Vorwort
Abschnitt I
Allgemeine polizeiliche Zusammenarbeit
Artikel 1
Polizeiliche Zusammenarbeit
Art. 1
Mit der vorliegenden Vereinbarung verpflichten sich die Vertragsparteien alle Maßnahmen zu setzen, um die Zusammenarbeit zwischen den Polizeikräften im Bereich der Vorbeugung und der Bekämpfung von strafbaren Handlungen zu verstärken.
Artikel 2
Zentralstellen
Art. 2
Die im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit zuständigen Zentralstellen sind:
a) für die Republik Österreich:
- Bundesministerium für Inneres
Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit
b) für die italienische Republik:
- Innenministerium
Abteilung der öffentlichen Sicherheit
Artikel 3
Aufgaben der Zentralstellen
Art. 3
Zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und der nationalen Sicherheit, sowie der Vorbeugung und Bekämpfung strafbarer Handlungen arbeiten die Zentralstellen direkt zusammen, indem sie einander gegenseitig Hilfe leisten und unter Einhaltung der innerstaatlichen Bestimmungen und der für beide Vertragsparteien geltenden internationalen Abkommen sämtliche für zweckmäßig befundene Daten und Informationen austauschen.
Artikel 4
Datenschutz
Art. 4
Der auf der Grundlage der vorliegenden Vereinbarung vorgesehene Austausch von Daten und Informationen erfolgt in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Gesetzen und den entsprechenden völkerrechtlichen Bestimmungen.
Artikel 5
Verbindungsbeamte
Art. 5
(1) Jede Vertragspartei kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit einen oder mehrere Verbindungsbeamte zu den Zentralstellen der anderen Vertragspartei entsenden.
(2) Die Verbindungsbeamten führen Informations- und Beratungstätigkeiten aus. Sie haben insbesondere folgende Aufgaben:
a) den Informationsaustausch zur Vorbeugung und Bekämpfung von strafbaren Handlungen zu fördern;
b) in Durchführung von Ersuchen um Unterstützung zwischen Polizeibehörden zusammenzuarbeiten;
c) bei Tätigkeiten von Überwachungsorganen an den Außengrenzen Unterstützung zu gewähren.
(3) Die Verbindungsbeamten verfügen über keine Exekutivbefugnisse.
Artikel 6
Entsendung von Polizeiexperten für Einsätze kurzer Dauer
Art. 6
(1) Bei grenzüberschreitenden polizeilichen Einsatzlagen oder bei Ermittlungen von besonderer Komplexität kann jede Vertragspartei für die gesamte Dauer der Einsätze oder Ermittlungen einen oder mehrere Experten in das Staatsgebiet der anderen Vertragspartei entsenden, um mit den sachlich und örtlich zuständigen Stellen zusammenzuarbeiten. Artikel 5 Absatz 3 gilt sinngemäß.
(2) Die gemäß diesem Artikel beauftragten Experten sind nicht ermächtigt, Waffen und andere Zwangsmittel mit sich zu führen.
(3) Die Entsendung von Experten bedarf der schriftlichen Zustimmung der Zentralstellen der anderen Vertragspartei.
Artikel 7
Aus- und Fortbildung des Personals
Art. 7
Die Zentralstellen:
- informieren einander über die Aus- und Forbildung des Polizeipersonals,
- können besondere Aus- und Fortbildungskurse organisieren, die für eine Beteiligung des Personals beider Vertragsparteien zugänglich sind,
- können Beamte austauschen, um die gegenseitige Kenntnis über die Polizeiorganisation, deren Aufgaben und die Einsatztechniken zu vertiefen.
Artikel 8
Durchführungsvereinbarungen
Art. 8
Die Zentralstellen können weitere Vereinbarungen zur Durchführung dieses Abkommens schließen, um die darin vorgesehenen Aufgaben und Vorgangsweisen der Zusammenarbeit im einzelnen zu regeln.
Abschnitt II
Zusammenarbeit in den Grenzgebieten
Artikel 9
Grenzgebiete
Art. 9
Im Sinne dieser Vereinbarung und in Anwendung des Artikels 39 Absatz 4 des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 gelten als Grenzgebiete:
a) für die Republik Österreich:
die Gebiete der Bundesländer Kärnten, Tirol und Salzburg;
b) für die italienische Republik:
die Gebiete der Provinzen Bozen, Belluno und Udine.
Artikel 10
Verbindungsstellen
Art. 10
In den Grenzgebieten der beiden Vertragsparteien wirken jeweils folgende Verbindungsstellen:
a) für die Republik Österreich:
- die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten,
- die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol,
- die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg;
b) für die italienische Republik:
- die Quästur Bozen,
- die Quästur Belluno,
- die Quästur Udine.
