JudikaturBFG

RV/7103693/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
06. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 22. Mai 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 2. Mai 2023, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

An den in Österreich unselbstständig tätigen Beschwerdeführer ***Bf1*** (i.d. Folge Bf.) erging nach elektronisch eingereichter Erklärung zur Einkommensteuer 2022 am 2. Mai 2023 ein erklärungsgemäßer Bescheid. Mit Eingabe vom 22. Mai 2023 erhob der Bf. Beschwerde. Er erklärte darin, über die gesamte Zeit in Österreich beschäftigt gewesen zu sein, wobei nicht sein gesamtes Einkommen zur Besteuerung herangezogen worden sei. In der Beilage übermittelte er Lohnzettel seiner Dienstgeberin (X), die für die Zeiträume 10. Mai 2022 bis 28. Mai 2022 bzw. 4. Juli 2022 bis 31. Dezember 2022 Auslandslohnzettel, Lohnzettelart L 8 ausgestellt hatte. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. August 2023 wurde der Einkommensteuerbescheid 2022 abgeändert. Einerseits wurden die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit um nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 anzusetzende Einkünfte (AMS, ÖGK) i.H.v. € 5.438,02 gemäß dortigen Meldungen erfasst, andererseits wurden die ausländischen auf den Auslandslohnzetteln L8 aufscheinenden Einkünfte i.H.v. € 31.640,04 bei der Berechnung eines Durchschnittssteuersatzes der Einkommensteuer berücksichtigt. Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass der Bf. steuerfreie Leistungen bezogen habe, die gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen seien, wobei die auf Grundlage einer Kontrollrechnung für den Bf. günstigere Variante (Einkommen € 36.629,69) herangezogen worden sei. Der Bf. brachte am 25. September 2023 einen Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein. Er erläuterte darin, dass von seinem Gehalt tschechische Lohnsteuer i.H.v. € 5.480,16 einbehalten worden sei, die bei seiner (Anm.: inländischen) Lohnsteuer keine Berücksichtigung gefunden hätte. Dazu legte er ihn betreffende Lohnverrechnungskonten seines Arbeitgebers für mehrere Monate des Jahres 2022 vor.Zudem monierte er, dass der Familienbonus zu gering bemessen worden sei. Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom 8. November 2023 vor und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 1 Abs. 1+2 EStG 1988 lautet:(1) Einkommensteuerpflichtig sind nur natürliche Personen.(2) Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.ART 14 DBA Tschechien, BGBl. III Nr. 39/2007 lautet:EINKÜNFTE AUS UNSELBSTÄNDIGER ARBEIT (1) Vorbehaltlich der Artikel 15, 17 und 18 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden. (2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) der Empfänger im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, beschäftigt ist, und b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und www.ris.bka.gv.at BGBl. III - Ausgegeben am 4. April 2007 - Nr. 39 12 von 21 12 c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat. (3) Bei der Berechnung der in Absatz 2 lit. a erwähnten Zeiträume werden folgende Tage einbezogen: a) alle Tage körperlicher Anwesenheit, einschließlich Anreise- und Abreisetage, und b) Tage, die außerhalb des Tätigkeitsstaats verbracht werden, wie Samstage und Sonntage, Feiertage, Urlaubstage, und Geschäftsreisen, die unmittelbar mit der Beschäftigung des Empfängers in diesem Staat zusammenhängen, und nach denen die Beschäftigung in diesem Staat fortgesetzt wird. (4) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges, das im internationalen Verkehr betrieben wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.Art. 22 Abs. 3 DBA Tschechien lautet:(3) Einkünfte oder Vermögen einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in diesem Staat auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in diesem Staat bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden. § 33 Abs. 3a EStG 1988 i.d.F. BGBl. I Nr. 194/2022 lautet:Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:1. Der Familienbonus Plus beträgta) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.§ 33 Abs. 2 EStG 1988 lautet:Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.I. Anrechnung ausländischer SteuerDer Bf. moniert unter Vorlage von Teilen seines Lohnkontos, dass ihm tschechische Lohnsteuer i.H.v. € 5.480,16 abgezogen wurde, die bei Berechnung der inländischen Lohnsteuer (Anm.: wohl im Sinne einer Anrechnung) keine Berücksichtigung gefunden hat. Aus den von seinem Arbeitgeber vorgelegten Lohnzetteln geht hervor, dass der Bf. für die Zeiträume 10. Mai 2022 bis 28. Juni 2022 bzw. 4. Juli 2022 bis 31. Dezember 2022 im Ausland tätig war, wofür Auslands-Lohzettel (Lohnzettelart L 8) ausgestellt wurden. Daneben war der Bf. im Jahr 2022 für weitere Zeiträume für seinen Arbeitgeber im Inland tätig bzw. bezog Leistungen des AMS bzw. der ÖGK.Der Bf. ist im Inland unbeschränkt Steuerpflichtig und unterliegt gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sowohl mit seinen in- wie auch ausländischen Einkünften in Österreich der unbeschränkten Steuerpflicht. Da er im beschwerdegegenständlichen Zeitraum auch in Tschechien tätig wurde unterlag er mit den, aus seiner dort ausgeübten Tätigkeit erzielten Einkünften