IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Helga Reutner, Habsburgstrasse 20, 3680 Persenbeug/NÖ, über die Beschwerde vom 24. April 2017 gegen die Bescheide des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom 27. März 2017 betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2008, 2009, 2010 und 2011 Steuernummer ***BF1StNr2*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheiden vom 27. März 2017 wurden die Einkommensteuern für die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 festgesetzt.
Mit gleichem Datum erließ das zuständige Finanzamt auch Bescheide über die Anspruchszinsen für die Einkommensteuer 2008 bis 2011.
Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide vom 27. März 2017 (Eingabe vom 24. April 2017).
Nach einem Fristsetzungsantrag vom 17. Jänner 2025 und dem Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 4. Februar 2025 (FR/5100002/2025) beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 30b Abs. 1 VwGG.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. April 2025 wurde der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 4. Februar 2025 aufgehoben.
Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 2025 wurde dem Bundesfinanzgericht gemäß § 38 Abs. 4 VwGG aufgefordert binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen.
Mit Eingabe vom 21. August 2025 zog der Beschwerdeführer den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid betreffend Anspruchszinsen vom 27. März 2017 Beschwerde erhoben.
Weder das Finanzamt noch das Bundesfinanzgericht hat bis zum heutigen Datum diesbezüglich eine Entscheidung getroffen. Somit lag eine Säumigkeit vor.
2. Beweiswürdigung
Der oben dargestellte Verfahrensgang gibt auch den zu beurteilenden Sachverhalt wieder. Er ist von den Parteien des Verfahrens unbestritten und ergibt sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 205 Abs. 1 Bundesabgabenordnung bestimmt:Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge ausa) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 oder 4 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben. Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte.
Die Verzinsung unterscheidet somit nicht,
ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen (allenfalls durch Bescheid verlängerten) Erklärungsfrist einreicht,
ob die Festsetzung der Einkommen- (Körperschaft-)steuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, über die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt. (Ritz/Koran, BAO7, § 205, Rz 2-3)
Die Festsetzung der Anspruchszinsen liegt nicht im Ermessen (vgl. UFS 12.4.2011, RV/1225-L/09).
Anspruchszinsen entstehen unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde. Selbst wenn die Verfahrensverzögerung oder die lange Verfahrensdauer allein aufgrund des Verhaltens des Finanzamtes entstanden ist, hat dies auf die Festsetzung von Anspruchszinsen keine Auswirkung. Entscheidend ist ausschließlich die durch die spätere Entrichtung entstandene objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen.
Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind (von Amts wegen) neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide, zu erlassen (vgl. VwGH 5.9.2012, 2012/15/0062).
Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO5, § 205 Tz 34).
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Linz, am 26. August 2025