IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***VertreterBf***, über die Beschwerde vom 16. September 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 22. August 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) war im Streitjahr 2021 Englisch- und EDV-Lehrer an einer Mittelschule und machte in der am 17. März 2022 eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 Fortbildungskosten in Höhe von Euro 7.900,00 für ein Masterstudium geltend.
Mit Schreiben vom 24. März 2022 ersuchte die belangte Behörde den Bf., ergänzende Angaben zu den beantragten Bildungsausgaben zu machen.
Mit Eingabe vom 5. April 2022 beantwortete der Bf. das Ergänzungsersuchen im Wesentlichen dahingehend, dass er aufgrund des Masterstudiums ab September 2022 an einer Fachmittelschule das Fach Handel/Büro unterrichten werde. Generell ermögliche ihm der Master, an der Fachmittelschule gut ausgebildet wirtschaftliche Fächer zu unterrichten.
Mit Bescheid vom 22. August 2022 erfolgte die Veranlagung und Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2021, wobei die geltend gemachten Fortbildungskosten nicht berücksichtigt wurden. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass Aufwendungen, die mit den Einnahmen in keinem oder nur in einem mittelbaren Zusammenhang stünden, nicht als Werbungskosten absetzbar seien.
Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom 16. September 2022 Beschwerde und brachte vor, dass der Hauptgrund, weshalb er den Job an der Fachmittelschule bekommen habe, der Abschluss des Masterstudiums gewesen sei. Das Masterstudium ermögliche dem Bf., sämtliche wirtschaftliche Fachbereiche zu unterrichten und stelle die fehlende Ergänzung zu seinem bereits absolvierten technischen Studium dar. Der Bf. sei an der Fachmittelschule nunmehr universell einsetzbar und hätte ohne das Masterstudium die Anstellung nicht erhalten. Zur Darstellung des (unmittelbaren) ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Masterstudium und der Tätigkeit in der Fachmittelschule legte der Bf. eine für den Unterricht erstellte Power-Point-Präsentation bei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16. März 2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Ansicht der belangten Behörde könne kein Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Masterstudiums und dem vom Bf. ausgeübten Beruf hergestellt werden. Wenngleich ein kleiner Anteil der Inhalte des Studiums unbestritten im Rahmen der beruflichen Tätigkeit unterstützend wirken könne, sei Inhalt des Studiums offenkundig nicht die pädagogische Wissens- und Erfahrungsvermittlung für Kinder und Jugendliche. Demnach könne das angesprochene Studium keine Fortbildungsmaßnahme darstellen, da eine andere Interessensschiene bedient werde. Da das Masterstudium weder Voraussetzung für die unterrichtende Tätigkeit sei, noch ausschließlich oder nahezu ausschließlich auf den Beruf des Bf. abgestellte Kenntnisse vermittelt worden seien, scheide eine Anerkennung als Werbungskosten aus.
Mit Eingabe vom 4. April 2023 beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Ergänzend führte der Bf. aus, dass es unerlässlich sei, an einer kleinen Schule - wie der näher bezeichneten Fachmittelschule - sowohl wirtschaftliche als auch technische Fächer unterrichten zu können. Dementsprechend habe der Direktor der angesprochenen Fachmittelschule gemeint, ein Lehrer an dieser Schule müsse jedes Fach unterrichten können. Ohne die zusätzlich erworbenen wirtschaftlichen Fähigkeiten im Zuge des Masterstudiums wäre der Bf. nicht in der Lage gewesen, den Großteil der Fächer zu unterrichten und hätte er den Job niemals bekommen.
Am 1. September 2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom selben Tag führte die belangte Behörde ergänzend aus, dass laut der Homepage der Bildungsdirektion Wien lediglich ein Bachelorabschluss in einem einschlägigen Fachbereich Voraussetzung für eine Anstellung an einer Fachmittelschule sei. Der Bf. verfüge außerdem bereits über ein Bachelorstudium mit betriebswirtschaftlichem Kerngebiet. Die belangte Behörde wies unter Verweis auf die Stundentafel der Fachmittelschule und das Curriculum des Masterstudiums darauf hin, dass nicht davon auszugehen sei, dass die durch das Masterstudium erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen der ausgeübten Lehrtätigkeit verwertet werden könnten. Demnach beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. ist als Quereinsteiger in die Berufslaufbahn als Lehrer eingestiegen und im Streitjahr 2021 als Englisch- und EDV-Lehrer an einer Mittelschule tätig. Er bezieht daraus im Streitjahr 2021 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Bf. schloss im Jahr 2019 das Bachelorstudium Innovationsmanagement ab. Als Kerngebiete des Studiums werden Innovationsmanagement, Betriebswirtschaft, Marketing, Technik und Soft Skills ausgewiesen.
