JudikaturBFG

RV/3100498/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
08. Januar 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Tinzl & Frank Rechtsanwälte-Partnerschaft, Museumstraße 21, 6020 Innsbruck, betreffend Familienbeihilfe, ***Ob nnnnnnn***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom 4. Juni 2024 wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 26. September 2023 informierte das Finanzamt die Beschwerdeführerin über die Zeiträume, für die für die Kinder ***K1*** und ***K2*** Familienbeihilfe gewährt worden war.

Mit Rückforderungsbescheid gleichen Datums forderte das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge betreffend das Kind ***K1***, geboren am ***nn.nnnn.nnnn***, für den Zeitraum April 2021 bis September 2023 zurück.

Mit Eingabe vom 2. Oktober 2023 erhob die Beschwerdeführerin gegen die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 26. September 2023 die als Einspruch bezeichnete Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. Juni 2024 wies das Finanzamt eine Beschwerde gegen den Rückforderungsbscheid vom 26. September 2023 als unbegründet ab.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 10. Juli 2024 den Vorlageantrag ein.

Mit ergänzenden Vorbringen vom 26. November 2024 legte die Beschwerdeführerin einen weiteren Arztbrief vom 4. September 2018 vor und beantragte gleichzeitig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnenden Bescheid abzusprechen.

Voraussetzung für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ist das Vorhandensein eines Erstbescheides und einer dagegen erhobenen Beschwerde.

Die als Einspruch bezeichnete Beschwerde vom 2. Oktober 2023 richtet sich ihrer Bezeichnung und ihrem Inhalt nach ausdrücklich gegen die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 26. September 2023 und nicht gegen den mit gleichem Datum erlassenen Bescheid über die Rückforderung der im Zeitraum April 2021 bis September 2023 für das Kind ***K1*** ausbezahlten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Die mit Vorlageantrag bekämpfte Beschwerdevorentscheidung vom 4. Juni 2024 spricht hingegen über eine (nicht existente) Beschwerde vom 2. Oktober 2024 gegen den Rückforderungsbescheid ab.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt die Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes (vgl. VwGH 04.04.1990, 89/13/0190). In einem solchen Fall ist die Beschwerdevorentscheidung aufzuheben. Der Vorlageantrag scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung aus dem Rechtsbestand aus.

Gemäß § 274 Abs. 1 BAO hat über eine Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag (§ 264), in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) oder wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des späteren Bescheides beantragt wird oder wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.

Anträge, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 274 Rz 3 mwH). Der erst im ergänzenden Vorbringen vom 26. November 2024 gestellte Antrag erweist sich somit als verspätet. Aufgrund der gegebenen Sachlage hält auch der Einzelrichter die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht als erforderlich.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine zu lösende Rechtsfrage, die über den Einzelfall hinaus von Relevanz ist, war nicht zu lösen. Die Aufhebung eines Bescheides bei Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde entspricht der Rechtsprechung des VwGH. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am 8. Jänner 2025