der tschechischen Einkommensteuer, woraus sich die grundsätzliche Problematik einer möglichen Doppelbesteuerung ergab. Zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen der beschriebenen Art wurden mit Vertragsstaaten, wie gegenständlich bedeutsam zwischen Österreich und Tschechien Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen.Zur Wirkungsweise von Doppelbesteuerungsabkommen hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom VfGH 23.6.2014, SV2/2013 festgehalten (vgl. BFG vom 3. Juni 2019, RV/7101274/2019):,Doppelbesteuerungsabkommen sind - idR bilaterale - völkerrechtliche Verträge, in denen die Vertragspartner innerhalb des persönlichen und des sachlichen Anwendungsbereichs des Abkommens die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Vertragstaaten mit dem Ziel der Vermeidung der Doppelbesteuerung regeln. Zu den zentralen Bestimmungen jedes Doppelbesteuerungsabkommen zählen Regelungen, welche die Zuteilung der Besteuerungsrechte festlegen (Verteilungsnormen). Diese bestimmen für die jeweiligen im Abkommen angeführten Einkünfte, ob der jeweilige Vertragstaat völkerrechtlich berechtigt ist, einen innerstaatlich bestehenden Besteuerungsanspruch durchzusetzen, oder ob er nach diesem Vertrag verpflichtet ist, auf den innerstaatlich bestehenden Anspruch zu verzichten. [...] Für jene Fälle, in denen ein Doppelbesteuerungsabkommen in einer Verteilungsnorm dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht einräumt, bestimmen die Methodenartikel eines Doppelbesteuerungsabkommen, nach welcher Methode die Vermeidung der Doppelbesteuerung zu erfolgen hat. Hiebei kommen grundsätzlich zwei Methoden in Betracht: Nach der Befreiungsmethode verzichtet der Ansässigkeitsstaat auf die Besteuerung der im Quellenstaat erzielten Einkünfte unter Progressionsvorbehalt; nach der Anrechnungsmethode werden die im Quellenstaat erzielten Einkünfte vom Ansässigkeitsstaat unter Anrechnung der im Quellenstaat erhobenen Steuer belastet. Welche der beiden Methoden zur Anwendung gelangt, richtet sich nach der völkerrechtlichen Vereinbarung der betroffenen Staaten." Weiters geht er in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es dem Gesetzgeber frei steht, für die verschiedenen Einkunftsarten des EStG 1988 auch spezifische Regelungen zu treffen, wenn diese jeweils sachlich gerechtfertigt sind (VfGH 6.12.2006, G151/06).' Im DBA-Tschechien ist für die gegenständlich fraglichen nichtselbstständigen Einkünfte (do. ART 14) die Befreiungsmethode vorgesehen.Art 22 DBA-Tschechien sieht jedoch vor, dass der Ansässigkeitsstaat die von ihm auszunehmenden Einkünfte bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen berücksichtigen darf (Progressionsvorbehalt). Dies führt gegenständlich zu folgendem Ergebnis:Auf Grundlage der Wohnstätte sowie des in Österreich liegenden Mittelpunktes der Lebensinteressen gilt Österreich als Ansässigkeitsstaat des Bf. (vgl. Art. 4 DBA Tschechien).Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus seiner nichtselbständigen, in Tschechien ausgeübten Tätigkeit wurde unter Anwendung des DBA Tschechien (Art. 14 Abs. 1) zu Recht der tschechischen Republik zugewiesen. Da Österreich als Ansässigkeitsstaat des Bf. auf Grundlage des DBA Tschechien die Einbeziehung der von ihm in Tschechien erzielten Einkünfte in die (innerstaatliche) Besteuerungsgrundlage nicht zustand (wie dies bei der Anrechnungsmethode der Fall gewesen wäre, s.o.), kam es auch zu Recht zu keiner Berücksichtigung der in Tschechien hierfür entrichteten Abgabe im Rahmen der inländischen Besteuerung in Form einer Anrechnung. Österreich verblieb hingegen hinsichtlich der Einkünfte, die vom Bf. im Rahmen seiner Auslandstätigkeit erzielt wurden, der Progressionsvorbehalt (Art. 22 DBA Tschechien), der im Zuge der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung Berücksichtigung fand. Die Berechnung der Österreich zuzuweisenden Einkünfte sowie der daraus resultierenden Steuerbelastung erweist sich somit als zutreffend. II. Höhe Familienbonus Plus Zudem erklärt der Bf., dass der im Bescheid berücksichtigte Familienbonus Plus (lt. Erklärung für 4 Kinder) zu gering bemessen wurde. Die gesetzlich normierte Höhe des Familienbonus Plus (vgl. § 33 Abs. 3a EStG 1988) erfährt durch § 33 Abs. 2 EStG 1988 insoweit eine Einschränkung, als dessen Verrechnung den Betrag der nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 errechneten Steuer nicht übersteigen darf. Nach dem vorliegenden Bescheid i.d.F. der Beschwerdevorentscheidung vom 25. August 2023 wurde die Bemessungsgrundlage (das Einkommen des Bf. unter Einbeziehung der ausländischen Einkünfte in Anwendung des Progressionsvorbehaltes) dem Tarif unterzogen und ergab sich daraus eine Steuer i.H.v. € 1.088,20 die sich durch Abzug des Familienbonus Plus in selbiger Höhe vor Abzug der Absetzbeträge auf € 0,- reduzierte. Die Höhe des dem Bf. zustehenden Familienbonus Plus wurde im vorliegenden Einkommensteuerbescheid vom 25. August 2023 somit zutreffend berechnet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Da der gegenständliche Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und dieselbe nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war eine Revision als nicht zulässig zu erklären.

Wien, am 6. Mai 2025