IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 19. Dezember 2024 gegen die Bescheide des Finanzamtes für Großbetriebe vom 22. November 2024 betreffend Energieabgabenvergütung 2018 und 2019 sowie Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung des Vergütungsbetrages für den Zeitraum 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***
I. zu Recht erkannt:
Die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 2018 und über die Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 2019 werden aufgehoben.
II. beschlossen:
Die Beschwerde hinsichtlich des Bescheides über die Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 2018 wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.
III. beschlossen:
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheiden vom 22. November 2024 wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 2018 verfügt, der Vergütungsbetrag nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für das Kalenderjahr 2018 mit EUR 139.779,85 festgesetzt und der Vergütungsbetrag nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für das Kalenderjahr 2019 mit EUR 151.300,65 festgesetzt.
Dagegen erhob die ***Bf*** am 19. Dezember 2024 Beschwerde und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide, die Festsetzung der Energieabgabenvergütung für das Jahr 2018 mit EUR 144.147,67 sowie die Festsetzung der Energieabgabenvergütung für das Jahr 2019 mit EUR 217.220,93.
Die Beschwerde wendet sich gegen die vom Finanzamt seinen Bescheiden zugrunde gelegte Auslegung des Begriffs "Nettoproduktionswert" nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 13. Jänner 2025 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Am 21. Jänner 2025 stellte die Beschwerdeführerin den Vorlageantrag. Mit Schreiben vom 11. Juni 2025 zog die Beschwerdeführerin die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die ***Organträger*** ist Organträger einer Organschaft, deren Organgesellschaft die ***Bf*** ist. Die ***Bf*** ist ein einheitlicher Produktionsbetrieb zur Herstellung von Fleisch und Wurstwaren. Die ***Bf*** ist als Organgesellschaft dem Unternehmen der ***Organträger*** (Organträger) nach § 2 Abs. 2 UStG 1994 untergeordnet.
Am 7. Dezember 2023 beantragte die ***Organträger*** für ihren Betrieb ***Bf*** die Vergütung von Energieabgaben für das Kalenderjahr 2018.
Mit Bescheid vom 25. Jänner 2024 wurde dem Antrag stattgegeben. Der Vergütungsbetrag wurde nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz in Höhe von EUR 156.303,29 festgesetzt.
Am 7. November 2024 beantragte die ***Organträger*** für ihren Betrieb ***Bf*** die Vergütung von Energieabgaben für das Kalenderjahr 2019.
Aufgrund einer erfolgten Außenprüfung hat das Finanzamt für Großbetriebe festgestellt, dass Innenumsätze der Umsatzsteuerorganschaft bei der Ermittlung des Nettoproduktionswertes zu erfassen seien (Abschlussbericht vom 22. November 2024).
Die Bescheide vom 22. November 2024, mit denen die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 2018 verfügt, der Vergütungsbetrag nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für das Kalenderjahr 2018 mit EUR 139.779,85 festgesetzt und der Vergütungsbetrag nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für das Kalenderjahr 2019 mit EUR 151.300,65 festgesetzt wurde, wurden an den Bescheidadressat "***Bf***" adressiert.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs. 3 genannten Energieträger sind nach § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5 % des Unterschiedsbetrages zwischen 1.Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und 2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz gelten als Umsätze im Sinne von Abs. 1 Z 2 auch Umsätze, die, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 wären und im Zusammenhang mit steuerbaren Umsätzen stehen.
Nach § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz besteht ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.
Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz wird über Antrag des Vergütungsberechtigten je Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) der Betrag vergütet, der den in § 1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern und die in § 1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen.
Die Vergütung obliegt nach § 2 Abs. 4 Energieabgabenvergütungsgesetz idF BGBl. I Nr. 46/2022 dem für die Erhebung der Umsatzsteuer des Vergütungsberechtigten zuständigen Finanzamt.
