JudikaturBFG

RV/7300030/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
12. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Finanzstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Duschel & Hanten & Kurz Rechtsanwälte, St. Wendelin Platz 6, 1220 Wien, über die Beschwerde vom 24. April 2025 gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom 9. April 2025 des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde, Strafkontonummer: ***Zahl1***, zu Recht erkannt:

1.) Der Beschwerde wird gem. § 161 Abs. 1 FinStrG stattgegeben und der angefochtene Bescheid insofern abgeändert, als der Beschwerdeführerin gem. § 172 Abs. 1 FinStrG iVm § 212 Abs. 1 BAO zur Entrichtung des auf dem Strafkonto ***Zahl1*** derzeit mit insgesamt € 9.670,00 aushaftenden Rückstandes ab September 2025 bis August 2026 monatliche Raten iHv jeweils € 300,00 gewährt werden. Die erste Rate wird am 1. September 2025, die weiteren Raten jeweils am 1. der Folgemonate fällig.

2.) Die Bewilligung erfolgt gegen jederzeitigen Widerruf. Für den Fall, dass auch nur zu einem Ratentermin keine Zahlung in der festgesetzten Höhe erfolgt (Terminverlust), erlischt die Bewilligung und sind Vollstreckungsmaßnahmen zulässig.

3.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Strafverfügung vom 19.2.2025 wurde die Beschwerdeführerin wegen mehrerer Finanzvergehen für schuldig befunden und über ihr eine Geldstrafe von € 9.200,00 (Nichteinbringungsfall 37 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die Kosten des Strafverfahrens wurden mit € 500,00 bestimmt.

Mit Schreiben vom 1.4.2025 ersuchte die Beschwerdeführerin die Geldstrafe aufgrund ihrer aktuellen finanziellen und gesundheitlichen Situation in Raten zu zahlen oder alternativ die Strafe in Form von Sozialarbeit abzugelten und führte im Wesentlichen aus, dass sie Notstandshilfebezieherin sei, kein weiteres Einkommen habe und psychisch und körperlich schwer beeinträchtigt sei. Zudem bat die Beschwerdeführerin falls erforderlich um Mitteilung, welche weiteren Informationen und Nachweise die Behörde für ihre Entscheidung benötige.

Mit Bescheid vom 9.4.2025 wies die belangte Behörde den Zahlungserleichterungsantrag mit der Begründung ab, dass von der Beschwerdeführerin keine Ratenhöhe beantragt worden sei und einer Zahlungserleichterung nur stattgegeben werden könne, wenn die Strafe in einem angemessenen Zeitraum entrichtet werde, da es sich um eine Strafe handle. Zudem wurde mit weiterem Bescheid vom 9.4.2025 der Antrag betreffend Ableistung gemeinnütziger Leistungen zurückgewiesen, da der Antrag unzulässigerweise vor der Aufforderung zum Strafantritt gestellt worden sei.

Gegen die Abweisung des Zahlungserleichterungsantrages erhob die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter Beschwerde und führte als Begründung im Wesentlichen aus, dass der Antrag ohne Möglichkeit der Verbesserung abgewiesen worden sei, sie Notstandshilfe von rund € 970,00 monatlich beziehe, sie über kein pfändbares Vermögen verfüge und sie bereit sei aufgrund ihres bescheidenen Lebensstils monatliche Raten iHv € 200,00 zu zahlen. Sollte das Bundesfinanzgericht zur Ansicht gelangen, dass bezogen auf den Strafzweck bereits eine tatsächliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe vorliege, möge der Vollzug der Geldstrafe in Form von gemeinnützigen Leistungen angeordnet werden.

Zudem beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Diesem Antrag wurde seitens der belangten Behörde mit Bescheid vom 11.6.2025 stattgegeben.

Am 11.8.2025 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie nunmehr mit Hilfe von dritter Seite in der Lage sei, monatliche Raten iHv € 300,00 zu bezahlen und sie den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückziehe.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Die 54jährige Beschwerdeführerin wurde am 18.2.2025 wegen mehrerer Finanzvergehen zu einer Geldstrafe von € 9.200,00 zuzüglich Kosten iHv € 500,00 verurteilt. Die Strafe ist rechtskräftig.

