Zielscheibe von Gewalt und Erpressung seitens der Polizei würden.

Laut den Länderfeststellungen wird § 377 Strafgesetzbuch von Bangladesch zwar nicht aktiv angewandt, es aber als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen zu schikanieren. Ein offenes Bekenntnis zur Homosexualität ist in Bangladesch gesellschaftlich unmöglich und führt zu Ausgrenzungen durch die dortige Gesellschaft sowie zu gesellschaftlichen Diskriminierungen.

Auch dem BF, welcher bereits Diskriminierungshandlungen vor seiner Ausreise ausgesetzt gewesen ist, droht in Bangladesch aufgrund seiner sexuellen Orientierung eine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung.

Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch und die darin angeführten Quellen. Das Länderinformationsblatt zu Bangladesch wurde dem Rechtsvertreter des BF in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. In den angeführten Länderfeststellungen wird eine Vielzahl von Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen zusammengefasst, die ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Bangladesch zeigen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal die Länderinformationen seitens des vertretenen BF unbestritten geblieben sind.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/011). Für eine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454; VwGH 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; VwGH 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Eine Verfolgung, dh. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, 99/20/0519; 22.03.2000, 99/01/0256; 04.05.2000, 99/20/0177; 08.06.2000, 99/20/0203; 21.09.2000, 2000/20/0291; 07.09.2000, 2000/01/0153, u.a.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203 und 19.10.2000, 98/230/02033) ist der Umstand, dass im Heimatland eines BF Bürgerkrieg herrscht, für sich alleine keine Verfolgungsgefahr im Sinn der GFK.

Nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt etwa VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0228; 30.8.2017, Ra 2017/18/0119; 28.11.2019, Ra 2018/19/0203) kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende „Gruppenverfolgung“, hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 12.03.2020, Ra 2019/01/0472, mwN).

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 07.11.2013, C-199/12, ausgesprochen, dass Art 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art 9 Abs. 2 lit c der Qualifikations-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als solcher keine Verfolgungshandlung darstellt. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, welches eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar. Art 10 Abs. 1 lit d in Verbindung mit Art 2 Buchst c der Qualifikations-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass vom Geltungsbereich der Richtlinie nur homosexuelle Handlungen ausgeschlossen sind, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten strafbar sind. Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber auch nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.

Der BF hat im Verfahren glaubhaft gemacht, dass er – durch das Bekanntwerden seiner Homosexualität in seinem Herkunftsland – Diskriminierungshandlungen von Privatpersonen ausgesetzt war. So wurde er geschlagen und erfolgten Anfeindungen durch die Bewohner des Heimatdorfes.

Es ist davon auszugehen, dass die Homosexualität des BF im Fall einer Rückkehr in seiner Umgebung erneut offenkundig wird, womit der BF mit hoher Wahrscheinlichkeit (erneut) Opfer diskriminierender Praktiken der Gesellschaft in Bangladesch werden würde, vor denen staatliche Organe Homosexuelle - den Länderfeststellungen zufolge - nicht zu schützen vermögen, sondern den Berichten zufolge vielmehr auch selbst in Schikanen involviert sein können.

Im Fall einer Rückkehr wäre der BF der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt und würde dieser maßgeblichen Einschränkungen in seinem Beziehungs- und Sexualleben unterliegen. Der BF wäre gezwungen, seine sexuelle Orientierung im Geheimen – unter ständiger Angst entdeckt zu werden – zu leben, um sich nicht der Gefahr von Diskriminierung, strafgerichtlicher Verfolgung oder körperlicher Schädigung auszusetzen. Dies ist mit der Rechtsprechung des EuGH, der VfGH sowie des VwGH nicht vereinbar, wonach vom BF nicht erwartet werden kann, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim haltet oder Zurückhaltung hinsichtlich seiner sexuellen Ausrichtung übt ("l'expression de son orientation sexuelle"), um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden (siehe dazu auch VfGH 21.06.2017, E3074/2016; VfGH 18.09.2014, E910/2014).

Es ist daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles davon auszugehen, dass dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ungerechtfertigte Eingriffe von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen drohen. Die behaupteten Diskriminierungen sind ein wesentliches Indiz für eine drohende Verfolgung im Fall einer Rückkehr des BF. Diese Verfolgung ist dem Heimatstaat zuzurechnen, weil der Heimatstaat des BF den Länderfeststellungen zufolge nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, von anderen Stellen ausgehende Verfolgungshandlungen hintanzuhalten.

Eine solche Behandlung droht dem BF in ganz Bangladesch, weil davon auszugehen ist, dass die Maßnahmen gegen ihn überall gesetzt werden könnten. Eine inländische Fluchtalternative besteht daher nicht.

Im vorliegenden Fall sind somit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. hier anzuwenden sind, weil der BF seinen Antrag auf internationalen Schutz nach dem 15.11.2015 stellte.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben.

Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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