IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 22. Oktober 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 30. September 2024 betreffend Einkommensteuer 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin hat am 19. September 2024 die Erklärung für die Arbeitnehmerveranlagung 2023 eingebracht.
Darin führte die beschwerdeführende Partei aus: "Betreff: Ihr Schreiben vom 06.09.24
Da ich von meiner Ausländischer Pension keine 730,- Euro im Jahr bekomme daher nicht verpflichtet bin einen Steuerausgleich zu machen. Daher verstehe ich Ihren Brief nicht, noch dazu, ihre Strafandrohung, freundlicher geht's wirklich nicht!" Beigelegt waren 1 Blatt Deutsche Rentenversicherung, 1 Blatt Österreich Rentenversicherungsanstalt
Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 30. September 2024 die Einkommensteuer für 2023 mit einer Nachforderung von € 71 festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt:
"Wir haben Ihre ausländischen Einkünfte um den anteiligen Veranlagungsfreibetrag von 684,24 Euro gekürzt."
Dagegen richtet sich die Bescheidbeschwerde vom 15. Oktober 2024 (eingebracht per Einschreiben - eingelangt beim Finanzamt Österreich am 22. Oktober 2024).
Darin führte die beschwerdeführende Partei aus: "Sehr geehrte Damen und Herren! Gegen den oben angeführten Bescheid erhebe ich innerhalb offener Frist BESCHWERDE und begründe dies wie folgt: Mit dem angefochtenen Bescheid wurde mir für das Kalenderjahr 2023 eine Lohnsteuernachzahlung in Höhe von € 71,- vorgeschrieben. Da bei mir kein Grund zur Pflichtveranlagung vorliegt, ziehe ich den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das betreffende Kalenderjahr zurück. Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28. Oktober 2024 wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde vom 22. Oktober 2024 gegen den Bescheid vom 30. September 2024 als unbegründet abgewiesen.
Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus:
Wenn ein Freibetragsbescheid bei der Lohnverrechnung berücksichtig wurde (siehe Rz 911e), liegt ein Pflichtveranlagungsgrund vor. Da bei den Pensionsbezügen (***2***) während des Jahres ein Freibetrag von € 486 berücksichtigt wurde, liegt eine Pflichtveranlagung vor. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom 12. November 2024.
"Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich beantrage innerhalb offener Frist die Vorlage meiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führe (ergänzend) aus:
Da der Einkommensteuerbescheid sich nicht als richtig erweist, verlange ich die Aufhebung des angefochtenen Einkommenssteuerbescheides 2023 vom 30.09.2024. Meine deutsche Rente liegt unterhalb des Freibetrages von € 730,-, weshalb diese zu vernachlässigen war.
Zu sehen am Einkommensteuerbescheid 2023 vom 30.09.204 (siehe Bescheid: Ausländische Einkünfte….€ 0,-). Dennoch wurde aber ein Durchschnittssteuersatz berechnet. Dieser Umstand dürfte aus einem EDV-Fehler des Finanzamtes resultieren, wie mir Herr ***1*** (Finanzamt - internationales Steuerrecht) am 14.10.2024 telefonisch mitteilte. Auf Anraten von Herrn ***1*** wurde daraufhin eine Zurückziehung der Arbeitnehmerveranlagung trotz berücksichtigen Freibetrages von € 486,- durchgeführt.
Auch deckt sich der Freibetrag von € 486,- mit dem in der Veranlagung geltend gemachten Freibetrag aufgrund eigener Behinderung gem. § 35 (3) EStG. Daraus resultiert demnach keine Nachforderung.
Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem meinem Beschwerdevorbringen Rechnung getragen wird."
Die Bescheidbeschwerde wurde mittels Vorlagebericht am 20. Februar 2025 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Im Wesentlichen führte die belangte Behörde aus:
Sachverhalt:
Aufgrund des unterjährig berücksichtigten Freibetrages liegt ein Pflichtveranlagungsfall vor. Nach Anrechnung der von der ***2*** einbehaltenen Lohnsteuer ergibt sich eine Nachforderung.
Beweismittel:
***2*** Jahreslohnausweis, Nachweis deutscher Rente
Stellungnahme:
Im Hinblick auf die sich gemäß § 41 Abs 1 Z 4 EStG ergebende Pflichtveranlagung war eine Arbeitnehmerveranlagung durchzuführen. Die ausländischen Progressionseinkünfte (deutsche Rente) wirkt sich im Hinblick auf den Veranlagungsfreibetrag von § 41 Abs 3 EStG steuerlich nicht aus.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. bezieht neben der österreichischen Rente eine deutsche Rente in Höhe von 684,24 (dabei berücksichtigt ausl. Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 36,90).
Im Lohnzettel der ***2*** für das Jahr 2023 wurde ein Freibetrag in Höhe von 486 Euro berücksichtigt.
Dieser Freibetrag aufgrund eigener Behinderung wurde auch im Zuge der Einkommensteuerberechnung berücksichtigt.
Ebenso wurde ein anteiliger Veranlagungsfreibetrag in Höhe von 684,24 berücksichtigt, sodass sich ausländische Einkünfte in Höhe von 0 Euro ergaben.
Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung brachte das Finanzamt neben den inländischen Pensionseinkünften (vermindert um agB: € 21.409,44) einen Betrag von € 0 an Progressionseinkünften (deutsche Pension abzüglich Krankenversicherung abzüglich Veranlagungsfreibetrag in Höhe von € 684,24) in Ansatz. Dies führte zu einer Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz von € 21.409,44.
Die darauf entfallende Steuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG belief sich auf € 2170,92 woraus ein Durchschnittssteuersatz von 10,14% (2170,83/21409,44 x 100) resultierte.
