JudikaturBFG

RV/5100770/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
20. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 5. Juli 2021 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 24. Juni 2021 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** über die Abweisung eines COVID-19- Ratenzahlungsansuchens zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 26. März 2020 wurde der Beschwerdeführerin die Stundung des unten näher aufgegliederten Abgabenrückstandes in Höhe von 18.524,20 € bis 2. Juni 2020 bewilligt. Nach Ablauf dieses Stundungstermines erfolgten weder Zahlungen auf das Abgabenkonto, noch wurde eine weitere Stundung beantragt oder bewilligt. In Aktenvermerken vom 13. Juli 2020 und 23. November 2020 hielt das Finanzamt fest, dass aufgrund der Corona-Pandemie von Einbringungsmaßnahmen abgesehen werde, die Stundung mit "010620" (richtig: 02.06.2020) ausgelaufen und kein neues Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht worden sei. Es erfolgte somit insbesondere keine Stundung des Rückstandes bis 1. Oktober 2020, sodass es auch zu keiner gesetzlichen Verlängerung der Stundungsfrist bis 30. Juni 2021 kam (§ 323c Abs. 11 und 11a BAO).

Mit standardisiertem Informationsschreiben des Finanzamtes Österreich vom 2. Juni 2021 wurde die Beschwerdeführerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass auf ihrem Abgabenkonto Abgabenschuldigkeiten von insgesamt 18.524,20 € aufscheinen würden, die spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2021 zu entrichten seien. Mit 30. Juni 2021 laufe die gesetzlich vorgesehene Stundung von Abgabenbeträgen aus. Die Finanzverwaltung möchte ihr die Rückzahlung ihres Rückstandes jedoch soweit wie möglich erleichtern. Angepasst an die besonderen Umstände sei das COVID-19-Ratenzahlungsmodell inklusive "Safety-Car"-Phase für sie entwickelt worden, wenn mehr als die Hälfte des Abgabenrückstandes nach dem 15. März 2020 fällig geworden sei. Das Modell für Rückzahlungen sei flexibilisiert und auf bis zu 36 Monate ausgeweitet worden. Die Beschwerdeführerin könne dieses spezielle Ratenzahlungsmodell ab dem 10. Juni 2021 bis zum 30. Juni 2021 beantragen und dabei zwischen zwei näher dargestellten Rückzahlungsvarianten wählen.

Am 14.6.2021 beantragte die Beschwerdeführerin über FinanzOnline eine näher dargestellte Ratenzahlung der Variante 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells inklusive der "Safety-Car"-Phase für den aushaftenden Abgabenrückstand in Höhe von 18.524,20 € (zuzüglich Zinsen).

Das Finanzamt wies dieses Ansuchen mit Bescheid vom 24. Juni 2021 ab, da der Abgabenrückstand nicht überwiegen aus Abgaben bestehe, die zwischen dem 15. März 2020 und dem 30. Juni 2021 fällig geworden sind. Die Voraussetzungen des § 323e Abs. 2 Z 1 BAO seien damit nicht erfüllt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 5. Juli 2021, eingelangt am 6. Juli 2021. In der Begründung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihr laut Finanzamt keine COVID-19-Ratenzahlung gegeben werden könne, da ihr Rückstand teilweise vorher entstanden sei. Da stimme sie zu. Aber sie habe ihren Rückstand wegen COVID-19 nicht begleichen können, da ihr Gasthaus in dieser Zeit fast zehn Monate wegen COVID-19 "von der Regierung" geschlossen worden sei. Ohne Einnahmen habe sie auch keine Rückstände bezahlen können.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. August 2021 unter Hinweis auf die Begründung des Abweisungsbescheides ab, da die Voraussetzungen des § 323e BAO nicht vorlägen. Die Beschwerdeführerin habe jedoch die Möglichkeit, ein Ratenansuchen nach § 212 BAO zu stellen, welches eine ausreichende Begründung enthalten müsse.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom 19. August 2021, in dem die Beschwerdeführerin auf das eingangs zitierte Informationsschreiben des Finanzamtes verwies, demzufolge sie das darin dargestellte Ansuchen (COVID-19-Ratenzahlungsmodell inklusive "Safety-Car"-Phase) stellen könne.

