JudikaturBFG

RV/7100716/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
07. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.*** über die Beschwerde vom 10. Jänner 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 8. Jänner 2024, Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Zeiträume Februar 2023 bis Oktober 2023 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass die Rückforderung für die Zeiträume August 2023 bis Oktober 2023 insgesamt 879,90 Euro (FB: 694,50 Euro; KG 185,40 Euro) beträgt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Abgabenhöhe sind der den Entscheidungsgründen folgenden Berechnung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Jänner 2024 forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmung des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in der Höhe von insgesamt 2.639,70 Euro zurück, welche die Beschwerdeführerin (Bf.) für ihre im angefochtenen Bescheid genannten Kinder für die Zeiträume Februar 2023 bis Oktober 2023 bezogen hatte, zurück.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 10. Jänner 2024, in der zur Begründung im Wesentlichen sinngemäß vorgebracht wurde, dass die Bf. im November 2023 eine Verlängerung der Familienbeihilfe beantragt habe und sämtliche erforderliche Unterlagen übermittelt habe. Dem Rückforderungsbescheid liege ein Fehler bei der Bearbeitung zugrunde. Nicht ihre Tochter, ***AB*** (vor der Eheschließung: ***AC***), habe den Zivildienst geleistet, sondern der Ehegatte ihrer Tochter in der Zeit zwischen Februar und Oktober 2023. Die Eheschließung sei im September 2023 erfolgt. Offensichtlich liege hier ein Missverständnis vor. Die Bf. ersuche daher um eine erneute Überprüfung des Sachverhalts und um Korrektur des Fehlers.

Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. März 2024 teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass die Rückforderungen auf die Zeiträume August bis Dezember 2023 eingeschränkt wurde.Zur Begründung führte die Behörde nach Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen an, dass dem Beschwerdebegehren für den Zeitraum 02/2023-07/2023 stattgegeben worden sei und daher eine Begründung gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO nicht erforderlich sei.Die Tochter der Bf., ***AB***, lebe laut vorhandenen Daten seit 7. Juli 2023 nicht mehr mit der Bf. im gemeinsamen Haushalt. Anhand der dem Datenblatt zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom 13. November 2023 beigelegten Unterlagen trage die Bf. nicht die überwiegenden Kosten für ihre Tochter ***AB***, weshalb ab 08/2023 kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr bestehe.

Mit der am 27. März 2024 beim Finanzamt eingelangten Eingabe beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.Soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz wird im Vorlageantrag im Wesentlichen vorgebracht, dass eine Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Tochter ***AB*** weiterhin bestehe. Der Ehegatte der Tochter der Bf. habe von Februar bis November 2023 den Zivildienst geleistet. Schon aus diesem Grund seien die Eltern weiterhin finanziell unterhaltspflichtig für ihre Tochter.Bereits unmittelbar nach der standesamtlichen Trauung ihrer Tochter habe die Bf. telefonisch mit dem Finanzamt Kontakt aufgenommen, um sich bezüglich des Anspruchs auf Familienbeihilfe für ihre Tochter als verheiratete Studentin unter 24 Jahren zu erkundigen. Ihr sei damals versichert worden, dass sie weiterhin anspruchsberechtigt sei, und sie sei gebeten worden, alle erforderlichen Unterlagen nachzureichen, um die Angelegenheit zu überprüfen.Nachdem die Bf. sämtliche Dokumente online eingereicht habe, sei der Antrag auf Familienbeihilfe überprüft und bestätigt worden.In Österreich seien Eltern grundsätzlich bis zum vollendeten 24. Lebensjahr ihres Kindes unterhaltspflichtig, sofern das Kind noch in Ausbildung sei. Diese Unterhaltspflicht bestehe unabhängig davon, ob das Kind verheiratet sei oder nicht. Gleiches gelte bei der Studienbeihilfe, denn auch da werde das Einkommen der Eltern berücksichtigt, unabhängig davon, ob das Kind umgezogen sei oder ob es verheiratet sei. Die Eltern seien weiterhin unterhaltspflichtig für das Kind.Es sei zwar richtig, dass eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, erst dann Anspruch auf Familienbeihilfe habe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei. Aber genau das sei telefonisch mit dem Finanzamt besprochen worden. Die Bf. habe ausdrücklich gefragt, ob es möglich sei, dass die Antragstellung durch die Bf. erfolge und die Familienbeihilfe an die Tochter ausbezahlt werde. Dies sei auch bestätigt worden. Daher sei nicht nachvollziehbar, dass nunmehr eine Rückforderung erfolge, obwohl die Bf. weiterhin anspruchsberechtigt sei.

