JudikaturBVwG

W292 2254725-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
21. Juni 2022

Spruch

W292 2254725-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter MMag. Dr. Winfried PÖCHERSTORFER und Mag Thomas GSCHAAR als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Prof. Dr. Georg Zanger, M.B.L.-HSG, Neuer Markt 1 in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung

A1) zu Recht erkannt:

Der Bescheid der Datenschutzbehörde XXXX , wird ersatzlos behoben.

A2) beschlossen:

Der Antrag auf Entscheidung in der Sache selbst durch das Bundesverwaltungsgericht wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX brachte der rechtsanwaltlich vertretene XXXX (in Folge auch kurz: BF) bei der belangten Behörde den verfahrenseinleitenden Antrag ein, wobei der Schriftsatz mit den Worten „Beschwerde gemäß Art 77 DSGVO iVm § 24 Abs. 1 DSG“ überschrieben ist und XXXX (in Folge auch: mitbeteiligte Partei – mP), als Beschwerdegegnerin – wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 DSG – bezeichnet ist.

Demnach habe die mP einem Journalisten der Tageszeitung „Der Standard“ ein Interview, in dem sie aus Gesprächen, die in einem Restaurant und auf der Fahrt im Auto im Jahr 2014 stattgefunden haben sollen, zitiert und den BF sexueller Übergriffe bezichtigt. Der BF habe sich an das vor sieben Jahren stattgefundene Gespräch nicht erinnern können und meinte, dass die Erklärungen der Beschwerdegegnerin „völlig frei erfunden" seien. Aufgrund dieser Behauptung habe die mP eine Privatanklage wegen § 111 StGB „Üble Nachrede“ gegen den BF eingebracht und habe diese – für den BF völlig unerwartet – in der Hauptverhandlung XXXX dem Gericht ein Tonband vorgelegt, das ohne Kenntnis des Beschwerdeführers von der mP während der genannten Gespräche im Restaurant und im Auto aufgenommen worden seien. Darüber hinaus habe die mP eine Abschrift der Aufnahmen vorgelegt und habe diese an die bei Gericht anwesenden Journalisten verteilen lassen. Dem Gericht und dem Beschwerdeführer habe die mP einen USB-Stick, auf dem die Gespräche festgehalten waren, übergeben. Im Hinblick auf diese unerwartete Beweissituation sei der Beschwerdeführer gezwungen gewesen, sich hinsichtlich der in Rede stehenden Ehrenbeleidigung vor Gericht schuldig zu bekennen.

Die mP habe durch die heimlich aufgenommenen Tonaufzeichnungen von Gesprächen mit dem BF gegen das Grundrecht auf Geheimhaltung gem. § 1 Abs. 1 DSG verstoßen und habe die mP inzwischen im Rahmen eines Interviews auf Puls4 gegenüber der Moderatorin XXXX ausdrücklich erklärt, dass sie in den Jahren 2014 und 2015 alle Gespräche mit dem BF aufgezeichnet habe, sodass es eine Vielzahl von noch nicht veröffentlichten Aufnahmen von Gesprächen mit dem BF gebe, über die die mP verfüge.

Der BF beantrage, den vorliegenden Sachverhalt durch Beischaffung des Aktes XXXX des Landesgerichts für Strafsachen Wien und dem Hauptverhandlungsprotokoll XXXX , sowie durch Beischaffung des Interviews der mP auf Puls 4 XXXX zu prüfen.

2. Mit Schriftsatz XXXX replizierte die mitbeteiligte Partei nach Aufforderung der Datenschutzbehörde zur Stellungnahme hinsichtlich des gegen sie erhobenen Vorwurfes einer Verletzung des BF in dessen Recht auf Geheimhaltung nach § 1 Abs. 1 DSG ausführlich und führte unter Verweis auf das Protokoll zur Hauptverhandlung vom XXXX aus, weshalb sie sich im Zuge dieses Strafprozesses in einem Beweisnotstand befunden habe und hierdurch veranlasst gewesen sei, die prozessgegenständlichen Aussagen des Beschwerdeführers, durch Vorlage der von ihr in den Jahren 2014 und 2015 angefertigten Tonaufzeichnungen sowie Transkripte hiervon, dem Gericht als Beweismittel vorzulegen.

