JudikaturBFG

RV/1100010/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
19. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache der Bf., vormals G-Straße-xx, Gde X, über die Beschwerde vom 8. November 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom 7. November 2023 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2022 (Steuernummer aa-bbb/ccdd) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen:

Die Einkommensteuer für das Jahr 2022 wird festgesetzt mit:Das Einkommen im Jahr 2022 beträgt: 8.337,00 €44.006,48 €
Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:Einkünfte ohne inländischen SteuerabzugPendlerpauschale laut LohnzettelPendlerpauschale laut VeranlagungWerbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnteSonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag57.350,97 €0,00 €- 3.852,00 €- 255,70 €- 9.236,79 44.006,48 €
Gesamtbetrag der Einkünfte44.006,48 €
Außergewöhnliche Belastungen:Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988)Selbstbehalt- 722,11 €722,11 €
Einkommen44.006,48 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:0% für die ersten 11.000,0020% für die weiteren 7.000,0032,5% für die weiteren 13.000,0042% für die restlichen 13.006,480,00 €1.400,00 €4,225,00 €5.462,72 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge11.087,72 €
VerkehrsabsetzbetragPendlereuro- 400,00 €- 160,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge10.527,72 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:0% für die ersten 620,006% für die restlichen 4.129,440,00 €247,77 €
Einkommensteuer10.775,49 €
Ausländische Steuer- 2.438,23 €
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988- 0,26 €
Festgesetzte Einkommensteuer8.337,00 €

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) war im Streitjahr Grenzgängerin nach Z und bezog aus ihrer unselbständigen Beschäftigung bei der XY AG (E-Straße-xy, GDe Y) ganzjährig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Nach elektronischem Einlangen ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 samt Lohnausweis und Beleg betreffend Zahlung (06/2023) an die AB Versicherung AG am 27. August 2023 wurde die Bf. mit Bescheid vom 7. November 2023 unter Berücksichtigung ihres vorgelegten Lohnausweises zur Einkommensteuer für das Jahr 2022 erklärungsgemäß veranlagt.

In der dagegen über FinanzOnline am 8. November 2023 erhobenen Beschwerde legte die Bf. das Beiblatt zum Lohnausweis für österreichische Arbeitnehmer in Z (Grenzgänger) vor und beantragte die im Beiblatt ausgewiesenen Sonderzahlungen entsprechend zu berücksichtigen.

Nach einem abgabenbehördlichen Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom 13.11.2023, wonach die Bf. ersucht wurde, die jeweiligen Monatslohnausweise nachzureichen, da in den von ihr eingereichten Unterlagen die Höhe der erhaltenen Sonderzahlungen nicht ersichtlich sei; mit Anbringen vom 20.11.2023 legte sie daraufhin abermals das oben erwähnte Beiblatt zum Lohnausweis vor) änderte die Abgabenbehörde mit stattgebender Beschwerdevorentscheidung vom 22. November 2023 den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2022 vom 7. November 2023 insofern zu Gunsten der Bf. ab, als es diesem Bescheid entsprechend dem vorgelegten Jahreslohnausweis samt Beiblatt steuerpflichtige laufende Bezüge iHv gesamt 58.498,00 SFr bzw. 57.350,97 € [bestehend aus "Grundlohn" (54.000,00 SFr bzw. 52.941,16 €), Trinkgelder "Tronc" (2.692,00 SFr bzw. 2.639,22 €) sowie "Beitrag an die Krankenversicherung" (1.806,00 SFr bzw. 1.770,59 €)] und sonstige Bezüge ("13. Monatslohn", "Leistungsanteil, Bonus") iHv gesamt 5.500,00 SFr bzw. 5.392,16 € zugrunde legte und diesen Bezügen abzugsfähige Sozialversicherungsbeiträge iHv gesamt 7.413,00 SFr bzw. 7.267,65 € ["AHV/IV/ALV/NBU" (3.925,00 SFr bzw. 3.848,04 €), "Pensionsversicherung" (3.199,00 SFr bzw. 3.136,27 €), "Krankentaggeldversicherung" (289,00 SFr- bzw. 283,33 €)] als Werbungskosten gegenüberstellte, wovon 6.757,43 SFr bzw. 6.624,93 € auf die laufenden und 655,57 SFr bzw. 642,72 € auf die sonstigen Bezüge entfielen. Die Steuer für die sonstigen Bezüge errechnete sich daher mit 247,77 € (= sonstige Bezüge iHv 5.392,16 € - anteilige Werbungskosten iHv 642,72 € - Freibetrag iHv 620,00 € x begünstigter Steuersatz von 6%). Die in Z bezahlte 4%ige Quellensteuer wurde iHv 2.487,00 SFr bzw. 2.438,23 € angerechnet.