Artikel 11
Aufgaben der Verbindungsstellen
Art. 11
(1) Zum Zwecke der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Vorbeugung und Bekämpfung von strafbaren Handlungen arbeiten die Verbindungsstellen in den Grenzgebieten, unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 3 der vorliegenden Vereinbarung, unmittelbar zusammen. Sie tauschen gegenseitig Informationen aus und gewähren einander die notwendige Unterstützung.
(2) Die Verbindungsstellen wenden darüber hinaus auch die Verfahren und gemeinsamen Einsatzpläne nach Artikel 14 der vorliegenden Vereinbarung an.
Artikel 12
Direkte Zusammenarbeit zwischen anderen in den Grenzgebieten tätigen Stellen
Art. 12
(1) Zum Zwecke einer rascheren und effizienteren Zusammenarbeit können die Zentralstellen der beiden Vertragsparteien unter Anwendung der im Artikel 8 vorgesehenen Verfahrensweisen andere in den Grenzgebieten wirkende Dienststellen bestimmen, die unter Einhaltung der von der vorliegenden Vereinbarung den Verbindungsstellen übertragenen Aufgaben den gegenseitigen Informationsaustausch unter gleichzeitiger Information der eigenen Verbindungsstelle pflegen.
(2) Die innerstaatlichen Genehmigungs- und Berichtspflichten werden dadurch nicht berührt.
Artikel 13
Technische Systeme der direkten Kommunikation
Art. 13
Die Zentralstellen werden gemäß den Verfahren nach Artikel 8 der vorliegenden Vereinbarung in der kürzestmöglichen Zeit festsetzen, welche Systeme der direkten Kommunikation, insbesondere über Funkwellen, kostengünstig realisiert werden können, um die Verbindungsstellen und die anderen in den Grenzgebieten wirkenden Dienststellen der Vertragsparteien miteinander zu verbinden, in Erwartung der Durchführung der Gemeinschaftsbestimmungen im Bereich des Funkverkehrs zwischen Organen der öffentlichen Sicherheit (Europäische Polizeifunknorm).
Artikel 14
Verfahren bei der Präventivinformation und gemeinsame Einsatzpläne
Art. 14
(1) Die Verbindungsstellen der beiden Vertragsparteien vereinbaren in folgenden Fällen Verfahren der Präventivinformation und gemeinsame Einsatzpläne:
a) in Fällen drohender oder tatsächlicher Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (Kundgebungen, Demonstrationen u. dgl.), die die Anwendung von besonderen polizeilichen Maßnahmen in Grenzgebieten erfordern;
b) bei besonderen schweren kriminellen Ereignissen im Staatsgebiet einer Vertragspartei, die das Staatsgebiet und insbesondere Grenzgebiete der anderen Vertragspartei betreffen könnten;
c) bei grenzüberschreitenden Observations- oder Verfolgungseinsätzen nach Artikel 40 und 41 des Schengener Durchführungsübereinkommens und Artikel 16 und 17 der vorliegenden Vereinbarung.
(2) In den Verfahren der Präventivinformation und in den gemeinsamen Einsatzplänen gemäß Absatz 1 nennen die Verbindungsstellen die Anwendungsmodalitäten der verfügbaren Mittel der direkten Kommunikation, insbesondere der Funkverbindung, gemäß den Bestimmungen des Artikels 13 der vorliegenden Vereinbarung.
Artikel 15
Einsatz von Luftfahrzeugen
Art. 15
Die zuständigen innerstaatlichen Behörden der Vertragsparteien werden eine gesonderte Durchführungsvereinbarung schließen, um Regelungen für den polizeilichen Einsatz von Luftfahrzeugen in erforderlichen und dringenden Fällen zum Überfliegen der gemeinsamen Staatsgrenze zu treffen.
Abschnitt III
Grenzüberschreitende Observation und Nacheile
Artikel 16
Grenzüberschreitende Observation
Art. 16
(1) Die grenzüberschreitende Observation erfolgt unter Einhaltung der in Artikel 40 des Schengener Durchführungsübereinkommens festgelegten Bedingungen.
(2) In allen Fällen ist, unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 40 Absatz 1 und 2 des genannten Übereinkommens, die Verbindungsstelle jener Vertragspartei, auf deren Staatsgebiet die Observation stattfindet, rechtzeitig, spätestens jedoch von den observierenden Beamten beim Grenzübertritt zu informieren.
(3) Unter Beachtung der Verfahren und Einsatzpläne nach Artikel 14 der vorliegenden Vereinbarung und der allenfalls von den eigenen Zentralstellen ausgegebenen Richtlinien, erteilt die betreffende Verbindungsstelle die erforderliche Unterstützung, um den Erfolg der Einsätze zu gewährleisten.
