JudikaturBFG

RV/7100189/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 23. September 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 23. August 2024 betreffend Familienbeihilfe ab 12.2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Abweisungsbescheid vom 23. August 2024 wurde der Antrag von ***Bf1*** (Beschwerdeführer - Bf) auf Ausgleichszahlung vom 22.12.2023 (eingebracht am 27.12.2023) für ***K*** (Kind), geboren am ***D***, ab Dezember 2018 abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass das Kind nicht im Haushalt des Bf lebe. Obwohl der Bf die überwiegenden Unterhaltskosten leiste, erhalte er keine Familienbeihilfe, weil eine andere Person aufgrund des gemeinsamen Haushalts mit dem Kind anspruchsberechtigt sei (§ 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Mit Anbringen vom 23. September 2024 wurde fristgerecht Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom 23. August 2024 eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die beantragten Ausgleichszahlungen zu Handen der Mutter weitergeleitet werden würden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Oktober 2024 (postalisch versendet am 29. Oktober 2024) wurde die Beschwerde vom 23. September 2024 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass wenn ein Elternteil mit seiner Erwerbstätigkeit in Österreich einen Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung auslöst, stünde diese Leistung dem Elternteil zu, der das Kind im Ausland im gemeinsamen Haushalt hat und nicht mehr dem, der die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt. Die Haushaltszugehörigkeit des Kindes zur Mutter schließe eine Auszahlung der österreichischen Familienbeihilfe an den Bf aus. Für die Mutter bestünde daher die Möglichkeit den Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Ausgleichszahlung in Österreich zu beantragen. Ein Verzicht des haushaltsführenden Elternteils zugunsten des Antragstellers gelte nur, solange ein gemeinsamer Wohnsitz aufrecht ist.

Mit Anbringen vom 24. November 2024 (eingelangt am 26. November 2024 per Fax) wurde fristgerecht ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt (Vorlageantrag). Am 29. November 2024 wurde der inhaltsgleiche Vorlageantrag nochmals per Post eingebracht.

Mit Vorlagebericht vom 21. Jänner 2025 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Darin wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist polnischer Staatsbürger, wohnhaft in ***Adr***, mit einem Nebenwohnsitz in ***Bf1-Adr***. Der Bf ist Vater von ***K*** (geboren am ***D***). Der Bf finanziert monatlich die überwiegenden Unterhaltskosten.

Der Bf ist unselbständig erwerbstätig in Österreich. Zwischen dem Bf und der Firma ***F*** besteht seit ***D1*** ein Dienstverhältnis. Er erhält dementsprechende Lohnzettel.

Die Mutter des Kindes ist ***M***. Sie lebt mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt in ***Adr1***.

Es besteht kein gemeinsamer Haushalt der Eltern.

Für den Zeitraum, auf den sich der Antrag bezieht, hat die Mutter für das Kind Anspruch auf eine, der österreichischen Familienbeihilfe gleichartige, polnische Beihilfe in Höhe von 500,00 PLN.

Die haushaltsführende Mutter verzichtet auf die Ausgleichszahlung für das Kind zugunsten des Bf.

Der Bf ist nicht Anspruchsberechtigter im Hinblick auf die Gewährung einer Ausgleichszahlung.

2. Beweiswürdigung

Der, der Entscheidung zugrunde gelegte, Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und dem Vorbringen der Parteien.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:

Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen:

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats.

Gem. § 2 Abs 1 lit a FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Gem. § 2 Abs 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2a FLAG lautet:

(1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteils verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

§ 4 FLAG lautet:

(1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.

(2) Österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs 1 oder gemäß § 5 Abs 3 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszahlung, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

(6) Die Ausgleichszahlung gilt als Familienbeihilfe im Sinne des FLAG; die Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe finden jedoch auf die Ausgleichszahlung keine Anwendung.

Wie sich aus § 2 Abs 2 FLAG ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an.

Laut Aktenlage wohnt der Sohn des Bf bei seiner Mutter an der aktenkundigen Adresse in Polen. Der Bf war im Beschwerdezeitraum in Österreich beschäftigt bzw befand sich in einer einer Beschäftigung gleichgestellten Situation. Es liegt somit ein Anwendungsfall der VO (EG) 883/2004 vor. Nach Art 67 der VO (EG) 883/2004 wird die Wohnsituation auf Grund der im Beschwerdezeitraum in Polen gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen. Diese Fiktion besagt aber nur, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörigen im zuständigen Mitgliedstaat wohnen, nicht aber, dass diese im selben Haushalt wohnen. Wer von den Familienangehörigen anspruchsberechtigt ist, ist nach nationalem Recht zu beurteilen.

Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 idgF hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Ist das Kind bei keiner anspruchsberechtigten Person haushaltszugehörig, hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, die überwiegend die Unterhaltskosten bestreitet. Da der Sohn des Bf im beschwerdegegenständlichen Zeitraum bei seiner Mutter und nicht bei dem Bf haushaltszugehörig war, ist der Bf nicht als Anspruchsberechtigter anzuerkennen.

Ein Verzicht des haushaltsführenden Elternteiles zugunsten des Antragstellers gilt nur, solange ein gemeinsamer Wohnsitz aufrecht ist. Der Verzicht einer anspruchsberechtigten Person auf den Bezug der Familienbeihilfe zugunsten des anderen Elternteiles setzt nach § 2a FLAG somit voraus, dass das Kind, für das der Familienbeihilfenanspruch besteht, zum gemeinsamen Haushalt der Eltern gehört. Mit dem Auszug eines Elternteiles aus der (bisher) gemeinsamen (Ehe)Wohnung und dem Verbleiben des Kindes in dieser Wohnung fällt für diesen Elternteil die Anspruchsberechtigung weg, weil die Tatbestandsvoraussetzung des § 2 Abs 2 FLAG nicht mehr gegeben ist. Es liegt damit auch kein Fall des § 2a FLAG mehr vor. Unabhängig von einem zuvor allenfalls abgegebenen Verzicht nach § 2a Abs 2 FLAG kommt der Anspruch auf Familienbeihilfe ab dem dem Auszug folgenden Monat (§ 10 Abs 2) nur mehr dem Elternteil zu, welcher mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt wohnt (VwGH 21.9.2009, 2009/16/0081; 28.2.2002, 2001/15/0207).

Da die Mutter des Kindes des Bf, bei der das Kind des Bf im Beschwerdezeitraum in einem gemeinsamen Haushalt in Polen gelebt hat bzw. noch immer lebt, familienbeihilfenantragsberechtigt ist, steht dem in Österreich erwerbstätigen Bf bzw. Vater des in Polen bei seiner Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes keine Ausgleichszahlung betreffend Familienbeihilfe zu (§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 idgF).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage der Anspruchsberechtigung betreffend Ausgleichszahlung folgt dieses Erkenntnis der geltenden Rechtslage sowie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am 7. Oktober 2025