3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom XXXX wies die Datenschutzbehörde die Beschwerde zurück und stellte fest, dass es sich im gegenständlichen Fall bei einer Vornahme einer Tonaufzeichnung um einen einzelnen Verarbeitungsvorgang handle, der als abgeschlossenes Ereignis in der Vergangenheit zu betrachten sei.

Weiterhin ergebe sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sich der Verstoß durch die Beschwerdegegnerin im Jahr 2014 bzw. 2015 zugetragen habe und der BF XXXX 2021 davon erfahren habe. Die Beschwerde sei sodann XXXX 2022 bei der Datenschutzbehörde eingebracht worden; vor diesem Hintergrund sei die objektive Frist von drei Jahr gemäß § 24 Abs. 4 DSG als abgelaufen zu betrachten und die Beschwerde daher spruchgemäß zurückzuweisen gewesen.

4. Dagegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Bescheidbeschwerde, die sich auf inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensmängeln stützt. Soweit hier wesentlich, führt der BF im Rahmen seiner Bescheidbeschwerde aus, dass die Speicherung und Aufbewahrung der Tonaufnahmen bis XXXX den Lauf der Verjährungsfrist gehemmt habe bzw. habe die Beschwerdegegnerin ein Dauerdelikt zu verantworten. Daher habe die Verjährungsfrist bis dahin noch gar nicht zu laufen begonnen. Selbst wenn man bloß die Aufbewahrung der Aufnahmen der [Anm.: Datenschutz-] Beschwerde zugrunde legte, wäre eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers festzustellen gewesen, weshalb der bekämpfte Bescheid an Rechtswidrigkeit leide. Der Beschwerdeführer beantrage, den Bescheid der DSB im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde dahingehend zu ändern, dass die Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers festgestellt wird.

5. Die Datenschutzbehörde legte die Bescheidbeschwerde samt den Bezug habenden Aktenunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht mit Schriftsatz XXXX vor, ohne von einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen. Zu den im Rahmen der Bescheidbeschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkten führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand im behördlichen Verfahren insbesondere festzuhalten sei, dass der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer in seiner verfahrenseinleitenden Eingabe an die Datenschutzbehörde explizit den Verarbeitungsvorgang der mutmaßlich widerrechtlichen Aufzeichnung von Gesprächen („Tonaufzeichnung"), dh. die Erfassung seiner personenbezogenen Daten iSd. Art. 4 Z 2 DSGVO, geltend gemacht habe und stelle das Aufzeichnen von Gesprächen aus den Jahren 2014 bzw. 2015 einen abgeschlossenen Verarbeitungsvorgang dar. Demnach handle es sich hierbei um kein Dauerdelikt, selbst wenn diese Aufzeichnungen über einen längeren Zeitraum gespeichert worden seien. Folglich seien die in § 24 Abs. 4 DSG normierten Verjährungsfristen hinsichtlich der in Beschwerde gezogenen Tonaufzeichnung auch nicht gehemmt und seien – wie im angefochtenen Bescheid festgestellt – abgelaufen.

6. Mit Schriftsatz vom XXXX weist die mitbeteiligte Partei darauf hin, dass der Beschwerdeführer gegen die mitbeteiligte Partei vor dem Landesgericht für ZRS Wien zur AZ XXXX in Bezug auf die vor der Datenschutzbehörde in Beschwerde gezogenen Datenverarbeitungsvorgänge (der Tonaufzeichnung, Aufbewahrung und Offenlegung) eine (Unterlassungs-)Klage eingebracht habe, wobei das angerufene Gericht die Klage zur Gänze mit Urteil XXXX abgewiesen habe und darin die Ansicht vertrete, dass die Aufnahmen der mitbeteiligten Partei (Beschwerdegegnerin im Verfahren vor der belangten Behörde) wegen der sexuellen Belästigungen durch den Beschwerdeführer gerechtfertigt gewesen seien und bringt das betreffende Urteil in Vorlage.