Artikel 17
Grenzüberschreitende Nacheile
Art. 17
(1) Die grenzüberschreitende Nacheile erfolgt unter Einhaltung der in Artikel 41 des Schengener Durchführungsübereinkommens festgelegten Bedingungen und gemäß den Erklärungen nach Artikel 41 Absatz 9 des genannten Übereinkommens.
(2) Spätestens zum Zeitpunkt des Grenzübertritts veranlassen die nacheilenden Beamten die Information der Verbindungsstelle jener Vertragspartei, auf deren Staatsgebiet die Nacheile erfolgt und benachrichtigen allenfalls eine gemäß Artikel 12 der vorliegenden Vereinbarung zu nennende Dienststelle.
(3) Unter Einhaltung der Verfahren und Einsatzpläne nach Artikel 14 werden die Verbindungsstelle und die anderen beteiligten Dienststellen die erforderliche Unterstützung gewähren, um den Erfolg der Einsätze zu sichern.
(4) In Ergänzung der Erklärungen gemäß Artikel 41 Absatz 9 des Schengener Durchführungsübereinkommens vereinbaren die Vertragsparteien, daß die im Eisenbahnverkehr durchgeführte Nacheile jedenfalls bis zum ersten fahrplanmäßigen Anhalten des Zuges nach dem Grenzübertritt erfolgen darf.
Artikel 18
Waffen, Zwangsmittel und Ausrüstungen
Art. 18
(1) Die in Artikel 40 Absatz 4 und Artikel 41 Absatz 7 des Schengener Durchführungsübereinkommens genannten Beamten sind beim grenzüberschreitenden Observations- und Nacheileeinsatz gemäß Artikel 40 und 41 des genannten Übereinkommens ermächtigt, jene Dienstwaffen und anderen Zwangsmittel sowie Vorrichtungen und Ausrüstungsgegenstände mit sich zu führen, mit denen sie zur Ausübung der polizeilichen Dienste üblicherweise ausgestattet sind.
(2) Gemäß den Bestimmungen des Artikels 40 Absatz 3 Punkt d des genannten Übereinkommens können die zuständigen Stellen der Vertragspartei, auf deren Staatsgebiet die Observation erfolgen soll, im Einzelfall entscheiden, daß die mit der Observation beauftragten Beamten der anderen Vertragspartei keine Dienstwaffen und anderen Zwangsmittel mit sich führen dürfen.
(3) Die bei der Observation und Nacheile verwendeten Waffen, Zwangsmittel und Geräte werden gemäß Artikel 8 der vorliegenden Vereinbarung durch die Zentralstellen genannt. Sie unterrichten einander über allfällige spätere Änderungen.
Artikel 19
Vorschriften der Straßenverkehrsordnung
Art. 19
Bei der Durchführung von grenzüberschreitenden Observations- oder Nacheileeinsätzen finden auf die in Artikel 40 Absatz 4 und Artikel 41 Absatz 7 des Schengener Durchführungsübereinkommens genannten Beamten die gleichen Ausnahmevorschriften für das Lenken von Polizeikraftfahrzeugen Anwendung, wie sie im Staatsgebiet jener Vertragspartei, auf welchem die Oberservation oder die Nacheile erfolgt, für die eigenen Beamten gelten.
Abschnitt IV
Schlußbestimmungen
Artikel 20
Art. 20
Die Bestimmungen dieser Vereinbarung lassen die Verpflichtung der Vertragsparteien, die auf Grund anderer völkerrechtlicher Verpflichtungen bestehen, unberührt.
Artikel 21
Art. 21
Allfällige Streitigkeiten, die aus der Durchführung und Auslegung der vorliegenden Vereinbarung entstehen sollten und nicht im Wege von Konsultationen durch die Zentralstelle gelöst werden können, werden auf diplomatischem Wege beigelegt.
Artikel 22
Art. 22
(1) Die vorliegende Vereinbarung tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach der gegenseitigen Mitteilung auf diplomatischem Wege über die erfolgte Erledigung der entsprechenden nationalen Genehmigungsverfahren in Kraft, mit Ausnahme der Artikel 16, 17, 18 Absatz 1 und 2 und 19, deren Inkrafttreten von der tatsächlichen Durchführung des Schengener Durchführungsübereinkommens durch die österreichische und italienische Seite abhängt.
(2) Artikel 19 tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach Inkrafttreten der dafür in der Republik Österreich erforderlichen gesetzlichen Grundlagen in Kraft.
(3) Die vorliegende Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sie kann schriftlich auf diplomatischem Weg aufgekündigt werden und in einem solchen Fall tritt sie am ersten Tag des sechsten Monats nach der Zustellung der Aufkündigung außer Kraft.
GESCHEHEN ZU Wien am 15. Dezember 1997 in zwei Urschriften, in deutscher und italienischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.