BundesrechtInternationale VerträgeDurchführung der Alpenkonvention von 1991 – Protokoll „Verkehr“ (P5)

Durchführung der Alpenkonvention von 1991 – Protokoll „Verkehr“ (P5)

In Kraft seit 18. Dezember 2002
Up-to-date

Kapitel I

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

Art. 1 Ziele

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik, die

a) Belastungen und Risiken im Bereich des inneralpinen und alpenquerenden Verkehrs auf ein Maß senkt, das für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich ist, unter anderem durch eine verstärkte Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, auf die Schiene, vor allem durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen und marktkonformer Anreize;

b) zur nachhaltigen Entwicklung des Lebens- und Wirtschaftsraumes als Lebensgrundlage der im Alpenraum wohnenden Bevölkerung durch eine alle Verkehrsträger umfassende, aufeinander abgestimmte Verkehrspolitik der Vertragsparteien beiträgt;

c) dazu beiträgt, Einwirkungen, die die Rolle und die Ressourcen des Alpenraums – dessen Bedeutung über seine Grenzen hinausreicht – sowie den Schutz seiner Kulturgüter und naturnahen Landschaften gefährden, zu mindern und soweit wie möglich zu vermeiden;

d) den inneralpinen und alpenquerenden Verkehr durch Steigerung der Effektivität und Effizienz der Verkehrssysteme und durch Förderung umwelt- und ressourcenschonenderer Verkehrsträger unter wirtschaftlich tragbaren Kosten gewährleistet;

e) faire Wettbewerbsbedingungen unter den einzelnen Verkehrsträgern gewährleistet.

(2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, den Verkehrsbereich unter Wahrung des Vorsorge-, Vermeidungs- und Verursacherprinzips zu entwickeln.

Artikel 2

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Protokolls bedeuten:

„alpenquerender Verkehr“: Verkehr mit Ziel und Quelle außerhalb des Alpenraumes;

„inneralpiner Verkehr“: Verkehr mit Ziel und Quelle im Alpenraum (Binnenverkehr) inklusive Verkehr mit Ziel oder Quelle im Alpenraum;

„erträgliche Belastungen und Risiken“: Belastungen und Risiken, die im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen und Risikoanalysen zu definieren sind mit dem Ziel, einem weiteren Anstieg der Belastungen und Risiken Einhalt zu gebieten und diese sowohl bei Neubauten wie bei bestehenden Infrastrukturen mit erheblichen räumlichen Auswirkungen durch entsprechende Massnahmen soweit erforderlich zu verringern;

„externe Kosten“: Kosten, die nicht vom Nutzer von Gütern oder Diensten getragen werden. Sie umfassen die Kosten für die Infrastruktur, wo diese nicht angelastet werden, die Kosten für Umweltverschmutzung, Lärm, verkehrsbedingte Personen- und Sachschäden;

„große Neubauten oder wesentliche Änderungen oder Ausbauten vorhandener Verkehrsinfrastrukturen“: Infrastrukturvorhaben mit Auswirkungen, welche nach UVP-Recht oder Bestimmungen internationaler Vereinbarungen Umweltverträglichkeitsprüfungen unterliegen;

„hochrangige Straßen“: alle Autobahnen und mehrbahnige, kreuzungsfreie oder in der Verkehrswirkung ähnliche Strassen;

„Umweltqualitätsziele“: Ziele, welche den angestrebten Umweltzustand unter Berücksichtigung ökosystemarer Zusammenhänge beschreiben; sie geben bei Bedarf aktualisierbare, sachlich, räumlich und zeitlich definierte Qualitäten von Schutzgütern an;

„Umweltqualitätsstandards“: konkrete Bewertungsmaßstäbe für die Erreichung von Umweltqualitätszielen; sie definieren für bestimmte Parameter die angestrebten Resultate, das Messverfahren oder die Rahmenbedingungen;

