JudikaturBFG

RV/4100135/2021 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
29. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Hannes Prosen in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 1. März 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 31. Jänner 2019 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) reichte elektronisch seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (Formular L1) für das Jahr 2017 ein. Er machte Ausgaben für doppelte Haushaltsführung in Höhe von Euro 3.364,03 und Familienheimfahrten in Höhe von Euro 3.366,00 als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt ersuchte mit Vorhalt vom 09.10.2018 um Nachweis der geltend gemachten Werbungskosten. Ersucht wurde, eine Familienstandsbescheinigung nachzureichen.

Mit Bescheid vom 31.01.2019 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2017 in Höhe von Euro 4.208,09 fest. Die geltend gemachten Werbungskosten wurden nicht anerkannt und berücksichtigt. Die Gutschrift wurde in Höhe von Euro 1.135,00 ausgewiesen.Das Finanzamt führte in seiner Begründung aus, dass der Bf. die angeforderten Nachweise der geltend gemachten Kosten für eine doppelte Haushaltsführung nicht beigebracht hat.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. mit Eingabe vom 01.03.2019 Beschwerde und ersuchte um Berücksichtigung der beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung. Begründend brachte er vor, dass geltend gemachte Kosten für doppelte Haushaltsführung von lediglich Euro 280,00 pro Monat der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen und glaubhaft wären. Er werde den Nachweis für geleistete Mietzahlungen vorlegen.

Das Finanzamt ersuchte mit Vorhalt vom 24.06.2019 um Bekanntgabe der Höhe des Einkommens der Ehegattin in den Jahren 2016 bis 2018.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 21.11.2019 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Vorhalt vom 18.03.2020 ersuchte das Finanzamt um Bekanntgabe des Wohnobjektes in seinem Heimatort in B.. Es wurde ersucht mitzuteilen, ob er mit seiner Ehegattin Kinder habe und ob es sich um eine Wohnung im Eigentum oder in Miete handelt.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2021 wurde der Bf. um Mitteilung darüber ersucht, ob er in B. über Vermögen verfüge und ob Kinder im gemeinsamen Haushalt leben. Es wurde ersucht, die Art des Vermögens (Haus, Wohnung, Bauernhof, etc.) bekanntzugeben.

Vorgelegt wurde die schriftliche Erklärung des Bf., dass er in aufrechter Ehe lebe und mit seiner Ehegattin in B. einen gemeinsamen Haushalt unterhalte. Auf die beigelegte Ehebescheinigung der Gemeinde wurde verwiesen.Die einfache Wegstrecke zum Familienwohnsitz betrage ***1*** km. Zum Nachweis wurde der Auszug aus dem Routenplaner beigelegt. Er verwende für seine Familienheimfahrten zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz im zeitlichen Abstand von 14 Tage seinen Privat-PKW. Aus den beigelegten Prüfberichten (Jahresüberprüfung) seines KFZ in den Jahren 2016 und 2017 sei ersichtlich, dass er in einem Zeitraum von 50 Wochen 21.977 km zurücklege. Dabei werde berücksichtigt, dass er in der Zeit von 23.12.2016 - 22.01.2017 (Wintermonat ) arbeitslos gewesen sei. Während der Arbeitslosigkeit und der Urlaubszeit von drei Wochen sei er nicht hin- und zurückgefahren. Korrigiert um diese 7 Wochen, ergebe sich eine zweiwöchige Kilometerleistung von 1.022 km. Er habe die einfache Schlafstelle mit einem Kollegen geteilt. Daher werden als Werbungskosten für die doppelte Haushaltsführung lediglich Euro 3.364,03 (555,00x12/2 und 199,84x2/3) geltend gemacht.Vorgelegt wurden die Ehebescheinigung, ein Mietvertrag ab 01/2018, der Nachweis geleisteter Mietzahlungen für 2017 und 2018, sowie 2 KFZ-Prüfberichte für 2017 und 2018 (Differenz - Kilometerstand).

Im Vorlageantrag vom 23.12.2019 führte der Bf. aus, er habe für Familienheimfahrten in 11 Monaten einen Betrag in Höhe von Euro 3.366,00 geltend gemacht. Im Winter entfalle ein Monat wegen Arbeitslosigkeit. Zum Nachweis der gefahrenen Kilometer wurden die KFZ Prüfberichte zweier Jahre vorgelegt.

Als Kosten für doppelte Haushaltsführung wurden lediglich Euro 280,00 pro Monat geltend gemacht. Auf die nachweislich geleisteten Mietzahlungen in den Jahren 2017 und 2018 wurde hingewiesen. Er leiste für seine Ehegattin Unterhalt. Seine Ehegattin sei Hausfrau und ist nicht erwerbstätig.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist Staatsbürger der Republik B. und verheiratet. Gemeinsam mit seiner Ehegattin verfügt er über einen Familienwohnsitz in seinem Heimatort. In den Jahren 2016, 2017 und 2018 arbeitete der Bf. unselbständig in Österreich und wohnte am Arbeitsort in einer Wohnung. Die Ehegattin ist nicht erwerbstätig. Der Bf. leistete 2017 für seine Ehegattin Unterhalt. Das Ehepaar hatte im Jahr 2017 für keine Kinder zu sorgen. Die Entfernung zwischen den beiden Wohnsitzen beträgt ***1*** km, sodass eine tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz unmöglich ist. Die Kosten der Familienheimfahrten und Kosten für eine Wohnung am Arbeitsort werden vom Arbeitgeber nicht ersetzt. Das Finanzamt anerkennt die Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten an.

