IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 16. Mai 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom 24. April 2019 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge kurz Bf) beantragte mit der am 07.03.2019 beim Finanzamt eingebrachten Erklärung zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2018 unter anderem die Zuerkennung des "Vertreterpauschales" gemäß § 17 Abs 6 EStG iVm § 1 Z 9 VO BGBl II 2001/382.
Nachdem das Ergänzungsansuchen der belangten Behörde vom 11.03.2019 von der Bf am 01.04.2019 beantwortet wurde, erging am 24.04.2019 der Einkommensteuerbescheid 2018, in welchem die gegenständlichen Werbungskosten der "Vertreterpauschale" nicht anerkannt wurden. Im Wesentlichen wurde vom Finanzamt erläutert, dass im vorliegenden Fall keine Vertretertätigkeit, sondern eine Beratertätigkeit vorliegen würde.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die Beschwerde vom 16.05.2019. Die Bf begehrte, die beantragten Kosten der "Vertreterpauschale" anzuerkennen und legte in Erwiderung auf die Ausführungen des Finanzamtes zusätzlich einen Auszug aus den Lohnsteuerrichtlinien zur Rz 10406 vor, in welcher die typischen Vertretermerkmale beschrieben werden. Sie wies darauf hin, dass diese Beschreibung direkt auf ihre berufliche Tätigkeit zutreffe.
Im Rahmen der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2019 führte die belangte Behörde aus, dass vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit die Akquisition (Erlangung und Abschluss) von Aufträgen sei. Damit verbunden seien Ausgaben im Zusammenhang mit Telefonaten, Kundenbesuchen, etc., die durch das Vertreterpauschale abgegolten werden sollen. Da es von der Bf dazu keine Bestätigungen von ihrem Dienstgeber gab und auf Grund des Vorbringens der Rz 10406 LStR (in welcher als Beispiel ein Energieberater genannt war), nahm die belangte Behörde hier die Tätigkeit eines Energieberaters statt eines Energievertreters an. Ein Energieberater gäbe in erster Linie die Beratung und Hilfestellung zu nachhaltig geringeren Energiekosten durch bestmögliche Energieeinsparung und effiziente Nutzung erneuerbarer Energieträger. Da die vorrangige Aufgabe eines Energieberaters nicht der Geschäftsabschluss, sondern eine beratende Tätigkeit vor Ort sei, würden derartige Aufwendungen nicht anfallen. Ihre Tätigkeit als Energieberaterin entspräche daher nicht dem Berufsbild eines Vertreters und das Vertreterpauschale stünde daher nicht zu.
Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtete sich der rechtzeitig eingebrachte Vorlageantrag. Darin wurde von der Bf nochmals bekräftigt, dass sie gerade keine Energieberatung "mit der Beratung als vorrangiges Ziel" durchführe, sondern "Verkaufsgespräche mit dem Ziel eines Abschlusses". "Ich bin für den Verkauf angestellt und bin dementsprechend abschlussorientiert." Die Bf sei im streitgegenständlichen Jahr weit mehr als die Hälfte des Jahres im Außendienst unterwegs gewesen, um Energieverträge abzuschließen.
Mit Vorlagebericht vom 05.06.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.
Die Beschwerde wurde der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesfinanzgerichts aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses iZm der Pensionierung der bisherigen Richterin mit 07.02.2025 zugeteilt.
Auf Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes vom 11.03.2025 wurde von der Bf mit Vorhaltsbeantwortung vom 17.03.2025 die Gehaltsabrechnung für Oktober 2018 vorgelegt und im Wesentlichen auf die Unterlagen, welche die Bf der belangten Behörde bereits übermittelt habe, verwiesen.
Die belangte Behörde brachte in ihrer Stellungnahme zum Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom 19.03.2025 vor, dass jene von der Bf in deren Vorhaltsbeantwortung vom 17.03.2025 genannten Unterlagen nicht an das Finanzamt übermittelt wurden. Die belangte Behörde habe alle Unterlagen, welche sich im Akt befanden, dem Bundesfinanzgericht vollständig vorgelegt. Weitere Dokumente seien nicht vorhanden.
Dieser Umstand wurde der Bf vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom 25.03.2025 vorgehalten und nochmals die Möglichkeit gegeben, die geforderten Unterlagen beizuschaffen und dem Gericht vorzulegen. Der Beschluss vom 25.03.2025 blieb unbeantwortet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im streitgegenständlichen Jahr war die Bf als Verkäuferin/Promotorin speziell für den Energievertrieb in der Abteilung Energieservice bei der POST AG beschäftigt. Dafür war die Bf mehr als die Hälfte des Jahres im Außendienst unterwegs.
Die Bf erhielt im Monat Oktober einerseits ein fixes Monatsgehalt sowie andererseits eine Abschlussprovision.
Ein Dienstwagen stand der Bf nicht zu, sie bewältigte die Außendienste mittels öffentlicher Verkehrsmittel, wobei hier die Kosten durch die persönliche Jahreskarte der Bf abgedeckt waren, wofür keine Kostenersätze durch den Dienstgeber gewährt wurden. Lediglich für diverse größere bzw mehrtätige Reisen wurden vom Dienstgeber Kostenersätze bewilligt.
Der Bf stand zwar ein Firmenlaptop zu, ein Büro hatte sie jedoch nicht, sie war überwiegend im Außendienst tätig.