„Umweltindikatoren“: Umweltindikatoren messen oder bewerten den Zustand der Umweltbelastung und begründen Prognosen über ihre Entwicklung;

„Vorsorgeprinzip“: jenes Prinzip, demzufolge Maßnahmen zur Vermeidung, Bewältigung oder Verringerung schwerer oder irreversibler Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt nicht mit der Begründung aufgeschoben werden dürfen, dass die wissenschaftliche Forschung noch keinen eindeutigen Kausalzusammenhang zwischen den fraglichen Einwirkungen einerseits und ihrer potentiellen Schädlichkeit für die Gesundheit und die Umwelt andererseits nachgewiesen hat;

„Verursacherprinzip“: inklusive der Anlastung der Folgewirkungen ist jenes Prinzip, demzufolge die Kosten für die Vermeidung, Bewältigung und Verringerung der Umweltbelastung und für die Sanierung der Umwelt zu Lasten des Verursachers gehen. Die Verursacher müssen soweit wie möglich die gesamten Kosten der Verkehrsauswirkungen auf Gesundheit und Umwelt tragen;

„Zweckmäßigkeitsprüfung“: Prüfverfahren gemäß der nationalen Gesetzgebung anlässlich der Planung großer Neubauten oder wesentlicher Änderungen oder Ausbauten vorhandener Verkehrsinfrastrukturen, welches Abklärungen betreffend die verkehrspolitische Notwendigkeit sowie die verkehrlichen, ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Auswirkungen umfasst.

Artikel 3

Art. 3 Nachhaltiger Verkehr und Mobilität

(1) Um den Verkehr unter den Rahmenbedingungen der Nachhaltigkeit zu entwickeln, verpflichten sich die Vertragsparteien, mit einer aufeinander abgestimmten Umwelt- und Verkehrspolitik zur Begrenzung verkehrsbedingter Belastungen und Risiken

a) den Belangen der Umwelt derart Rechung zu tragen, dass

a) der Verbrauch von Ressourcen auf ein Maß gesenkt wird, welches sich soweit möglich innerhalb der natürlichen Reproduktionsfähigkeit bewegt;

b) die Freisetzung von Stoffen auf ein Maß reduziert wird, welches die Tragfähigkeit der betroffenen Umweltmedien nicht überfordert;

c) die Stoffeinträge in die Umwelt auf ein Maß begrenzt werden, das Beeinträchtigungen ökologischer Strukturen und

natürlicher Stoffkreisläufe vermeidet;

b) den Belangen der Gesellschaft derart Rechnung zu tragen, dass

a) die Erreichbarkeit von Menschen, Arbeitsplätzen, Gütern und Dienstleistungen auf umweltschonende, energie- und raumsparende sowie effiziente Weise ermöglicht und eine ausreichende Grundversorgung garantiert wird;

b) die Gesundheit der Menschen nicht gefährdet und das Risiko von Umweltkatastrophen sowie Zahl und Schwere von Unfällen reduziert werden;

c) den Belangen der Wirtschaft derart Rechnung zu tragen, dass

a) die Eigenwirtschaftlichkeit des Verkehrs erhöht und die externen Kosten internalisiert werden;

b) die optimale Auslastung der vorhandenen Infrastruktur gefördert wird;

c) die Arbeitsplätze der wettbewerbsfähigen Betriebe und Unternehmen in den einzelnen Wirtschaftssektoren gesichert werden;

d) auf Grund der besonderen Topografie der Alpen verstärkte Maßnahmen zur Lärmbekämpfung zu ergreifen.

(2) In Übereinstimmung mit den geltenden nationalen und internationalen Rechtsvorschriften im Verkehrsbereich verpflichten sich die Vertragsparteien zur Entwicklung von nationalen, regionalen und lokalen Zielvorgaben, Strategien und Maßnahmen, die

a) den unterschiedlichen naturräumlichen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Gegebenheiten sowie den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung tragen;

b) die Entwicklung der verkehrsbedingten Umweltbelastungen durch eine Kombination von ökonomischen Instrumenten, Raumordnungs- und Verkehrsplanungsmaßnahmen beschränken.

