JudikaturBFG

RV/7500269/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
31. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 17. März 2025 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 6. März 2025, Zahl: MA67/246701274910/2024, mit dem der Einspruch vom 4. Dezember 2024 gegen die Strafverfügung mit derselben Geschäftszahl gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG mangels Parteistellung zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.

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II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

In dem gegen ***1*** zur Zahl MA67/246701274910/2024 von der MA 67 des Magistrates der Stadt Wien geführten Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde zunächst am 17.10.2024 eine Anonymverfügung über 48 Euro und in der Folge am 21.11.2024 eine Strafverfügung über 75 Euro erlassen.

Mit Mail vom 4.12.2024 tritt diesbezüglich ***Bf1*** im eigenen Namen auf und gibt an, die Strafe bezahlt zu haben. Aus dem Anhang ist erkennbar, dass es sich offenbar um zwei Anonymverfügungen handelt, die gemeinsam beglichen worden sind, wobei beide Identifikationsnummern im Verwendungszweck der Überweisung angeführt sind.

Mit Mail vom 10.12.2024 führt ***Bf1*** an, er habe seine offenen Schulden von weiteren 46 Euro zur Referenznummer 246701274910 beglichen.

Mit Verfahrensanordnung vom 19.12.2024 fragt die belangte Behörde bei ***1*** nach, ob das Mail vom 4.12.2024 als Einspruch gegen die Strafverfügung zu werten ist.

Mit Mail vom 24.12.2024 gibt wiederum ***Bf1*** bekannt, der Mail vom 10.12.2024 sei nichts mehr hinzuzufügen. Er gehe davon aus, dass demnach die Strafverfügung hinfällig [wohl im Sinne von erledigt] ist.

Mit weiterer Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 3.1.2025 wird nunmehr ***Bf1*** aufgefordert, eine Vollmacht für sein Mail vom 4.12.2024 vorzulegen, das von der Behörde als Einspruch gewertet werde.

Mit Bescheid vom 6.3.2025 wird der von der belangten Behörde vermutete Einspruch des ***Bf1*** zurückgewiesen.

Mit Mail vom 17.3.2025 bringt ***Bf1*** im Wesentlichen vor, er kenne sich mit den Formulierungen der belangten Behörde hinsichtlich Formgebrechen und Vollmacht nicht aus. Auch habe er nicht gewusst, dass gemeinsam überwiesene Zahlungen nicht zugewiesen werden können. Er ersuche daher, Gnade walten zu lassen und den Strafbescheid zurückzunehmen.

Die belangte Behörde wertet dies als Beschwerde und legt den Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** ist im Verwaltungsstrafverfahren der ***1*** im eigenen Namen aufgetreten, ohne eine Vollmacht vorgelegt zu haben.

Obwohl sich aus dem Mail vom 10.12.2024, auf das auch im Mail vom 24.12.2024 verwiesen wird, zweifelsfrei ergibt, dass mit Begleichung des über die Geldstrafe laut Anonymverfügung hinausgehenden Betrages der Strafverfügung für den Beschwerdeführer die Sache erledigt war, hat die belangte Behörde das Mail vom 4.12.2024 als Einspruch gewertet und diesen Einspruch mit Bescheid vom 6.3.2025 zurückgewiesen.

Da der Beschwerdeführer im Mail vom 17.3.2025 im Hinblick auf den Bescheid vom 6.3.2025 ein Anbringen formuliert, wurde dieses Mail zutreffend als Bescheidbeschwerde gewertet.

Die belangte Behörde ist von einem Einspruch ausgegangen, ohne dass dies der Antwort des Beschwerdeführers auf die Verfahrensanordnung vom 19.12.2024 hätte geschlossen werden können. Mangels Einspruches konnte dieser auch nicht zurückgewiesen werden. Daher war der Zurückweisungsbescheid aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil sie nicht beantragt wurde und sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtete ( § 44 Abs 3 VwGVG).

Praktische Hinweise

Wäre die Deutung der Behörde richtig, so wäre auch die Zurückweisung des Einspruches richtig. Das Verfahren wurde gegen ***1*** geführt, nur sie ist Beschuldigte und damit Verfahrenspartei (vgl § 32 VStG). Vertreter haben sich durch eine Vollmacht zu legitimieren ( § 10 Abs 1 AVG). Dies ist hier nicht erfolgt. Daher war das Einschreiten des ***Bf1*** im Verfahren der ***1*** unzulässig.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, mehrere Anonymverfügungen aus Unkenntnis der Systemvoraussetzungen auf einmal beglichen zu haben, ist ausdrücklich festzuhalten: Das Gesetz sieht zwei Möglichkeiten vor, eine Anonymverfügung zu begleichen:

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        "Überweisungsauftrag, der die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthält und fristgerechtes Einlangen am Empfängerkonto."
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Da es sich bei der Geldstrafe um eine Bringschuld handelt (ErläutRV 1167 BlgNR XX. GP 41), sind im Falle einer Überweisung sämtliche mit der Überweisung verbundenen Risiken (zB Übermittlungsfehler, Irrtümer, Störungen etc) der die Zahlung veranlassenden Person zuzurechnen (vgl Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 49a Rz 23). Vor einer Gesetzesänderung führte sogar ein zu hoher Überweisungsbetrag dazu, das Verfahren nicht mit der Anonymverfügung beenden zu können (vgl VwGH 18.12.2015, 2013/02/0219).

Damit die Anonymverfügung wirkt, ist als Grundfall die Einzahlung mittels Beleges ( § 49a Abs 4 VStG) vorgesehen. Daraus ergibt sich, dass auch bei Zahlung mit Überweisungsauftrag für jede einzelne Anonymverfügung eine eigene Überweisung zu tätigen ist. Das Zusammenfassen mehrerer Anonymverfügungen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es handelt sich um ein besonderes abgekürztes Verfahren, das der Beschleunigung und Vereinfachung dienen soll, daher sind die Bestimmungen eng auszulegen.

Im übrigen sind die aufgrund der Anonymverfügungen getroffenen Zahlungen (Nachweise siehe Mail vom 4.12.2024) auf die Strafen laut Strafverfügungen anzurechnen ( § 49a Abs 9 VStG).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Da nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu 365 Euro und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (§ 25a VwGG).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, weil das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am 31. Juli 2025