Mit Anbringen (FinanzOnline) vom 27. November 2023 beantragte die Bf. eine Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht und ersuchte dabei um Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2022 (Beschwerdevorentscheidung) vom 22. November 2023. Begründend führte sie unter Vorlage von Belegen betreffend Zahlungen (02-06/2022) an die AB Versicherung AG aus, dass aus ihrer Sicht die Krankenversicherungsbeiträge, welche sie verpflichtend in Österreich zu entrichten habe, nicht oder nur zum Teil in der Steuererklärung berücksichtigt worden seien. Diese würden im Jahr 2022 in Summe 2.611,86 € betragen. Für den Jänner 2022 habe es keine separate Buchung gegeben; die Februarbuchung enthalte auch die diesbezüglichen Jänner-Beiträge. Die Versicherungsgesellschaft stelle leider keine Bestätigung mehr wie früher aus. Zudem bitte sie auch zu prüfen, ob die erhaltenen Trinkgelder als steuerfreie Bezüge betrachtet werden könnten. Wenn sie dies mit einer Beschäftigung in Österreich vergleiche, so werde dort allenfalls eine Trinkgeldpauschale in der Lohnverrechnung berücksichtigt, aber das Trinkgeld an sich (unabhängig von der Höhe) verbleibe der Person, welche für das Trinkgeld gearbeitet habe. Im Sinne der Gleichbehandlung aller in Österreich steuerlich erfassten Personen wäre dies aus ihrer Sicht somit auch zutreffend für die Berücksichtigung des Tronc (Trinkgeld).

Mit Vorlagebericht vom 15. Jänner 2024 legte das Finanzamt - wie der Bf. mitgeteilt wurde - die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei gab die Abgabenbehörde neben einer kurzen Sachverhaltsdarstellung noch folgende Stellungnahme ab:

"Es wird beantragt, die Krankenversicherungsbeiträge als Werbungskosten anzuerkennen und die Beschwerde im Übrigen als unbegründet abzuweisen. Auf das BFG-Erkenntnis vom 19.10.2023, RV/1100086/2021, wird verwiesen."

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Wie im Verfahrensgang dargestellt, hat das Finanzamt mit dem Einkommensteuerbescheid 2022 (Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO) vom 22. November 2023 den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2022 vom 7. November 2023 insofern zu Gunsten der Bf. abgeändert, als es entsprechend dem vorgelegten Jahreslohnausweis samt Beiblatt - wie in der Beschwerdeschrift beantragt - sonstige Bezüge ("13. Monatslohn", "Leistungsanteil, Bonus") iHv gesamt 5.500,00 SFr bzw. 5.392,16 € berücksichtigte, diese der begünstigten Besteuerung iSd § 67 EStG 1988 unterzog und dementsprechend eine Steuer für diese sonstigen Bezüge iHv 247,77 € (= sonstige Bezüge iHv 5.392,16 € - anteilige Werbungskosten iHv 642,72 € - Freibetrag iHv 620,00 € x begünstigter Steuersatz von 6%) errechnete. Außerdem hat die Abgabenbehörde im Vorlagebericht vom 15. Jänner 2024 beantragt, die iHv 2.611,86 € geltend gemachten privaten Krankenversicherungsbeiträge als Werbungskosten anzuerkennen.

Das Finanzgericht schließt sich den diesbezüglichen (unstrittigen) Einschätzungen der Abgabenbehörde an.

Zur Berücksichtigung der als Werbungskosten geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge ist vollständigkeitshalber noch Folgendes zu sagen:Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 auch Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht; diese Beiträge sind nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.

Die Bf. ist bei der AB Versicherung AG (privates inländisches Versicherungsunternehmen) krankenversichert. Sie leistete im Streitjahr - entsprechend den vorgelegten Zahlungsbestätigungen - Krankenversicherungsprämien für sich in Höhe von 2.611,86 €, wobei es sich dabei (unstrittig) um Beiträge zu einer Krankenversicherung aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht handelt.Das Finanzamt hat die Berücksichtigung der in Rede stehenden Krankenversicherungsbeiträge der Bf. in Höhe von 2.611,86 € als Werbungskosten sowohl dem Grund als auch der Höhe nach (diese entsprachen insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung) außer Streit gestellt.Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sind daher die gegenständlichen privaten Krankenversicherungsbeiträge der Bf. als Werbungskosten zu berücksichtigen; dabei sind diese ausschließlich von den laufenden Bezügen als Werbungskosten abzuziehen.