Artikel 4

Art. 4 Berücksichtigung der Ziele in den anderen Politiken

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Ziele dieses Protokolls auch in ihren anderen Politiken zu berücksichtigen.

(2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Auswirkungen anderer Politiken, Strategien und Konzepte auf den Verkehrsbereich vorausschauend und zurückblickend zu überprüfen.

Artikel 5

Art. 5 Beteiligung der Gebietskörperschaften

(1) Die Vertragsparteien fördern die internationale Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Institutionen, um grenzüberschreitend bestmögliche und aufeinander abgestimmte Lösungen zu erreichen.

(2) Jede Vertragspartei bestimmt im Rahmen ihrer geltenden staatlichen Ordnung die für die Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den unmittelbar betroffenen Institutionen und Gebietskörperschaften am besten geeignete Ebene, um eine gemeinsame Verantwortung zu fördern, namentlich um sich gegenseitig verstärkende Kräfte beim Vollzug der Verkehrspolitiken sowie der sich daraus ergebenden Maßnahmen zu nutzen und zu entwickeln.

(3) Die unmittelbar betroffenen Gebietskörperschaften werden in den verschiedenen Stadien der Vorbereitung und Umsetzung dieser Politiken und Maßnahmen unter Wahrung ihrer Zuständigkeit im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung beteiligt.

Artikel 6

Art. 6 Weitergehende nationale Regelungen

Die Vertragsparteien können zum Schutz des ökologisch sensiblen Alpenraumes vorbehaltlich der Bestimmungen geltender internationaler Vereinbarungen auf Grund bestimmter, insbesondere naturräumlicher Gegebenheiten oder aus Gründen der Gesundheit, der Sicherheit und des Umweltschutzes Maßnahmen treffen, welche über die in diesem Protokoll vorgesehenen Maßnahmen hinausgehen.

Kapitel II

Spezifische Maßnahmen

A) Strategien, Konzepte, Planungen

Artikel 7

Art. 7 Allgemeine verkehrspolitische Strategie

(1) Im Interesse der Nachhaltigkeit verpflichten sich die Vertragsparteien, eine rationelle und sichere Abwicklung des Verkehrs in einem grenzüberschreitend aufeinander abgestimmten Verkehrsnetzwerk umzusetzen, welches

a) Verkehrsträger, -mittel und -arten aufeinander abstimmt sowie die Intermodalität begünstigt;

b) im Alpenraum bestehende Verkehrssysteme und -infrastrukturen unter anderem durch den Einsatz von Telematik bestmöglich nutzt und dem Verursacher, nach Belastungen differenziert, externe Kosten und Infrastrukturkosten anlastet;

c) mit raumordnerischen und strukturellen Maßnahmen eine Verkehrsbeeinflussung zugunsten der Verlagerung der Transportleistungen im Personen- und Güterverkehr auf das jeweils umweltverträglichere Verkehrsmittel und intermodale Transportsysteme begünstigt;

d) die Reduktionspotentiale im Verkehrsaufkommen erschließt und nutzt.

(2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die erforderlichen Maßnahmen bestmöglich vorzunehmen

a) zur Sicherung der Verkehrswege vor Naturgefahren sowie

b) in Gebieten mit besonderen Belastungen aus dem Verkehr zum Schutze der Menschen und der Umwelt;

c) zur schrittweisen Reduktion der Schadstoff- und Lärmemission aller Verkehrsträger auch auf der Grundlage der bestverfügbaren Technologie;

d) die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Artikel 8

Art. 8 Projektevaluations- und zwischenstaatliches Konsultationsverfahren

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei großen Neubauten und wesentlichen Änderungen oder Ausbauten vorhandener Verkehrsinfrastrukturen Zweckmäßigkeitsprüfungen, Umweltverträglichkeitsprüfungen und Risikoanalysen vorzunehmen und deren Resultaten im Hinblick auf die Ziele dieses Protokolls Rechnung zu tragen.