7. Mit Schriftsatz XXXX weist die belangte Behörde auf das vorgenannte Urteil des LG ZRS Wien XXXX und das derzeit anhängige Vorabentscheidungsverfahren vor den Europäischen Gerichtshof zur Rs C-132/21 hin, in welchem das Verhältnis der Rechtsbehelfe nach Art. 77 und Art. 79 DSGVO zu klären sei und stellt an das Bundesverwaltungsgericht den Antrag, das BVwG möge die Relevanz des genannten Vorabentscheidungsersuchens für das gegenständliche Verfahren in Hinblick auf das Urteil des LG ZRS Wien prüfen und – bei Bejahung der Relevanz – das verwaltungsgerichtliche Verfahren, bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Rs C-132/21, aussetzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Im Rahmen des verfahrenseinleitenden Antrages an die Datenschutzbehörde vom XXXX führt der nunmehrige Beschwerdeführer (rechtsanwaltlich vertreten) wörtlich aus wie folgt [Formatierung nicht wie im Original]:

„Beschwerdeführer: XXXX

XXXX

vertreten durch: Zanger bewegt

Rechtsanwalt

Prof. Dr. Georg Zanger, M.B.L.-HSG

Neuer Markt 1

1010 Wien

Vollmacht erteilt, R-Code: R109482

Gem. § 19a RAO wird Zahlung an den Rechtsvertreter begehrt

Beschwerdegegnerin:

XXXX

XXXX

wegen: Verstoß gegen § 1 Abs. 1 DSG

BESCHWERDE

GEMÄß ART 77 DSGVO IVM § 24 ABS 1 DSG

einfach

1 Beilage

2

I.

Der Beschwerdeführer hat den einschreitenden Rechtsanwalt mit seiner

rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt, welcher sich gemäß § 8 RAO auf die

mündlich erteilte Vollmacht beruft.

II. Sachverhalt

a) Vorgeschichte

Die Beschwerdegegnerin gab dem Standard-Journalisten, XXXX , ein Interview,

in dem sie aus Gesprächen, die in einem Restaurant und auf der Fahrt im Auto im Jahr

2014! stattgefunden haben sollen, zitierte und den Beschwerdeführer sexueller

Übergriffe bezichtigte. Der Beschwerdeführer konnte sich an das vor 7 Jahren

stattgefundene Gespräch nicht erinnern und meinte, dass die Erklärungen der Beschwerdegegnerin „völlig frei erfunden" seien.

Die Beschwerdegegnerin brachte aufgrund dieser Behauptung eine Privatanklage

wegen Ehrenbeleidigung ein. Völlig unerwartet für den Beschwerdeführer legte die

Beschwerdegegnerin in der HV vom XXXX dem Gericht ein Tonband vor, welches

ohne Kenntnis des Beschwerdeführers von der Beschwerdegegnerin während der

genannten Gespräche im Restaurant und im Auto aufgenommen wurden. Darüber

hinaus legte sie eine Abschrift der Aufnahmen vor und ließ diese an die anwesenden

Journalisten verteilen. Dem Gericht und dem Beschwerdeführer übergab sie einen

USB-Stick, auf dem die Gespräche festgehalten waren.

Im Hinblick auf diese unerwartete Beweissituation war der Beschwerdeführer

gezwungen, sich schuldig zu bekennen.

Beweis: Akt XXXX des LG für Strafsachen Wien

Die Beschwerdeführerin hat in der Zeit XXXX 2015 im Rahmen eines

Werkvertrages als selbstständige Unternehmerin eine Arbeitsgruppe bei der XXXX

geleitet. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer offenbar

in eine vorbedachte Falle gelockt, wobei im Nachhinein nicht klar ist, ob die

Beschwerdegegnerin damals die Absicht hatte, den Beschwerdeführer mit dem Inhalt

der Tonbandaufnahmen zu erpressen. Möglicherweise hat sie die Aufnahmen

zunächst nicht benutzt, weil sie möglicherweise gegen ihre Erwartung keine

gesetzeswidrigen Handlungen dokumentieren konnte, zumal diese nicht

stattgefunden haben.

3

III.

Gemäß § 1 Abs. 1 DSG hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung

seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung, der ihn betreffenden

personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.

Auch bloße Tondokumente sind personenbezogene Daten im Sinne des

Datenschutzgesetzes, jedenfalls dann, wenn wie hier der Beschwerdeführer leicht

identifizierbar ist. (DSK vom 21.6.2005, K503.425-090/0003-DVR/2005).

Bei den Tonaufzeichnungen handelt es sich um personenbezogene Daten des

Beschwerdeführers und ist auch ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung

dieser personenbezogenen Daten gegeben.