Streit besteht nunmehr im konkreten Fall allein (noch) darüber, ob die von der Bf. bezogenen Trinkgelder bzw. erhaltenen Anteile aus dem Tronc (Trinkgeldbehälter) - wie von Seiten der Abgabenbehörde vertreten wird - der vollen Besteuerung zu unterziehen oder - wie von der Bf. begehrt wird - gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 steuerfrei zu stellen sind. Dazu ist Folgendes zu sagen:

Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt in der gegenständlichen Beschwerdesache vergleichbaren Beschwerdefällen unter Bedachtnahme auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung diese Frage abschlägig (Unterziehung der vollen Besteuerung) entschieden (vgl. zB BFG 6.9.2021, RV/1100291/2020; BFG 23.1.2023, RV/1100400/2020; BFG 25.5.2023, RV/1100206/2021; BFG 19.10.2023, RV/1100086/2021; BFG 22.2.2024, RV/1100401/2020; BFG 5.3.2024, RV/1100006/2024; BFG 25.9.2024, RV/1100180/2023; BFG 30.9.2024, RV/1100296/2020; BFG 15.10.2024, RV/1100296/2021; BFG 10.1.2025, RV/1100318/2020; siehe dazu unter https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e2s1).

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist, von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist.

Für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern müssen sohin folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

{
  "type": "ol",
  "children": [
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Ortsüblichkeit der Zuwendung,"
      ],
      "attributes": {
        "style": "margin-left: 36pt;text-indent: -18pt;;text-indent:0;"
      }
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite (sohin nicht vom Arbeitgeber in der festgelegten Höhe bestimmt; dieser kann aber begünstigt weitergeben),"
      ],
      "attributes": {
        "style": "margin-left: 36pt;text-indent: -18pt;;text-indent:0;"
      }
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Freiwilligkeit der Zuwendung (dh. kein Rechtsanspruch) sowie "
      ],
      "attributes": {
        "style": "margin-left: 36pt;text-indent: -18pt;;text-indent:0;"
      }
    },
    {
      "type": "li",
      "children": [
        "Zulässigkeit der Annahme der Zuwendung (kein gesetzliches oder kollektivvertragliches Verbot der Annahme). "
      ],
      "attributes": {
        "style": "margin-left: 36pt;text-indent: -18pt;;text-indent:0;"
      }
    }
  ],
  "attributes": {
    "class": "ListeAufzhlung",
    "style": "list-style-type: disc;margin-left:36pt !important;"
  }
}

Nach Art. 32 Abs. 1 des z-ischen Geldspielgesetzes (GSG), LGBl. Nr. 235/2010, "sind Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest."Gemäß Abs. 2 leg. cit. "dürfen individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art ausschließlich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal."

Diese gesetzliche Bestimmung verbietet damit allen mit dem Spielbetrieb befassten Mitarbeitern der Spielbank - im Dienste eines sicheren, korrekten und transparenten Spielbetriebs - die Annahme individueller Trinkgelder und beschränkt solche auf das Restaurant- oder Garderobenpersonal (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 32 GSG im Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des F Z ua. betreffend die Schaffung eines Geldspielgesetzes unter https://bua.regierung.li/BuA/default.aspx?nr=3&year=2010&erweitert=true).

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom 25. September 2008, G 19/08 (Gesetzprüfungsverfahren aus Anlass einer Beschwerde eines Croupiers), die in § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 geregelte Steuerfreiheit von bestimmten Trinkgeldern bestätigt. Nach dem Höchstgericht sind Charakteristika des Trinkgeldes die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis.Entsprechend den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes gilt die Steuerfreiheit nicht für Croupiers, da diesen die eigenständige Annahme von Trinkgeldern verboten ist, damit zwangsläufig bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder eine Einschaltung des Arbeitgebers im Rahmen des Tronc-Systems verbunden ist und das Trinkgeld dadurch zwangsläufig stärker den Charakter eines (der Steuerpflicht unterliegenden) Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn hat (siehe dazu auch VwGH 26.1.2012, 2009/15/0173; Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024), § 3 Tz 197; Jakom/Ehgartner EStG, 2025, § 3 Rzen 83 ff).