Der Bf. schloss im Wintersemester 2021/2022 (16. November 2021 bis 15. April 2022) das Masterstudium "MBA Angewandte Psychologie für die Wirtschaft" ab.
Die Studiengebühren für das Masterstudium in Höhe von Euro 7.900,00 und die ÖH-Beiträge in Höhe von insgesamt Euro 40,90 wurden unstrittig im Jahr 2021 entrichtet.
Das Curriculum des Masterstudiums hat folgenden Inhalt:
Ab September 2022 unterrichtete der Bf. an einer Wiener Fachmittelschule (Polytechnische Schule) im Bereich Handel/Büro. Der Fachbereich Handel/Büro bereitet die Schüler auf kaufmännische Berufe vor. Inhalt des Fachbereichs sind betriebswirtschaftliche Grundlagen (Werbung, Marketing, Wirtschaft und Gründung von Firmen), Fachkunde Handel/Büro (Arbeitstechniken, Arbeitsmaterialien, Ablauf und Organisation im Büro), Buchführung und Wirtschaftsrechnen (Rechnungswesen, Buchführung, doppelte Buchhaltung, Bilanz, Kontoeröffnung) sowie fachpraktisches Arbeiten (Geschäftsbriefe schreiben und formatieren, Zehn-Finger-System, Power Point und Excel).
Der Bf. konnte bereits nach Abschluss des Bachelorstudiums im Rahmen eines Quereinstiegs als Lehrkraft arbeiten.
Der Bf. nutzte die im Masterstudium erworbenen Kenntnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer. Der Bf. war aufgrund seines Masterstudiums in der Fachmittelschule in vielen Fächern einsetzbar. Die Anstellung an näher bezeichneter Fachmittelschule bekam der Bf. aufgrund der wirtschaftlichen Ausbildung durch das Masterstudium.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie auf Internetrecherchen. Die Angaben zum Bachelorstudium des Bf. stützen sich auf das Linkedin Profil des Bf. sowie auf die Homepage der vom Bf. besuchten Fachhochschule (https: //www.campus02.at/innovationsmanagement/bachelor/#schwerpunkte). Die Lerninhalte des Fachbereiches Handel/Büro sind der Homepage der Fachmittelschule entnommen und unter ***Homepage Fachmittelschule*** abrufbar.
Der Bf. legte als Beilage zur Beschwerde vom 16. September 2022 eine Power-Point-Präsentation vor, die er im Unterricht an der Fachmittelschule verwendete. In einer Gegenüberstellung mit den Lerninhalten des Masterstudiums zeigte der Bf. auf, dass er die im Studium vermittelten Inhalte bei seiner unterrichtenden Tätigkeit einsetzte bzw. an die Schüler weitergab. Nach Ansicht der belangten Behörde ist es - wie sie in der am 16. März 2023 ergangenen Beschwerdevorentscheidung ausführt - unbestritten, dass in den Inhalten ein kleiner Anteil enthalten ist, der unterstützend wirken kann, den ausgeübten Beruf besser zu bewältigen. Wenngleich die belangte Behörde von einer bloß unterstützenden Wirkung des Masterstudiums in kleinem Ausmaß ausgeht, steht unstrittig fest, dass der Bf. die im Masterstudium erworbenen Kenntnisse jedenfalls im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer nutzte.
Der Bf. brachte in der Beschwerde vom 16. September 2022 vor, dass er aufgrund des Masterstudiums nahezu alle in der Fachmittelschule angebotenen Fachbereiche unterrichten kann und die Anstellung wegen des Masterstudiums bekam. Es ist nachvollziehbar und mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang stehend, dass der Bf. infolge seiner Zusatzausbildung in wirtschaftlichen Fächern im Schulbetrieb vielfältiger einsetzbar ist und etwaige Ausfälle von Kollegen kompensieren kann. Damit ist es auch schlüssig, dass der Bf. gegenüber anderen Bewerbern, die über kein Masterstudium in diesem Bereich verfügen, im Bewerbungsprozess im Vorteil ist. Da die belangte Behörde diesen Ausführungen des Bf. nicht entgegengetreten ist und sich diese mit der allgemeinen Lebenserfahrung decken, darf das Bundesfinanzgericht diese Umstände als erwiesen annehmen.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt berechtigte den Bf. bereits unstrittig das im Jahr 2019 abgeschlossene Bachelorstudium zur streitgegenständlichen Tätigkeit als Lehrer. Bei den strittigen Kosten für das Masterstudium handelt es sich insofern um Aufwendungen für Fortbildungsmaßnahmen.