(2) Planungen für Verkehrsinfrastrukturen im Alpenraum sind zu koordinieren und zu konzertieren. Jede Vertragspartei verpflichtet sich bei Vorhaben mit erheblichen grenzüberschreitenden Auswirkungen, spätestens nach Vorlage der Prüfungen vorherige Konsultationen mit den davon betroffenen Vertragsparteien durchzuführen. Diese Bestimmungen präjudizieren nicht das Recht jeder Vertragspartei, den Bau von Verkehrsinfrastrukturen vorzunehmen, die zum Zeitpunkt der Annahme dieses Protokolls im Rahmen ihrer Rechtsordnung beschlossen sind oder für die der Bedarf gesetzlich festgestellt ist.

(3) Die Vertragsparteien unterstützen die stärkere Einbeziehung der Transportkomponente in das Umweltmanagement der Unternehmen in ihren Ländern.

B) Technische Maßnahmen

Artikel 9

Art. 9 Öffentlicher Verkehr

Zur nachhaltigen Aufrechterhaltung und Verbesserung der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur sowie der Erholungs- und Freizeitattraktivität des Alpenraumes verpflichten sich die Vertragsparteien, die Einrichtung und den Ausbau kundenfreundlicher und umweltgerechter öffentlicher Verkehrssysteme zu fördern.

Artikel 10

Art. 10 Eisenbahn- und Schiffsverkehr

(1) Um die besondere Eignung der Eisenbahn für die Bewältigung des Verkehrs über lange Distanzen sowie ihr Netz für die wirtschaftliche und touristische Erschließung der Alpenregion besser auszunutzen, unterstützen die Vertragsparteien, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten,

a) die Verbesserung der Bahninfrastrukturen durch den Bau und die Entwicklung großer alpenquerender Achsen einschließlich der Anschlüsse und angepasster Terminals;

b) die weitere betriebliche Optimierung sowie Modernisierung der Eisenbahn, insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr;

c) Maßnahmen mit dem Ziel, insbesondere den Gütertransport über längere Distanzen auf die Eisenbahn zu verlagern und die Tarifierung der Verkehrsinfrastrukturen stärker zu harmonisieren;

d) intermodale Transportsysteme sowie die Weiterentwicklung der Eisenbahn;

e) die verstärkte Nutzung der Eisenbahn und die Schaffung kundenfreundlicher Synergien zwischen dem Personenfern- und dem Regional- sowie Ortsverkehr.

(2) Die Vertragsparteien unterstützen verstärkte Bestrebungen, zur Verringerung des Anteils des Transitgüterverkehrs auf dem Landwege die Kapazitäten der Schifffahrt vermehrt zu nutzen.

Artikel 11

Art. 11 Straßenverkehr

(1) Die Vertragsparteien verzichten auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den alpenquerenden Verkehr.

(2) Ein hochrangiges Straßenprojekt für den inneralpinen Verkehr kann nur dann verwirklicht werden, wenn

a) die in der Alpenkonvention in Artikel 2 Abs. 2 lit. j festgelegten Zielsetzungen durch Vornahme entsprechender Vorsorge- oder Ausgleichsmaßnahmen auf Grund des Ergebnisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung erreicht werden können,

b) die Bedürfnisse nach Transportkapazitäten nicht durch eine bessere Auslastung bestehender Straßen- und Bahnkapazitäten, durch den Aus- oder Neubau von Bahn- und Schifffahrtsinfrastrukturen und die Verbesserung des Kombinierten Verkehrs sowie durch weitere verkehrsorganisatorische Maßnahmen erfüllt werden können,

c) die Zweckmäßigkeitsprüfung ergeben hat, dass das Projekt wirtschaftlich ist, die Risiken beherrscht werden und die Umweltverträglichkeitsprüfung positiv ausgefallen ist und

d) den Raumordnungsplänen/-programmen und der nachhaltigen Entwicklung Rechnung getragen wird.