Die Beschwerdeführerin ist derzeit arbeitslos und bezieht eine monatliche Notstandshilfe iHv rund € 970,00. Sie hat kein pfändbares Vermögen. Das gegenständliche Strafkonto weist einen Rückstand von € 9.670,00 auf. Zudem hat sie Schulden am Abgabenkonto iHv € 12.127,35.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich dieser aus den glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführerin sowie vorgelegter Unterlagen aus dem Einbringungs- und Finanzstrafakt sowie Abfragen aus diversen Registern durch das Bundesfinanzgericht.

Rechtliche Würdigung

Gem. § 172 Abs. 1 FinStrG und § 185 Abs. 5 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung von Geldstrafen und auferlegten Verfahrenskosten den Finanzstrafbehörden. Hiebei gelten, soweit das FinStrG nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß. Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen und Verfahrenskosten nach dem FinStrG richtet sich daher grundsätzlich nach § 212 BAO (vgl. VwGH 24.9.2003, 2003/13/0084).

Gem. § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine Gefährdung der Einbringlichkeit ist nicht anzunehmen, wenn der Abgabepflichtige glaubhaft macht, dass er durch die Gewährung der Zahlungserleichterung in die Lage versetzt wird, die vom Zahlungserleichterungsansuchen umfassten Abgabenschuldigkeiten innerhalb einer angemessenen Frist entrichten zu können. (…).

Zur Anwendung des § 212 Abs. 1 BAO auf Zahlungserleichterungen im Finanzstrafverfahren ist allerdings zu berücksichtigen, dass die mögliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ohnehin unter der zusätzlichen Sanktion des Vollzuges der gerade für diesen Fall ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe steht, sodass dem Aspekt der Gefährdung der Einbringlichkeit der Geldstrafe, im Unterschied zu anderen, ebenfalls auf ein Finanzstrafverfahren zurückgehenden Abgaben (wie zB Verfahrenskosten oder Nebengebühren iSd § 3 Abs. 2 lit. d BAO), keine eigenständige Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 24.9.2003, 2003/13/0084; VwGH 24.2.2011, 2010/16/0276).

Während die sich aus einer sofortigen vollen Entrichtung für den Zahlungsverpflichteten ergebende erhebliche Härte bei Abgaben iSd § 3 BAO regelmäßig bei einer (nicht verschuldeten) wirtschaftlichen Notlage oder bei einer entsprechenden finanziellen Bedrängnis des zur Zahlung Verpflichteten gegeben sein wird (vgl. Ritz/Koran BAO8 § 212, Rz 7, mwN), ist bei einer nach dem FinStrG auferlegten Geldstrafe eine erhebliche Härte nur insoweit gegeben, als die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit jeder Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausgeht (VwGH 24.9.2003, 2003/13/0084). Der Zweck der rechtskräftig erfolgten Bestrafung besteht nämlich zu wesentlichen Teilen in einem dem Bestraften bewusst und gewollt zugefügten, spürbaren, durchaus auch mit einer entsprechenden Härte verbundenen, finanziellen Übel, das ihn (und allenfalls auch Dritte) künftig von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten soll und wäre insbesondere dann nicht mehr (ausreichend) erfüllt, wenn dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe - gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand - bewilligt (vgl. VwGH 25.11.2010, 2009/16/0093 mwN) oder eine überlange, uU sogar angesichts der Zeitdauer unrealistisch anmutende Zahlungsfrist (vgl. VwGH 24.2.2011, 2010/16/0276) gewährt werden würde, da dann die gewährte Zahlungserleichterung letztlich auf eine nachträgliche Korrektur des ohnehin regelmäßig auch unter entsprechender Berücksichtigung der jeweils aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. § 23 Abs. 3 FinStrG) bemessenen Strafausspruches und damit auf eine Reduzierung des gewollten Strafübels hinausliefe (vgl. VwGH 21.1.2004, 2001/16/0371).

Maßgeblich für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist somit die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Aber auch im Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften kann keine sinnvolle Erreichung des mit der Bestrafung verfolgten Zwecks erblickt werden (vgl. VwGH 24.2.2011, 2010/16/0276). Wesentlich entschärft wird dieses Spannungsfeld zwischen dem Gebot zur Leistung ausreichend hoher Geldstrafraten und der dadurch gegebenen Belastung der wirtschaftlichen Existenz des Bestraften durch den Umstand, dass diesem gem. § 179 Abs. 3 FinStrG die Möglichkeit eingeräumt ist, anstelle einer Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Leistungen zu erbringen. Würde die sofortige Entrichtung der Geldstrafe eine über den Strafzweck hinausgehende erhebliche Härte darstellen oder sogar die wirtschaftliche Existenz des Bestraften gefährden, können Zahlungserleichterungen gewährt werden, solange dadurch das über den Finanzstraftäter verhängte Sanktionsübel nicht wesentlich abgeschwächt wird. Würde die Gewährung von Zahlungserleichterungen hinsichtlich einer Geldstrafe in einer vom Bestraften leistbaren Höhe jedoch nicht mit der für Strafzwecke erforderlichen Raschheit zur Entrichtung derselben führen, ist - bezogen auf den Strafzweck - bereits eine tatsächliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu konstatieren und das Sanktionsübel in Form der Ersatzfreiheitsstrafe bzw. in Form der Erbringung gemeinnütziger Leistungen zu vollziehen.

Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Der Begünstigungswerber hat daher die Voraussetzungen einer Zahlungserleichterung aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen.

Der Aktenlage ist zunächst zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin bemüht und gewillt ist die Geldstrafe samt Verfahrenskosten trotz ihrer beengten finanziellen Möglichkeiten zu entrichten. So hat sie unmittelbar nach Rechtskraft der Strafentscheidung um eine Zahlungserleichterung angesucht. Wenn die Beschwerdeführerin dahingehend in der Beschwerde beanstandet, ihr sei nicht die Möglichkeit eingeräumt worden das Zahlungserleichterungsansuchen zu verbessern, so wird die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass es bei einem undeutlichen Anbringen die Pflicht der Behörde ist, die Absicht des Einschreiters mittels Vorhaltes zu erforschen (vgl. VwGH 20.2.1998, 96/15/0127; VwGH 7.5.2020, Ra 2018/16/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn - wie gegenständlich - die zum damaligen Zeitpunkt unvertretene Beschwerdeführerin in ihrem Zahlungserleichterungs-ansuchen sogar um Mitteilung ersucht, welche weiteren Informationen oder Unterlagen von ihr benötigt werden, um über ihren Antrag entscheiden zu können. Der Einwand in der Beschwerde war daher berechtigt.

Wenn die vermögens- und arbeitslose Beschwerdeführerin nunmehr (nachgebessert) in der Lage ist bei einem monatlichen Notstandshilfebezug von € 970,00 mit Unterstützung Dritter monatliche Raten iHv € 300,00 zu entrichten, so ist diese Ratenhöhe in Anbetracht der dargestellten wirtschaftlich sehr angespannten Situation der Beschwerdeführerin für das Bundesfinanzgericht im Rahmen dieser nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu treffenden Ermessensentscheidung gerade noch dem Strafzweck entsprechend, zumal der gesamte Rückstand am Strafkonto in rund 2,5 Jahren getilgt sein wird (vgl. VwGH 25.11.2010, 2009/16/0093). Mit dieser nunmehr bewilligten Ratenhöhe wird einerseits das Strafübel wirksam zugefügt, andererseits bleibt aber auch die wirtschaftliche Existenz der Bestraften bei Anspannung all ihrer Kräfte gerade noch erhalten (VwGH 24.9.2003, 2003/13/0084).

Die zeitliche Begrenzung der Gewährung der Ratenzahlung auf ein Jahr erachtete das Gericht für notwendig, zumal sich die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin durch Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder sonstiger Umstände durchaus wieder verbessern kann. Es bleibt daher der Beschwerdeführerin vorbehalten rechtzeitig vor Ablauf der gegenständlichen Zahlungserleichterung einen neuerlichen vollständigen und begründeten Antrag auf Ratenzahlung zu stellen.

Der gleichzeitig mit der Ratenbewilligung ausgesprochene Widerrufsvorbehalt erfolgte im Rahmen des gem. § 212 Abs. 1 BAO gegebenen Ermessens und um auf allfällige geänderte wirtschaftliche Verhältnisse innerhalb des nächsten Jahres nach Zustellung der gegenständlichen Entscheidung Bedacht nehmen zu können. Für den Fall, dass auch nur zu einem Ratentermin keine Zahlung in der festgesetzten Höhe erfolgt (Terminverlust), erlischt die Bewilligung und sind Vollstreckungsmaßnahmen zulässig (vgl. § 230 Abs. 5 BAO, §§ 175 ff FinStrG).

Gem. § 160 Abs. 2 FinStrG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal die Beschwerdeführerin den dahingehenden Antrag am 11.8.2025 zurückgezogen hat.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hat die Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Zahlungserleichterung im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am 12. August 2025