Nachdem nun das Höchstgericht auch die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung jener Leistungsentgelte, deren direkte Annahme den Bediensteten verboten ist und die daher vom Arbeitgeber verteilt werden, bestätigt hat und im konkreten Fall davon auszugehen war, dass die Bf. mit dem Spielbetrieb der dienstgebenden Spielbank verbunden (die Bf. zählt zweifelsfrei zum Kreis jener Angestellten, die einen Anteil am sog. Tronc erhielten), ihr damit ex lege (Art. 32 Abs. 2 Li GSG) die Annahme individueller Trinkgelder verboten war (damit verbunden war die zwangsläufige Einschaltung der Arbeitgeberin bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder im Rahmen des Tronc-Systems), sohin schon die in § 3 Abs. 1 Z 16a zweiter Satz EStG 1988 normierte Voraussetzung (kein Verbot der direkten Trinkgeldannahme auf Grund gesetzlicher Bestimmungen) nicht erfüllt war, war das Schicksal des (noch) strittigen Beschwerdebegehrens schon entschieden. Der oben dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgend hat der von der Bf. bezogene Tronc-Anteil stärker den Charakter eines (der Steuerpflicht unterliegenden) Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn und handelt es sich damit gegenständlich nicht um ein ortsübliches Trinkgeld iSd § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988.

Im Beschwerdefall war im Übrigen wohl auch das Kriterium der "Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite" nicht gegeben. Bei den strittigen von der Bf. bezogenen Trinkgeldern bzw. erhaltenen Anteilen aus dem Tronc handelt es sich um (allgemeine) Zuwendungen, welche nicht gezielt der Bf. und ihrer Arbeitsleistung gelten. Sollten die Zuwendung direkt an die Bf. erfolgt sein, so war es ihr nicht erlaubt, diese zu behalten, sondern war sie verpflichtet, diese Beträge/diese Jetons in den Tronc zu geben. Sie erhielt aus dem Tronc jedoch nicht die erhaltenen und von ihr eingeworfenen Beträge/Jetons, sondern einen vorweg von der Arbeitgeberin (der Spielbank) im entsprechenden Reglement in der Höhe festgelegten bestimmten Anteil (vgl. Art. 32 Abs. 1 Li GSG; siehe dazu auch UFS 20.10.2008, RV/1564-W/08). Hatte die Bf. einen vertraglichen Anspruch auf das Trinkgeld bzw. einen entsprechenden Anteil aus dem Tronc, war im Übrigen auch das für die Steuerfreiheit vorausgesetzte Merkmal der Freiwilligkeit nicht vorliegend. Trinkgelder sind nämlich Zahlungen, auf welche kein Rechtsanspruch besteht. Durch die Garantie des Arbeitgebers ist die Abhängigkeit vom freigebigen Verhalten der Kunden und der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers gegenüber den Kunden nicht gegeben (vgl. dazu auch VwGH 26.1.2012, 2009/15/0173; BFG 6.9.2021, RV/1100291/2020).

Im Hinblick auf den Verweis der Bf. auf den Gleichheitssatz erlaubt sich das Finanzgericht darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof mit oben zitiertem Erkenntnis - wie bereits oben ausgeführt - die Verfassungsmäßigkeit sowohl der Steuerfreiheit ortsüblicher Trinkgelder als auch der Besteuerung jener Leistungsentgelte, deren direkte Annahme den Bediensteten verboten ist und die daher vom Arbeitgeber verteilt werden, sohin § 3 Abs. 1 Z 16a Satz 1 und Satz 2 EStG 1988, bestätigt hat. Im Übrigen darf gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Das Legalitätsprinzip umfasst entgegen seinem Wortlaut auch die Gerichtsbarkeit; die Bindung der Gerichte an die Gesetze war nämlich zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Bundesverfassung bereits eine solche Selbstverständlichkeit, dass sie gar nicht gesondert erwähnt wurde. Die Abgabenbehörde wie auch das Finanzgericht haben daher - gebunden an dieses in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip - die oben angeführten, klaren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die im Übrigen keinerlei Spielraum eröffnen, so lange anzuwenden, als diese dem Rechtsbestand angehören.

Entsprechend den obigen Überlegungen waren sohin die von der Bf. aus dem Tronc bezogenen Anteile zu Recht als steuerpflichtiger Lohnbestandteil zu erfassen und war folgedessen das diesbezügliche Beschwerdebegehren als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VfGH- bzw. VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Eine (ordentliche) Revision ist damit nicht zulässig.

Gesamthaft war sohin - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am 19. Mai 2025