BundesrechtInternationale VerträgeKulturübereinkommen zwischen Österreich und Frankreich

Kulturübereinkommen zwischen Österreich und Frankreich

In Kraft seit 24. Juli 1947
Up-to-date

Artikel 1.

Art. 1

Die österreichische Regierung ermächtigt die französische Regierung zur Schaffung eines Kulturinstitutes in Wien, das ständige und zeitweilige Lehrkurse abhalten und über eine der Öffentlichkeit zugängliche Bibliothek verfügen wird.

Dieses Institut wird unter den Schutz und unter die wissenschaftliche Leitung der Pariser Universität gestellt sein. Das französische Unterrichtsministerium wird im Einvernehmen mit dem Ministerium des Äußeren den Unterricht überwachen.

Das französische Kulturinstitut in Wien ist von der französischen Regierung als offizielles Organ zur Entwicklung der kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern bestimmt. Dieses Institut kann sowohl in Wien als auch in der Provinz Zweigstellen, Studienkreise und Geselligkeits- und Lesezirkel gründen. Es wird ebenfalls die Tätigkeit bereits bestehender oder noch zu schaffender französischer Schulen überwachen und wird volkstümliche Kurse in französischer Sprache einführen.

Artikel 2.

Art. 2

Die österreichische Regierung anerkennt, daß das französische Kulturinstitut im öffentlichen Interesse gelegen ist, gewährt diesem Hilfe und Schutz und sichert ihm volle Unabhängigkeit zu, insbesondere in bezug auf den freien Besuch, auf seine Handlungsfreiheit in Ansehung des Unterrichtes, der kulturellen Veranstaltungen, die unter seiner Aufsicht durchgeführt werden, den Betrieb seiner Bibliothek, seiner Leitung, seines Personals und seiner Finanzgebarung. Das Kulturinstitut wird volle Rechtspersönlichkeit mit allen ihren rechtlichen Folgen besitzen und insbesondere die Fähigkeit haben, Grundstücke zu erwerben oder zu mieten, Geschenke und letztwillige Zuwendungen zu empfangen, dies alles unter Aufsicht des Vertreters der französischen Republik in Wien. Der Direktor des Institutes verwaltet es und erhält zu diesem Zwecke sämtliche notwendigen Vollmachten.

Artikel 3.

Art. 3

Die österreichische Bundesregierung gewährt dem französischen Kulturinstitute und seinen Lehrkräften nachstehende abgabenrechtliche Begünstigungen:

a) Die Befreiung von allen, welchen Namen immer tragenden Abgaben, seien es einmalige oder wiederkehrende, seien es Abgaben des Bundes oder solche einer anderen Gebietskörperschaft, soweit diese Abgaben mit der Schaffung, der Einrichtung und der in den Artikeln 1 und 2 dieses Abkommens umschriebenen Tätigkeit des Kulturinstitutes und seiner Zweigstellen zusammenhängen, ferner die Befreiung von Abgaben für unentgeltliche und letztwillige Zuwendungen an das Kulturinstitut und seine Zweigstellen.

b) Die Befreiung des für Zwecke des Kulturinstitutes und seiner Zweigstellen benutzten Grundbesitzes von der Grundsteuer, auch wenn der Eigentümer keine Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist.

c) Die Befreiung von Zöllen und anderen Einfuhrabgaben, die auf die Einfuhr der Einrichtung des Kulturinstitutes und seiner Zweigstellen sowie des Lehr-, Lern- und wissenschaftlichen Zwecken dienenden Materials entfallen.

d) Die Befreiung der am Kulturinstitute und seinen Zweigstellen tätigen Lehrkräfte französischer Staatsbürgerschaft von allen Steuern hinsichtlich der für diese Tätigkeit empfangenen Gehälter, von allen Steuern hinsichtlich ihrer sonstigen Einkünfte mit Ausnahme der inländischen, schließlich von allen bestehenden und künftigen Vermögenssteuern mit Ausnahme der auf das Inlandsvermögen entfallenden derartigen Steuern.

Artikel 4.

Art. 4

Die französische Regierung wird das Recht haben, die französischen Schuleinrichtungen, die in Wien oder in jedem anderen Teil Österreichs bereits bestehen oder gegründet werden sollten, aufrechtzuerhalten. Die österreichische Jugend wird zu diesen Schulen freien Zutritt haben. Alle einschlägigen Fragen können im gegebenen Fall Gegenstand eines besonderen Übereinkommens der Regierungen bilden.

Artikel 5.

Art. 5

Für den Fall, daß die österreichische Regierung ihrerseits kulturelle Einrichtungen in Frankreich schaffen wollte, wird die französische Regierung deren Verwirklichung im gleichen Geist des Entgegenkommens, der das vorliegende Übereinkommen geleitet hat, erleichtern. Bis zur Schaffung solcher Institutionen werden die österreichischen Kulturbelange in Paris von einem Komitee wahrgenommen werden, das aus hiezu geeigneten Mitgliedern bestehen wird, die paritätisch von jeder der beiden Regierungen ernannt werden und dessen Vorsitz der französische Erziehungsminister oder sein Vertreter führen wird.

