Bsw11214/19 – AUSL EGMR Entscheidung
Kopf
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer IV, Beschwerdesache Internationale Humanitäre Hilfsorganisation e. V. gg Deutschland, Urteil vom 10.10.2023, Bsw. 11214/19.
Spruch
Art 11 EMRK - Auflösung eines Vereins wegen mittelbarer finanzieller Unterstützung der Hamas.
Zulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).
Keine Verletzung von Art 11 EMRK (einstimmig).
Text
Begründung:
Sachverhalt:
Der statutenmäßige Zweck des 1997 in Deutschland gegründeten Vereins »Internationale Humanitäre Hilfsorganisation« bestand darin, »weltweit in Fällen von Naturkatastrophen, Kriegen und anderen Katastrophen humanitäre Hilfe in geeigneter Form zu leisten«.
Bis 2010 sammelte der bf Verein in Deutschland Spenden und leitete diese an sechs Organisationen in überwiegend islamischen Ländern weiter. Darunter befanden sich auch zwei »Sozialvereine«, die in Gaza und der Westbank Projekte zugunsten der palästinensischen Bevölkerung durchführten. Eine davon, die »Islamic Society«, unterstützte Waisenkinder sogenannter Märtyrer. Zwischen 2006 und 2010 floss ein erheblicher Teil der Mittel des bf Vereins an die »Islamic Society«. Nachdem deren Vorsitzender Anfang 2010 als Vertreter der Hamas Bürgermeister von Jabaliya wurde, beendete der bf Verein die Unterstützung und förderte stattdessen den ebenfalls in Gaza ansässigen Sozialverein »Salam«, der von ehemaligen Funktionären der »Islamic Society« gegründet worden war.
Am 23.6.2010 erließ das Bundesministerium des Inneren einen Bescheid, mit dem der bf Verein verboten und aufgelöst wurde, weil er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Sein Vermögen wurde beschlagnahmt. Eine vorherige Anhörung unterblieb, weil eine solche den Erfolg der Sicherstellung gefährdet hätte. Der Verein habe über Jahre hinweg und in beträchtlichem Umfang »Sozialvereine« in Palästina unterstützt, die der Terrororganisation Hamas zuzuordnen seien. Damit habe er mittelbar zu den von der Hamas gegen das israelische Volk verübten Gewalttaten beigetragen.
Die gegen die Verbotsverfügung gerichtete Klage wurde vom BVerwG am 18.4.2012 abgewiesen. Dabei verwies das Gericht auf sein Urteil vom 3.12.2004, in dem es bereits geklärt hatte, dass die »Islamic Society« Bestandteil des Gesamtgefüges der Hamas sei. Die Voraussetzungen für ein Verbot lägen vor, weil die Unterstützung von der Hamas zuzuordnenden Vereinen geeignet sei, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen.
Das BVerfG wies die dagegen erhobene Beschwerde am 6.7.2012 als unbegründet ab (1 BvR 1474/12). Das Vereinsverbot wurde als verhältnismäßig erachtet, weil die Beeinträchtigung der Völkerverständigung nicht mit milderen Mitteln beseitigt oder verhindert hätte werden können.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsausführungen:
Der bf Verein behauptete eine Verletzung von Art 11 EMRK (hier: Vereinigungsfreiheit).
Zur behaupteten Verletzung von Art 11 EMRK
(42) Der bf Verein bringt vor, sein Verbot und die Beschlagnahme seines Vermögens hätten sein Recht auf Vereinigungsfreiheit verletzt [...].
Zulässigkeit
(43) Ohne eine formelle Unzulässigkeitseinrede zu erheben [...], brachte die Regierung [...] vor, die Beschwerde wäre insoweit unzulässig, als der bf Verein [...] vor dem BVerfG nicht vorgebracht habe, dass er vor seiner Auflösung vom Ministerium weder angehört worden sei noch Gelegenheit erhalten habe, Mängel zu beheben [...].
