JudikaturBFG

RV/4100087/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Wieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Deutschland, über die Beschwerde vom 20. Dezember 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 23. November 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ***Bf1***, (in weiterer Folge kurz die Bf) reichte am 07.08.2022 ihre Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2021 ein und beantragte darin die Berücksichtigung von Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten für das gesamte Kalenderjahr.

Mit Bescheid vom 21.11.2022 setzte das Finanzamt die Einkommenssteuer 2021 mit Euro 3.065,04 fest, sodass abzüglich der anrechenbaren Lohnsteuer eine Gutschrift in Höhe von Euro 535,00 festgestellt wurde. Die beantragten Kosten für Familienheimfahrten wurden für vier Monate berücksichtigt, da die Bf seit November 2020 in Österreich eine unbefristete Tätigkeit ausübe und eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort bei der alleinstehenden Bf in einem Zeitraum von sechs Monaten als angemessen angenommen werde. Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung wurden mangels Vorlage von Nachweisen nicht berücksichtigt.

In der am 20.12.2022 eingereichten Beschwerde beantragte die Bf erneut die Anerkennung von Familienheimfahrten unter einer doppelten Haushaltsführung. Ihre Tätigkeit in Österreich sei auf drei Jahre beschränkt, da sie in Deutschland das Architektenbüro ihres Onkels übernehmen werde. Ihr Aufenthalt in Österreich diene der Erfahrungssammlung, gleichzeitig sei es für die zukünftige Firmenübernahme jedoch auch wichtig mit ihrem Onkel und dessen Kunden in regelmäßigen, persönlichen Kontakt zu bleiben. Zum Nachweis der Kosten der doppelten Haushaltsführung übersendete die Bf einen Untermietvertrag für eine Wohnung in ***S1***.

Im Zuge eines Vorhalteverfahrens gab die alleinstehende Bf bekannt, dass ihr Hauptwohnsitz in Deutschland liege und sie die Wegstrecken zwischen ihrem Wohnsitz und dem Arbeitsort ***S1*** mit dem privaten Pkw bewältige. In ***S1*** lebe sie in einer Wohngemeinschaft und zahle hierfür monatliche Mietkosten in Höhe von Euro 493,00. Der Familienwohnsitz könne aus beruflichen und privaten Gründen nicht in die Nähe der Arbeitsstätte verlegt werden. Sie wolle sowohl ihre Wohnung als auch ihr soziales Umfeld in Deutschland aufrechterhalten. Aufgrund von Mitgliedschaften in diversen Vereinen und ihrer ehrenamtlichen Mitarbeit in einem Tennisclub sei ihre regelmäßige Anwesenheit in Deutschland erforderlich. Zudem habe sie sich im Jahr 2021 um einen Bauplatz an ihrem deutschen Wohnsitz beworben, da sie in naher Zukunft an diesem Ort das Architektenbüro ihres Onkels übernehmen wolle. Als Nachweise wurden von der Bf der Mietvertrag für die in ***S1*** gelegene Wohnung, Überweisungsbestätigungen der Mietzahlungen, ein ZMR-Auszug und ein Dienstvertrag mit dem österreichischen Arbeitgeber übermittelt.

Mittels Beschwerdevorentscheidung vom 12.01.2023 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. Da laut Arbeitsvertrag ein unbefristetes Dienstverhältnis vorliege werden weiterhin Familienheimfahrten für einen vorübergehenden Zeitraum von 6 Monaten (im Beschwerdezeitraum von 4 Monaten) berücksichtigt. Aufgrund der nunmehr vorliegenden Nachweise werde auch die doppelte Haushaltsführung für diesen Zeitraum anerkannt.

Im Zuge des fristgerecht eingebrachten Vorlageantrags beantragte die Bf erneut die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten für das gesamte Jahr 2021 anzuerkennen und verwies hierzu auf ihre bereits im Zuge der Beschwerde vorgebrachte Begründung.