Die Tonaufzeichnung durch die Beschwerdegegnerin stellt jedenfalls eine

Verarbeitung gemäß Art 4 Z 2 DSGVO dar.

Nach § 1 Abs. 2 DSG sind Beschränkungen des Geheimhaltungsanspruchs nur zulässig,

wenn die Verwendung personenbezogener Daten im lebenswichtigen Interesse des

Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, oder bei überwiegenden

berechtigten Interessen eines anderen oder bei Vorhandensein einer qualifizierten

gesetzlichen Grundlage.

Ein lebenswichtiges Interesse des Beschwerdeführers oder seine Zustimmung liegen

nicht vor.

Trotz Möglichkeit hat die Beschwerdegegnerin die Zustimmung des Beschwerdeführers

nicht eingeholt.

Allfällige Einwilligungen hat der Beschwerdeführer nach Maßgabe des Art 7 Abs. 3

DSGVO widerrufen, sodass die Datenverarbeitung jedenfalls unzulässig ist.

Ebenso wenig liegt eine qualifizierte gesetzliche Grundlage, bzw. ein überwiegendes

berechtigtes Interesse eines anderen vor, dass die Beschränkungen des Anspruchs auf

Geheimhaltung im gegenständlichen Fall rechtfertigen würde.

In diesem Zusammenhang hat der OGH bereits ausgesprochen, dass die Gewinnung

von Beweismitteln für einen Zivilrechtsstreit grundsätzlich keinen gesetzlichen Grund für

4

einen Eingriff in das Geheimhaltungsrecht darstellt. Heimlich angefertigte

Gesprächsaufnahmen sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht infolge eines

sonstigen Beweisnotstands unbedingt benötigt werden. Wenn eingewendet wird, dass

die Tonaufzeichnung unbedingt benötigt wird, ist eine Güter- und

Interessensabwägung vorzunehmen. Dabei sind die betroffenen Rechtsgüter nach

ihrem allgemeinen Stellenwert, also das „Recht am eigenen Wort" und der vom rechtswidrig Abhörenden verfolgte Anspruch, den er mit Hilfe der Tonaufzeichnungen durchsetzen will, sowie die subjektiven Interessen beider Teile gegenüberzustellen. Für die Annahme eines rechtfertigenden Beweisnotstands reicht nicht schon aus das allgemeine Interesse jeder Partei, über ein besonders beweiskräftiges Beweismittel zu verfügen. Demjenigen, der sich auf einen solchen beruft, obliegt der Beweis, dass er die Tonaufzeichnungen bei sonstiger Undurchsetzbarkeit seines Anspruchs benötigt und dass sein verfolgter Anspruch und XXXX Interessen höherwertig sind, als die bei Erlangung des Beweismittels verletzte Privatsphäre des Prozessgegners (vgl. zuletzt OGH 20.1.2020, 1 Ob 1/20h mwN.)

Die Beschwerdegegnerin hat durch die heimlich aufgenommenen

Tonaufzeichnungen von Gesprächen mit dem Beschwerdeführer gegen das

Grundrecht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung gem. § 1 Abs. 1 DSG verstoßen.

Die Beschwerdegegnerin hat inzwischen im Rahmen eines Interviews auf Puls4

gegenüber der Moderatorin XXXX ausdrücklich erklärt, dass sie in den

Jahren 2014 und 2015 alle Gespräche mit dem Beschwerdeführer aufgezeichnet hat,

sodass es eine Vielzahl von noch nicht veröffentlichten Aufnahmen von Gesprächen

mit dem Beschwerdeführer gibt, über die die Beschwerdegegnerin verfügt.

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers;

Protokoll der HV vom XXXX zu XXXX ;

vorzulegendes Transkript der Aussagen der Beschwerdegegnerin in der

Puls4 Sendung vom XXXX .

IV.

Der Beschwerdeführer

BEANTRAGT,

den vorliegenden Sachverhalt durch Beischaffung des Aktes XXXX des

Landesgerichts für Strafsachen Wien und dem Hauptverhandlungsprotokoll vom

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XXXX , sowie durch Beischaffung des Interviews der Beschwerdegegnerin auf Puls

4 XXXX zu prüfen.

Es wird an dieser Stelle um Zustellung der an den Beschwerdeführer ergehenden

Schriftstücke zu Handen des einschreitenden Rechtsanwaltes ersucht.