(3) Auf Grund der geographischen Verhältnisse und der Siedlungsstruktur des Alpenraumes, welche nicht in allen Fällen eine effiziente Bedienung mit öffentlichen Verkehrsmitteln erlauben, erkennen die Vertragsparteien in diesen Randgebieten gleichwohl die Notwendigkeit der Schaffung und Erhaltung von ausreichenden Verkehrsinfrastrukturen für einen funktionierenden Individualverkehr an.

Artikel 12

Art. 12 Luftverkehr

(1) Ohne dies auf andere Regionen zu beziehen, verpflichten sich die Vertragsparteien, die Umweltbelastungen des Flugverkehrs einschließlich des Fluglärms soweit wie möglich zu senken. Unter Beachtung der Ziele dieses Protokolls bemühen sie sich, das Absetzen aus Luftfahrzeugen außerhalb von Flugplätzen einzuschränken und erforderlichenfalls zu verbieten. Zum Schutz der Wildfauna treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen, um den nichtmotorisierten Freizeit-Luftverkehr zeitlich und örtlich einzuschränken.

(2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, das öffentliche Verkehrssystem von den alpennahen Flughäfen in die verschiedenen Alpenregionen zu verbessern, um in der Lage zu sein, die Verkehrsnachfrage zu befriedigen, ohne dadurch die Belastung der Umwelt zu erhöhen. In diesem Zusammenhang begrenzen die Vertragsparteien soweit wie möglich den Neubau von Flughäfen und den erheblichen Ausbau von bestehenden Flughäfen im Alpenraum.

Artikel 13

Art. 13 Touristische Anlagen

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die verkehrlichen Auswirkungen weiterer Erschließungen mit touristischen Anlagen unter Berücksichtigung der Ziele dieses Protokolls zu überprüfen und soweit erforderlich Vorsorge- und Ausgleichsmaßnahmen zur Erreichung der Ziele dieses oder anderer Protokolle zu ergreifen. Dabei ist dem öffentlichen Verkehr Vorrang einzuräumen.

(2) Die Vertragsparteien unterstützen die Schaffung und Erhaltung von verkehrsberuhigten und verkehrsfreien Zonen, die Einrichtung autofreier Tourismusorte sowie Maßnahmen zur Förderung der autofreien Anreise und des autofreien Aufenthalts von Urlaubsgästen.

Artikel 14

Art. 14 Kostenwahrheit

Um auf Verkehrslenkungseffekte durch eine bessere Anrechnung der wahren Kosten der verschiedenen Verkehrsträger hinzuwirken, einigen sich die Vertragsparteien auf die Umsetzung des Verursacherprinzips und unterstützen die Entwicklung und Anwendung eines Berechnungssystems zur Ermittlung der Wegekosten und der externen Kosten. Ziel ist es, schrittweise verkehrsspezifische Abgabensysteme einzuführen, die es erlauben, auf gerechte Weise die wahren Kosten zu decken. Dabei sollen Systeme eingeführt werden, die

a) den Einsatz der umweltfreundlichsten Verkehrsträger und -mittel begünstigen;

b) zu einer ausgewogeneren Nutzung der Verkehrsinfrastrukturen führen;

c) Anreize bieten, Potentiale ökologischer und sozioökonomischer Belastungsminderung mit strukturellen und raumordnerischen Maßnahmen der Verkehrsbeeinflussung vermehrt zu nutzen.

C) Beobachtung und Kontrolle

Artikel 15

Art. 15 Angebot und Nutzung von Verkehrsinfrastrukturen

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, den Stand und die Entwicklung sowie die Nutzung beziehungsweise Verbesserung der hochrangigen Verkehrsinfrastruktur und Verkehrssysteme und die Reduktion der Umweltbelastungen nach einheitlichem Muster in einem Referenzdokument festzuhalten und periodisch zu aktualisieren.