Die französische Regierung wird diesen österreichischen Einrichtungen und ihren Lehrkräften abgabenrechtliche Begünstigungen gleichen Ausmaßes gewähren, wie sie die österreichische Bundesregierung im vorliegenden Abkommen dem französischen Kulturinstitute und seinen Lehrkräften eingeräumt hat.

Artikel 6.

Art. 6

Die beiden Regierungen vereinbaren, im Rahmen des Möglichen Lektorposten an den Universitäten der beiden Länder zu schaffen.

Artikel 7.

Art. 7

Zum Zwecke der Entwicklung der wissenschaftlichen, erzieherischen und hochschulmäßigen Zusammenarbeit der beiden Länder werden die beiden Regierungen gemäß dem Grundsatz der Gegenseitigkeit den Austausch und die Entsendung von Professoren in Hochschulen wissenschaftlicher und künstlerischer Richtung, Mittelschulen, technischen Schulen und Laboratorien sowie den Austausch von Studenten, Studienreisen und Ferienkurse begünstigen und, wenn notwendig, veranstalten. Die diesbezüglichen Entscheidungen werden von dem in Artikel 21 vorgesehenen Komitee getroffen werden.

Ebenso werden Gesellschaftsreisen zum Zwecke der Annäherung der Jugend der beiden Länder veranstaltet werden. Außerdem wird eine gewisse Anzahl von Freiplätzen (Stipendien) in einem alljährlichen Wettbewerb, dessen Bedingungen von dem oben erwähnten gemischten Komitee festzulegen sind, ausgeschrieben werden. Im Rahmen des Möglichen werden den Interessenten besondere Begünstigungen von beiden Ländern gewährt werden.

Artikel 8.

Art. 8

Die beiden Regierungen werden besondere Verfügungen treffen, um geeignete Professoren zum Unterricht der einen oder anderen Sprache heranzubilden. Insbesondere wird der Besuch der Kulturinstitute oder ihrer Zweigstellen durch die Interessenten begünstigt werden und die Hochschulbehörden werden den Studenten, die ein Diplom eines solchen Kulturinstitutes vorweisen können, Begünstigungen einräumen. Für sie werden in beiden Ländern besondere Lehrgänge und besondere Stipendien geschaffen werden.

Artikel 9.

Art. 9

In Berücksichtigung der Bedeutung, die in den französischen Lehrplänen sämtlicher Stufen der deutschen Sprache und dem Studium der deutschen Literatur sowie der österreichischen Kultur eingeräumt ist, verpflichtet sich die österreichische Regierung dem Unterrichte der französischen Sprache und Kultur in den Lehrplänen sämtlicher Stufen einen besonderen Platz zuzusichern, derart, daß dieser Unterricht auf keinen Fall hinter dem einer anderen lebenden Sprache zurücksteht.

Artikel 10.

Art. 10

Um den in den beiden Ländern seit dem Abschluß des Kulturübereinkommens vom 2. April 1936 eingeführten neuen Vorschriften Rechnung zu tragen und um dem Artikel 8 dieses Übereinkommens eine größere Tragweite zu geben, wird, sobald als möglich, ein besonderes Abkommen die Bedingungen der Anerkennung der in jedem der beiden Ländern erworbenen Diplome unter Bedachtnahme auf die besonderen Vorschriften jeder derselben festlegen.

Artikel 11.

Art. 11

Im allgemeinen werden die beiden Regierungen mit allen Mitteln den Austausch literarischer, künstlerischer, wissenschaftlicher oder technischer Persönlichkeiten (Vortragender, Schriftsteller, Dichter, Gelehrter, Ingenieure usw.) ebenso wie Theater- oder Ballettaufführungen, Kunst- und Buchausstellungen, Konzerte aller Art, den Umlauf und die Verbreitung von Filmen, insbesondere von Wochenschauen, von dokumentarischen, wissenschaftlichen oder erzieherischen Filmen begünstigen.

Artikel 12.

Art. 12

Die Regierungen werden den Umlauf von Büchern, Musikalien und künstlerischen Wiedergaben auf ihren Staatsgebieten erleichtern, denen in keinem Falle eine weniger günstige Behandlung zuteil werden darf als inländischen Werken oder gegebenenfalls ausländischen Werken, die durch eine besondere Regelung Begünstigungen genießen.

In gleicher Weise werden durch die zuständigen Behörden Übersetzungen jeder Art gefördert und begünstigt werden, insbesondere jene der klassischen Autoren oder von Werken hohen literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Wertes.

Weiters werden die beiden Regierungen in großzügiger Weise den unmittelbaren Austausch im Leihverkehr von Büchern und Handschriften zu wissenschaftlichen Zwecken zwischen den Bibliotheken und öffentlichen Archiven der beiden Staaten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit fördern. Schließlich werden die beiden Regierungen den Austausch von Bibliothekaren begünstigen.