Die Abgabenbehörde legte dem Verwaltungsgericht die Beschwerde am 13.04.2023 zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die im Beschwerdezeitraum alleinstehende Bf ***Bf1***, ist am ***Bf1-Geb*** geboren, deutsche Staatsangehörige, und hatte im Beschwerdezeitraum keine Sorgepflichten. Sie hat einen Wohnsitz in ***Bf1-Adr-GER***, Deutschland, inne. Bei der deutschen Wohnadresse handelt es sich um eine Mietwohnung mit zwei Zimmern und einer Wohnfläche von 48 m², welche die Bf seit dem Jahr 2016 auf unbestimmte Zeit gemietet hat.

Mit 01.11.2020 begann die Bf bei der Firma ***AG1*** in ***S1*** zu arbeiten und war die Bf im Beschwerdezeitraum 2021 durchgehend bei diesem Unternehmen beschäftigt. Dienstort war die ***AG1-Adr*** in ***S1***. Haupttätigkeit der Bf im Zuge ihrer 40-stündigen Vollanstellung war die Durchführung von Planungsleistungen im Architekturbereich. Das Dienstverhältnis wurde für drei Monate bis zum 31.01.2021 befristet, bei Weiterbeschäftigung ab diesem Zeitpunkt gilt es als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Bf war im gesamten Jahr 2021 und (zumindest) auch in den Jahren 2022 und 2023 unbefristet bei der Firma ***AG1*** in ***S1*** beschäftigt.

Ebenfalls mit Datum 01.11.2020 mietete die Bf eine Wohnung an der Adresse ***Bf1-Adr-AUT***. Hierbei handelt es sich um eine Zweizimmerwohnung mit 65 m², welche die Bf für einen monatlichen Mietzins in Höhe von Euro 430,00 plus Nebenkosten in Höhe von Euro 63,00 auf unbestimmte Zeit angemietet hat. Der Mietzins wurde von der Bf ordnungsgemäß entrichtet. Die Bf hat in ***S1*** laut ZMR-Meldung einen Nebenwohnsitz gemeldet, welchen sie im gesamten Beschwerdezeitraum 2021 und auch in den Folgejahren 2022 und 2023 innehatte.

Die Bf fuhr im Jahr 2021 regelmäßig mit ihren Privat-PKW von ihrem am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz in ***S1*** zu ihrem Wohnsitz nach ***Bf1-Adr-GER*** (und zurück). Die Fahrtstrecke zwischen den Wohnsitzen der Bf beträgt zirka 547 Kilometer pro Richtung (Hin und Rückfahrt summiert somit zirka 1049 Kilometer).

2. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus dem Vorbringen der Bf und den vorgelegten Unterlagen der Bf und der Abgabenbehörde. Das Bundesfinanzgericht stützt sich überdies auf eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen, dass die Bf im Beschwerdezeitraum alleinstehend war und keine Sorgepflichten hatte, ist ihren eigenen Angaben in der Einkommensteuerklärung zu entnehmen. Zudem wurden diese Angaben von der Bf auch im Rechtsmittelverfahren bestätigt.

Die Feststellungen zu dem im Beschwerdejahr bestehenden Dienstverhältnis der Bf mit der Firma ***AG1*** ergeben sich aus den Angaben der Bf und insbesondere aus dem mit 05.10.2020 datierten, vorgelegten Dienstvertrag.

Die Feststellungen zum in Deutschland gelegenen Wohnsitz der Bf sind ihrem Vorbringen sowie dem im in diesem Zusammenhang vorgelegten Mietvertrag zu entnehmen.

Die Feststellungen zum in ***S1*** gelegenen Wohnsitz der Bf sind dem vorgelegten Mietvertrag zu entnehmen. Die Begründung des Nebenwohnsitzes an der Adresse ***Bf1-Adr-AUT***, kann über die Eintragung im Zentralen Melderegister nachvollzogen werden. Die Bezahlung der monatlichen Miete in Höhe von Euro 430,00 plus Nebenkosten in Höhe von Euro 63,00 wurde von der Bf mittels Vorlage einer Überweisungsbestätigung nachgewiesen.