V.

Sohin stellt Beschwerdeführer den

ANTRAG,

die Datenschutzbehörde möge eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers

feststellen.

Wien, am XXXX

XXXX “

1.2. Der Beschwerdeführer verbesserte seinen verfahrenseinleitenden Antrag XXXX an die Datenschutzbehörde mit Schriftsatz vom XXXX und führte darin wörtlich – soweit hier relevant – aus wie folgt:

„In außen bezeichneter Rechtssache ist bei der Endfassung der am XXXX eingebrachten Beschwerde insoweit ein Irrtum eingetreten, als auf S. 2 unter Punkt Il. a) „Vorgeschichte" als Zeitpunkt der von der Beschwerdegegnerin aufgezeichneten Tonaufnahmen im Restaurant und auf der Fahrt im Auto statt dem Jahr 2015 das Jahr 2014 geschrieben wurde. Tatsächlich erfolgten die Aufnahmen am XXXX . und XXXX .2015.“

1.3. Seitens der Datenschutzbehörde erging an den Antragsteller in Bezug auf dessen verfahrenseinleitenden Antrag zu keinem Zeitpunkt im verwaltungsbehördlichen Verfahren ein Verbesserungsauftrag.

1.4. Mit Urteil des LG ZRS Wien XXXX weist das angerufene Gericht die Unterlassungsklage des Beschwerdeführers gegen die mitbeteiligte Partei zur Gänze ab und vertritt darin in Bezug auf die von der mitbeteiligten Partei erzeugten, gespeicherten und XXXX 2021 anlässlich eines Gerichtsverfahrens als Beweis vorgelegten Tonaufzeichnungen die Rechtsansicht, dass diese aufgrund eines rechtfertigenden Beweisnotstandes auf Seiten der beklagten Partei gerechtfertigt waren.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Parteien und sind nicht strittig. Strittig hingegen ist die Rechtsfrage, wie der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers XXXX hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Antragstellers im Recht auf Geheimhaltung auszulegen ist und wie sich der Beschwerdegegenstand vor der Datenschutzbehörde in zeitlicher Hinsicht darstellt, worauf im Rahmen der rechtlichen Beurteilung einzugehen sein wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 27 DSG liegt gegenständlich daher Senatszuständigkeit vor.

3.1. Zu A1)

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz - DSG) idF BGBl. I Nr. 24/2018, lauten (in Auszügen):

„Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Beschwerde an die Datenschutzbehörde

§ 24. (1) Jede betroffene Person hat das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 oder Artikel 2 1. Hauptstück verstößt.

(2) - (3) [...]

(4) Der Anspruch auf Behandlung einer Beschwerde erlischt, wenn der Einschreiter sie nicht binnen eines Jahres, nachdem er Kenntnis von dem beschwerenden Ereignis erlangt hat, längstens aber binnen drei Jahren, nachdem das Ereignis behaupteter Maßen stattgefunden hat, einbringt. Verspätete Beschwerden sind zurückzuweisen.“

3.1.2. § 13 AVG samt Überschrift lautet auszugsweise:

„Anbringen

§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

(6) Die Behörde ist nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens (§ 39 Abs. 3) geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

(…)“

3.1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass, wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040, sowie 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084, alle mwN). Eine inhaltliche Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag war dem Bundesverwaltungsgericht somit verwehrt.

3.1.4. Hinsichtlich der Auslegung von verfahrenseinleitenden Anträgen ist zunächst festzuhalten, dass die Frage nach dem Inhalt eines Anbringens nach deren objektivem Erklärungswert in Zusammenschau mit dem äußeren Erscheinungsbild zu beantworten ist (VwGH 26. 6. 1995, 92/18/0199; 23. 4. 2007, 2005/10/0140). Zudem ist bei der Zurechnung (Auslegung) von Parteihandlungen zu beachten, dass durch Formvorschriften die Durchsetzung materieller Rechte nicht in größerem Ausmaß als unbedingt erforderlich eingeschränkt werden soll (VfSlg. 14.965/1997).