(46) Wie der GH zunächst feststellt, wurde die im Beschwerdeformular an den GH herangetragene Rüge des bf Vereins, er wäre nicht angehört worden und habe vor seinem Verbot keine Gelegenheit erhalten, Mängel zu beheben, in der Verfassungsbeschwerde nicht ausdrücklich erhoben. Er hat jedoch vor dem BVerfG eine Verletzung seiner Vereinigungsfreiheit nach Art 9 GG und Art 11 EMRK geltend gemacht und einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip behauptet. In diesem Zusammenhang wies der bf Verein ausdrücklich auf die Verpflichtung der nationalen Behörden hin, mildere Mittel in Betracht zu ziehen [...].
(47) [...] Im Licht des gesamten Vorbringens des bf Vereins [...] kann dieser nur dahingehend verstanden werden, dass er vorbrachte, seine Anhörung oder die Gelegenheit zur Behebung von Mängeln wäre gegenüber der sofortigen Untersagung ein milderes Mittel gewesen.
(48) [...] Das BVerfG äußerte sich detailliert zu milderen Mitteln [...]. Diese Feststellungen [...] deuten darauf hin, dass die vom bf Verein ausdrücklich erhobene Unverhältnismäßigkeitsrüge [...] eine ausreichende Einladung an das BVerfG war, alle möglichen milderen Mittel zu berücksichtigen – einschließlich beispielsweise der Anhörung oder der Gelegenheit, vor dem Verbot Mängel zu beheben. Das BVerfG kam jedoch zum Schluss, dass mildere Mittel im vorliegenden Fall nicht ausreichend wirksam gewesen wären.
(49) [...] Der GH ist daher im vorliegenden Fall davon überzeugt, dass der belangte Staat ausreichende Gelegenheit hatte, die Argumente des bf Vereins betreffend die Unverhältnismäßigkeit seines Verbots [...] zu behandeln.
(50) Die sich auf die Nichterschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe beziehende Einrede der Regierung ist daher zu verwerfen.
(51) [...] Die Beschwerde ist weder offensichtlich unbegründet noch aus einem anderen in Art 35 EMRK angeführten Grund unzulässig. Sie muss daher für zulässig erklärt werden (einstimmig). [...]
In der Sache
(62) [...] Die Fähigkeit, eine juristische Person zu bilden, um kollektiv auf einem Feld des gemeinsamen Interesses zu handeln, ist einer der wichtigsten Aspekte der Vereinigungsfreiheit, ohne den dieses Recht jeglicher Bedeutung beraubt würde.
(63) [...] Nur überzeugende und zwingende Gründe können Einschränkungen dieser Freiheit rechtfertigen. Jede derartige Einschränkung wird vom GH einer genauen Überprüfung unterworfen.
(64) Es ist unbestritten [...], dass das Verbot des bf Vereins [...] einen Eingriff in sein Recht auf Vereinigungsfreiheit darstellte. [...]
Zur gesetzlichen Grundlage des Eingriffs
(68) [...] Das Verbot des bf Vereins hatte eine Grundlage [...] in § 3 Abs 1 Vereinsgesetz iVm Art 9 Abs 2 GG.
(70) [...] Das BVerwG bestätigte bereits im Dezember 2004 in einem früheren Urteil anhand derselben Bestimmungen und mit einer ähnlichen Begründung das Verbot eines anderen Vereins [...], der dieselbe »Islamic Society« in Gaza unterstützt hatte. Angesichts der klaren und eindeutigen Feststellungen des höchsten Verwaltungsgerichts des belangten Staats in diesem Urteil vom 3.12.2004, das eine offensichtlich vergleichbare Situation betraf, konnte daraus nur der Schluss gezogen werden, dass die finanzielle Unterstützung der »Islamic Society« durch einen Verein Aktivitäten darstellen kann, die »gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind« und sein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Vereinsgesetz iVm Art 9 Abs 2 GG nach sich ziehen kann. Der GH ist daher überzeugt, dass es diese Bestimmungen dem bf Verein erlaubten, sein Verbot vorherzusehen. [...] Der Eingriff war somit gesetzlich vorgesehen iSv Art 11 EMRK.