Erst mit Vorlagebericht vom 6. August 2025 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung derselben. Gründe dafür, warum der Vorlageantrag vom 19. August 2021 rund vier Jahre unbearbeitet geblieben war, wurden im Vorlagebericht nicht genannt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin war gemeinsam mit ihrem Ehegatten ***1*** an der ***2*** KG (FN ***3***, StNr. ***4***) beteiligt, die ein Gasthaus betrieben hat.

Der Antrag im Sinne des § 323e BAO vom 14. Juni 2021 umfasste einen Abgabenrückstand in Höhe von 18.524,20 €, der sich aus folgenden Abgabenschuldigkeiten zusammensetzte:

AbgabenartZeitraumFälligkeitZahlungsfristBetrag
Einkommensteuer201413.02.20172.156,25
Anspruchszinsen201413.02.2017149,44
Säumniszuschlag 1201719.05.2017149,1
Stundungszinsen201719.05.201756,26
Einkommensteuer201531.07.20178.779,00
Stundungszinsen201531.07.201789,41
Einkommensteuer201403.08.2017518
Säumniszuschlag 1201718.09.2017175,58
Säumniszuschlag 1201718.10.201758,56
Säumniszuschlag 2201716.11.201766,55
Pfändungsgebühr201705.12.2017223,06
Barauslagenersatz201705.12.20176,91
Säumniszuschlag 2201718.12.201729.01.201887,79
Säumniszuschlag 3201716.02.201861,55
Stundungszinsen201818.06.201840,25
Einkommensteuer201616.07.20185.235,00
Stundungszinsen201616.07.201850,33
Verspätungszuschlag201616.07.2018521,75
Stundungszinsen201818.07.201899,41
Summe18.524,20

Ungeachtet der abweisenden Entscheidung vom 24. Juni 2021 leistete die Beschwerdeführerin in weiterer Folge Teilzahlungen auf diesen Abgabenrückstand. Auch die Gutschriften aus den Veranlagungen zu den Einkommensteuern für die Jahre 2018 und 2019 führte zu einer Rückstandsverminderung.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2022 bewilligte das Finanzamt die Entrichtung des zu diesem Zeitpunkt noch offenen Abgabenrückstandes in Höhe von 15.896,20 € in elf monatlichen Raten von 500,00 € sowie einer am 25. März 2023 fälligen zwölften Rate von 10.396,20 €.

Die Monatsraten von 500,00 € wurden von der Beschwerdeführerin geleistet, die am 25. März 2023 fällige Abschlusszahlung dagegen nicht. Auch in den Jahren 2024 und 2025 erfolgten Zahlungen auf das Abgabenkonto, auf dem derzeit nur mehr ein Rückstand von 4.185,61 € aushaftet.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Abgabeninformationssystem und im Firmenbuch gespeicherten Daten. Die Tatsache, dass der verfahrensgegenständliche, oben näher aufgegliederte Rückstand von 18.524,20 € vor dem 15. März 2020 fällig war, wurde in der Beschwerde ausdrücklich anerkannt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 323e BAO regelte in der am 26.3.2021 in Kraft getretenen Fassung des BGBl I Nr. 52/2021 unter dem Titel COVID-19-Ratenzahlungsmodell:

(1) Abweichend von § 212 Abs. 1 besteht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Die Zinsen betragen zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen.

(2) Für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem 15. März 2020 und dem 30. Juni 2021 fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.

2. Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem 10. Juni 2021 bis zum 30. Juni 2021 einzubringen.

3. Der Ratenzahlungszeitraum endet am 30. September 2022.

4. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige einmal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

5. Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung - IO, RGBl. Nr. 337/1914 noch nach der Anfechtungsordnung - AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(3) Für die Phase 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

1. Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, für die bereits die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gewährt worden ist, die aber in diesem Ratenzahlungszeitraum nicht vollständig entrichtet werden konnten, einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 2 gelegen sind.

2. In Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells wurden zumindest 40% des überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) entrichtet und es ist kein Terminverlust (§ 230 Abs. 5) eingetreten.

3. Der Antrag ist vor dem 31. August 2022 einzubringen.

4. Der Ratenzahlungszeitraum beträgt längstens einundzwanzig Monate.

5. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass er den aus der Phase 1 verbliebenen Abgabenrückstand zusätzlich zu den laufend zu entrichtenden Abgaben innerhalb des beantragten Ratenzahlungszeitraumes der Phase 2 entrichten kann.

6. Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige einmal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(4) Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welcher Form die Glaubhaftmachung gemäß Abs. 3 Z 5 zu erbringen ist.