3.1.5. Bei den in § 24 DSG genannten Fristen handelt es sich um Präklusivfristen (siehe OGH 31.07.2015, 6 Ob 45/15h und Jahnel, Datenschutzrecht, Update, S 191 zur Vorgängerbestimmung des § 34 Abs. 1 DSG 2000 sowie Bresich/Dopplinger/Dörnhöfer/Kunnert/Riedl, DSG, S 190 zu § 24 DSG), auf die von Amts wegen, also bei feststehendem Sachverhalt ohne Einwendung Bedacht genommen werden muss (vgl. Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, Datenschutzrecht, § 34, Anm. 2 zur Vorgängerbestimmung des § 34 Abs. 1 DSG 2000). Aus Bresich/Dopplinger/Dörnhöfer/Kunnert/Riedl, DSG, S 190 zu § 24 DSG, geht hervor, dass die Verjährungsregel des § 24 Abs. 4 DSG hinsichtlich der Zeitvorgaben für das Erlöschen des Anspruchs auf Behandlung einer Beschwerde weitgehend § 34 Abs. 1 DSG 2000 (subjektive Frist von 1 Jahr ab Kenntnis des Sachverhalts und objektive Frist von 3 Jahren ab Stattfinden des Ereignisses) entspricht.

3.1.6. Fallbezogen war somit zu prüfen, ob im vorliegenden Verfahren, wie von der Datenschutzbehörde angenommen, die in § 24 Abs. 4 DSG enthaltene objektive Frist von 3 Jahren ab Stattfinden des Ereignisses bereits abgelaufen ist, dies unter Heranziehung des objektiven Erklärungswertes sowie des äußeren Erscheinungsbildes des verfahrensgegenständlichen Antrags vom XXXX :

Wie festgestellt, ist der verfahrenseinleitende Antrag des BF mit den Worten „Beschwerde gemäß Art. 77 DSGVO iVm § 24 DSG überschrieben. Einleitend wird darin unter Punkt II. („Sachverhalt“) ausgeführt, dass die Beschwerdegegnerin einem Journalisten ein Interview gegeben habe, in dem sie aus Gesprächen, die in einem Restaurant und auf der Fahrt im Auto im Jahr 2014 stattgefunden haben sollen, zitiert habe und den Beschwerdeführer sexueller Übergriffe bezichtigt habe. Da der Beschwerdeführer öffentlich die Meinung vertrat, dass die Erklärungen der Beschwerdegegnerin nicht den Tatsachen entsprechen, brachte die Beschwerdegegnerin Privatanklagewegen Ehrenbeleidigung ein. Für den Beschwerdeführer völlig unerwartet habe die Beschwerdegegnerin in der Hauptverhandlung XXXX dem Gericht ein Tonband vorgelegt, welches ohne Kenntnis des Beschwerdeführers von der Beschwerdegegnerin während der in Rede stehenden Gespräche im Restaurant und im Auto aufgenommen worden seien. Darüber hinaus habe sie eine Abschrift der Aufnahmen vorgelegt und habe diese an die anwesenden Journalisten verteilen lassen. Dem Gericht und dem Beschwerdeführer habe sie einen USB-Stick, auf dem die Gespräche festgehalten waren, übergeben. Im Hinblick auf diese unerwartete Beweissituation habe sich der Beschwerdeführer gezwungen gesehen, sich schuldig zu bekennen. Unter Punkt III. des verfahrenseinleitenden Antrages wird weiterhin ausgeführt, die Beschwerdegegnerin habe durch die heimlich aufgenommenen Tonaufzeichnungen von Gesprächen mit dem Beschwerdeführer gegen das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Geheimhaltung gem. § 1 Abs. 1 DSG verstoßen und habe die Beschwerdegegnerin inzwischen im Rahmen eines Interviews auf Puls4 gegenüber einer Moderatorin ausdrücklich erklärt, dass sie in den Jahren 2014 und 2015 alle Gespräche mit dem Beschwerdeführer aufgezeichnet habe,

sodass es eine Vielzahl von noch nicht veröffentlichten Aufnahmen von Gesprächen mit dem Beschwerdeführer gebe, über die die Beschwerdegegnerin verfüge.

