IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde vom 19.3.2024 des R**** B****, [Adresse], StNr **_***/****, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 22.2.2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2018 zu Recht:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Im Beschwerdefall ist die Berücksichtigung der Kosten für die medizinische Behandlungen einer Knieverletzung des Sohnes des Beschwerdeführers H**** (Knieoperation) in der ****Klinik als außergewöhnliche Belastung strittig (5.340 € OP Honorar und Hausrechnung). Ein Kostenersatz wurde von der Sozialversicherung nicht gewährt. (Die verbleibenden weiteren vom Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen von 3.307,63 € übersteigen insgesamt nicht den gesetzlichen Selbstbehalt des Beschwerdeführers von 5.807,89 €.)
Das Finanzamt verweigerte die Berücksichtigung dieser Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastung. Laut Sozialversicherungsträger (GKK) seien keinerlei Ersätze für diesen Eingriff in der Privatklinik geleistet worden. Kosten für eine Privatklinik und die dafür notwendigen Voruntersuchungen seien nur absetzbar, wenn durch ein eindeutiges medizinisches Attest nachgewiesen werden könne, dass der durchgeführte Eingriff nicht auch in einem allgemeinen Krankenhaus auf der normalen Klasse durchgeführt werden habe können. Die Notwendigkeit zur Durchführung einer Operation stehe außer Streit. Notwendig sei aber ein Nachweis, dass die Operation in einer Klinik auf der normalen Gebührenklasse nicht möglich gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren (in einer Vorhaltsbeantwortung sowie in der Beschwerde und im Vorlageantrag) vor, bereits im Jahr 2014 habe der Sohn eine Knieverletzung erlitten. Damals sei im öffentlichen Spital eine "Prellung" diagnostiziert worden. Da sich die Beschwerden nicht gebessert hätten, sei eine Zweitmeinung in der ****Klinik eingeholt worden. Dort sei ein Kreuzbandriss festgestellt und auch operiert worden. Aus diesem Grund seien im Jahr 2018 wiederum die Privatklinik und derselbe Arzt des Vertrauens aufgesucht worden, um die notwendige neuerliche Operation am selben Knie nach Durchführung einer MR-Untersuchung so schnell wie möglich (12.6.2018) durchführen zu lassen. Laut Finanzamt sei die Absetzbarkeit der Kosten als außergewöhnliche Belastung nur dann gegeben, wenn die Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus zu gesundheitlichen Nachteilen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden, geführt hätte. Bei einer nicht korrekten Diagnose führe dies aber zu einem gesundheitlichen Nachteil. Durch Vorlage entsprechender Unterlagen wies der Beschwerdeführer nach, dass im Jahr 2014 im öffentlichen Spital zunächst ein Kreuzbandriss nicht erkannt worden war (Diagnose: "dist. lig. collat. lat. gen dext." [= Zerrung des äußeren Seitenbandes des rechten Kniegelenks]).
Das Streitjahr betreffend legte der Beschwerdeführer neben zwei Rechnungen der Privatklinik lediglich ein ärztliches Schreiben von Dr. A**** F**** vom 6.6.2018 vor, aus welchem sich die Notwendigkeit einer akuten Versorgung der Knieverletzung ergibt ("MR Bilder zeigen grosses osteochondrales Fragment in der Kniekehle, der korrespondierende Knorpelschaden an der lat. Rolle. Das Kreuzband kommt intakt zur Darstellung. Deutl. blutiger Gelenkserguss.Diagnose: OCD cond. lat. fem. dext. Pat. wird über die Notwendigkeit einer akuten Versorgung aufgeklärt. [...] Der Op Termin wird für Dienstag 12.06.18 in der ****Klinik fixiert. [...]")
In einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt aus, gemäß § 34 Abs 3 EStG müsse die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen sein, dies sei dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könne. Dabei sei die Zwangsläufigkeit eines Aufwandes stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen. Für Krankheitskosten im Speziellen gelte, dass diese Kosten als außergewöhnlich gelten und auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im oa Sinne erwüchsen. Höhere Krankheitskosten als jene, die von der gesetzlichen Sozialversicherung getragen würden (Pflege in der Sonderklasse in allgemeinen öffentlichen Krankenhäusern, Behandlung in Privatkliniken oder durch Ärzte ohne Kassenvertrag) seien dann zwangsläufig, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen geboten seien. Die triftigen medizinischen Gründe müssten in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Kosten für eine Privatklinik seien daher nur dann absetzbar, wenn durch ein eindeutiges medizinisches Attest nachgewiesen werden könne, dass der durchgeführte Eingriff nicht auch in einem allgemeinen Krankenhaus auf der normalen Klasse durchgeführt werden habe können. Anhand des ärztlichen Schreibens vom 6.6.2025 von Dr. A**** F**** sei zwar die Notwendigkeit der akuten Versorgung nachgewiesen, jedoch fehle weiterhin die Zwangsläufigkeit für die Absetzbarkeit als außergewöhnliche Belastungen. Diese sei nur dann gegeben, wenn die Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus zu gesundheitlichen Nachteilen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden, geführt hätte. Da aber nicht festgestellt werden könne, wann der Sohn des Beschwerdeführers in einem öffentlichen Krankenhaus einen Operationstermin bekommen hätte, könne auch nicht beurteilt werden, ob dieser Termin später als jener bei der Privatklinik gewesen wäre und ob in der Folge eine allfällige längere Wartezeit zu gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile, insbesondere die dargestellten Bescheide des Finanzamtes und Schreiben des Beschwerdeführers samt Beilagen, sowie in den elektronischen Akt des Finanzamtes, insbesondere das Abgabenkonto des Beschwerdeführers. Danach steht folgender Sachverhalt fest:
Der Sohn des Beschwerdeführers H**** wurde am 12.6.2018 in der ****Klinik am Knie operiert. Aufgrund der Art der Verletzung war ein akute Versorgung notwendig (ärztliches Schreiben vom 6.6.2018).