Diesen Durchschnittssteuersatz angewendet auf das inländische Einkommen (€ 21.409,44) führte zu der im Bescheid ausgewiesenen Steuer von € 1914,72 (nach Abzug des Pensionistenabsetzbetrages und Zurechnung der Steuer für sonstige Bezüge). Nach Abzug der einbehaltenen Lohnsteuer ergab sich eine Abgabennachforderung von € 71.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist unstrittig.
Strittig ist zum einen das Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes und zum anderen die Steuerberechnung mit Anwendung eines Durchschnittsteuersatzes.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Pflichtveranlagung/Zurückziehung des Antrages
§ 41 Abs. 1 Z 1 und 4 EStG 1988 lauten:
"Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn
1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,
4. ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 oder ein Freibetrag gemäß § 103 Abs. 1a bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde."
Im gegenständlichen Fall wurden unstrittig keine anderen Einkünfte bezogen, deren Gesamtbetrag 730 Euro überstiegen haben.
Allerdings wurde im vorliegenden Lohnzettel der Pensionsversicherungsanstalt ein Freibetrag von € 486 bei der Lohnverrechnung berücksichtig.
Wurde ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 EStG 1988 erlassen und ist aufgrund einer Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber ein Freibetrag im Rahmen der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt worden, ist, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind, der Abgabepflichtige gemäß § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 zu veranlagen. Dies entspricht dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung und der Absicht des Gesetzgebers ("dass ein Pflichtveranlagungstatbestand stets vorliegt, wenn ein Freibetragsbescheid bei der Lohnverrechnung berücksichtigt worden ist", vgl ErläutRV 1960 BlgNR 24. GP 22 zur Änderung des § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988). Die Veranlagung hat in diesem Fall von Amts wegen zu erfolgen (Pflichtveranlagung). Eine Wahlmöglichkeit durch den Abgabepflichtigen besteht nicht. Nur wenn die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 EStG 1988 nicht vorliegen, kann gemäß § 41 Abs 2 EStG 1988 eine freiwillige Veranlagung auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgen (Antragsveranlagung).
Liegt kein Pflichtveranlagungstatbestand vor, können beantragte Veranlagungen bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Beschwerdeverfahren) wie andere Parteianträge zurückgezogen werden. In den Pflichtveranlagungsfällen des § 41 Abs 1 EStG 1988 ist eine Zurückziehung jedoch mangels Wahlmöglichkeit des Abgabepflichtigen nicht möglich (vgl Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG 1988, § 41 Anm 30; BFG 27.07.2015, RV/4100264/2013; 18.03.2016, RV/7105803/2015).
Im vorliegenden Fall ist ein Freibetragsbescheid gemäß § 63 Abs 1 EStG 1988 unbestritten bei der Lohnverrechnung berücksichtigt worden und ist dies auch aus dem Lohnzettel ersichtlich. Es liegt daher nach § 41 Abs 1 Z 4 EStG 1988 ein Pflichtveranlagungstatbestand vor.
Der Antrag auf Veranlagung kann demgemäß nicht zurückgezogen werden. weshalb eine Pflichtveranlagung zu erfolgen hat (aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung).
Der Antrag der Bf. auf Arbeitnehmerveranlagung kann daher nicht zurückgezogen werden.
Anwendung des Durchschnittssteuersatzes:
Nach § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß Artikel 18 Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland dürfen Ruhegehälter, Renten und ähnliche Bezüge nur im Auszahlungsstaat besteuert werden.
Gemäß Artikel 23 des DBA dürfen diese Einkünfte bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einbezogen werden. (Progressionsvorbehalt)
Bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird zunächst das Gesamt- bzw. Welteinkommen nach den Vorschriften des österreichischen Einkommensteuergesetzes ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, der von Österreich besteuert werden darf (vgl. VwGH vom 14.12.2006, 2005/14/0099, VwGH vom 24.05.2007, 2004/15/0051).
Der Durchschnittssteuersatz wurde lt. Bescheid im gegenständlichen Fall mit 10,14 % ermittelt und nur auf das österreichische Einkommen angewendet, da die deutsche Rente unter dem Veranlagungsfreibetrag lag. Es ergab sich eine Nachforderung von € 71,00.
Die Richterin hat eine Kontrollrechnung durchgeführt und das österreichische Einkommen nach Tarif ohne Ansatz von ausländischen Einkünften berechnet.
Steuerpflichtige Bezüge | |
***2*** | 21.895,44 |
Außergew. Belastungen | -486 |
Einkommen | 21.409,44 |
Steuerberechnung | |
0 % für die ersten 11.693 | 0 |
20% für die weiteren 7441 | 1488,2 |
30 % für die restlichen 2275,44 | 682,63 |
2170,83 | |
Pensionistenfreibetrag | -437,95 |
1732,88 | |
Steuer sonstige Bezüge | 181,75 |
Summe | 1914,63 |
Anrechenbare Lohnsteuer | 1844,12 |
Nachforderung | 70,51, gerundet 71 |
Auch hier scheint eine Nachforderung von € 71 auf.
Der Freibetrag von € 486,- deckt sich mit dem in der Veranlagung geltend gemachten Freibetrag aufgrund eigener Behinderung gem. § 35 (3) EStG. Daraus resultiert die Nachforderung nicht.
Die Nachforderung resultiert damit aus einer Differenz von 71 € zwischen der auf dem Lohnzettel enthaltenen Einkünften und der von der ***2*** einbehaltenen Steuer und nicht aus der Besteuerung der deutschen Rente.
Die Nachforderung besteht demnach zu Recht. Da der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung aufgrund der oben genannten Umstände nicht zurückgezogen werden kann, war die Beschwerde abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.
Linz, am 15. Juli 2025