BundesrechtInternationale VerträgeRechtshilfe in bürgerlichen Rechtssachen (Belgien)

Rechtshilfe in bürgerlichen Rechtssachen (Belgien)

In Kraft seit 01. August 1998
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Artikel 1

Art. 1

(1) Die Staatsangehörigen des einen der beiden Vertragsstaaten haben auf dem Gebiet des anderen in Zivil- und Handelssachen sowohl als Kläger als auch als Beklagte freien und ungehinderten Zutritt zu den Gerichten.

(2) Diese Staatsangehörigen genießen auf dem Gebiet des anderen Staates hinsichtlich ihrer Person und ihres Vermögens den gleichen Rechtsschutz, der den Staatsangehörigen dieses anderen Staates eingeräumt ist.

Artikel 2

Art. 2

Die Gerichte des einen der beiden Vertragsstaaten dürfen den Angehörigen des anderen Staates wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder weil sie keinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland haben, keine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, auferlegen.

Artikel 3

Art. 3

Die Bestimmungen dieses Abkommens über natürliche Personen und die der Artikel 17, 18 und 19 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 gelten auch für juristische Personen sowie für Gebilde, die, ohne Rechtspersönlichkeit zu besitzen, fähig sind, vor Gericht aufzutreten, vorausgesetzt, daß diese juristischen Personen oder Gebilde ihren satzungsmäßigen oder tatsächlichen Sitz auf dem Gebiet eines der beiden Vertragsstaaten haben.

Artikel 4

Art. 4

(1) Die in Zivil- und Handelssachen von einer zuständigen Behörde eines Vertragsstaates verfaßten gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke, die einer Person im anderen Vertragsstaat zugestellt werden sollen, werden vom Justizministerium des ersuchenden Staates in einer oder in zwei Ausfertigungen dem Justizministerium des ersuchten Staates übermittelt.

(2) Das Justizministerium des ersuchten Staates übersendet die Schriftstücke der auf seinem Gebiet zuständigen oder befugten Behörde.

Artikel 5

Art. 5

(1) Ist ein Schriftstück durch bloße Übergabe oder zu eigenen Handen zuzustellen, so ist seine Übersetzung nicht erforderlich. Verweigert der Empfänger die Annahme wegen des Fehlens einer Übersetzung, so haben die Behörden des ersuchten Staates das Schriftstück auf ihre Kosten übersetzen zu lassen.

(2) Die zuständige Behörde des ersuchenden Staates kann von der zuständigen Behörde des ersuchten Staates die Vornahme der Zustellung in einer besonderen Form begehren, sofern diese Form dem Recht des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft.

Artikel 6

Art. 6

(1) Für jede Zustellung ist eine der ersuchenden Behörde im Weg über die Justizministerien der beiden Vertragsstaaten zu übermittelnde Bestätigung auszustellen.

Wurde das Schriftstück in zweifacher Ausfertigung übersandt, so ist die Bestätigung auf die Zweitschrift des zuzustellenden Schriftstückes zu setzen oder daran zu heften.

(2) Die zuständige Behörde des ersuchenden Staates und die zuständige Behörde des ersuchten Staates können für alle ergänzenden Mitteilungen betreffend die Zustellung von Schriftstücken miteinander unmittelbar und in der jeweils eigenen Sprache verkehren.

Artikel 7

Art. 7

(1) Für die Anwendung der Artikel 4, 5 und 6 dieses Abkommens gelten als zuständige Behörden,

in der Republik Österreich: die Gerichte;

im Königreich Belgien: die Gerichte und die gerichtlichen Vollzugsorgane (huissiers de Justice).

(2) Jeder der Vertragsstaaten kann durch einfache, an den anderen Staat gerichtete Mitteilung die vorgenannten Zuständigkeiten auf andere Behörden und Amtsträger ausdehnen, die in Zivil- und Handelssachen tätig werden.

Artikel 8

Art. 8

(1) Die Rechtshilfeersuchen in Zivil- und Handelssachen können in der Sprache der ersuchenden Behörde abgefaßt werden und brauchen nicht mit Übersetzungen versehen zu sein. Sie werden im Weg über die Justizministerien der beiden Vertragsstaaten übersandt.

(2) Die Rechtshilfeersuchen gehen von den Gerichten aus. Jeder der Vertragsstaaten kann jedoch durch einfache, an den anderen Staat gerichtete Mitteilung erklären, daß der Begriff „Gericht“ für die Anwendung der Artikel 8 bis 13 auch andere Behörden und Amtsträger umfaßt, die in Zivil- und Handelssachen tätig werden.

Artikel 9

Art. 9

(1) Die Erledigungsakten, zu denen die Rechtshilfeersuchen Anlaß geben, werden der ersuchenden Behörde im Weg über die Justizministerien der beiden Vertragsstaaten übersandt.

(2) Die ersuchende und die ersuchte Behörde können für alle ergänzenden Mitteilungen betreffend das Rechtshilfeersuchen und seine Erledigung miteinander unmittelbar und in der jeweils eigenen Sprache verkehren, dies insbesondere zur Benachrichtigung der ersuchenden Behörde von Ort, Tag und Stunde der vorgesehenen Erledigung des Rechtshilfeersuchens.