Zum legitimen Ziel
(73) Das Ministerium stützte das umstrittene Verbot auf die Feststellung, die Aktivitäten des bf Vereins würden gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen, weil er der Terrororganisation Hamas zuzuordnende Sozialvereine unterstütze und damit mittelbar zu den von der Hamas gegen das israelische Volk verübten Gewalttaten beitrage.
(74) Wie der GH bereits in früheren Fällen anerkannt hat, dient der Kampf gegen Terrorismus legitimen Zielen gemäß Art 11 Abs 2 EMRK, nämlich jenen der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und des Schutzes der Rechte anderer.
(75) Obwohl sich der vorliegende Fall insofern von früheren Fällen unterscheidet, als er den Kampf gegen internationalen Terrorismus generell und unabhängig von einer greifbaren Gefahr gegen den Mitgliedstaat betrifft, kann der Kampf gegen internationalen Terrorismus dennoch der Aufrechterhaltung der Ordnung dienen. Staaten müssen in der Lage sein, Maßnahmen zu ergreifen um zu verhindern, dass ihr Territorium dazu verwendet wird, Terrorismus zu unterstützen und Gewalt in Konflikte im Ausland zu tragen.
(76) Zudem [...] ist Art 11 Abs 2 EMRK weit formuliert, ohne die Staaten auf Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten von Personen innerhalb ihres Hoheitsgebiets zu beschränken. Der Schutz des Gedankens der Völkerverständigung [...] dient daher dem legitimen Ziel [...] des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer, das sich auch auf im Ausland lebende Personen erstreckt.
Zur Notwendigkeit des Eingriffs
(85) [...] Das Verbot des bf Vereins umfasste gezwungenermaßen auch seine Auflösung und war daher von den möglichen Maßnahmen die am stärksten eingreifende.
(86) [...] Auf der anderen Seite betrifft der gegenständliche Fall das Verbot eines Vereins, dessen Ziel in der Finanzierung des internationalen Terrorismus bestand. [...] Der Kampf gegen die direkte und indirekte Finanzierung des internationalen Terrorismus ist das erklärte Ziel einer Reihe von internationalen und supranationalen Instrumenten. [...]
(87) [...] Zudem ist der Gedanke der Völkerverständigung nicht nur eine Voraussetzung für die internationale Rechtsordnung, sondern er zählt auch zu den zentralen Werten der Konvention [...].
(88) [...] Vereinigungen, die sich an gegen die Werte der Konvention gerichteten Aktivitäten beteiligen, können nicht vom Schutz des Art 11, ausgelegt im Licht von Art 17 EMRK, profitieren [...]. Der GH hat sich [...] unter Art 11 iVm Art 17 EMRK mit einer Reihe von Fällen befasst, die Vereinigungen betrafen, deren Statuten bzw Aktivitäten den zentralen Werten der EMRK widersprachen, etwa weil sie Terrorismus oder Kriegsverbrechen förderten und rechtfertigten. Der GH hat diese Beschwerden entweder angesichts von Art 17 EMRK für ratione materiae unvereinbar mit der Konvention erklärt oder sich bei der Auslegung von Art 11 Abs 2 EMRK unterstützend auf Art 17 EMRK bezogen, um seine Schlussfolgerung über die Notwendigkeit des Eingriffs zu untermauern.
(89) [...] Auch wenn sich der bf Verein [...] nicht selbst an gewalttätigen Handlungen beteiligte, sind die mit dem Verbot der mittelbaren Unterstützung von Terrorismus [...] verfolgten Ziele sehr gewichtig und die Staaten genießen in dieser Hinsicht einen sehr weiten Ermessensspielraum.
(91) Zwar bestand das erklärte Ziel des bf Vereins nach seinen Statuten darin, »weltweit in Fällen von Naturkatastrophen, Kriegen und anderen Katastrophen humanitäre Hilfe in geeigneter Form zu leisten«, doch wird der GH seine Prüfung nicht auf den Wortlaut der Statuten beschränken, sondern deren praktische Anwendung und die tatsächlichen Aktivitäten des bf Vereins in den Blick nehmen.