Die Kosten der ****Klinik betrugen 5.340 € (OP-Honorar und Hausrechnung).
Der Sohn des Beschwerdeführers ließ die Operation nach Durchführung einer MR-Untersuchung in der ****Klinik vornehmen, da er bereits im Jahr 2014 dort nach einer Knieverletzung am selben Knie nach einem Kreuzbandriss erfolgreich operiert worden war und daher wieder dort vom selben Arzt des Vertrauens operiert werden wollte.Im Jahr 2014 war nämlich im öffentlichen Spital (****Krankenhaus) bloß eine Zerrung des äußeren Seitenbandes des rechten Kniegelenks diagnostiziert worden. Da sich die Beschwerden nicht gebessert hatten wurde eine Zweitmeinung in der ****Klinik eingeholt. Dort wurde ein Kreuzbandriss festgestellt und auch operiert. Aus diesem Grund erfolgte im Jahr 2018 die Operation wiederum in der ****Klinik.
Wann eine Operation in einem öffentlichen Spital möglich gewesen wäre, ist nicht feststellbar.
Ein Nachweis, dass im Streitjahr 2018 aus medizinischen Gründen eine Operation in der ****Klinik erforderlich gewesen wäre, weil in einem öffentlichen Spital eine Operation nicht zeitgerecht oder nicht in der erforderlichen Qualität möglich gewesen wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht erbracht.
Der Beschwerdeführer hat trotz Aufforderung keine Nachweise vorgelegt, dass sein Sohn vor der Behandlung in der ****Klinik versucht hat, einen OP-Termin in einem öffentlichen Krankenhaus zu bekommen.
Tatsächlich wurde im Jahr 2018 ein öffentliches Krankenhaus gar nicht aufgesucht oder zumindest kontaktiert.
Diese Feststellungen gründen sich auf die angeführten Beweismittel sowie auf folgende Beweiswürdigung:
Die Feststellungen sind unstrittig.
Rechtlich folgt daraus:
Der Beschwerdeführer behauptet weder, dass eine zeitgerechte erfolgreiche Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus nicht möglich gewesen wäre, noch, dass überhaupt der Versuch unternommen worden wäre, eine solche Behandlung zu erhalten. Vielmehr hat der Sohn des Beschwerdeführers ein öffentliches Krankenhaus gar nicht aufgesucht, sondern sich unmittelbar an die ****Klinik bzw an den operierenden Arzt gewendet.
Damit ist das Schicksal der Beschwerde jedoch bereits entschieden.
Die Mittel des Sohnes des Beschwerdeführers reichen nicht aus, um die Krankheitskosten zu bestreiten. Daher sind grundsätzlich Kosten iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG beim Unterhaltsverpflichteten, dh beim Beschwerdeführer steuerlich zu berücksichtigen.
Nach § 34 Abs 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs 2), zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Nach § 34 Abs 3 EStG erwächst dem Steuerpflichtigen eine Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (VwGH 1.9.2015, 2012/15/0117; 4.9.2014, 2012/15/0136; 26.5.2010, 2007/13/0051).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (VwGH 21.11.2013, 2010/15/0130; 11.2.2016, 2003/13/0064). Bloße Wünsche, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen reichen nicht, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen. Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (VwGH 4.9.2014, 2012/15/0136; 22.12.2004, 2001/15/0116). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (VwGH 13.3.2023, Ra 2020/13/0057, mwN). Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf die die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann.
Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (VwGH 13.5.1986, 85/14/0181).
Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ist ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wird.
Liegt eine ärztliche Bestätigung über die dringliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Privatkrankenhaus vor und wäre bei einer längeren Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen, sind die Kosten für die Privatklinik als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Als triftige medizinische Gründe für eine bestimmte Behandlungsart können auch Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen der Operation gelten.
Unstrittig ist, dass die Aufwendungen dem Beschwerdeführer dem Grunde nach zwangsläufig erwachsen sind. Fest steht jedoch auch, dass keine triftigen medizinischen Gründe nachgewiesen wurden, die höhere Aufwendungen als die von der Sozialversicherung finanzierten rechtfertigen, da kein entsprechendes Gutachten oder Attest bzw kein Nachweis vorgelegt wurde, wonach der durchgeführte Eingriff nicht auch (zeitgerecht) in einem öffentlichen Krankenhaus auf der normalen Klasse hätte durchgeführt werden können; ein solches Krankenhaus wurde vielmehr gar nicht aufgesucht oder zumindest kontaktiert (vgl dazu jüngst auch VwGH 13.3.2023, Ra 2020/13/0057 mwN; 11.2.2022, Ra 2020/13/0062 mwN).
Der Entschluss, sich im Fall einer Operation an den Arzt (Privatklinik) des Vertrauens zu wenden, ist durchaus verständlich und nachvollziehbar, es handelt sich dabei allerdings um eine freiwillige Entscheidung, die nach der Rechtslage keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen begründet.
Damit liegt aber die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der Durchführung der Operation in einem Privatspital stehen der Höhe nach nicht vor. Die Aufwendungen können daher steuerlich nicht berücksichtigt werden (VwGH 24.3.2021, Ra 2020/15/0029 mwN).
Die verbleibenden als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen übersteigen insgesamt nicht den gesetzlichen Selbstbehalt des Beschwerdeführers von 5.807,89 €.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.
Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. September 2025