(2) Auf der Grundlage dieses Referenzdokumentes überprüfen die Vertragsparteien, inwieweit Umsetzungsmaßnahmen zur Erreichung und zur Weiterentwicklung der Ziele der Alpenkonvention und insbesondere dieses Protokolls beitragen.

Artikel 16

Art. 16 Umweltqualitätsziele, Standards und Indikatoren

(1) Die Vertragsparteien legen Umweltqualitätsziele zur Erreichung eines nachhaltigen Verkehrs fest und setzen sie um.

(2) Sie stimmen darin überein, dass es notwendig ist, über Standards und Indikatoren zu verfügen, welche den spezifischen Verhältnissen des Alpenraumes angepasst sind.

(3) Die Anwendung dieser Standards und dieser Indikatoren zielt darauf ab, die Entwicklung der Belastungen der Umwelt und der Gesundheit durch den Verkehr zu bemessen.

Kapitel III

Koordination, Forschung, Bildung und Information

Artikel 17

Art. 17 Koordination und Information

Die Vertragsparteien vereinbaren, nach Bedarf gemeinsame Treffen durchzuführen, um

a) die Auswirkungen der nach diesem Protokoll ergriffenen Maßnahmen zu überprüfen;

b) sich vor wichtigen verkehrspolitischen Entscheidungen mit Auswirkungen auf die anderen Vertragsstaaten gegenseitig zu konsultieren;

c) den Austausch von Informationen zur Umsetzung dieses Protokolls zu fördern und dabei vorrangig die vorhandenen Informationssysteme zu nutzen;

d) sich vor wichtigen verkehrspolitischen Entscheidungen zu verständigen, um diese insbesondere in eine aufeinander abgestimmte, grenzüberschreitende Raumordnungspolitik einzubetten.

Artikel 18

Art. 18 Forschung und Beobachtung

(1) Die Vertragsparteien fördern und harmonisieren in enger Zusammenarbeit Forschungen und systematische Beobachtungen über Wechselbeziehungen zwischen Verkehr und Umwelt im Alpenraum sowie über spezifische technologische Entwicklungen, welche die Wirtschaftlichkeit umweltfreundlicher Verkehrssysteme steigern.

(2) Den Ergebnissen der gemeinsamen Forschung und Beobachtung ist anlässlich der Überprüfung der Umsetzung dieses Protokolls gebührend Rechnung zu tragen, namentlich bei der Ausarbeitung von Methoden und Kriterien, welche die Beschreibung einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung erlauben.

(3) Die Vertragsparteien sorgen dafür, dass die jeweiligen Ergebnisse nationaler Forschung und systematischer Beobachtung in ein gemeinsames System zur dauernden Beobachtung und Information einfließen und im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung öffentlich zugänglich gemacht werden.

(4) Die Vertragsparteien unterstützen anwendungsorientierte Pilotprojekte zur Umsetzung nachhaltiger Verkehrskonzepte und -technologien.

(5) Die Vertragsparteien unterstützen die Untersuchungen über die Anwendbarkeit von Methoden der verkehrsträgerübergreifenden, strategischen Umweltprüfung.

Artikel 19

Art. 19 Bildung und Information der Öffentlichkeit

Die Vertragsparteien fördern die Aus- und Weiterbildung sowie die Information der Öffentlichkeit im Hinblick auf Ziele, Maßnahmen und Durchführung dieses Protokolls.

Kapitel IV

Kontrolle und Bewertung

Artikel 20

Art. 20 Umsetzung

Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Umsetzung dieses Protokolls durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung sicherzustellen.