Dass die Bf im Jahr 2021 regelmäßig zwischen ihren Wohnsitzen pendelte und diese Fahrtstrecken mit ihren Privat-PKW zurücklegte wird seitens des Gerichts anhand der Angaben der Bf, welche von der Abgabenbehörde nicht in Zweifel gezogen wurden, angenommen. Die Wegstrecke zwischen den Wohnsitzen von zirka 547 Kilometer wurden ebenfalls von der Bf bekannt gegeben und kann diese Angabe auch mittels Überprüfung durch einen Routenplaner (Google-Maps) bestätigt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Die Einkünfte der Bf aus ihrer Tätigkeit bei der Firma ***AG1*** in ***S1*** im Jahr 2021 stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 dar.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden der Gruppe der außerbetrieblichen Einkünfte zugeordnet. Die steuerpflichtigen Einkünfte ergeben sich folglich aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ( § 2 Abs 4 Z 2 EStG 1988).

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn ein Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen mit der außerbetrieblichen Einkunftsart vorliegt (vgl ua VwGH 31.01.2001, 99/13/0249; 28.05.2015, 2012/15/0104; 19.10.2016, Ra 2014/15/0031). Bei der Veranlassung handelt es sich um einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Tätigkeit, mit welcher die Einkünfte generiert werden.

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Werbungskosten grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (ua VwGH 08.02.2007, 2004/15/0102). Der Steuerpflichtige muss allerdings die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachweisen, oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen (vgl VwGH 22.12.2011, 2008/15/0164).

Im gegenständlichen Fall macht die Bf Werbungskosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung geltend.

Gemäß § 20 Abs 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften unter anderem die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Kosten der doppelten Haushaltsführung und Kosten für in diesem Rahmen anfallende Familienheimfahrten sind jedoch unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten anzuerkennen.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien-) Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 EStG 1988.

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten daher nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und nur insoweit, als den Abgabepflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird. Daher teilen die beantragten Kosten für Familienheimfahrten das Schicksal der Kosten für doppelte Haushaltsführung.

Unstrittig steht im gegenständlichen Fall fest, dass die Bf im Jahr 2021 einen Wohnsitz in ***Bf1-Adr-GER***, Deutschland, innehatte. Ebenfalls wird nicht in Zweifel gezogen, dass ihr durch die Anmietung einer weiteren Wohnung am Ort des Arbeitsplatzes in ***S1*** und durch Reisebewegungen zwischen ihren beiden Wohnsitzen Kosten entstanden sind. Fraglich ist jedoch, ob diese Kosten steuerlich zu berücksichtigen sind, also ob der Bf eine Verlegung ihres Wohnsitzes an den Beschäftigungsort im Jahr 2021 zumutbar, oder unzumutbar gewesen ist.

Der VwGH hat wiederholt erkannt, dass die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen aus privaten Gründen außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsplatz, dann können die Aufwendungen für die Wohnung am Arbeitsplatz steuerlich nicht berücksichtigt werden (vgl ua VwGH 26.4.1989, 86/14/0030; VwGH 19.9.1989, 89/14/0100). Der Grund, warum Aufwendungen eventuell dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des ständigen Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung kann die verschiedensten Ursachen haben und sich unter anderem aus Umständen der privaten Lebensführung, oder aber auch aus Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses selbst ergeben (vgl ua VwGH 24.11.2011, 2008/15/0296).

Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben (vgl VwGH 27.2.2008, 2005/13/0037). Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als die vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl VwGH 20.4.2004, 2003/13/0154).

Die Unzumutbarkeit ist nach höchstgerichtlicher Judikatur (vgl VwGH 21.06.2007, 2005/15/0079; 20.09.2007, 2006/14/0038) gesondert aus Sicht des jeweiligen Streitjahres bzw Veranlagungsjahres zu beurteilen. Demgemäß ist die Unzumutbarkeit im gegenständlichen Fall aus Sicht des Veranlagungsjahres 2021 zu beurteilen.

