JudikaturBFG

RV/7103866/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
09. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 12. Juni 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 24. Mai 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung Folge gegeben.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die entsprechende Beschwerdevorentscheidung vom 3. Juli 2024 verwiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2023 vom 24.5.2024 wurde abweichend zu Erklärung vom 17.4.2024 zusätzlich zum pauschalen Freibetrag für Zuckerkrankheit auch der pauschale Freibetrag für ein KFZ auf Grund der Unzumutbarkeit der Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels sowie des Vorliegens eines Ausweises gemäß § 29b StVO berücksichtigt.

Mit Beschwerde vom 12.6.2024 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) zusätzliche behinderungsbedingte Kosten als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt. Darunter auch die Kosten des Einbaus einer Toilette in Höhe von € 1.464,73.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 3.7.2024 wurden die beantragten Kosten, mit Ausnahme der Kosten des Einbaus der Toilette, berücksichtigt bzw. die bisher geltend gemachten Kosten, auf Grund der in der Beschwerde vorgelegten Unterlagen, berichtigt.

Mit Schreiben vom 12.7.2024 wurde Beschwerde gegen den Bescheid vom 3.7.2024 erhoben, welche seitens der Abgabenbehörde als Vorlageantrag gewertet und dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist laut Vorlageantrag nur mehr die Berücksichtigung der Kosten des Einbaus der Toilette als außergewöhnliche Belastung.

In den vorgelegten Unterlagen befand sich nur ein Anbot für den Austausch eines Stand WC's.

Der Bf. wurde von der Richterin des Bundesfinanzgericht am 21.1.2025 aufgefordert die Rechnung betreffend den Austausch des WC vorzulegen und bekanntzugeben wie hoch die verbleibenden Aufwendungen nach Abzug der Kosten für eine Standartausführung sind. Weiters wurde der Bf. ersucht einen Nachweis über die Zahlung vorzulegen.

Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein.

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen.

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die angeführten Voraussetzungen müssen gleichzeitig gegeben sein. Liegt daher eine Voraussetzung nicht vor kann die Ausgabe nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Es obliegt dem Steuerpflichtigen die Umstände des Vorleigens einer außergewöhnlichen Belastung darzulegen.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Gemäß § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 EStG 1988 können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

In § 35 EStG 1988 wird geregelt, dass wenn der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner eine pflegebedingte Geldleistung erhält, ihm ein Freibetrag zusteht. Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

In der zu § 34 und 35 EStG ergangenen Verordnung (VO) des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. Nr. 303/1996, idF BGBl II Nr. 91/1998, BGBl. II Nr. 416/2001 und BGBl. II Nr. 430/2010) wird in § 1 festgehalten, dass wenn ein Steuerpflichtiger Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat, so sind die in den §§ 2 bis 4 der Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Laut § 1 Abs. 2 der VO liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

In § 1 Abs. 3 wird ausgesprochen, dass die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser VO nicht um eine pflegebedingte Geldleistung oder um einen Freibetrag zu kürzen sind.

§ 4 der VO regelt nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel. Beispielhaft werden aufgezählt Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel. Diese sind als Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Hilfsmittel isd § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Köperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen.

Hilfsmittel isd § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Köperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen.

Unter den Begriff "Hilfsmittel" fallen ferner sanitäre Einrichtungsgegenstände, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden sind oder nicht.

Normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche idR keine "Hilfsmittel", lediglich behindertenspezifische Adaptierungen und Zusatzfunktionen können "Hilfsmittel" darstellen.

Solche Hilfsmittel sind im WC z.B. Haltegriffe.

Wird ein WC umgebaut, so sind die Mehraufwendungen die durch eine behindertengerechte Ausführung zusätzlich entstehen abzugsfähig. Kosten der normalen Standartausführung sind nicht abzugsfähig.

Weiters ist zu beachten, dass eine "Belastung" im Allgemeinen nur dann vorliegt, wenn Ausgaben getätigt werden, die zu einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr, somit zu einer Vermögensminderung führen. Bloße Vermögensumschichtungen führen grundsätzlich nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt in seinem Erkenntnis vom 13.3.2003, B785/02 zwar Abstand von einer allzu engen Interpretation des Hilfsmittelbegriffes, indem er die behindertengerechte Adaptierung von Sanitärräumen unter den Hilfsmittelbegriff subsumiert. Jedoch bringt er damit nicht zum Ausdruck, dass jedwede bauliche Maßnahme, die einen Berührungspunkt mit behinderten Personen aufweist, als außergewöhnliche Belastung abziehbar ist. Auch bei dem behindertengerechten Badezimmer sind nur die spezifisch auf die behinderte Person zugeschnittenen Einrichtungsgegenstände zum Abzug zugelassen. Wie in dem oben zitierten Erkenntnis ausgeführt, werden nur die Aufwendungen für behindertengerechte Sanitärgegenstände anerkannt, die Kosten für die jeweilige Standartausstattung wurden abgezogen. Es sind somit nur jene Mehraufwendungen anzuerkennen die durch die Behinderung bedingt sind.

Standartausstattung (marktgängige Wirtschaftsgüter) kann jedoch nicht steuermindernd geltend gemacht werden.

Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er in diesem Zusammenhang selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl VwGH 24.09.2008, 2006/15/0120, mwN). Der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, hat daher selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (ua VwGH 10.8.2005, 2001/13/0191; Jakom/Vock EStG, 2017, § 34 Rz 9). Die bloße Behauptung von Kosten durch den Abgabepflichtigen ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Die Pflicht zum Nachweis bzw zur Glaubhaftmachung von außergewöhnliche Belastungen trifft jeden Abgabepflichtigen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Bf. durch das Verwaltungsgericht aufgefordert den Nachweise, für die als außergewöhnliche Belastungen beantragten Kosten, vorzulegen (Rechnung und Angabe, wie hoch die Aufwendungen sind die aufgrund der Behinderung angefallen sind, sowie Vorlage der Zahlungs- bzw. Überweisungsbestätigung).

Es ist an dieser Stelle nochmals auszuführen, dass ein Steuerpflichtiger, welcher Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen will, in diesem Zusammenhang selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl VwGH 24.09.2008, 2006/15/0120, mwN). Der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, hat daher selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (ua VwGH 10.8.2005, 2001/13/0191; Jakom/Vock EStG, 2017, § 34 Rz 9).

Ein Rechtsanspruch auf den Abzug außergewöhnlicher Belastungen besteht nur bei Vorliegen aller rechtsverbindlich normierten Voraussetzungen. Eine bloße Behauptung von Ausgaben ist für die Berücksichtigung von Werbungskosten, außergewöhnlichen Belastungen oder Sonderausgaben nicht hinreichend. Ein Fehlen von Nachweisen liegt in der Sphäre des Bf. und trifft seine Beweislast.

Die vom Bf. begehrte Berücksichtigung von Kosten für den Austausch der Toilette als außergewöhnliche Belastungen kann, mangels Vorlage von Unterlagen bzw Nachweisen, nicht anerkannt werden. Die Beschwerden wird daher hinsichtlich dieses Beschwerdepunktes unter Bezugnahme auf die oben genannten Bestimmungen gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Betreffend die restlichen Streitpunkte in der Beschwerde, schließt sich das BFG den Ausführungen des Finanzamtes in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2023 an.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am 9. April 2025