Vorwort
Artikel I
ALLGEMEINE BESTIMMUNG
Art. 1
(1) Die Vertragsstaaten dieses Protokolls verpflichten sich, die Artikel 2 bis einschließlich 34 der Konvention auf Flüchtlinge, wie sie im nachstehenden definiert sind, anzuwenden.
(2) Im Sinne dieses Protokolls ist unter dem Ausdruck „Flüchtling”, außer bei der Anwendung des Absatzes 3 dieses Artikels, jede unter die Begriffsbestimmung des Artikels 1 der Konvention fallende Person zu verstehen, so als wären die Worte „infolge von vor dem 1. Jänner 1951 eingetretenen Ereignissen” und die Worte „infolge obiger Umstände” in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 nicht enthalten.
(3) Dieses Protokoll ist von den Vertragsstaaten ohne jede geographische Begrenzung anzuwenden, jedoch sind Erklärungen, die von Vertragsstaaten der Konvention bereits gemäß Artikel 1 Abschnitt B Ziffer 1 lit. a) der Konvention abgegeben wurden, auch nach diesem Protokoll anzuwenden, sofern sie nicht gemäß Artikel 1 Abschnitt B Ziffer 2 der Konvention erweitert wurden.
Artikel II
ZUSAMMENARBEIT DER NATIONALEN BEHÖRDEN MIT DEN VEREINTEN NATIONEN
Art. 2
(1) Die Vertragsstaaten dieses Protokolls verpflichten sich, das Büro des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder jede andere Institution der Vereinten Nationen, die ihm nachfolgen könnte, in seiner Arbeit zu unterstützen und insbesondere dessen Aufsichtspflicht bei der Anwendung der Bestimmungen dieses Protokolls zu erleichtern.
(2) Die Vertragsstaaten dieses Protokolls verpflichten sich, dem Büro des Hochkommissärs oder jeder anderen Institution der Vereinten Nationen, die ihm nachfolgen könnte, die in entsprechender Form verlangten Auskünfte und statistischen Daten zur Verfügung zu stellen, um die Abfassung von Berichten für die zuständigen Organe der Vereinten Nationen zu ermöglichen, und zwar betreffend
a) die Rechtsstellung der Flüchtlinge,
b) die Durchführung dieses Protokolls und
c) Gesetze, Verordnungen und Dekrete, die für Flüchtlinge in Kraft stehen oder erlassen werden.
Artikel III
MITTEILUNGEN ÜBER DIE NATIONALE GESETZGEBUNG
Art. 3
Die Vertragsstaaten dieses Protokolls sollen die Gesetze und sonstige Bestimmungen, die sie veröffentlichen, um die Anwendung dieses Protokolls zu sichern, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen mitteilen.
Artikel IV
SCHLICHTUNG VON STREITFRAGEN
Art. 4
Wenn sich in der Auslegung oder Anwendung dieses Protokolls Streitfragen zwischen den Vertragsstaaten ergeben sollten, die nicht auf andere Weise beigelegt werden können, soll eine solche Streitfrage auf Antrag eines der Streitteile dem Internationalen Gerichtshof vorgelegt werden.
Artikel V
BEITRITT
Art. 5
Dieses Protokoll wird allen Vertragsstaaten der Konvention und jedem anderen Mitgliedstaat der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen sowie jedem Staat, der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen eingeladen wurde, dem Protokoll beizutreten, zum Beitritt offenstehen. Der Beitritt erfolgt durch die Hinterlegung einer Beitrittserklärung beim Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Artikel VI
BUNDESSTAATKLAUSEL
Art. 6
Bei Bundesstaaten oder Staaten, die nicht Einheitsstaaten sind, werden folgende Bestimmungen angewendet werden:
a) Bezüglich jener Artikel der Konvention, die gemäß Artikel I Absatz 1 dieses Protokolls anzuwenden sind, und deren Durchführung in die Zuständigkeit der Gesetzgebung des Bundes fällt, werden die Verpflichtungen des Bundes die gleichen sein, wie die solcher Vertragsstaaten, die nicht Bundesstaaten sind.
b) Bezüglich jener Artikel der Konvention, die gemäß Artikel I Absatz 1 dieses Protokolls anzuwenden sind, und deren Anwendung in die Zuständigkeit der Gesetzgebung der Gliedstaaten, Provinzen oder Kantone fällt, die nach der Bundesverfassung nicht verpflichtet sind gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, soll der Bund sobald als möglich und mit einer befürwortenden Einbegleitung die genannten Artikel den zuständigen Behörden der Gliedstaaten, Provinzen oder Kantone zur Kenntnis bringen.
