JudikaturBFG

RV/2100414/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
07. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Vertretung über die Beschwerde vom 2. September 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 31. Juli 2024 betreffend die für den Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 28. Februar 2021 verfügte Abweisung des - vermeintlich auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für das Kind ***1*** abzielenden - Antrags vom 5. Juni 2024, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid vom 31. Juli 2024 und die Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 4. März 2025 werden wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Antrag des Bf. auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für das Kind ***2*** vom 30.1.2024

In Ansehung obigen Antrages wurde der Sohn des Bf. beim Sozialministeriumservice (SMS) am 16.3.2024 fachärztlich untersucht, wobei diesem ein ab dem 1. Februar 2020 bestehender Grad der Behinderung im Ausmaß von 50% attestiert wurde. Korrespondierend mit dem Ergebnis obigen Gutachtens wurde seitens der belangten Behörde eine mit 22.3.2024 datierte Mitteilung des Inhalts ausgestellt der gemäß dem Bf. - nach Prüfung des Anspruches - für das Kind ***2*** der Grundbetrag zur Familienbeihilfe im Zeitraum vom März 2021 bis Jänner 2033, der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe - bei Zustehen des Grundbetrages - im Zeitraum vom Februar 2020 bis zum März 2027 zu gewähren sei.

Eingabe der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. vom 5.6.2024

Am 5.6.2024 langte beim Finanzamt eine Eingabe nachstehenden -erkenntnisrelevanten - Inhalts ein:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

In der oben bezeichneten Angelegenheit teilen wir mit. Herrn ***3*** rechtsfreundlich zu vertreten.

Vor dem Hintergrund, dass unser Klient über die hauptsächliche Betreuung des Kindes ***1***, geb. am ***5*** verfügt, ersuche ich Sie höflichst auch die erhöhte Kinderbeihilfe ab Februar 2020 auf das Konto unseres Klienten AT ***4*** auszubezahlen."

Abweisungsbescheid vom 31.7.2024

In Ansehung der materiellen Wertung obiger Eingabe als Antrag auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung des Kindes ***1*** wurde dieser betreffend den Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 28. Februar 2021 mit nachstehender Begründung abgewiesen:

Der Erhöhungsbetrag wegen einer erheblichen Behinderung wird als Zuschlag zur allgemeinen Familienbeihilfe gewährt. Da für Ihr Kind die allgemeine Familienbeihilfe nicht zusteht, kann auch der Erhöhungsbetrag nicht ausgezahlt werden.

Der Erhöhungsbetrag der Familienbeihilfe kann nur vom Bezieher des Grundbetrages bezogen werden.

Die Kindesmutter hat im Zeitraum 2/2020 bis 2/2021 den Grundbetrag bezogen.

Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf § 2a (1) FLAG: "Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt."

Es wurde kein Nachweis im Sinne des § 2a (1) FLAG erbracht, wonach der Kindesvater den Haushalt überwiegend führt."

Beschwerde vom 2.9.2024

In der gegen obigen Bescheid gerichteten Beschwerde wurde unter Beantragung einer mündlichen Verhandlung im Wesentlichen ins Treffen geführt, dass ob überwiegender Pflegebetreuung des Kindes ***2*** durch den Bf., respektive oftmaliger Absenzen der Kindesmutter vom gemeinsamen Haushalt, diesem das Recht auf Auszahlung des Erhöhungsbetrages im streitgegenständlichen Zeitraum zustehe.

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 4.3.2025

In der die Beschwerde vom 2.9.2024 abweisenden BVE wurde ins Treffen geführt, dass die Kindesmutter einerseits erst anlässlich einer Antragstellung vom 12.1.2021 auf ihren vorrangigen Anspruch gemäß § 2 a FLAG 1967 verzichtet habe, andererseits die endgültige Trennung der Kindeseltern im Februar 2022 erfolgt sei, ein Anspruch des Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zum Tragen komme.

Vorlageantrag vom 26.3.2025

Gegen vorgenannte der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. nachweislich am 7.3.2025 zugestellte BVE wurde mit Eingabe vom 26.3.2025 ein Antrag auf Behandlung der Beschwerde durch das BFG erhoben.

Rücknahme des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Mit Eingabe vom 8.7.2025 wurde seitens der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Zunächst stellte der Bf. mit Eingabe vom 30.1.2024 einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages für seinen minderjährigen Sohn ***2***, welcher seitens der belangten Behörde - via Ausstellung einer betreffend die Gewährung des Grundbetrags sowie des Erhöhungsbetrags unterschiedliche Zeiträume aufweisenden - Mitteilung vom 22.3.2024 "erledigt" wurde.

In der Folge wurde die in unmittelbarer temporärer Nähe zur Ausstellung obiger Mitteilung stehende, - expressis verbis auf Auszahlung der erhöhten Familienbeihilfe ab Februar 2020 abzielende - Eingabe der rechtsfreundlichen Vertretung des Bf. vom 5.6.2024 als Antrag auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe qualifiziert und dieser betreffend den Zeitraum vom 1.2.2020 bis zum 28.2.2021 mittels beschwerdegegenständlichen Bescheides vom 31.7.2024 abgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Obiger Sachverhalt ist unstrittig und basiert dieser auf dem Inhalt der aktenkundigen Eingaben des Bf. vom 30.1.2024, sowie jener der rechtsfreundlichen Vertretung vom 5.6.2024, respektive aus dem Inhalt der Mitteilung vom 22.3.2024.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

3.1.1. Qualifikation der Eingabe vom 5.6.2024

Nach Auffassung des BFG kommt allein aufgrund der Tatsache des aktenkundigen, mit 30.1.2024 datierten - dezidiert auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe abzielenden - Antrages des Bf. eine nochmalige Qualifikation der Eingabe vom 5.6.2024 als (weiteren) Antrag auf Gewährung nämlicher Familienleistung schon per se nicht in Betracht. Darüber hinaus lässt auch der Inhalt der Eingabe keine Zweifel offen, dass diese - in materieller Hinsicht explizit auf Auszahlung erhöhten Familienbeihilfe ab dem Februar 2020 gerichtet -, nur im Sinne einer Urgenz "abgabenbehördlicher Untätigkeit" verstanden werden kann.

3.1.2. Erledigung eines Antrages durch Bescheid im Geltungsbereich des FLAG 1967

Nach der Bestimmung des § 13 FLAG 1967 hat über Anträge auf Gewährung auf Familienbeihilfe das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Hierbei normiert der zweite Satz leg. cit., dass insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ein Bescheid zu erlassen ist.

3.1.3. Rechtliche Konsequenzen

In Ansehung der Ausführungen unter den Punkten 3.1.1. und 3.1.2. hat die belangte Behörde - in Fehlinterpretation der Eingabe vom 5.6.2024 - unzuständiger Weise eine Befugnis zur Erlassung des beschwerdegegenständlichen Abweisungsbescheides, sowie korrespondierend damit eine solche zur meritorischen Erledigung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde in Anspruch genommen.

Ergo dessen waren - zwecks Herstellung eines rechtskonformen Zustands - sowohl der Abweisungsbescheid vom 31.7.2024, als auch die BVE vom 4.3.2025 aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie jener der BVE direkt auf der Bestimmung des § 13 FLAG 1967 fußt. Demzufolge war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Graz, am 7. August 2025

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