Abschließend führt der verfahrenseinleitende Antrag XXXX unter Punkt IV. aus, der Beschwerdeführer „beantragt den vorliegenden Sachverhalt durch Beischaffung des Aktes XXXX […] und dem Hauptverhandlungsprotokoll vom XXXX sowie durch Beischaffung des Interviews der Beschwerdegegnerin […] vom XXXX zu prüfen“.

3.1.7. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes wird anhand der zitierten Textpassagen – unter Heranziehung deren objektiven Erklärungswertes sowie des gesamten Erscheinungsbildes des Antrages – klar zum Ausdruck gebracht, dass sich der vor der Datenschutzbehörde in Beschwerde gezogene Lebenssachverhalt auf eine Reihe von Datenverarbeitungsvorgänge bezieht, die im Jahr 2014 (bzw. 2015) durch das Anfertigen von Tonaufzeichnungen ihren Ausgang genommen haben, und sich, – entgegen der Einschätzung der belangten Behörde –, jedenfalls bis XXXX .2021 erstrecken. So thematisiert der verfahrenseinleitende Antrag sowohl das Erzeugen und Aufbewahren (Speichern), als auch die Vorlage der gespeicherten Tonaufnahmen vor Gericht sowie eine behauptete Offenlegung der Gesprächsinhalte gegenüber der bei der Verhandlung vom XXXX .2021 anwesenden Journalisten.

3.1.8. In diesem Zusammenhang wird auch auf die zur Vorgängerbestimmung des § 34 Abs. 1 DSG 2000 ergangene Rechtsprechung des OGH vom 25.09.2017, 6Ob217/16d, verwiesen, wonach bei "fortgesetzter Schädigung" bei rechtswidrigen Dauerzuständen sowohl die subjektive einjährige als auch die objektive dreijährige Präklusivfrist nicht vor Beendigung dieses Dauerzustands beginnt. Die Materialien zu § 34 Abs. 1 DSG 2000 (BGBl I 1999/165; ErläutRV 1613 BlgNR 20. GP 50) betonen die Wichtigkeit der Befristung der den Beschwerten zustehenden Rechte wegen Beweisschwierigkeiten bei lange zurückliegenden Sachverhalten. Diese Materialien haben aber ersichtlich punktuelle "beschwerende Ereignisse" vor Augen, während sich dies bei Dauerzuständen anders darstellt.

3.1.9. Vor diesem Hintergrund ist die objektive Frist von drei Jahren gemäß § 24 Abs. 4 DSG im vorliegenden Fall keinesfalls als abgelaufen anzusehen. An dieser Stelle ist in Bezug auf den Bescheid der belangten Behörden zu bemerken, dass sich anhand dessen Begründung nicht nachvollziehen lässt, von welchem Sachverhalt die Behörde bei der Beurteilung des verfahrenseinleitenden Antrages ausgegangen ist, bzw. – welche Textteile des verfahrenseinleitenden Antrages konkret –, die Behörde zur Auslegung herangezogen hat um zum Ergebnis zu gelangen, dass sich der Antragsteller mit seiner Datenschutzbeschwerde (ausschließlich) auf das Erzeugen der Tonaufnahmen im Jahr 2015 beschränken wollte, und nicht auch auf das – von der Beschwerdegegnerin zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellte – Speichern der Tonaufzeichnungen bis ins Jahr 2021, die Vorlage der erzeugten Tonaufzeichnungen anlässlich einer Gerichtsverhandlung XXXX , sowie die Offenlegung von Gesprächsinhalten durch Verteilung von Transskripten an am Prozesstag anwesende Journalisten. So führt die belangte Behörde im Rahmen der Begründung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides unter „C. Sachverhalt“ lediglich aus, „Die Datenschutzbehörde legt den unter Punkt A. festgehaltenen, aktenmäßig dokumentierten Sachverhalt ihrer Entscheidung zu Grunde“, wobei sich hieraus entgegen § 60 AVG nicht ableiten lässt, welchen Sachverhalt die belangte Behörde zur Auslegung des verfahrenseinleitenden Antrages herangezogen hat (vgl. VwGH 20.10.2004, 2001/08/0020).