Artikel 10

Art. 10

(1) Die Gerichte der beiden Vertragsstaaten können trotz der vorhergehenden Bestimmungen Rechtshilfeersuchen unmittelbar aneinander richten, sofern diese mit Übersetzungen in eine der Sprachen des ersuchten Staates versehen sind und die Richtigkeit der Übersetzungen von einem amtlichen Übersetzer eines der beiden Staaten bestätigt ist.

(2) In diesem Fall werden die Erledigungsakten der ersuchenden Behörde unmittelbar übersandt.

Artikel 11

Art. 11

Aus Anlaß der Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke und der Erledigung von Rechtshilfeersuchen sind vom ersuchenden Staat dem ersuchten Staat mit Ausnahme von Sachverständigengebühren keine Kosten zu erstatten. Die ersuchte Behörde teilt jedoch der ersuchenden Behörde Art und Höhe aller sonstigen von ihr aufgewendeten Kosten mit.

Artikel 12

Art. 12

Die Erledigung eines nach diesem Abkommen gestellten Ersuchens kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Recht des ersuchten Staates dessen ausschließliche Gerichtsbarkeit für die betreffende Rechtssache vorsieht oder den Rechtsweg für die Durchsetzung des vor die ersuchende Behörde gebrachten Anspruchs nicht zuläßt.

Artikel 13

Art. 13

In ihren Beziehungen zueinander widersprechen die beiden Vertragsstaaten nicht den Arten der Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke und der Erledigung von Rechtshilfeersuchen, die in den Artikeln 6 und 15 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 angeführt sind.

Artikel 14

Art. 14

Die Begehren um Vollstreckbarerklärung der Prozeßkostenentscheidungen nach Artikel 18 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 können von den beteiligten Parteien unmittelbar bei dem zuständigen Gericht gestellt werden.

Artikel 15

Art. 15

(1) Für die Anwendung des Artikels 19 zweiter und dritter Absatz des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 sind nur die erforderlichen Urkunden zum Nachweis dafür vorzulegen, daß die Entscheidung rechtskräftig und vollstreckbar ist. Die Zuständigkeit der Behörden, die diese Urkunden ausstellen, muß nicht von einer anderen Behörde bestätigt sein.

(2) Die vorzulegenden Urkunden bedürfen keiner Beglaubigung, Apostille oder gleichartigen Förmlichkeit; sie müssen mit Übersetzungen in eine der Sprachen des ersuchten Staates versehen, die Richtigkeit der Übersetzungen muß von einem amtlichen Übersetzer eines der beiden Vertragsstaaten bestätigt sein.

Artikel 16

Art. 16

(1) Die Echtheit öffentlicher Urkunden, die in einem der beiden Vertragsstaaten von den Gerichten, Verwaltungsbehörden oder einem öffentlichen Notar ausgestellt und mit dem Amtssiegel versehen sind, ist im anderen Staat anzuerkennen, ohne daß eine weitere Beglaubigung, Apostille oder gleichartige Förmlichkeit verlangt werden darf.

(2) Privaturkunden, die in einem der beiden Vertragsstaaten ausgestellt und deren Echtheit dort von den Gerichten, Verwaltungsbehörden oder einem öffentlichen Notar bestätigt sind, können im anderen Staat verwendet werden, ohne daß eine weitere Beglaubigung, Apostille oder gleichartige Förmlichkeit verlangt werden darf.

(3) Bei ernsthaftem Zweifel an der Echtheit einer der in den Absätzen 1 und 2 genannten Urkunden kann eine Überprüfung durch Vermittlung der Justizministerien vorgenommen werden.

Artikel 17

Art. 17

Die Justizministerien der beiden Vertragsstaaten erteilen einander im unmittelbaren Verkehr alle Auskünfte über das Recht ihrer Staaten.

Artikel 18

Art. 18

Dieses Abkommen ersetzt die Erklärung vom 1. Dezember 1930 zwischen Österreich und Belgien über die gegenseitige Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen 1 ).

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1 ) Kundgemacht in BGBl. Nr. 358/1930

Artikel 19

Art. 19

(1) Dieses Abkommen ist zu ratifizieren. Der Austausch der Ratifikationsurkunden hat so bald wie möglich in Brüssel stattzufinden.

(2) Dieses Abkommen wird am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft treten.

Artikel 20

Art. 20

Jeder der beiden Vertragsstaaten kann dieses Abkommen durch eine an den anderen Staat gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Tag des Einlangens dieser Notifikation wirksam.

Artikel 21

Art. 21

Jede Meinungsverschiedenheit, die sich zwischen den Vertragsstaaten hinsichtlich der Auslegung oder der Anwendung dieses Abkommens ergeben könnte, ist auf diplomatischem Wege beizulegen.

ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

GESCHEHEN zu Wien, am 23. Oktober 1989, in zwei Ausfertigungen in deutscher, französischer und niederländischer Sprache, wobei die drei Fassungen gleichermaßen authentisch sind.