Eine Berufsfortbildung liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um seinen Beruf besser ausüben zu können. Fortbildungskosten dienen dazu, in einem bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Sie sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig (vgl. VwGH 28.10.2009, 2007/15/0103).
Streit besteht im vorliegenden Fall darüber, ob zwischen der Fortbildungsmaßnahme des Bf. und der von ihm ausgeübten Lehrtätigkeit ein Zusammenhang besteht.
Nach der Rechtsprechung des VwGH werden auch solche Bildungsmaßnahmen als abzugsfähige (Fort)Bildung angesehen, die nicht spezifisch für eine bestimmte betriebliche oder berufliche Tätigkeit sind, sondern zugleich für verschiedene berufliche Bereiche dienlich sind, die aber jedenfalls im ausgeübten Beruf von Nutzen sind und somit einen objektiven Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf aufweisen; sie fallen unter die vom Gesetz angesprochenen, im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehenden Bildungsmaßnahmen. Eine begünstigte Bildungsmaßnahme liegt jedenfalls vor, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können (vgl. VwGH 22.9.2005, 2003/14/0090).
Dass dem Bf. die Lerninhalte des Masterstudiums und die dort erworbenen Kenntnisse bei seiner Tätigkeit als Lehrer von Nutzen sind, wurde im Rahmen der freien Beweiswürdigung festgestellt. Außerdem wird bei einer Gegenüberstellung des Curriculums des Masterstudiums und den Inhalten des Fachbereiches Handel/Büro ersichtlich, dass in einigen Bereichen Überschneidungen bestehen (bspw. Unternehmensführung und Entrepreneurship - Gründung von Firmen sowie Marketing). Es wird im Übrigen auch von der belangten Behörde nicht bestritten, dass das im Masterstudium vermittelte Wissen im Rahmen der Lehrtätigkeit des Bf. Verwendung findet und "unterstützend wirken kann". Es wird lediglich bemängelt, dass dies bloß in kleinem Umfang der Fall ist (vgl. Beschwerdevorentscheidung vom 16. März 2023 und Vorlagebericht vom 1. September 2023, wonach es sich jedenfalls nicht um eine umfangreiche Verwertung handelt).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist ein Zusammenhang der Ausbildungsmaßnahme mit der konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit u.a. dann gegeben, wenn die erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen dieser Tätigkeiten verwertet werden können (vgl. VwGH 25.5.2016, 2013/15/0185 Rz 15 mwN). Dabei wird aus der Formulierung "unter anderem" bereits deutlich, dass der angesprochene Zusammenhang nicht nur dann gegeben ist, wenn die erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen dieser Tätigkeiten verwertet werden können. So hat der VwGH im angeführten Erkenntnis direkt im nächsten Absatz ausgeführt, dass eine begünstigte Bildungsmaßnahme jedenfalls vorliegt, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können (vgl. wiederum VwGH 25.5.2016, 2013/15/0185 Rz 16). Außerdem hat der VwGH ausgesprochen, dass sich der Nutzen einer konkreten Aus- oder Fortbildungsmaßnahme nicht an dem zeitlichen Ausmaß der möglichen Verwendung messen lässt (vgl. VwGH 22.9.2005, 2003/14/0090). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erscheint gerade eine Verwertung der erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang nicht zwingend erforderlich, sondern kann bloß ein Indiz für das Bestehen eines Zusammenhangs darstellen.
Das Bundesfinanzgericht kommt folglich zum Ergebnis, dass die im Masterstudium erworbenen Kenntnisse im Rahmen der Lehrtätigkeit des Bf. verwertet werden können, weshalb eine begünstigte Bildungsmaßnahme vorliegt. Die Werbungskosten in Höhe von Euro 7.940,90 sind demnach als Werbungskosten in der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2021 zu berücksichtigen.
Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid abzuändern.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der Rechtsfrage zur Abzugsfähigkeit von Fortbildungskosten ist das Bundesfinanzgericht der (angeführten) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt. Im Übrigen waren für die Entscheidung die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen wesentlich (vgl. VwGH 25.2.2016, Ra 2016/16/0006). Insgesamt liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am 5. August 2025