Artikel 13.

Art. 13

Die Errichtung und die Tätigkeit von Vereinen und Gruppen, wie Geselligkeits- und Studienzirkeln, Bibliotheken, Sprachkursen, Vereinigungen von Studenten oder Altakademikern usw., mit dem Zwecke die kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen, wird gefördert und, wenn notwendig, angeregt werden.

Artikel 14.

Art. 14

Unter Vorbehalt der Wahrung der jeder Regierung zustehenden Rechte politischer Natur, werden beiderseits sehr liberale Bestimmungen getroffen werden, um die Verbreitung von Zeitungen, Zeitschriften und Rundschauen jeder Art, sowie von Katalogen, Berichten und bibliographischen Veröffentlichungen zu erleichtern.

Artikel 15.

Art. 15

In den Rundfunkprogrammen beider Länder werden nach Maßgabe der von den zuständigen Verwaltungen zu treffenden näheren Vereinbarungen kulturelle Sendungen, insbesondere in bezug auf Literatur, Wissenschaft, Kunst und Musik einen möglichst reichlichen Anteil haben. Zu diesem Zwecke werden besondere Unterlagen ausgetauscht werden, ebenso Vortragende, Musikpartituren und Schallplatten.

Artikel 16.

Art. 16

Der sportliche Verkehr wird von beiden Teilen die gleiche Fürsorge erfahren und regelmäßige Zusammentreffen zwischen den großen Sportvereinen beider Länder werden begünstigt werden.

Artikel 17.

Art. 17

Die beiden Regierungen werden darüber wachen, daß sich in sämtlichen Unterrichtsbehelfen die freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen den beiden Ländern bestehen, wiederspiegeln.

Artikel 18.

Art. 18

Zur Förderung der Touristik und der Reisen der Staatsbürger beider Länder werden sich die beiden Regierungen gegenseitig nach Möglichkeit die vorteilhaftesten Bedingungen, sowohl hinsichtlich der Fahrt als auch der Aufenthaltskosten, insbesondere zugunsten der Jugend gewähren.

Artikel 19.

Art. 19

Die Überweisungen von Beträgen, die von verschiedenen kulturellen Veranstaltungen herrühren, wie Theater- oder Ballettaufführungen, Ausstellungen, Konzerten, Verkauf oder Verleih von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Rundschauen oder Filmen, Gesellschafts- oder Einzelreisen mit erzieherischem oder Lehrzweck, ferner von Beträgen aus Stipendien, Autorenrechten, Studien- und Unterhaltskosten der Studenten sowie jene, die sich aus der Tätigkeit der Kulturwerke jeder Art ergeben, werden in größtmöglichen Ausmaß durchgeführt werden, das mit dem zwischen den beiden Ländern in Geltung stehenden Zahlungsabkommen vereinbarlich ist. Das gleiche gilt für die Überweisungen der für einzelne Studenten und Forscher erforderlichen Beträge.

Artikel 20.

Art. 20

Um den an den Instituten angestellten Professoren die Erfüllung ihrer Aufgabe unter den günstigsten Bedingungen zu ermöglichen, verpflichten sich die beiden Regierungen, ihnen die Durchführung ihrer Sendung, besonders was die Ausstellung von Aufenthaltsbewilligungen betrifft, zu erleichtern.

Artikel 21.

Art. 21

Um die verschiedenen Fragen bezüglich der Durchführung des vorliegenden Übereinkommens leicht regeln zu können, sowie die nötigen Einzelheiten zur praktischen Anwendung der darin niedergelegten Grundsätze festzusetzen und die besonderen Abkommen vorzubereiten, welche im Übereinkommen vorgesehen sind oder welche sich in Zukunft nützlich erweisen sollten, wird ein gemischtes Kulturkomitee geschaffen. Das Komitee wird mindestens einmal im Jahr, und zwar vorzugsweise in Wien zusammentreten. Die Ernennung seiner Mitglieder und seine Geschäftsordnung werden im gemeinsamen Einvernehmen durch den österreichischen Bundesminister für Unterricht und den französischen Gesandten in Wien festgesetzt werden. In Wien hat der österreichische Bundesminister für Unterricht oder sein Vertreter den Vorsitz inne.

Artikel 22.

Art. 22

Das vorliegende Übereinkommen bleibt bis zur Kündigung durch einen der vertragschließenden Teile in Kraft. Zufolge einer solchen Kündigung wird das Übereinkommen mit Ablauf des sechsten Monates nach deren Notifizierung außer Kraft treten.

Artikel 23.

Art. 23

Das vorliegende Übereinkommen wird sobald als möglich ratifiziert werden und der Austausch der Ratifikationsurkunden wird in Wien erfolgen. Das Übereinkommen wird mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten.

Zur Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten das vorliegende Übereinkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Ausgefertigt in Wien in doppelter Urschrift, in deutscher und französischer Sprache, mit der Maßgabe, daß beide Texte die gleiche Geltung haben.

Wien, am 15. März 1947.