Durch das BGBl I Nr. 228/2021 wurde die in Abs. 1 zweiter Satz enthaltene Zinsenbestimmung dahin geändert, dass für die Zinsenberechnung § 323c Abs. 13 BAO anzuwenden ist. Ferner wird in Abs. 2 Z 4 nunmehr bestimmt, dass der Abgabepflichtige zweimal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen konnte.

Das in § 323e Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 BAO vorgesehene Abgrenzungskriterium der Fälligkeit nach dem Zeitraum vor und nach dem 15. März 2020 war erforderlich, um zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten aus Vor-COVID- bzw. COVID-Zeiträumen sachgerecht differenzieren zu können. Es kam daher zunächst darauf an, dass die aufgelaufenen Abgabenrückstände ab dem 15. März 2020 nicht entrichtet werden konnten. Gab es daneben noch Rückstände aus Zeiten vor dem 15. März 2020, konnte eine Ratenzahlung gemäß § 323e Abs. 2 und 3 BAO dennoch bewilligt werden, wenn überwiegend - also im Ausmaß von mehr als 50 % - Rückstände aus dem Zeitraum nach dem 15. März 2020 gegeben waren, wobei - wie auch in dem in Raten zu entrichtenden Betrag - die bescheidmäßig festgesetzten Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen, deren Zahlungstermin im Ratenzahlungszeitraum der Phase 1 gelegen sind, einzubeziehen waren. Lagen in einem höheren Ausmaß Rückstände aus Zeiträumen vor dem 15. März 2020 vor, konnte eine Ratenbewilligung unter den Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 für die Dauer von höchstens 12 Monaten gewährt werden (Ritz, BAO8, § 323e Tz 2 mit Hinweis auf AB 10502 BlgBR, 6).

Voraussetzung für die Bewilligung des COVID-19-Ratenzahlungsmodell war somit das Vorliegen von Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem 15. März 2020 und dem 30. Juni 2021 fällig geworden sind. Auch im Informationsschreiben des Finanzamtes Österreich vom 2. Juni 2021 wurde die Beschwerdeführerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das COVID-19-Ratenzahlungsmodell nur zur Anwendung gelangt, wenn mehr als die Hälfte des Abgabenrückstandes nach dem 15. März 2020 fällig geworden ist.

Gegenständlich waren die vom Antrag vom 14. Juni 2021 umfassten Abgabenschuldigkeiten ausnahmslos geraume Zeit vor dem 15. März 2020 fällig. Einkommensteuervorauszahlungen fielen bis zum 30. September 2022 (Ende der Phase 1) nicht an. Damit lagen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Bewilligung des COVID-19-Ratenzahlungsmodells nicht vor, und wies das Finanzamt den Antrag vom 14. Juni 2021 daher zu Recht ab. Eine Ratenbewilligung gemäß § 212 BAO erfolgte dagegen mit Bescheid vom 7. Juni 2022.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Informationsschreiben vom 2. Juni 2021 über die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 323e BAO unterrichtet worden war, ändert nichts an der rechtmäßigen Abweisung des Antrages vom 14.6.2021, wurde doch in diesem Informationsschreiben ausdrücklich auf das Erfordernis hingewiesen, dass das COVID-19-Ratenzahlungsmodell nur zur Anwendung gelangt, wenn mehr als die Hälfte des Abgabenrückstandes nach dem 15. März 2020 fällig geworden ist. Auch aus dem unzutreffenden Hinweis auf eine tatsächlich gar nicht zugestandene Stundung von Abgabenschuldigkeiten (gemäß § 323c Abs. 11 und 11a BAO bis 30. Juni 2021) ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (z.B. VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159 mwN). Die Bestimmung des § 323e Abs. 2 Z 1 BAO regelt klar und eindeutig, dass das COVID-19-Ratenzahlungsmodells nur zur Anwendung gelangen konnte, wenn die zugrundeliegenden Abgabenschuldigkeiten überwiegend zwischen dem 15. März 2020 und dem 30. Juni 2021 fällig waren. Diese Bestimmung wirft keine Rechtsfragen auf, die einer höchstgerichtlichen Klärung bedürften. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war keine Rechtsfrage, sondern die Sachverhaltsfrage, ob ein überwiegend COVID-19-bedingter Abgabenrückstand als Voraussetzung für die Anwendung des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gegeben war. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

 

Linz, am 20. August 2025