Artikel 21

Art. 21 Kontrolle der Einhaltung der Protokollpflichten

(1) Die Vertragsparteien erstatten dem Ständigen Ausschuss regelmäßig Bericht über die auf Grund dieses Protokolls getroffenen Maßnahmen. In den Berichten ist auch die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen darzulegen. Die Alpenkonferenz bestimmt die zeitliche Abfolge der Berichterstattung.

(2) Der Ständige Ausschuss prüft die Berichte daraufhin, ob die Vertragsparteien ihren Verpflichtungen aus diesem Protokoll nachgekommen sind. Er kann dabei auch zusätzliche Informationen von den Vertragsparteien anfordern oder Informationen aus anderen Quellen beiziehen.

(3) Der Ständige Ausschuss erstellt für die Alpenkonferenz einen Bericht über die Einhaltung der Verpflichtungen aus diesem Protokoll durch die Vertragsparteien.

(4) Die Alpenkonferenz nimmt diesen Bericht zur Kenntnis. Falls sie eine Verletzung der Verpflichtungen feststellt, kann sie Empfehlungen verabschieden.

Artikel 22

Art. 22 Bewertung der Wirksamkeit der Bestimmungen

(1) Die Vertragsparteien überprüfen und beurteilen regelmäßig die in diesem Protokoll enthaltenen Bestimmungen auf ihre Wirksamkeit. Soweit zur Erreichung der Ziele dieses Protokolls erforderlich, werden sie geeignete Änderungen des Protokolls in die Wege leiten.

(2) Im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung werden die Gebietskörperschaften an dieser Bewertung beteiligt. Die einschlägig tätigen nichtstaatlichen Organisationen können angehört werden.

Kapitel V

Schlussbestimmungen

Artikel 23

Art. 23 Verhältnis zwischen der Alpenkonvention und dem Protokoll

(1) Dieses Protokoll ist ein Protokoll der Alpenkonvention im Sinne des Artikels 2 und der anderen einschlägigen Artikel der Alpenkonvention.

(2) Nur Vertragsparteien der Alpenkonvention können Vertragspartei dieses Protokolls werden. Eine Kündigung der Alpenkonvention gilt zugleich als Kündigung dieses Protokolls.

(3) Entscheidet die Alpenkonferenz über Fragen in Bezug auf dieses Protokoll, so sind lediglich die Vertragsparteien dieses Protokolls abstimmungsberechtigt.

Artikel 24

Art. 24 Unterzeichnung und Ratifizierung

(1) Dieses Protokoll liegt für die Unterzeichnerstaaten der Alpenkonvention und die Europäische Gemeinschaft am 31. Oktober 2000 sowie ab dem 6. November 2000 bei der Republik Österreich als Verwahrer zur Unterzeichnung auf.

(2) Dieses Protokoll tritt für die Vertragsparteien, die ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein, drei Monate nach dem Tage in Kraft, an dem drei Staaten ihre Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde hinterlegt haben.

(3) Für die Vertragsparteien, die später ihre Zustimmung ausdrücken, durch dieses Protokoll gebunden zu sein, tritt das Protokoll drei Monate nach dem Tage der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft. Nach dem Inkrafttreten einer Änderung des Protokolls wird jede neue Vertragspartei dieses Protokolls Vertragspartei des Protokolls in der geänderten Fassung.

Artikel 25

Art. 25 Notifikationen

Der Verwahrer notifiziert jedem in der Präambel genannten Staat und der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf dieses Protokoll

a) jede Unterzeichnung;

b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde;

c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens;

d) jede von einer Vertrags- oder Unterzeichnerpartei abgegebene Erklärung;

e) jede von einer Vertragspartei notifizierte Kündigung, einschließlich des Zeitpunkts ihres Wirksamwerdens.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Luzern, am 31. Oktober 2000 in deutscher, französischer, italienischer und slowenischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Staatsarchiv der Republik Österreich hinterlegt wird. Der Verwahrer übermittelt den Unterzeichnerparteien beglaubigte Abschriften.