3.1.10. Aus dem Akteninhalt und den Ausführungen des Beschwerdeführers ergibt sich weiter, dass der Beschwerdeführer durch Vorlage der Tonaufzeichnungen als Beweismittel vor Gericht seitens der mitbeteiligten Partei XXXX .2021 erstmals Kenntnis von der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch diese und somit vom beschwerenden Ereignis erlangt hat. Am XXXX .2022 brachte er eine Beschwerde nach §§ 1 und 24 Abs. 1 DSG bzw. Art. 77 DSGVO bei der Datenschutzbehörde ein.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass auch die subjektive Frist von einem Jahr zur Einbringung einer Datenschutzbeschwerde nach §§ 1 und 24 Abs. 1 DSG noch nicht abgelaufen war, und die Datenschutzbehörde die Beschwerde wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung daher zu Unrecht zurückgewiesen hat.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid war daher ersatzlos zu beheben. Zu den Rechtsfolgen wird die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 28 Abs. 5 VwGVG verwiesen (siehe VwGH, 19.10.2016, Ro 2016/12/0009 mwN).

3.2. Zum Verhältnis zwischen den Rechtsbehelfen des Art. 77 DSGVO („Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde bzw. Art. 79 DSGVO („Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter“):

3.2.1. Nach Art. 79 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person unbeschadet des Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde das Recht auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf, wenn sie der Ansicht ist, dass die ihr aufgrund dieser Verordnung zustehenden Rechte infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten verletzt wurden und hat der europäische Gesetzgeber damit explizit einen zweigleisigen Rechtsschutz vorgesehen. Dieser zweigleisige Rechtsschutz wurde vom OGH auch bereits wiederholt bejaht (z.B. 6 Ob 35/21x vom 15.04.2021 unter Verweis auf 6 Ob 131/18k und 6 Ob 91/19k).

3.2.2. Da die Datenschutzbehörde bei einer Beschwerde nach Art 77 DSGVO und ein Zivilgericht bei Klagen nach Art 79 DSGVO über "dieselbe Sache" zu entscheiden haben können, stellt sich — mangels entsprechender Regelungen im Datenschutzgesetz – wie von der belangten Behörde unter Verweis auf ein diesbezügliches Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH aufgezeigt – die Frage der wechselseitigen Bindungswirkung von Entscheidungen.

3.2.3. Dass Bundesverwaltungsgericht schließt sich in dieser Frage der im Urteil des LG ZRS Wien XXXX vertretenen Rechtsauffassung an und ist für das gegenständliche Verfahren festzuhalten, dass – obwohl dem gegenständlichen Verfahren derselbe Sachverhalt zugrunde liegt und auch die Identität der Verfahrensparteien gegeben ist – hier dennoch keine entschiedene Sache vorliegt. Der Beschwerdegegenstand im Verfahren vor der Datenschutzbehörde ist eine (allfällige) Feststellung der Verletzung des Beschwerdeführers in dessen Recht auf Geheimhaltung nach § 1 DSG durch die von der mitbeteiligten Partei heimlich aufgenommenen Tonaufzeichnungen. Im zivilgerichtlichen Verfahren geht es hingegen um die Unterlassung der drohenden Veröffentlichung (weiterer) bereits vorhandener Tonbandaufnahmen sowie um die Gefahr der unberechtigten Herstellung neuer Tonbandaufnahmen. Da im Verfahren vor der Datenschutzbehörde (und in Folge vor dem Bundesverwaltungsgericht) nicht über „dieselbe Sache" wie vor dem Zivilgericht – es handelt sich dort gegenständlich um ein auf § 16 ABGB und § 77 Urheberrechtsgesetz gestütztes und durch einstweilige Verfügung allenfalls zu sicherndes Unterlassungsbegehren – zu entscheiden ist, war dem Antrag der belangten Behörde auf Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens – bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-132/21 – nicht zu folgen.

3.3. Zu A2:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass, wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040, sowie 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084, alle mwN). Eine inhaltliche Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag ist dem Bundesverwaltungsgericht somit verwehrt. Auch eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG kommt nicht in Betracht (siehe dazu VwGH 16.12.2009, 2008/12/0219). Der Antrag des Beschwerdeführers, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und eine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 DSG feststellen, war daher zurückzuweisen.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da bereits aufgrund der Aktenlage festgestellt werden konnte, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche – über den Anlassfall hinausreichend – Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu den Spruchpunkten A1) und A2) angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Ausführungen zur Hemmung der Präklusionsfristen nach dem DSG konnten anhand der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung ergehen.

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