(92) In diesem Zusammenhang nimmt der GH erstens die unbestrittene Finanzierung insb der »Islamic Society« und später von »Salam« durch den bf Verein zur Kenntnis. Das Ministerium und die innerstaatlichen Gerichte [...] fanden überzeugende Beweise dafür, dass es sich bei diesen beiden selbsterklärten »Sozialvereinen« nicht um eigenständige Organisationen handelte, sondern um Teile der Hamas. Sie kamen anhand einer angemessenen Beurteilung der Gesamtstruktur der Hamas einschließlich der sogenannten »Sozialvereine« auch zu dem Schluss, dass diese als Terrororganisation anzusehen war. Angesichts der Tatsache, dass die Hamas in ihrer Gesamtheit seit 2003 von der EU ausdrücklich in der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften geführt wird, die an terroristischen Handlungen beteiligt waren und Sanktionen unterliegen, was vom EuGH bestätigt wurde, sieht der GH keinen Grund dafür, von der Beurteilung der nationalen Gerichte abzuweichen.
(93) Die innerstaatlichen Gerichte trafen überzeugende Feststellungen, wonach [...] die führenden Mitglieder des bf Vereins von der Verbindung der »Sozialvereine« zur Hamas wussten und diese befürworteten. Die [...] Gerichte verwiesen auch auf das beträchtliche Ausmaß der Unterstützung dieser Organisationen durch den bf Verein, der rund 50 % seiner gesamten Spenden an diese weiterleitete [...].
(94) Die nationalen Gerichte nahmen auch Bedacht auf die Tatsache, dass der bf Verein in der Vergangenheit aus Sorge über mögliche Einschränkungen seiner Aktivitäten versucht hatte, seine Beziehung zur Hamas zu verschleiern, indem er seine finanzielle Unterstützung nicht länger an die »Islamic Society« leistete, sondern an »Salam«. Daraus zogen sie den Schluss, dass der bf Verein in Zukunft wieder versuchen würde, Beschränkungen zu umgehen, und dass er sich mit der Hamas identifizierte.
(95) [...] Das BVerfG unternahm eine umfangreiche Einschätzung der potenziell verfügbaren Maßnahmen, die milder gewesen wären als ein völliges Verbot [...] und kam zum Schluss, dass im gegenständlichen Fall keine mildere Maßnahme angemessen gewesen wäre. [...] Die vom BVerfG vorgenommene Abwägung war nachvollziehbar und transparent.
(97) Zwar nennen weder der Wortlaut von § 3 Vereinsgesetz noch jener von Art 9 GG ausdrücklich andere Sanktionen als das Verbot [...], doch gilt das Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit als Teil des Rechtsstaatsprinzips im Wege der Auslegung auch für diese Bestimmungen. [...] Das BVerfG erachtete ein Vereinsverbot als schwerwiegendsten Eingriff, der nur verhängt werden könne, wenn sich die Ziele der Behörden nicht mit milderen Maßnahmen erreichen ließen [...]. Folglich sah das innerstaatliche Recht das Verbot eines Vereins [...] nur als letztes Mittel vor.
(98) Angesichts der Umstände des gegenständlichen Falls wird der GH beurteilen, ob die Schlussfolgerung der nationalen Gerichte, es hätten keine milderen Maßnahmen als ein Verbot ergriffen werden können, innerhalb ihres Ermessensspielraums lag.
(99) [...] Die [an die »Islamic Society« und später an »Salam« überwiesenen] beträchtlichen Beträge unterstreichen die Tatsache, dass die Finanzierung der Hamas das primäre Interesse des bf Vereins war. Dies wird auch durch die Feststellung untermauert, dass der bf Verein in der Vergangenheit versucht hat, mögliche Beschränkungen zu umgehen, um die Hamas weiter unterstützen zu können [...]. Der GH sieht daher keinen Grund dafür, von den Feststellungen des BVerfG abzugehen, wonach eine Einschränkung der Aktivitäten des bf Vereins nicht wirksam gewesen wäre [...]. Unter den Umständen des vorliegenden Falls, wo sich nach den Feststellungen der nationalen Gerichte ein Verein grundlegend mit den Zielen einer von ihm mittelbar unterstützten Terrororganisation identifiziert und wo aufgrund eines ähnlichen Verhaltens in der Vergangenheit eine reale Gefahr einer künftigen Umgehung festgestellt wurde, erscheint das gänzliche Verbot des bf Vereins nicht unverhältnismäßig.
