BundesrechtInternationale VerträgeNotenwechsel zwischen Österreich und der Schweiz über den Austausch von Gastarbeitnehmern

Notenwechsel zwischen Österreich und der Schweiz über den Austausch von Gastarbeitnehmern

In Kraft seit 01. Mai 1956
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Artikel 1

Art. 1

(1) Diese Vereinbarung findet Anwendung auf Gastarbeitnehmer, das heißt auf Angehörige eines der beiden Staaten, die im anderen Staat für eine begrenzte Zeit ein Arbeitsverhältnis eingehen, um ihre sprachlichen und beruflichen Kenntnisse zu vervollkommnen.

(2) Die Gastarbeitnehmer sollen eine abgeschlossene berufliche Ausbildung besitzen, das 18. Lebensjahr vollendet und das 30. Lebensjahr nicht überschritten haben.

Artikel 2

Art. 2

(1) Jeder der beiden Staaten läßt im Kalenderjahr bis zu 50 Gastarbeitnehmer ohne Rücksicht auf den Arbeitsmarkt zu. Weitere Gesuche werden mit Wohlwollen behandelt, wenn die Arbeitsmarktlage es gestattet.

(2) Maßgebend für die Anrechnung auf das jährliche Kontingent ist das Datum der Zulassungsbewilligung. Eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung als Gastarbeitnehmer gemäß Artikel 4, Absatz 1, gilt nicht als Neuzulassung und wird auf das Kontingent nicht angerechnet.

(3) Wird das einem Staat zustehende Kontingent nicht ausgenützt, so darf dieser weder das Kontingent des anderen Staates herabsetzen noch den nicht benützten Rest seines Kontingentes auf das folgende Jahr übertragen.

(4) Das Kontingent kann auf Vorschlag eines der beiden Staaten durch eine Vereinbarung abgeändert werden, die spätestens am 1. Dezember für das folgende Jahr zu treffen ist.

Artikel 3

Art. 3

(1) Die Gastarbeitnehmer können nur zugelassen werden, wenn sich die Arbeitgeber, die sie zu beschäftigen wünschen, den zuständigen Behörden gegenüber verpflichten, sie, sofern sie normale Arbeit leisten, nach den in den Gesamtarbeitsverträgen festgelegten Tarifen oder in Ermangelung von solchen nach den sonst geltenden Vorschriften oder nach den berufs- und ortsüblichen Ansätzen zu entlohnen.

(2) In allen anderen Fällen haben sich die Arbeitgeber zu verpflichten, den Gastarbeitnehmern einen Lohn zu zahlen, der ihren Arbeitsleistungen entspricht und ihnen gestattet, mindestens für ihren Unterhalt aufzukommen.

(3) In der Überweisung von Ersparnissen sind die Gastarbeitnehmer den anderen Arbeitnehmern aus ihrem Lande gleichgestellt.

Artikel 4

Art. 4

(1) Die Bewilligung für Gastarbeitnehmer wird für eine ein Jahr nicht überschreitende Dauer erteilt. Ausnahmsweise kann sie um sechs Monate verlängert werden.

(2) Der Gastarbeitnehmer darf nur die ihm bewilligte Tätigkeit ausüben.

(3) Die Gastarbeitnehmer dürfen nach Ablauf ihrer Fortbildungszeit grundsätzlich nicht in dem Gebiet des Staates, in dem die Fortbildung stattgefunden hat, in der Absicht verbleiben, dort ein anderes Arbeitsverhältnis einzugehen.

Artikel 5

Art. 5

(1) Auf die Gastarbeitnehmer finden die Vorschriften des Arbeitsrechtes und des Arbeitnehmerschutzes in gleicher Weise wie auf Inländer Anwendung.

(2) Für die Behandlung der Gastarbeitnehmer auf dem Gebiete der Sozialversicherung gelten die Vorschriften des Beschäftigungslandes nach Maßgabe der Bestimmungen des zwischen Österreich und der Schweiz abgeschlossenen Abkommens über Sozialversicherung samt Schlußprotokoll vom 15. Juli 1950.

Artikel 6

Art. 6

(1) Österreichische Bewerber haben das Gesuch um Zulassung als Gastarbeitnehmer beim Bundesministerium für soziale Verwaltung in Wien, schweizerische Bewerber beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit in Bern, einzureichen. Die Bewerber haben alle für die Prüfung ihres Gesuches notwendigen Angaben zu machen und insbesondere den Namen und die Adresse des künftigen Arbeitgebers sowie die Art der vorgesehenen Beschäftigung anzugeben.

(2) Die gemäß Absatz 1 zuständige Behörde des Heimatstaates übermittelt das Gesuch, sofern sie es befürworten kann, der entsprechenden Behörde des Beschäftigungslandes.