c) Ein Bundesstaat, der Vertragspartner dieses Protokolls ist, soll jedem anderen vertragschließenden Staat auf dessen Ersuchen, das ihm vom Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt wurde, eine Zusammenstellung der Gesetze und praktischen Durchführungsmaßnahmen des Bundes oder der Gliedstaaten, betreffend die eine oder die andere Bestimmung der Konvention, die gemäß Artikel I Absatz 1 dieses Protokolls anzuwenden ist, zusenden, in der dargestellt wird, inwieweit die betreffende Bestimmung durch einen Akt der Gesetzgebung oder auf andere Weise in die Tat umgesetzt wurde.
Artikel VII
VORBEHALTE UND ERKLÄRUNGEN
Art. 7
(1) Im Zeitpunkt seines Beitritts kann jeder Staat zu Artikel IV dieses Protokolls und hinsichtlich der Anwendung aller Bestimmungen der Konvention gemäß Artikel I dieses Protokolls, außer jenen der Artikel 1, 3, 4, 16 Ziffer 1, und 33, Vorbehalte machen, vorausgesetzt, daß bei einem Vertragsstaat der Konvention die nach diesem Artikel gemachten Vorbehalte sich nicht auf Flüchtlinge erstrecken, für die das Abkommen gilt.
(2) Vorbehalte, die von Vertragsstaaten der Konvention gemäß deren Artikel 42 gemacht wurden, sind, sofern sie nicht zurückgezogen werden, auf ihre Verpflichtungen nach diesem Protokoll anzuwenden.
(3) Jeder Staat, der einen Vorbehalt gemäß Absatz 1 dieses Artikels macht, kann ihn jederzeit durch eine entsprechende Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zurückziehen.
(4) Die von einem Vertragsstaat der Konvention, der diesem Protokoll beitritt, gemäß Artikel 40, Ziffern 1 und 2 der Konvention abgegebenen Erklärungen sind auf dieses Protokoll anwendbar, sofern nicht der betreffende Vertragsstaat bei seinem Beitritt eine gegenteilige Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen richtet. Die Bestimmungen des Artikels 40, Ziffern 2 und 3 und Artikel 44, Ziffer 3 der Konvention sind sinngemäß auf dieses Protokoll anzuwenden.
Artikel VIII
INKRAFTTRETEN
Art. 8
(1) Dieses Protokoll tritt am Tage der Hinterlegung der sechsten Beitrittsurkunde in Kraft.
(2) Für jeden Staat, der dem Protokoll nach Hinterlegung der sechsten Beitrittsurkunde beitritt, tritt das Protokoll an dem Tage in Kraft, an dem der betreffende Staat seine Beitrittsurkunde hinterlegt.
Artikel IX
KÜNDIGUNG
Art. 9
(1) Jeder Vertragsstaat des Protokolls kann dieses jederzeit durch eine schriftliche Notifikation an den Generalsekretär der Vereinten Nationen kündigen.
(2) Die Kündigung wird für den betreffenden Vertragsstaat ein Jahr nach dem Datum ihres Einlangens beim Generalsekretär der Vereinten Nationen wirksam.
Artikel X
VERSTÄNDIGUNGEN DURCH DEN GENERALSEKRETÄR DER VEREINTEN NATIONEN
Art. 10
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen gibt den im obigen Artikel V bezeichneten Staaten den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls, die Beitritte, Vorbehalte und Zurücknahmen von Vorbehalten zum Protokoll, sowie diesbezügliche Kündigungen, Erklärungen und Notifizierungen bekannt.
Artikel XI
HINTERLEGUNG DES PROTOKOLLS IN DEN ARCHIVEN DES SEKRETARIATES DER VEREINTEN NATIONEN
Art. 11
Ein vom Präsidenten der Generalversammlung und vom Generalsekretär der Vereinten Nationen unterzeichnetes Exemplar dieses Protokolls, dessen chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen authentisch ist, wird in den Archiven des Sekretariates der Vereinten Nationen hinterlegt. Der Generalsekretär wird allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und den anderen in Artikel V bezeichneten Staaten beglaubigte Abschriften übermitteln.