Das Finanzamt legte die Beschwerde samt den Verfahrensakten mit Vorlagebericht vom 6. März 2025 dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. bezog in den Zeiträumen August 2023 bis Oktober 2023 für ihre Tochter, ***AB***, VNR: ***1***, Familienbeihilfe (608,10 Euro) sowie Kinderabsetzbetrag(185,40 Euro).Der gemäß § 8 Abs. 3 Z. 3 FLAG 1967 für die weiteren Kinder der Bf., ***Kind1***, VNR: ***SVNr1***, ***Kind2***, VNR: ***SVNr2***, und ***Kind3***, VNR: ***SVNr3***, anteilig gewährte Betrag betrug in den genannten Zeiträumen insgesamt 86,40 Euro.Bis 7. Juli 2023 hat die Tochter der Bf. im gemeinsamen Haushalt mit der Bf. gelebt und ist in der Folge in den Haushalt ihres damaligen Lebensgefährten ***BC***, den sie am ***09/2023*** heiratete, gezogen.Die Tochter der Bf. hat in den Zeiträumen August 2023 bis Oktober 2023 in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten/Ehegatten gewohnt und hat nicht mehr zum Haushalt der Bf. gehört. Die Bf. hat für ihre Tochter in diesen Zeiträumen auch nicht die überwiegenden Unterhaltskosten getragen.Die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag wurde daher in den erwähnten Zeiträumen der Tochter der Bf. ausbezahlt.

2. Beweiswürdigung

Die Höhe der von der Bf. in den Zeiträumen August 2023 bis Oktober 2023 bezogenen Beträge (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) ergibt sich aus den Angaben in der Beihilfendatenbank der Finanzverwaltung.In einem Beiblatt zum Eigenantrag der Tochter der Bf. vom 9. April 2024 gab diese für die Zeiträume August 2023 bis Oktober 2023 an, dass sie bei ihrem Ehegatten, ***BC***, wohnte und dass ihre Eltern keine Beiträge zu den Lebenshaltungskosten leisteten.Die Eheschließung der Tochter der Bf. am ***09/2023*** ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.

3. Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe u.a. für volljährige Kinder, die die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 FLAG 1967).

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenna) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind.Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört (§ 8 Abs. 4 FLAG 1967).

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1 FLAG 1967).

Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal (§ 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967).

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 Z. 1 letzter Satz EStG 1988 auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

4. Rechtliche Beurteilung

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und subsidiär darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Tochter der Bf. in den vom angefochtenen Bescheid umfassten Zeiträumen Februar 2023 bis Juli 2023 zum Haushalt der Bf. zugehörig war. Für diese Zeiträume ist daher die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht erfolgt.Für die folgenden - ebenfalls vom angefochtenen Bescheid umfassten - Zeiträume August 2023 bis Oktober 2023 sind für die Bf. mangels Haushaltszugehörigkeit ihrer Tochter sowie mangels Tragung der überwiegenden Unterhaltskosten die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe weggefallen. Es bestand ein Eigenanspruch des Kindes und die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag wurde für die zuletzt erwähnten Zeiträume der Tochter der Bf. ausbezahlt.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge irrelevant. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 12 u. 13, mwH auf die VwGH-Judikatur).Dem Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt.

Mitteilungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gemäß § 12 FLAG 1967 stehen einer Rückforderung gemäß § 26 FLAG 1967 nicht entgegen. Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden wäre (BFG 12.9.2022, RV/7102584/2022).

Das Vorbringen der Bf., die belangte Behörde habe den Bezug der Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages immer geprüft und die Rechtmäßigkeit des Bezugs nach der Überprüfung auch immer bestätigt, vermag der Beschwerde daher vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 Z. 1 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Berechnung der Rückforderung:

vonbisFamilienbeihilfe* (Monat)Summe
08/202310/2023231,50694,50

* 174,70 € (Grundbetrag und Alterszuschlag) + 28,00 € (§ 8 Abs. 3 Z. 3 lit. c FLAG 1967) +28,80 € (Differenzbetrag § 8 Abs. 3 Z. 3 lit. b und c FLAG 1967 für die drei weiteren im angefochtenen Bescheid genannten Kinder)

vonbisKinderabsetzbetrag (Monat)Summe
08/202310/202361,80185,40

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Die (ordentliche) Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil keine zu lösende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Das Bundesfinanzgericht ist in rechtlicher Hinsicht auch nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Linz, am 7. Juli 2025