(100) Soweit der bf Verein vorbrachte, eine vorherige Anhörung und die Gelegenheit zur Behebung von Mängeln wären ähnlich wirksame Maßnahmen gewesen, stellt der GH fest, dass es das Verbot oder die Auflösung einer Vereinigung erfordern können, sie vorher anzuhören oder zu warnen [...]. Dies gilt nicht, wenn eine Anhörung jede nachfolgende Maßnahme zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer hinfällig, wirkungslos oder undurchführbar machen würde. Angesichts der [...] früheren Versuche des bf Vereins zur Umgehung potenzieller Einschränkungen hätte es eine vorherige Anhörung möglich und wahrscheinlich gemacht, dass Beweise vernichtet und Vermögenswerte auf eine Ersatzorganisation übertragen worden wären, was jedes Verbot wirkungslos gemacht hätte.
(102) Bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der in Beschwerde gezogenen Maßnahme nimmt der GH die besonderen Umstände des gegenständlichen Falls zur Kenntnis. Es wurde gebührend festgestellt, dass der bf Verein, während er seine Aktivitäten als humanitäre Hilfe tarnte, wissentlich direkt oder indirekt internationalen Terrorismus unterstützte. Der GH kann auch nicht übersehen, dass das Verhalten eines solchen Vereins mit den zentralen Werten der Konvention unvereinbar ist. Im vorliegenden Fall kann noch hinzugefügt werden, dass sich der bf Verein weder im innerstaatlichen Verfahren noch in der Beschwerde an den GH von den gewalttätigen Zielen und Handlungen der Hamas distanzierte.
Schlussfolgerung
(103) Angesichts des unter den spezifischen Umständen des vorliegenden Falls geltenden weiteren Ermessensspielraums und unter Berücksichtigung der von den nationalen Gerichten vorgenommenen umfassenden Abwägung und der auf dem Spiel stehenden gewichtigen Interessen ist der GH davon überzeugt, dass die Behörden relevante und ausreichende Gründe vorbrachten und ihren Ermessensspielraum nicht überschritten. Der Eingriff in die Vereinigungsfreiheit des bf Vereins war daher verhältnismäßig zu den verfolgten legitimen Zielen und somit »in einer demokratischen Gesellschaft notwendig«.
(104) Folglich hat keine Verletzung von Art 11 EMRK stattgefunden (einstimmig).
Vom GH zitierte Judikatur:
Refah Partisi (The Welfare Party) ua/TR, 13.2.2003, 41340/98 ua (GK) = NL 2003, 30 = EuGRZ 2003, 206 = ÖJZ 2005, 975
Gorzelik ua/PL, 17.2.2004, 44158/98 (GK)
Herri Batasuna und Batasuna/ES, 30.6.2009, 25803/04, 25817/04 = NL 2009, 202
Association Rhino ua/CH, 11.10.2011, 48848/07
Hizb Ut-Tahrir ua/DE, 12.6.2012, 31098/08 (ZE) = EuGRZ 2013, 114
Vona/HU, 9.7.2013, 35943/10 = NLMR 2013, 245
Les Authentiks und Supras Auteuil 91/FR, 27.10.2016, 4696/11, 4703/11
Zehra Foundation ua/TR, 10.7.2018, 51595/07 (ZE)
Ayoub ua/FR, 8.10.2020, 77400/14 = NLMR 2020, 357
Hinweis:
Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 10.10.2023, Bsw. 11214/19, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NLMR 2023, 481) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.
Das Original des Urteils ist auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.