Der Begriff "Betrieb" wird im Gesetz nicht näher definiert. Das Energieabgabenvergütungsgesetz bedient sich aber im Wesentlichen der Terminologie des UStG 1994 (siehe zB § 1; vgl. auch die Zuständigkeitsregelung nach § 2 Abs. 4), sodass nicht auf den ertragsteuerlichen, sondern auf den umsatzsteuerlichen Betriebsbegriff abzustellen ist (vgl. Grabner/Schwab, Handbuch Energieabgaben Rz 224 mit Hinweis auf VwGH vom 11. Dezember 2009, 2006/17/0118). Der VwGH führt in der zitierten Entscheidung aus, dass § 2 Abs. 1 der Stammfassung des Energieabgabenvergütungsgesetzes als Vergütungsberechtigten das "Unternehmen" nennt. Durch die Novelle des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 797/1996, wurde ausdrücklich zur "Klarstellung" (vgl. 497 BlgNR 20. GP 37) der Begriff des Unternehmens durch jenen des Betriebes ersetzt. Dabei ist der VwGH beim Begriff "Unternehmer" von einem umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriff ausgegangen: Ein Unternehmen umfasst nach § 2 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit eines Unternehmers. Der VwGH stellt daher auf den Betrieb im umsatzsteuerlichen Sinn ab, wobei der Begriff des Betriebes dem UStG 1994 keineswegs fremd ist (vgl. nochmals VwGH vom 11. Dezember 2009, 2006/17/0118 mit Hinweis auf die Bestimmungen des § 14 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 6 oder § 25 Abs. 2 UStG 1994).
Der VwGH hat bereits zum Energieabgabenvergütungsgesetz idF BGBl. I Nr. 92/2004 ausgesprochen, dass § 2 Energieabgabenvergütungsgesetz zwar davon spricht, dass ein Anspruch auf Vergütung "für alle Betriebe" besteht. Dies bedeutet jedoch lediglich, dass das Energieabgabenvergütungsgesetz eine betriebsbezogene Betrachtungsweise bei der Beurteilung und Bemessung des Vergütungsanspruches einnimmt, und gibt dem Betrieb [Anmerkung: Betrieb gewerblicher Art] als nicht-rechtsfähiger Person noch keinen eigenen von seinem Rechtsträger losgelösten Vergütungsanspruch. Aus der betriebsbezogenen Betrachtung des Energieabgabenvergütungsgesetz folgt jedoch, dass für jeden Betrieb ein eigener Vergütungsantrag zu stellen ist (vgl. VwGH vom 20. Juni 2012, 2010/17/0144).
Eine juristische Person ist in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 nicht selbständig tätig und dadurch nicht Unternehmer, wenn sie dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. Dies trifft dann zu, wenn sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eingegliedert ist (Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 2 Rz 236).
Da im gegenständlichen Fall eine Organschaft im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 vorliegt, ist die Organgesellschaft ***Bf*** nicht Unternehmer im Sinne des UStG 1994. Als potenzieller Vergütungsberechtigter für die Energieabgabenvergütung ist ausschließlich der Organträger, die ***Organträger***, anzusehen und nicht die einzelne Organgesellschaft (vgl. auch Grabner/Schwab, Handbuch Energieabgaben Rz 243). Die Anträge wurden richtigerweise von der ***Organträger*** gestellt.
Da jeweils die ***Bf*** als Organgesellschaft Bescheidadressat ist, diese aber nicht vergütungsberechtigt ist, sind die Bescheide fehlerhaft und rechtwidrig.
3.2. Zu Spruchpunkt II.
Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1 BAO) entsprochen, so ist eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1 BAO) gerichtete Bescheidbeschwerde gemäß § 261 Abs. 2 BAO mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.
Die Gegenstandsloserklärung der Bescheidbeschwerde liegt nicht im Ermessen. Sie hat durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu erfolgen (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 261 BAO Rz 6).
Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt nach § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides scheidet somit ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus, der alte Sachbescheid lebt wieder auf (Ritz/Koran, BAO8 § 307 BAO Rz 8 mit Hinweis auf VwGH vom 15. November 2005, 2004/14/0108; VwGH vom 30. März 2006, 2006/15/0016 ua).
Im Hinblick darauf, dass der Wiederaufnahmebescheid aufzuheben war, war die Beschwerde hinsichtlich des neu erlassenen Sachbescheides vom 22. November 2024 über die Festsetzung des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz für den Zeitraum 2018 als gegenstandslos zu erklären.
3.3. Zu Spruchpunkt III.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der Judikatur des VwGH vom 20. Juni 2012, 2010/17/0144 und vom 11. Dezember 2009, 2006/17/0118 folgt.
Wien, am 3. Juli 2025