(3) Die zuständige Behörde des Beschäftigungslandes entscheidet über die Zulassung nach Artikel 2, Absatz 1, im Rahmen des jährlichen Kontingentes oder, falls dieses überschritten ist, nach wohlwollendem Ermessen.

(4) Im übrigen finden die in jedem der beiden Vertragsstaaten geltenden Rechtsvorschriften über die Einreise, den Aufenthalt und die Ausreise von Ausländern auch auf die Gastarbeitnehmer Anwendung.

Artikel 7

Art. 7

(1) Die zuständigen Behörden beider Staaten erleichtern den Bewerbern die Suche nach einer geeigneten Gastarbeitnehmerstelle. Dies gilt auch, wenn vor Ablauf der Zulassungszeit das Arbeitsverhältnis eines Gastarbeitnehmers ohne sein Verschulden endet oder der Gastarbeitnehmer wegen eines Arbeitskonfliktes im Betrieb die Beschäftigung aufgibt.

(2) In Österreich steht den schweizerischen Bewerbern das Bundesministerium für soziale Verwaltung in Wien und in der Schweiz den österreichischen Bewerbern die Schweizerische Kommission für den Austausch von Stagiaires mit dem Ausland in Baden für die Vermittlung von Gastarbeitnehmerstellen zur Verfügung.

Artikel 8

Art. 8

Die zuständigen Behörden sorgen für eine möglichst rasche Behandlung der Gesuche. Sie sind bestrebt, allfällige Schwierigkeiten bei der Einreise oder während des Aufenthaltes in kürzester Frist zu beheben.

Artikel 9

Art. 9

(1) Die zuständigen Behörden der beiden Staaten treffen in beiderseitigem Einverständnis die nötigen Maßnahmen für die Durchführung der Vereinbarung.

(2) Sie unterrichten sich gegenseitig über Änderungen innerstaatlicher Vorschriften auf den diese Vereinbarung betreffenden Gebieten.

Artikel 10

Art. 10

(1) Diese Vereinbarung wird durch Notenaustausch abgeschlossen; sie tritt mit Beginn des zweiten auf den Notenaustausch folgenden Monats in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1956.

(2) Die Vereinbarung gilt stillschweigend jeweils für ein weiteres Kalenderjahr verlängert, sofern sie nicht von einem der beiden vertragschließenden Staaten vor dem 1. Juli zum Jahresende schriftlich gekündigt wird.

(3) Im Falle der Kündigung bleiben die auf Grund der vorliegenden Vereinbarung ausgesprochenen Zulassungs- und Aufenthaltsbewilligungen für die vorgesehene Dauer gültig.

Falls auch der Schweizerische Bundesrat bereit ist, die oben wiedergegebenen Bestimmungen anzuwenden, so sollen diese Note und Ihre analoge Antwortnote als eine Vereinbarung zwischen den beiden Regierungen gelten, die zu dem im Artikel 10, Absatz 1, vorgesehenen Datum in Kraft tritt.

Anl. 1

Österreichische Gesandtschaft

BERN

Bern, am 19. März 1956.

Herr Bundesrat,

Ich beehre mich, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, daß die Österreichische Bundesregierung, von dem Bestreben geleitet, die Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Bundesrat auf sozialem Gebiete zu vertiefen, und von der Überlegung ausgehend, daß es vorteilhaft ist, den Austausch von Gastarbeitnehmern zwischen den beiden Ländern zum Zwecke der sprachlichen und beruflichen Fortbildung zu fördern, bereit ist, die nachstehende Vereinbarung zu schließen:

(Anm.: Es folgt der Text der Vereinbarung.)

Genehmigen Sie, Herr Bundesrat, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung

Coreth

Herrn

Bundesrat Max PETITPIERRE;

Vorsteher des Eidgenössischen

Politischen Departements

Bern.

Der Vorsteher des

Eidgenössischen Politischen

Departements

Bern, den 19. März 1956.

Herr Minister,

In Beantwortung Ihrer heutigen Note beehre ich mich, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, daß auch der Schweizerische Bundesrat, von dem Bestreben geleitet, die Zusammenarbeit mit der österreichischen Bundesregierung auf sozialem Gebiete zu vertiefen, und von der Überlegung ausgehend, daß es vorteilhaft ist, den Austausch von Gastarbeitnehmern zwischen den beiden Ländern zum Zwecke der sprachlichen und beruflichen Fortbildung zu fördern, bereit ist, die nachstehende Vereinbarung zu schließen:

(Anm.: Es folgt der Text der Vereinbarung.)

Durch diese Antwortnote wird die oben wiedergegebene Vereinbarung gemäß Artikel 10, Absatz 1, auf den 1. Mai 1956 in Kraft gesetzt.

Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Petitpierre

Seiner Exzellenz

Herrn Dr. Johannes CORETH;

Außerordentlichem Gesandten und bevollmächtigtem

Minister der Republik Österreich;

Bern .