Dieser Sachverhalt wurde von keiner der Parteien bestritten.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den aktenkundigen Unterlagen, insbesondere aus der Vorhaltsbeantwortung der Bf vom 17.03.2025 und den von ihr vorgelegten Dokumenten (Bestätigung Dienstgeber für das Jahr 2017, Bestätigung von Kostenersätzen für Reisekosten, etc.).
Unstrittig ist, dass die Bf überwiegend im Außendienst tätig war, dies ergibt sich aus der vom Dienstgeber bestätigten Unterlagen vom 13.02.2019. Diese Bestätigung wurde vom Dienstgeber zwar für das Jahr 2017 bestätigt, vom Gericht wird in der Folge angenommen, dass dies auch das Beschwerdejahr betrifft.
Strittig ist jedoch, ob die Bf in ihrer Außendiensttätigkeit auch tatsächlich eine Vertretertätigkeit ausgeübt hat.
Ein Indiz dafür wäre, dass die Bf nicht nur ein fixes Gehalt, sondern auch Provisionszahlungen (möglicherweise - wie von der Bf behauptet - für eine bestimmte Abschlussquote von Verträgen) erhalten hat. Da jedoch bloß für einen Monat eine Gehaltsabrechnung vorgelegt wurde, könnte dies ebenso auch eine Ausnahme für derartige Provisionszahlungen sein. Ein Nachweis für das Vorliegen von regelmäßigen abschlussorientierten Provisionszahlungen wurde trotz Aufforderung durch das Gericht von der Bf nicht erbracht.
Der Bf wurde mit Beschluss des Gerichtes vom 25.03.2025 eine weitere Möglichkeit gegeben, weitere Nachweise zu erbringen. So hätten Unterlagen wie der Arbeitsvertrag, Vertriebsziele, Abschlussziele, eine genaue Beschreibung des Tätigkeitsfeldes der Bf oder weitere Gehaltsabrechnungen vorgelegt werden können. Das Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom 25.03.2025 blieb jedoch gänzlich unbeantwortet.
Somit konnte der Nachweis durch die Bf, ob die Vertretertätigkeit im Sinne der Verordnung BGBl II 2001/382 auch tatsächlich im Überwiegen ausgeführt wurde, nicht erbracht werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist, ob die nichtselbstständige Arbeit der Bf als Vertreterin im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 2001/382, anzusehen ist und diese im Überwiegen auch tatsächliche Vertretertätigkeiten ausgeführt hat.
Die Einkünfte der Bf als Angestellte der Post AG im Jahr 2018 stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 dar. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden der Gruppe der außerbetrieblichen Einkünfte zugeordnet. Die steuerpflichtigen Einkünfte ergeben sich folglich aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs 4 Z 2 EStG 1988). Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn ein Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen mit der außerbetrieblichen Einkunftsart vorliegt (vgl ua VwGH 31.01.2001, 99/13/0249; VwGH 28.05.2015, 2012/15/0104; VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0031). Bei der Veranlassung handelt es sich um einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Tätigkeit, mit welcher die Einkünfte generiert werden. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Werbungskosten grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (ua VwGH 08.02.2007, 2004/15/0102). Der Steuerpflichtige muss allerdings die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen (vgl VwGH 22.12.2011, 2008/15/0164).
Im gegenständlichen Fall macht die Bf unter anderem das Vertreterpauschale als Werbungskosten geltend.
Gemäß § 17 Abs 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden. In der zur zitierten Bestimmung ergangenen Verordnung BGBl II 2001/382 ist dementsprechend in § 1 Z 9 für "Vertreter" anstelle des Werbungskostenpauschalbetrages gemäß § 16 Abs 3 EStG 1988 ein pauschaler Werbungskostenabzug von 5% der in § 2 der Verordnung dargestellten Bemessungsgrundlage, höchstens der Betrag von EUR 2.190,00 jährlich, vorgesehen.
Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitnehmer ausschließlich Vertretertätigkeit ausübt. Laut Verordnungswortlaut umfasst die Vertretertätigkeit sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. In zeitlicher Hinsicht ist vorgesehen, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss.
Mangels näherer Beschreibung des verwendeten Vertreterbegriffs in der Verordnung BGBl II 2001/382 ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Erfahrungen des täglichen Lebens und die Verkehrsauffassung abzustellen (VwGH 18.12.2013, 2009/13/0261). Demnach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (VwGH 28.6.2012, 2008/15/0231).
Der Pauschalsatz laut Verordnung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Arbeitnehmer eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausübt. Eine andere Außentätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, gilt daher nicht als Vertretertätigkeit in diesem Sinne. Im Vordergrund hat jedenfalls der Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften zu stehen (VwGH 24.2.2005, 2003/15/0044). Bloß eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit als jene der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und der Kundenbetreuung würde der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegenstehen (VwGH 30.9.2015, 2012/15/0125). Maßgeblich ist, ob der Außendienst vom Abschluss von Rechtsgeschäften geprägt ist (Jakom, EStG 2011, Tz 66 zu § 16). Daher ist eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, keine Vertretertätigkeit (vgl. Lenneis in Jakom, EStG6, § 16 Tz 66).
Entsprechend der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung und den nicht erbrachten Nachweisen durch die Bf ist im gegenständlichen Fall das geforderte Kriterium der Ausschließlichkeit der Vertretertätigkeit sohin nicht erfüllt, weshalb das Werbungskostenpauschale im Sinne des § 1 Z 9 der Verordnung BGBL II 2001/382 nicht zusteht.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Erkenntnis entspricht die Lösung der Rechtsfrage der ständigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Graz, am 20. Mai 2025