IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 18. Jänner 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 15. Jänner 2024 betreffend Familienbeihilfe 07.2023-01.2024 Steuernummer ***Bf-StrNr*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom 15.01.2024 wurde die Familienbeihilfe für das Kind der Beschwerdeführerin ***4*** für den Zeitraum Juli 2023 bis Jänner 2024 mit der Begründung, dass keine Berufsausbildung für das volljährige Kind vorliege rückgefordert.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am 18.01.2024 Beschwerde, im Ersuchen um Ergänzung der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin sinngemäß aus:
Die Tochter habe ein Studium in Griechenland am 30.09.2023b begonnen und dies im Dezember 2023 abgebrochen. Einen Studienerfolgsnachweis würde es nicht geben, da Prüfungen erst im Jänner 2024 stattgefunden hätten und das Studium zu diesem Zeitpunkt nicht mehr betrieben wurde.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.04.2024 als unbegründet ab.
Die Tochter ***3*** habe am 13.06.2023 das Bachelorstudium Medical and Pharmaceutical Biotechnology an der Fachhochschule Krems erfolgreich abgeschlossen. Mit 30.09.2023 sei ein Masterstudium an der Universität von Kreta in Griechenland begonnen worden. Dieses Studium sei mit 20.12.2023 wieder abgebrochen worden.
Die Tochter ***3*** sei von 30.09.2023 bis 20.12.2023 an der Universität von Kreta in Griechenland gemeldet gewesen. Die Universität von Kreta sei keine in § 3 Studienförderungsgesetz 1992 genannte Einrichtung weshalb im gegenständlichen Fall für den strittigen Zeitraum die Bestimmungen der Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG 1967 anzuwenden seien.
Da bereits im Juni 2023 die erste Berufsausbildung, das Bachelorstudium, beendet worden sei und erst mit 30.09.2023 eine weitere Berufsausbildung begonnen worden sei. Habe sich die Tochter ***3*** im Zeitraum Juli 2023 bis August 2023 nicht in einer Berufsausbildung befunden.
Auch die weitere Berufsausbildung sei von der Tochter ***3*** bereits mit 20.12.2023 wieder abgebrochen worden und es seien keine Prüfungen abgelegt worden.
Da sich eine Berufsausbildung iSd FLAG durch das ernsthafte und zielstrebige Bemühen des Kindes auszeichne, die Berufsausbildung erfolgreich abzuschließen, könne nicht davon ausgegangen werden, dass Tochter ***3*** im Zeitraum September 2023 bis Dezember 2023 einer zielstrebigen und ernsthaften Berufsausbildung nachgegangen sei. Seit Jänner 2024 befinde sich die Tochter ***3*** daher in keiner aufrechten Berufsausbildung.
Die Beschwerdeführerin brachte am 15.05.2024 einen Vorlageantrag ein, bei dem sie angab dass die Tochter ***3*** im ersten Semester eine Prüfung gehabt habe und diese auch bestanden habe und sie diesen Nachweis noch erbringen würde.
Dieser Nachweis wurde nicht erbracht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Mit Bescheid vom 15.01.2024 wurde die Familienbeihilfe für die Tochter der Beschwerdeführerin ***4*** für den Zeitraum Juli 2023 bis Jänner 2024, sowie die betreffenden Kinderabsetzbeträge rückgefordert.
Am 13.06.2023 hat die Tochter ***3*** das Bachelorstudium Medical and Pharmaceutical Biotechnology an der Fachhochschule Krems erfolgreich abgeschlossen.
Am 30.09.2023 wurde eine weitere Berufsausbildung im Rahmen eines Studiums im Ausland (Griechenland, Kreta) begonnen. Diese Berufsausbildung wurde am 20.12.2023 wieder beendet.
Ein Studienerfolg konnte nicht nachgewiesen werden, da im oben genannten Zeitraum noch keine Prüfungen stattgefunden haben. Weitere Nachweise wurden nicht erbracht.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf aus den Akteninhalt und insbesondere auf die vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin:
Zusage für einen Studienplatz an der Universität von Kreta, ausgestellt am 23.06.2023 Studienbestätigung der Universität Von Kreta
Der festgestellte Sachverhalt ist grundsätzlich unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967: Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967: Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Abs. 2: Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 letzter Satz auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro [61,80 ab 01/2023] für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Nach der Judikatur des VwGH ist die Frage, ob von einem "Kind" eine Berufsausbildung absolviert wird, eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. VwGH 21.01.2004, 2003/13/0157; VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050).
Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten (VwGH 27.09.2012, 2010/16/0084).
Eine Berufsausbildung liegt dann vor, wenn der Studierende sich nach außen erkennbar ernsthaft und zielstrebig um den Studienfortgang und den Studienabschluss bemüht. Ein derartiges Bemühen manifestiert sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur im laufenden Besuch der angebotenen Lehrveranstaltungen, sondern und insbesondere auch dadurch, dass die Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, abgelegt werden (VwGH 22.11.1995, 94/15/0034) bzw. zu diesen zumindest angetreten wird (VwGH 17.09.1990, 89/14/0070). Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, stellt einen essentiellen Bestandteil des Studiums und somit der Berufsausbildung selbst dar (VwGH 20.06.2000, 98/15/0001, VwGH 09.07.2008, 2005/13/0142).
Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass zum Betrieb eines Studiums der (regelmäßige) Besuch von Lehrveranstaltungen gehört (z.B. BFG 15.10.2015, RV/7104777/2015; BFG 28.12.2018, RV/7104425/2016; BFG 25.09.2019, RV/6100164/2018).
Die jedem Studenten eingeräumte und auch vom Gesetzgeber in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 (Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG) erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen, bedeutet zwar einerseits nicht, dass detaillierte Nachweise zu erbringen wären, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird. Andererseits kann diese akademische Freiheit aber nicht dahingehend aufgefasst werden, dass eine Berufsausbildung iSd FLAG durch Besuch einer in § 3 StudFG genannten Einrichtung auch dann vorliegt, wenn tatsächlich keine Aktivitäten in Richtung eines Studiums gesetzt werden, die die Annahme einer Berufsausbildung iSd FLAG rechtfertigen (vgl. BFG 02.06.2020, RV/5100208/2020, unter Verweis auf BFG 12.02.2019, RV/5101745/2017).
Werden im Nachweiszeitraum keine Prüfungen oder Prüfungen in einem Umfang von weniger als 16 ECTS-Punkten abgelegt, so liegt keine Berufsausbildung vor, die zum Bezug der Familienbeihilfe berechtigt.
Die bloße Meldung zur Fortsetzung des Studiums etwa, ist als reiner Formalakt nicht geeignet, eine Berufsausbildung nachzuweisen und damit den Anspruch auf Familienbeihilfe zu begründen (Hermann Hebenstreit, aaO, § 26, Rz 5 aa)).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das gegenständliche Erkenntnis der hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Linz, am 10. Juli 2025