Hinsichtlich der privaten Lebensumstände der Bf ist festzustellen, dass diese im Jahr 2021 alleinstehend war und keine Sorgepflichten hatte. Gewichtige persönliche Gründe, weshalb eine Wohnsitzverlegung an den Arbeitsort nicht möglich war, wurden von der Bf nicht vorgebracht. Die sehr allgemein gehaltenen Angaben der Bf, dass sich ihr soziales Umfeld in Deutschland befinde, dort Mitglied bei Vereinen sei und eine ehrenamtliche Tätigkeit ausführe, stellen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine solchen Umstände dar, die von erheblichem objektiven Gewicht für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sind. Die Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten mit Freunden und nahen Angehörigen stellt einen geradezu typischen, privaten Beweggrund zu Beibehaltung eines Wohnsitzes dar. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes begründet selbst der Verlust des "sozialen Umfeldes" keine steuerlich beachtenswerten Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes (vgl ua VwGH, 22.11.2018, Ra 2018/15/0075). Auch persönliche Vorlieben wie die Mitgliedschaft bei Vereinen und die ehrenamtliche Mitarbeit im Tennisclub stellen nach Ansicht des Gerichts keine gewichtigen persönlichen Gründe dar, welche der Verlegung des Familienwohnsitzes entgegenstehen, sondern handelt es sich hierbei um Freizeitgestaltungsmöglichleiten, welche die Bf auch im Umkreis zu ihrem Arbeitsort ausüben kann.

Bezüglich des Vorbringens der Bf, dass sie ihre in Deutschland gelegenen Wohnung nicht aufgeben wolle, ist anzumerken, dass es sich hierbei um keine Eigentums- sondern um eine Mietwohnung mit einer Größe von lediglich 48 m² handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass der Besitz eines Eigenheimes keinen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den neuen Arbeitsort darstellt (ua VwGH 26.04.1989, 86/14/0030; 26.05.2004, 2000/14/0207). Wenn nach der Rechtsprechung des VwGH bereits die Verlegung eines Eigenheims keinen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den neuen Arbeitsort darstellt, sondern diese Umstände in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen fallen, kann nichts anderes für eine Alleinstehende gelten, die "lediglich" eine kleine Mietwohnung in Deutschland inne hat. Dass die Bf diese Mietwohnung aus persönlichen Präferenzen nicht kündigen möchte, stellt keinen triftigen Grund dar, welcher gegen die Verlegung des Wohnsitzes an den Beschäftigungsort spricht. Ebenso wenig kann eine etwaige, zukünftige Schaffung eines Eigenheimes (die Bf habe sich um einen Bauplatz "beworben") eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung begründen.

Zusammengefasst sind für das Gericht keine im privaten Bereich der Bf gelegenen Gründe ersichtlich, welche eine Verlegung des Wohnsitzes an den Beschäftigungsort als unzumutbar qualifizieren.

Zu Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses ist darauf hinzuweisen, dass die Wohnsitzverlegung auch für einen alleinstehenden Steuerpflichtigen unzumutbar ist, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit auf einen gewissen Zeitraum (maximal 4 bis 5 Jahre) befristet ist, der Verbleib am Tätigkeitsort nur von kurzer Dauer sein wird und nach den Umständen des Einzelfalles von einer Rückkehr an den Hauptwohnsitz auszugehen ist (vgl VwGH 03.03.1992, 88/14/0081; 26.11.1996, 95/14/0124; 24.11.2011, 2008/15/0296). Die Möglichkeit einer künftigen beruflichen Veränderung vermag jedoch keine Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes an den Beschäftigungsort zu begründen (vgl VwGH 30.11.1993, 90/14/0212; 27.01.2000, 96/15/0205).