2. Beweiswürdigung

Dem Verfahren liegen die vorgelegten Urkunden, nämlich die-Ehebescheinigung der Heimatgemeinde,-der Mietvertrag und die Zahlungsnachweise der Miete am Arbeitsort, -Gutachten über die jährliche Überprüfung des Kraftfahrzeuges (KM-Stand/Differenz),-der angefochtene Bescheid mitsamt abweisender Beschwerdevorentscheidung,-die Beschwerde mitsamt dem Vorlageantrag und -der Vorlagebericht des Finanzamtes zugrunde.

Daraus ergibt sich der im Erkenntnis dargelegte Sachverhalt.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften u.a. die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Kosten der doppelten Haushaltsführung und der in diesem Rahmen anfallenden Familienheimfahrten sind jedoch unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten anzuerkennen.

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz).Wenn dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss, und die Verlegung des (Familien-) Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988.

Familienwohnsitz ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet.

Wird ein Wohnsitz nur fallweise aufgesucht, um z.B. volljährige Kinder oder Verwandte zu besuchen, stellt dieser in der Regel keinen Familienwohnsitz dar, wenn ein anderer Wohnsitz tagtäglich mit einem Partner bewohnt wird (vgl. BFG 07.01.2020, RV/6100583/2019).

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre. Steuerlich absetzbar werden diese Kosten daher nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird (Jakom/Lenneis, EStG, 2018, § 16 Rz 56).

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen und kann unterschiedliche Ursachen haben (vgl. VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0075). Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. VwGH 20.04.2004, 2003/13/0154).

Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektiven Gewicht ergeben (vgl. VwGH 27.2.2008, 2005/13/0037). Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. VwGH 20.4.2004, 2003/13/0154).

Liegen die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vor, so sind auch die Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) bis zu einem bestimmten Betrag (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit e iVm § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988) als Werbungskosten abzugsfähig.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.

Eine berufliche Veranlassung der mit einer doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegt nach dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. zB VwGH 28.4.2010, 2007/13/0073, mwN).

Auch wenn die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ihre Ursache grundsätzlich auch in der privaten Lebensführung haben kann (vgl VwGH 20.12.2018, Ra 2016/13/0016), so hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung jedoch ausgesprochen, dass etwa der Verlust des "sozialen Umfeldes" (Freundeskreis und gesellschaftliche Anknüpfungspunkte am bisherigen Wohnort) keine steuerlich beachtenswerten Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes begründet (vgl. VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0075). Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl zB VwGH 22.11.2006, 2005/15/0011 mwN). Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung könnte ihre Ursache auch in einer Erwerbstätigkeit des (Ehe-)Partners haben (Jakom/Lenneis EStG17, § 16 Rz 56 mwN).

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Der Bf. bewohnt mit seiner Ehegattin in seinem Heimatort einen Familienwohnsitz. Die Ehegattin ist nicht erwerbstätig. Der Bf. bestreitet den Unterhalt. Ein Kostenersatz für anfallende Mehraufwendungen durch den Arbeitgeber besteht nicht.

Die Begründung eines Haushaltes am Arbeitsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass ihm die tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder-die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder -die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Maßgebliches Kriterium für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist die Beantwortung der Frage, ob dem Bf. und seiner Ehegattin die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort im Jahr 2017 zumutbar gewesen wäre.

Der Besitz eines Eigenheimes am Wohnort vermag eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort nicht zu begründen (vgl. VwGH 26.5.2004, 2000/14/0207). Die Tatsache, dass die Ehegattin weiterhin am Familienwohnsitz wohnt, stellt aus Sicht des erkennenden Richters keine Unzumutbarkeit für eine Verlegung des Familienwohnsitzes dar.Die Ehegattin ist laut dem Vorbringen des Bf. Hausfrau und nicht erwerbstätig. Gerade der Umstand, dass die Ehegattin des Bf. keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, lässt die Verlegung des Familienwohnsitzes durchaus als zumutbar erscheinen.

Dem Finanzamt ist beizupflichten, wenn es im Vorlagebericht ausführt, dass angesichts der vorliegenden Umstände von einer Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung zum Arbeitsort nicht ausgegangen werden kann.

Der Bf. hat keine gewichtigen Gründe dargelegt, die eine Verlegung des Wohnsitzes an den Beschäftigungsort als unzumutbar erscheinen lassen. Aus den angegebenen Gründen liegt aus Sicht des erkennenden Richters eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Arbeitsort nicht vor, weshalb die Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden konnten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich im Wesentlichen um die Beantwortung von Tatsachenfragen handelt und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend beantwortet sind.

Klagenfurt am Wörthersee, am 29. April 2025