Die Bf stand im Beschwerdezeitraum in einem unbefristeten Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber in Österreich. Es bestanden keine weiteren Abreden hinsichtlich einer etwaigen konkreten Kündigung binnen einer gewissen Frist oder hinsichtlich einer konkreten Befristung der Tätigkeit. Einen Nachweis für eine bereits bei Abschluss des Dienstvertrages bestehende Gewissheit, dass die Tätigkeit nur für eine bestimmte Zeit andauern wird, wurde von der Bf nicht erbracht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch der Wohnungsmietvertrag in ***S1*** von der Bf unbefristet abgeschlossen wurde und ebenfalls keine zeitliche Befristung enthält. Das Vorbringen der Bf, wonach ihre Tätigkeit in Österreich von Anfang an auf nur zirka drei Jahre beschränkt sei, weil sie zukünftig das Architektenbüro ihres Onkels in Deutschland übernehmen werde, ist keine gewisse, sicher eintretende Prämisse, sondern nur eine Annahme, welche über die abstrakte Möglichkeit einer künftigen beruflichen Veränderung nicht hinausgeht (vgl ua VwGH 27.01.2000, 96/15/0205). Die bloße Wahrscheinlichkeit einer eventuellen beruflichen Veränderung aufgrund familiärer Beziehungen, bei welcher sogar von der Bf selbst der konkrete Zeitpunkt des etwaigen Beginns der zukünftigen Tätigkeit nicht eindeutig bestimmt werden kann, stellt keine bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme der auswärtigen Tätigkeit bestehende Sicherheit dar, dass das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Dienstverhältnis lediglich eine gewisse Zeit andauern wird und führt daher auch zu keiner Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung.

Das Gericht kommt somit bei Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu dem Ergebnis, dass der Bf in den beschwerdegegenständlichen Jahr 2021 die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort dem Grunde nach aus den oben angeführten Gründen zuzumuten war. Eine berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung liegt damit im konkreten Fall nicht vor. Die geltend gemachten Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung bzw für Familienheimfahrten fallen daher unter das Abzugsverbot des § 20 Abs 1 EStG 1988 (= Zuordnung zur privaten Lebenssphäre).

Zu zeitlichen Komponente ist jedoch auszuführen, dass es dem Abgabepflichtigen nach einer gewissen Zeit, die nicht schematisch, sondern stets im Einzelfall zu beurteilen ist, in aller Regel zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (vgl VwGH 22.4.1986, 84/14/0198). Dieser Zeitraum hängt insbesondere vom Familienstand ab. Auch bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer können "für eine gewisse Übergangszeit" Aufwendungen für eine Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort als Werbungskosten anerkannt werden (vgl VwGH 18.12.1997, 96/15/0259; 05.02 2021, Ra 2019/13/0061). Für diese Übergangszeit können bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einer Wohnung im Heimatort auch Aufwendungen für Heimfahrten Berücksichtigung finden, weil diesem Arbeitnehmer zuzubilligen ist, in gewissen Zeitabständen in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen (ua VwGH 03.03.1992, 88/14/0081; 05.02.2021, Ra 2019/13/0061). In der Verwaltungspraxis wird bei einem ledigen Abgabepflichtigen ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten angenommen, in welchem die Verlegung des Wohnsitzes an den Arbeitsort als zumutbar qualifiziert wird (Vgl LStR Rz 346 und 354). Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hat der Abgabepflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der in weiterer Entfernung gelegene Familienwohnsitz beibehalten wird.

Das Gericht teilt die Einschätzung der Abgabenbehörde, dass der Bf im gegenständlichen Fall eine Wohnsitzverlegung (zumindest) binnen 6 Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses in ***S1*** zumutbar war. Demgemäß ist eine Anerkennung der doppelten Haushaltsführung und von Familienheimfahrten (begrenzt mit dem höchsten Pendlerpauschale) für einen Zeitraum von 6 Monaten ab Beginn der Beschäftigung am 1.11.2020, somit für das Jahr 2021 noch im Ausmaß von 4 Monaten, anzuerkennen.

Der Beschwerde war somit teilweise stattzugeben. Die Einkommensteuer 2021 ist abweichend vom Erstbescheid ,wie bereits in der BVE vom 12.01.2023 berechnet, mit Euro -1.376,00 festzusetzen. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten beschränkten sich auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Klagenfurt am Wörthersee, am 22. Jänner 2025